Richard McGuire hat in dieser Graphic Novel etwas visualisiert, was sich höchstwahrscheinlich jeder von uns, der mal in einem alten Haus gelebt hat, vorgestellt hat. Wie sah dieses Zimmer vor 20 Jahren aus, oder vor 50, 100, 200 Jahren oder auch Tausenden von Jahren bevor das Haus stand? Wer hat hier drin gelebt, wie sah es hier aus und wie wird es hier in Zukunft aussehen?
Richard McGuire ist Autor und Illustrator von Kinderbüchern und experimentellen Comics. Daneben arbeitet er regelmässig für den New Yorker.
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Foto: Wired.com
Diesen Fragen geht er in seiner Graphic Novel „Hier“ nach. Das Buch startet mit einem nahezu leeren Zimmer im Jahr 2014. Ein Sofa, ein Fenster, ein Kamin. Mit jeder Seite die wir umblättern, sehen wir das Zimmer aus dieser Perspektive unter Angabe des jeweiligen Jahres in der Seitenecke. Nicht chronologisch, sondern wir springen mal nur ein paar Jahre zurück, mal Jahrtausende zurück und auch in die Zukunft. Mal sind Menschen im Zimmer, manchmal ist das Haus noch nicht einmal gebaut worden und wir sehen wie es dort vorher aussah. Wälder, Tiere, ein Fluß.
So banal die eigentliche Idee auch ist, die Umsetzung hat mich ziemlich sprachlos gemacht. Was für aussergewöhnliche Zeichnungen, Einblicke eines Ortes von 2014 über 1775, bis 500,000 Jahre zurück und dann zack in die Zukunft ein Blick ins Jahr 2051, 2313 und dann 22175. Wow!
Seine Phantasie, seine Ideen, insbesondere mit Blick auf die Zukunft, haben mich ungeheuer fasziniert. Eine Graphic Novel die fast komplett ohne jeden Text auskommt und doch soviel aussagt. Ein nachdenkliches, einfach nur wunderschönes Buch, das einen ganz bestimmten „Vibe“ hat, der schwer zu beschreiben ist. Das Buch hat eine Tiefe, die sich einem nicht durch einmaliges Durchblättern erschließt. Es muss wieder und wieder „gelesen“ oder eher angeschaut werden, bevor sich einem jedes Mal etwas Neues Stückchen für Stückchen erschließt. Eine Graphic Novel, die ich wärmstens empfehlen kann. Ein wunderschönes Geschenk.
Hier noch ein interessantes Interview mit dem Autor aus der Paris Review:
Herzlichen Dank an den Dumont Verlag für das Rezensionsexemplar.
Mich hat, trotz der hervorragenden Zeichnungen, die Graphic Novel auf Dauer etwas ermüdet. Mag sein, dass Du Recht hast, wenn Du sagst: Das Buch „muss wieder und wieder ‚gelesen‘ oder eher angeschaut werden, bevor sich einem jedes Mal etwas Neues Stückchen für Stückchen erschließt.“ Ich probier’s noch mal.
ja einmal noch und dann aufgeben, ich lern das auch gerade (wieder) 😉
Ich frage mich das tatsächlich auch oft – z.B. letztens auf dem Weg nach Köln – wenn man von der „holländischen“ Seite kommt, liegt die Stadt mit dem Dom in einem Talkessel vor einem… Ich frage mich dann, wie das wohl von einer Kutsche aus ausgehen haben muss, mit wildem Wald umher usw. 🙂 Das kann die Phantasie tatsächlich ganz schön anregen…
Das hört sich wirklich nach einer interessanten „Novel“ an, auch wenn das nicht so ganz meins ist eigentlich!
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