Nein, ich habe weder einen Igel noch rosafarbene Bettwäsche aber ich habe einen Herren-Hattrick hingelegt, drei Autoren zu denen ich wenig bis gar keine Bindung aufbauen konnte. Bei Herrn Saunders war es anscheinend so arg, ich habe gar vergessen ein Foto des Buches zu machen, so dass ich jetzt hier auf Kreta sitzend das Internet bemühen muss (Bild von thebooksmith).
„Tenth of December“ – George Saunders
Vielleicht hätte so ein kleiner bezaubernder Igel mir Herrn Saunders zugänglicher gemacht, ohne war ich einfach etwas lost. Dabei war ich so freudig gespannt. Die Kurzgeschichten wurden überall und ausnahmslos hochgelobt doch der hoffnungsfrohe Höhenflug wurde jäh gestoppt, Ich habe 3 Geschichten lang durchgehalten, fand die weder humorvoll (aber ok mir fehlt glaube ich auch zu weiten Teilen das Humorgen) noch interessant, noch irgendwas. Wir haben einfach etwas aneinander vorbeigelebt der Herr Saunders und ich. Stream of Conciousness oder auch Unconciousness, ich weiß es nicht. Vielleicht hätte ich ihm mehr Zeit geben müssen, es ist so ein hübsches Buch. Rough cut und so ein wunderbares schwarz-weißes Cover, aber nope wurde nichts.
Es flog in die Ecke, vielleicht versuchen wir es irgendwann noch einmal miteinander. Hat hier jemand ähnliche oder ganz andere Erfahrungen mit Herrn Saunders gemacht?
Soll ich ihm noch mal eine Chance geben ?
Auf zum nächsten Problemkandidaten, den habe ich immerhin zu Ende gelesen.
ABER
Cryptonomicon – Neal Stephenson
1152 (!!!) Seiten – ich hatte schon Committment-Issues, bevor es los ging, dass ich das durchgehalten habe, grenzt an ein Weltwunder, das war mehr als harte Arbeit. Ein Tech-Cyperpunk Klassiker und Information-Dump vom Feinsten. Er spiegelt die Realität in der Tech-Welt deutlich wider, denn in dem Buch gibt es so gut wie keine Frauen, wenn, sind sie Randfiguren die keine größere Rolle spielen. Am Ende des Buches mußte ich wirklich mal kurz checken, ob ich mich nicht selbst beim Lesen in einen Mann verwandelt hatte.
Das Buch ist interessant, aber zu lang, zu viele Informationen, zu wenig wirklich spannende Handlung. Selbst eine Kurz-Zusammenfassung hat es in sich. Fast jede Seite enthält Mathematik für Fortgeschrittene und das ganze dann auf zwei Zeitebenen.
Zweiter Weltkrieg und eine Menge Kryptographie rund um Alan Turing und ein Sonderkommando der Alliierten, die versuchen, die Kommunikationscodes der Achsenmächte zu knacken.
Der andere Teil spielt in der Gegenwart, in der sich teilweise die Enkel der Helden aus dem zweiten Weltkrieg darum bemühen, in Südostasien eine Offshore-Datenoase zu schaffen.
Ich hab einiges gelernt und werde mich irgendwann auch an den Stephenson wagen, der hier noch rumsteht (Anathem), aber wirklich warm wurden wir beide nicht.
Ich wage mich jetzt an den nächsten Herren mit dem es nicht so recht klappen wollte und fürchte, hier werde ich eventuell die meiste Haue bekommen:
„Sterben“ – Karl Ove Knausgard
So viele Menschen, deren Meinung ich schätze, haben ihn mir ans Herz gelegt und ich wollte auch so gerne, war so gespannt, aber es klappte einfach nicht. Ich konnte mich einfach nicht hineinfinden in die Knausgardsche Welt, fand es nicht spannend, wollte soviel über ihn nicht wissen und habe daher irgendwann einfach aufgegeben.
Ich stelle es mal auf Seite, vielleicht irgendwann nochmal, auf einer Reise nach Skandinavien oder so, eventuell packt es mich ja noch mal – aber für den Moment müssen Herr Knausgard und ich getrennte Wege gehen.
Er ist sicherlich ein interessanter Typ und ich würde auch durchaus mal ein Bier mit ihm trinken und eine Nacht durchdiskutieren, aber Hunderte und Hunderte von Seiten möchte ich glaube ich nicht über ihn lesen.
So, gibt es hier Stephenson’sche Leidensgenossen ? Knausgard Fans – könnt ihr mir verzeihen? Leute, die ihn nicht mögen gibt es glaube ich gar nicht, aber ich freue auf Euer Feedback.
Mit wem konntet ihr keine Verbindung aufbauen?
- George Saunders – „Tenth of December“ ist auf deutsch unter dem Titel „Zehnter Dezember“ im Luchterhand Verlag erschienen.
- Neal Stephenson – „Cryptonomicon“ ist auf deutsch unter dem gleichen Titel bei Goldmann erschienen
- Karl Ove Knausgard – Sterben ist im Luchterhand Verlag erschienen
MURAKAMI!!! 🙂
Na, mit Knautschbart kann ich auch keine Verbindung aufbauen (da habe ich bei Thomas Melle ein tolles Zitat gelese, bringe ich demnächst).
Und – nicht alle haben den Saunders gelobt. Mir ging es wie Dir – siehe dort: https://saetzeundschaetze.com/2015/11/29/george-saunders-zehnter-dezember-oder-auch-die-grose-unschlussigkeit/
waaaaah – ich hätte es mir denken können. Mein Murakami – und ab auf die Stille Treppe mit Dir, Birgit 😉
Ich wußte, Du springst drauf an 🙂 Ausgetrickst 🙂
Nö, Knausgard ist nach zwei Seiten in die Ecke geflogen. Aber toll, wie lange Du bei den Büchern durchgehalten hast! Ich bin da wirklich ungeduldiger.
Hallo Sabine,
weißt du, dass Knausgard selbst seine „Mein Kampf“-Reihe als grottenschlecht bewertet?? Für ihn war und ist das Schreiben der Bücher ein therapeutischer Akt, um ÜBERHAUPT schreiben zu können, denn er hat einen extrem hohen Anspruch an sich, schätzt selbst nur richtige Highbrow-Autoren wie Joyce oder Celine. Er leidet darunter, dass er nichts ähnlich Hochwertiges schreiben kann. Denis Scheck nennt Knausgard übrigens den skandinavischen Langweiler.
Mein Leseerlebnis mit Sterben war ambivalent: Ich habe mich phasenweise unerträglich gelangweilt, wurde dann aber wieder total mitgerissen, wenn´s zum Beispiel um sein Geleide an der unerwiderten Liebe zu einer Klassenkameradin geht oder um das Gruselhaus, in dem er nach dem Tod des Alki-Vaters aufräumen muss. Gerade Letzteres fand ich extrem suggestiv, da wird mir jetzt noch ganz komisch …
Hast du schon Joachim Meyerhoff oder Andreas Maier gelesen? Die machen beide eigentlich so ziemlich dasselbe wie Knausgard, bloß, finde ich, vielviel besser: Meyerhoff ist so unglaublich lustig und dabei auch noch tiefsinnig, einfach unglaublich! Andreas Maier ist im Grunde auch unglaublich, weil einzigartig, er schert sich um keine Mode, ist irgendwie gewollt außen vor (wird deshalb immer wieder mit Thomas Bernhard verglichen, passt aber nicht wirklich der Vergleich) und deckt dabei so viel über die Zeit auf, über die er schreibt! Außerdem ist er wahrscheinlich der einzige anspruchsvolle deutsche Autor, der ernsthaft spirituell ist.
Knausgard polarisiert – gar keine Frage. Und ja, man darf mit seinen Büchern nichts anfangen. Nach einer Lesung würde ich sogar meinen, mit ihm kein Bier trinken zu wollen.
Mit Neal Stephenson habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Die „Barock Trilogie“ fand ich wirklich spannend und trotz der hohen Informationsdichte eigentlich nie langweilig. Sein Sci-Fi Roman „Amalthea“ hat mich dann doch gelangweilt, viel zu wenig Handlung auf knapp 1000 Seitenund mir zu viele technische Details. Knausgard reizt mich schon länger, richtig getraut habe ich mich noch nicht – habe bis jetzt aber das Gefühl, entweder man findet ihn toll, oder man kann nichts damit anfangen und dazwischen gibt es wenig.
Snow crash von Stephenson fand ich genial! Amalthea habe ich mir aufgrund schlechter Meinungen guter Leser verkniffen, genau wie Knausgard, dessen Innenansichten mich bereits beim reinschnuppern ermüdet haben und Kurzgeschichten und ich aben ein Problem. Es ist das Wort „kurz“ vor den Geschichten (manchmal, sehr selten ist es dann meinerseits Liebe, meist meide ich.)
Hej, ich dachte immer ich wäre die Einzige, die mit Knausgard hadert! Ich begann mit seinem zweiten Buch „Lieben“ und das fand ich wirklich gut, nie langatmig, aber dann … oh je … auch wenn er sich zwischendurch berappelt, ist es doch auf Dauer zu viel Nabelschau und Selbstmitleid (?) …
die anderen zwei Herren sind mir noch nicht begegnet … ich bin gerade bei Sylvia Plath … huuu …
herzliche Abendgrüsse
Ulli
Auf die stille Murakami-Treppe muss ich auch. Außerdem verstehe ich noch nicht, was alle an Pessoa finden, lese aber tapfer weiter.
Ich mochte vor allem die ersten beiden Knausgards, habe 3 und 4 auch noch gelesen, aber jetzt ist mir irgendwie die Puste ausgegangen. Es stimmt auch nicht, dass ihn alle lieben, viele können ihm gar nichts abgewinnen. Ich kann das auch nachvollziehen, dass einem das alles irgendwie zu viel ist, zu detailreich etc., mir ging’s teilweise auch so. Auf der anderen Seite hat er mich aber auch wieder richtig gepackt. Und Murakami? Wer wagt es, was gegen Murakami zu sagen? 😉