Meine Woche

Gesehen: La Vérité (2019) von Hirokazu Kore-eda mit Juliette Binoche, Catherine Deneuve und Ethan Hawke. Das Wiedersehen zwischen der erfolgreichen Schauspiel Mutter die gerade ihre Memoiren veröffentlicht hat und ihrer Tochter wird schnell zur Konfrontation: Wahrheiten werden erzählt, Rechnungen beglichen, Liebschaften und Ressentiments gestanden. Hat mir gefallen.

Let the Corpses tan (2017) von Hélène Cattet und Bruno Forzani ist ein sehr spezieller Western/Krimi mit großartigen Korsika-Bildern. Die Geschichte war so lala, aber die Sonne, das Meer, diese wunderschöne Insel….

Gehört: Ritchie Sacramento – Mogwai, Ballade for a Blue Moon – Motion Sickness of Time Travel, Mirror – Imperative Reaction, Proud & Strong – Scarlet Dorn & Sven Friedrich, Rivers – Epica, Darwin’s Eden – A Projection, Lose your head – London Grammar, Don’t run from the fire – Minuit Machine, Al Sur – The Notwist, Dimension M2 – Stereolab, Song on the Beach – Arcade Fire

Gelesen: We need a new work culture, Elizabeth Kolbert on using CRISPR to save species from extinction, Frankreich hat einen „Reparatur-Index“ eingeführt, dieses Interview von 1984 mit Milan Kundera, A Tale Of Two Ecosystems: On Bandcamp, Spotify And The Wide-Open Future, diesen Artikel zu Outing im Schauspiel, über das Verschwinden der Literaturkritik im Öffentlich-Rechtlichen TV und the only strategy left for the Democrats

Getan: einen spannenden Zoom Call mit Hildegard Keller über Hannah Arendt, Yoga gemacht, viel spaziert und laufen gewesen

Gegessen: Octopus, Bohnen und Artischockenherzen von der Taverna Limani

Getrunken: viel Tee und diesen sehr leckeren Rotwein

Gefreut: dass ich wieder Spaß am Laufen habe

Geweint: nein

Geärgert: über Trumps Impeachment Freispruch

Geklickt: auf dieses herzerwärmende Video, 30 Photographs of the Most Beautiful Places in the World

Gestaunt: über Umberto Ecos Bibliothek, über James Joyces‘ Sexing mit seiner Frau, über das erste im Labor gezüchtete und 3-D gedruckte Steak und über diesen fast 10m langen riesigen Oktopus

Gelacht: Warum Zoom Meetings wie Seancen sind

Gewünscht: diese Wohnung, diese Schuhe, dieses Outfit

Gefunden: jede Menge tolle Bücher im Bücherschrank

Gekauft: Wein von einem Weingut mit meinem Nachnamen 🙂

Gedacht: „Nothing is more desirable than to be released from an affliction, but nothing is more frightening than to be divested of a crutch.“//James Baldwin

Meine Woche

Gesehen: The Others (2001) von Alejandro Amenábar mit Nicole Kidman. Wundervoll atmosphärischer Gothic Horror um eine Familie die in einem dunklen Haus lebt, in dem sie nicht alleine zu sein scheinen. Kann ich alle paar Jahre wieder schauen.

Spiderman 3 (2007) von Sam Raimi mit Tobey Maguire und Kirsten Dunst. Comic Spaß mit leider etwas seichtem Drehbuch. Um einen verregneten Abend aufzuheitern hat er ausgereicht.

Rendezvous mit einem Riesenkraken (2021) von Florian Garner. Spannende Doku die bei mir große Meeres-Sehnsucht ausgelöst hat.

The Fall of the House of Usher (1980) von Jan Švankmajer. Surreale 15minütige Verfilmung der gleichnamigen Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe. Fühlt sich wie ein animiertes Hörbuch an.

Gehört: diesen tollen Jahresmix den ich mir von einer Freundin gewünscht hatte, Sainte Rave – Minuit Machine, Anhedonia – Chelsea Wolfe ft Emma Ruth Rundle, Tiny Desk Concert – Max Richter, Meet us where the night ends – Mono, Wild Eyes – SPOIWO, Exit Strategy to Myself – The Notwist, Hope – Arlo Parks, BIPP (Autechre Mix) – Sophie, Sounds of Blue – Morcheeba, Vervet – Martin Gore

Gelesen: Elizabeth Kolbert on Have we already been visited by aliens, Nachruf auf die viel zu früh verstorbene Sängerin und Produzentin Sophie, die großartige Kurzgeschichte Paper Menagerie von Ken Liu, How the work ethics became the substitute for good jobs, die Ideologie der Kapitol Stürmer

Getan: einen spannenden Videocall mit einer Freundin in Sierra Leone, Yoga, viel zu Fuß gegangen, unendlich viele Meetings und ein virtuellen Kickoff 2021

Gegessen: Kartoffel Couscous Bällchen und ein mega köstliches Bun Xa Dau Hu von Jack Glockenbach

Getrunken: Tee und Weißwein

Gefreut: über ein tolles nachträgliches Weihnachtspaket

Geweint: nein

Geärgert: nein

Geklickt: auf Marina Weisband beeindruckende Rede zur Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag, auf Mai Thi Nguyen-Kims Video wie Corona enden wird, Why Kamala Harris election matters, auf die „Northlandscapes“ von Fotograf Jan Erik Waider, auf den TED Talk von Shaolin Meister Shi Heng Yi

Gestaunt: über den Krümelmonster Stein, über diese Eislauf-Strecke in Colorado, über diese Taschenuhr mit eingebauter Kamera, wie man im Weltall seine Haare wäscht, und über 20 Mio Jahre alte Riesenwürmer

Gelacht: hierüber und über diese Live Aufnahme von mir im Büro

Gewünscht: Picknick Bank für unser Eichhörnchen, dieses Bad, dieses Schlafzimmer

Gefunden: nix

Gekauft: Eine Geschichte der Welt in 100 Ojekten

Gedacht: „Wie die Welt morgen aussehen wird, hängt im großen Maß von der Einbildungskraft jener ab, die gerade jetzt lesen lernen“ // Astrid Lindgren

Women in Science (27) Elizabeth Kolbert

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Die Umweltjournalistin Elizabeth Kolbert erhielt 2015 für ihr Buch „Das sechste Sterben“ den Pulitzerpreis für Non-Fiction.

Falls ihr auf der Suche nach einer richtig guten Horrorgeschichte seid, die euch garantiert den Schlaf rauben wird, dann seid ihr hier richtet. Dieses Buch zeigt den völlig erbarmungslosesten, erfindungsreichsten und erfolgreichsten Serienkiller, über den je geschrieben wurde. Die Zahl seiner Opfer steigt exponentiell und sein Appetit ist leider noch lange nicht gestillt. Der Bösewicht ist im Grunde genommen jeder von uns, die wir auf diesem wunderbaren Planeten leben.

Seit seinem Erscheinen vor etwa 200 000 Jahren hat der Homo sapiens seine Umwelt verändert: Anfangs kaum spürbar,  seit der neolithischen Revolution vor gut 12 000 Jahren deutlich stärker und seit Beginn der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts radikal. Heute ist sein Einfluss auf die Natur und das globale Ökosystem so tiefgreifend, dass der niederländische Meteorologe Paul Crutzen vorschlug, den jetzigen Abschnitt der Erdgeschichte, bislang als Holozän bezeichnet, in „Anthropozän“ umzubenennen.

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Die fünf großen Massensterben im Laufe der Geschichte sind durch verschiedene, vom Menschen unabhängige Phänomene verursacht worden, etwa Eiszeiten oder Meteoriteneinschläge. Doch das derzeit ablaufende sechste Massensterben liegt allein in unserer Verantwortung, wie das Buch überzeugend darlegt.

Bei der Vernichtung des amerikanischen Mastodon, dem Riesenalk, den Neanderthalern und auch des Panamanischen goldenen Frosches, der hawaiianischen Krähe, dem Sumatra Nashorn und diversen Fledermaus-Arten wird eines ganz klar deutlich: fast immer starben diese Arten aus, als der Mensch begann, die Umwelt zu betreten.

Auch wenn das Thema eher entmutigend ist, Kolbert schreibt mit trockenem Galgenhumor, der für mich immer dann auftrat, wenn die Dinge allzu deprimierend zu werden drohten. Das Buch ist recht naturwissenschaftlich, aber dennoch zugänglich geschrieben, ohne je nach Lehrbuch zu klingen.

Interessant fand ich die Kapitel am Anfang, wo sie über Wissenschaftler wie Cuvier, Lyell oder Darwin schreibt, die mit die ersten waren, die Mutmaßungen anstellten mit Blick auf Aussterben und Evolution. Mir war nicht klar, dass das Aussterben von Rassen eine relativ neue Idee ist. Lange Zeit nahmen Wissenschaftler an, dass nichts aussterben konnte und erst mit der Entdeckung der Fossilien begann sich diese Auffassung zu ändern.

Faszinierend fand ich auch die Idee eines neuen Pangea. Das die Leichtigkeit, mit der wir zwischen Ländern und Kontinenten hin- und herreisen, im Grunde genommen einem wieder entstandenen Pangea gleicht und das wir teils wissentlich, teils unwissentlich fremde Tier- oder Pflanzenspezies in neue Umgebungen mitnehmen, die die Balance zwischen Jäger und Gejagtem immens durcheinander bringen können – mit teilweise desaströsen Konsequenzen.

Kolbert schafft es, all das klar, unterhaltsam, aber auch durchaus erschreckend zu transportieren. Zum Ende hin wurde ich etwas müde und im Grunde kann man die letzten Kapitel einfach so zusammenfassen: Menschen sind scheiße.

Das elaboriert zu lesen, die unwiderlegbaren Beweise vorgelegt zu bekommen und selbst aber auch mit Schuld zu sein, zieht einen doch ziemlich runter. Aber wahrscheinlich benötigen wir diese Art von runter ziehen ganz dringend, denn die Menschheit muss lernen und erkennen, was wir der Umwelt antun.

Man kann den Generationen vor uns nur begrenzt einen Vorwurf machen, teilweise wussten sie einfach nicht, was sie da taten und sind wahrscheinlich wirklich davon überzeugt gewesen, dass es egal ist wie viele Mastodons man jagt und isst, es werden immer wieder welche nachkommen. Aber diese ignoranten Tage liegen jetzt hinter uns. Wir wissen es besser, also müssen wir es auch besser machen.

Kolbert zitiert am Ende eine Wissenschaftlerin mit den Worten, „solange wir weiter forschen, wird die Menschheit überleben“, womit sie suggeriert, wir werden uns aus der bestehenden dramatischen Situation schon irgendwie „herauszutechnologisieren“. Das aber wird mit Sicherheit nicht eintreten. Nur ein radikaler Wandel unseres ökonomischen und ökologischen Handelns kann das Schlimmste verhindern.

Die Menschheit ist definitiv deutlich weniger schlau als sie allgemein so von sich annimmt.

Unbedingte Lese-Empfehlung, auch wenn das nicht wirklich ein Vergnügen ist.