Es ist eine wirklich außergewöhnliche Erfahrung, Pompeji zu erkunden, wo die Zeit vor fast zweitausend Jahren plötzlich stillzustehen schien. Begleitet von mindestens genauso Archäologie-verrückten Bookclub Freundin aus dem Bookclub, begaben wir uns auf die Spuren von Mary Beard und Gabriel Zuchtriegel, dem Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji, die uns zur Reise inspirierten und deren Bücher wir als Lotsen durch die Stadt nutzten.
Unsere Reise begann früh morgens von unserer Unterkunft nahe dem Hafen von Neapel aus. Bereits am Bahnhof von Neapel stiegen unzählige Reisende zu, und wir konnten erahnen, wie überfüllt (und heiß!) es erst im Sommer sein muss, wenn die Touristenzahlen ihren Höhepunkt erreichen.
Die Ankunft am Bahnhof Pompeji führte uns erst einmal unbewußt in die Schlange für eine geführte Tour, was sich jedoch als ganz gute Entscheidung herausstellte. Mit der Tour konnten wir die lange Warteschlange am Eingang umgehen und erhielten gleichzeitig einen ersten faszinierenden Einblick und Überblick auf das Gelände. Bis zum Forum hin war es dicht gedrängt, doch dann öffneten sich die Straßen, und wir waren oft allein unter in den Straßen, den Garküchen oder im Schatten alter Gebäude. Ein seltsames Gefühl der Einsamkeit hab ich oft empfunden inmitten einer Stadt, die einst pulsierendes Leben beherbergte.
Pompeji, eine blühende Stadt im antiken Rom, war einst ein wichtiges Zentrum für Handel und Kultur am Golf von Neapel. Gegründet im 7. oder 6. Jahrhundert v. Chr. von den Oskern, wurde es später von den Römern erobert und zu einem florierenden Handelszentrum ausgebaut. Durch seine Lage am Fuße des Vesuvs profitierte Pompeji von seiner Nähe zum Meer und den Handelsrouten, die durch die Stadt verliefen.
Im Jahr 79 n. Chr. wurde Pompeji von einer der verheerendsten Naturkatastrophen der Geschichte heimgesucht. Der Vesuv aus und schleuderte Asche, Gestein und glühende Lava in die Luft. Die Eruption war so gewaltig, dass sie die Umgebung in Dunkelheit hüllte und Pompeji innerhalb weniger Stunden unter einer meterdicken Schicht aus vulkanischer Asche und Gestein begrub.
Die Bewohner von Pompeji hatten nur wenig Zeit, um zu fliehen. Viele wurden von den herabstürzenden Gesteinsbrocken erschlagen oder von der Asche erstickt, während andere versuchten, sich in ihren Häusern zu verstecken oder zu fliehen. Die Stadt wurde von der Katastrophe komplett verschüttet und blieb für fast 1.700 Jahre unter der Ascheschicht verborgen. Es ist bis heute nicht ganz klar wie viele Einwohner die Stadt zum Zeitpunkt des Ausbruches tatsächlich hatte. Die Zahlen schwanken gewaltig, da nicht klar ist, wie beengt oder nicht die Menschen dort lebten. Bis heute hat man ca 2000 Tote gefunden, es wird angenommen, dass viele schon Tage vorher flohen, da die Stadt vermutlich schon Tage vor dem Ausbruch von Erdbeben erschüttert wurde.
Etwa 17 Jahre zuvor, im Jahr 62 n. Chr. gab es bereits ein großes Erdbeben in der Stadt. Es war ein verheerendes Ereignis, das große Schäden in der Stadt verursachte und zahlreiche Gebäude zerstörte oder beschädigte. Dieses Erdbeben war ein wichtiger Vorläufer des späteren Ausbruchs des Vesuvs und wird oft als Teil der Vorzeichen für die Katastrophe betrachtet, die Pompeji ereilte. Während des Vulkanausbruchs war die Stadt noch immer dabei die Schäden des Erdbebens zu beheben und es wurden viele Baugerüste gefunden, die man für Reparaturarbeiten nutzte.
Erst im 18. Jahrhundert wurden die Überreste von Pompeji wiederentdeckt, als Bauarbeiten in der Gegend durchgeführt wurden. Archäologen begannen mit der systematischen Freilegung der antiken Stadt, und im Laufe der Zeit wurden zahlreiche gut erhaltene Gebäude, Straßen, Mosaike und Kunstwerke ans Tageslicht gebracht.
Wir durchstreiften die antiken Villen, Thermopolien (Garküchen), Gärten, Geschäfte und Bordelle, und es fällt mir schwer, die Überwältigung in Worte zu fassen, die einen überkommt, wenn man sich vor Ort befindet. Vieles kannte man aus Büchern und Dokumentationen, doch die Präsenz vor Ort ist von einer überwältigenden Kraft. Die Straßen, ausgestattet mit reflektierenden Steinen für nächtliche Orientierung, und die geniale Planung der Stadt, die mit einer anderen Breite innerhalb und außerhalb der Stadtmauern eine kluge Verkehrsführung ermöglichte, hinterließen einen bleibenden Eindruck.
Das Archäologische Museum in Neapel, in dem die Schätze von Pompeji aufbewahrt werden, beeindruckte uns zutiefst. Hier fanden wir nicht nur eine Vielzahl von „Pompenissen“, wie meine liebe Freundin es treffend nannte, sondern auch eine Fülle von Kunstwerken, die die tabulosen Sitten der antiken Welt zeigen. Von Statuen bis hin zu Bildern von Geschlechtsakten in allen erdenklichen Positionen, es war eine Offenbarung der menschlichen Natur.
Die Fahrrillen in den Straßen, die Schuhsohlen und das erhaltene Brot aus einem der Backöfen haben mich vermutlich am meisten berührt und natürlich die vielen menschlichen Überreste, von Asche umhüllt und in ihren letzten Momenten erstarrt.
Plinius der Ältere war ein römischer Autor, Naturforscher und Militärbefehlshaber, der den Vulkanausbruch in Pompeij als Zeitzeuge beschrieb. Als hochrangiger Beamter der römischen Marine wurde er zu Hilfe gerufen, um die Menschen in der Region zu evakuieren. Plinius begab sich mutig in die Gefahrenzone, um den Ausbruch zu beobachten und Hilfe zu leisten. Dabei wurde er jedoch von den giftigen Gasen und Aschewolken überrascht und erstickte schließlich an den Dämpfen. Sein Tod wurde von seinem Neffen Plinius dem Jüngeren in einem berühmten Brief an den Historiker Tacitus beschrieben, der zu einer wichtigen Quelle für das Verständnis des Vulkanausbruchs und seiner Auswirkungen wurde. Plinius der Ältere starb als Held, der sein Leben riskierte, um anderen zu helfen, und sein Vermächtnis lebt bis heute in seinen Schriften und seinem mutigen Einsatz weiter.
Jetzt kommen wir aber endlich mal zu den bereits eingangs erwähnten Büchern, auf die ich euch unbedingt Lust machen möchte.
Gabriel Zuchtriegels Buch „Vom Zauber des Untergangs war die perfekte vorbereitende Reiselektüre auf meinen Besuch in Pompeij letzte Woche. Das Buch bietet nicht nur einen faszinierenden Einblick in die archäologischen Schätze Pompejis, sondern spannt auch einen Bogen von der Antike bis in die Gegenwart.
Er leitet seit 2021 den Archäologiepark Pompeji in Italien. Sein Buch reflektiert nicht nur die Geschichte der antiken Stadt, sondern wirft auch einen neuen Blick auf ihre Bedeutung für unsere heutige Zeit. Als ich durch die gut erhaltenen Überreste von Garküchen, Sklavenzimmern und Tempeln wanderte, wurde mir klar, dass diese vergangenen Zivilisationen mehr mit unserer Gegenwart zu tun haben, als wir oft glauben.
Zuchtriegel beschreibt in seinem Buch nicht nur die archäologischen Ausgrabungen und Restaurierungen, sondern auch die neuen Forschungsergebnisse, die ständig ans Licht kommen. Dabei schlägt er immer wieder eine Brücke zwischen der antiken Welt und unserer modernen Gesellschaft. Er stellt Fragen nach dem Wandel der Gesellschaft und der Bedeutung von Kultur und Erbe für unsere Identität.
Während man die beeindruckenden Überreste der antiken Villen und Theater bewundert, kommt man nicht umhin, darüber nachzudenken, wie sich das Leben in Pompeji vor dem verheerenden Ausbruch des Vesuvs abspielte. Doch Zuchtriegel erinnert uns daran, dass Pompeji nicht nur eine historische Stätte ist, sondern auch eine Quelle der Inspiration und Reflexion für unsere heutige Zeit.
Zuchtriegels Buch ist nicht nur eine Sammlung von Fakten und Daten über Pompeji, sondern auch eine persönliche Reise durch die Geschichte und Kultur einer vergangenen Zivilisation. Seine Leidenschaft für die Archäologie und sein Engagement für den Schutz und die Bewahrung des kulturellen Erbes sind in jedem Wort spürbar und ansteckend.
Pompeji ist nicht nur eine historische Stätte, sondern auch ein Symbol für die Vergänglichkeit des Lebens und die Notwendigkeit, unser kulturelles Erbe zu schützen und zu bewahren.
Gabriel Zuchtriegel lädt uns ein, Pompeji mit neuen Augen zu sehen und die versteckten Geschichten und Geheimnisse dieser faszinierenden antiken Stadt zu entdecken. Eine Lektüre, die nicht nur für Archäologen und Geschichtsinteressierte, sondern für alle, die sich für die menschliche Geschichte und Kultur interessieren, von Interesse ist. Ganz große Empfehlung – unbedingt lesen 🙂
Natürlich darf die Grand Dame der Altertumswissenschaften, Mary Beard, hier nicht fehlen:
Mary Beards Buch „Pompeii: The Life of a roman town“ ist ein faszinierender und humorvoller Streifzug durch die Stadt und die Geschichte. Sie liebt es gängige Annahmen über Pompeij zu widerlegen und kann dabei im Text ordentlich austeilen anderen Kolleg*innen gegenüber.
Beard betont immer wieder die Grenzen unseres Wissens und die Unbeständigkeit unserer Konstrukte. Sie widerlegt die Vorstellung, dass Pompeji eine „eingefrorene Stadt in der Zeit“ sei, wie es oft behauptet wird. Vielmehr zeigt sie auf, dass Pompeji von verschiedenen historischen Ereignissen geprägt wurde, angefangen von einem verheerenden Erdbeben bis hin zu Plünderungen und Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg.
Das Buch bietet einen überraschenden Blick hinter die Kulissen von Pompeji und beleuchtet das tägliche Leben der Menschen, ihre Häuser, ihre Bäder und sogar ihre Bordelle. Beard führt uns durch die Straßen, in die Häuser und öffentlichen Gebäude und lässt uns die Stadt mit all ihren Gerüchen und Geräuschen erleben.
Besonders bemerkenswert ist Beards Fähigkeit, komplexe Themen auf eine zugängliche und unterhaltsame Weise zu präsentieren. Man kann förmlich spüren, wie sie durch die Ruinen von Pompeji spaziert und uns dabei mit ihrem Wissen und ihrer Begeisterung mitreißt.
Pompeij bleibt es ein faszinierendes Zeugnis der römischen Geschichte und Kultur und wird auch noch Generationen künftiger Besucher*innen begeistern, falls der Vesuv nicht – wie befürchtet wird – in nicht allzu ferner Zukunft wieder einmal ausbricht und ggf die Stadt wieder unter sich begräbt. Während wir in Neapel waren hat es in der Gegend tagelang wieder ganz schön gebebt und ich möchte mir gar nicht ausmalen was in dem Fall eines Ausbruchs in der Region in der 300.000 Menschen in der Gefahrenzone leben passieren würde. Ich hoffe der Krug geht noch lange an der Region vorbei.
Ich hoffe ihr hattet Spaß an diesem Ausflug in die Vergangenheit und ich konnte Euch Lust auf eine Reise nach Pompeij machen oder zumindest auf eines oder beide Bücher, die definitiv einen sehr guten Einstieg bieten oder notfalls als Ersatzdroge dienen können für all die, die nicht selbst in die Stadt reisen können oder wollen.
Neben den beiden Sachbüchern war aber auch noch Platz für Robert Harris‘ Pompeij, ein faszinierender historischer Roman, der des verheerenden Ausbruchs des Vesuvs und der Zerstörung der Stadt erzählt. Mit einer Mischung aus akribischer historischer Recherche und fesselnder Erzählung entführt Harris die Leser in die Welt des antiken Roms und verwebt geschickt Fakten mit Fiktion.
Die Geschichte folgt dem jungen Ingenieur Marcus Attilius Primus, der nach Pompeji kommt, um die Wasserleitungen der Stadt zu reparieren. Doch bald entdeckt er Anzeichen für ungewöhnliche Aktivitäten des Vesuvs und wird in ein Netz aus Intrigen, Machtspielen und persönlichen Dramen verstrickt. Während Attilius verzweifelt versucht, die Bewohner vor der bevorstehenden Katastrophe zu warnen, bahnt sich das Unheil unaufhaltsam an.
Harris gelingt es richtig gut, die Atmosphäre und das Leben im antiken Pompeji zum Leben zu erwecken. Durch seine detaillierte Darstellung der Stadt, ihrer Bewohner und ihrer Bräuche entsteht ein lebendiges Bild dieser Tage und es hat was sehr beklemmendes wenn man schon von der ersten Seite an weiß, dass sehr bald unweigerlich eine Katastrophe passieren wird.
Man spürt die intensive Recherche, die in den Roman eingeflossen ist, und die Liebe zum Detail, mit der Harris die Welt von Pompeji zum Leben erweckt.
„Pompeji“ ist ein packender historischer Roman, der nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Er wirft Fragen nach der Natur der Macht, dem Verhalten in Krisensituationen und der Fragilität menschlicher Existenz auf.
Das war jetzt aber wirklich die gesamte Lektüre die ich mitgeschleppt hatte – danke an Barbara aka Kulturbowle, die mich mit ihrem Kommentar daran erinnerte, dass ich komplett vergessen hatte mein drittes Buch der Reise zu erwähnen 😉
Seid ihr schon mal dort gewesen? Was hat euch am meisten beeindruckt?
Habt ihr Lust in ein paar Tagen noch mit mir nach Neapel zu reisen?