Pompeij by the book

Es ist eine wirklich außergewöhnliche Erfahrung, Pompeji zu erkunden, wo die Zeit vor fast zweitausend Jahren plötzlich stillzustehen schien. Begleitet von mindestens genauso Archäologie-verrückten Bookclub Freundin aus dem Bookclub, begaben wir uns auf die Spuren von Mary Beard und Gabriel Zuchtriegel, dem Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji, die uns zur Reise inspirierten und deren Bücher wir als Lotsen durch die Stadt nutzten.

Unsere Reise begann früh morgens von unserer Unterkunft nahe dem Hafen von Neapel aus. Bereits am Bahnhof von Neapel stiegen unzählige Reisende zu, und wir konnten erahnen, wie überfüllt (und heiß!) es erst im Sommer sein muss, wenn die Touristenzahlen ihren Höhepunkt erreichen.

Die Ankunft am Bahnhof Pompeji führte uns erst einmal unbewußt in die Schlange für eine geführte Tour, was sich jedoch als ganz gute Entscheidung herausstellte. Mit der Tour konnten wir die lange Warteschlange am Eingang umgehen und erhielten gleichzeitig einen ersten faszinierenden Einblick und Überblick auf das Gelände. Bis zum Forum hin war es dicht gedrängt, doch dann öffneten sich die Straßen, und wir waren oft allein unter in den Straßen, den Garküchen oder im Schatten alter Gebäude. Ein seltsames Gefühl der Einsamkeit hab ich oft empfunden inmitten einer Stadt, die einst pulsierendes Leben beherbergte.

Pompeji, eine blühende Stadt im antiken Rom, war einst ein wichtiges Zentrum für Handel und Kultur am Golf von Neapel. Gegründet im 7. oder 6. Jahrhundert v. Chr. von den Oskern, wurde es später von den Römern erobert und zu einem florierenden Handelszentrum ausgebaut. Durch seine Lage am Fuße des Vesuvs profitierte Pompeji von seiner Nähe zum Meer und den Handelsrouten, die durch die Stadt verliefen.

Im Jahr 79 n. Chr. wurde Pompeji von einer der verheerendsten Naturkatastrophen der Geschichte heimgesucht. Der Vesuv aus und schleuderte Asche, Gestein und glühende Lava in die Luft. Die Eruption war so gewaltig, dass sie die Umgebung in Dunkelheit hüllte und Pompeji innerhalb weniger Stunden unter einer meterdicken Schicht aus vulkanischer Asche und Gestein begrub.

Die Bewohner von Pompeji hatten nur wenig Zeit, um zu fliehen. Viele wurden von den herabstürzenden Gesteinsbrocken erschlagen oder von der Asche erstickt, während andere versuchten, sich in ihren Häusern zu verstecken oder zu fliehen. Die Stadt wurde von der Katastrophe komplett verschüttet und blieb für fast 1.700 Jahre unter der Ascheschicht verborgen. Es ist bis heute nicht ganz klar wie viele Einwohner die Stadt zum Zeitpunkt des Ausbruches tatsächlich hatte. Die Zahlen schwanken gewaltig, da nicht klar ist, wie beengt oder nicht die Menschen dort lebten. Bis heute hat man ca 2000 Tote gefunden, es wird angenommen, dass viele schon Tage vorher flohen, da die Stadt vermutlich schon Tage vor dem Ausbruch von Erdbeben erschüttert wurde.

Etwa 17 Jahre zuvor, im Jahr 62 n. Chr. gab es bereits ein großes Erdbeben in der Stadt. Es war ein verheerendes Ereignis, das große Schäden in der Stadt verursachte und zahlreiche Gebäude zerstörte oder beschädigte. Dieses Erdbeben war ein wichtiger Vorläufer des späteren Ausbruchs des Vesuvs und wird oft als Teil der Vorzeichen für die Katastrophe betrachtet, die Pompeji ereilte. Während des Vulkanausbruchs war die Stadt noch immer dabei die Schäden des Erdbebens zu beheben und es wurden viele Baugerüste gefunden, die man für Reparaturarbeiten nutzte.

Erst im 18. Jahrhundert wurden die Überreste von Pompeji wiederentdeckt, als Bauarbeiten in der Gegend durchgeführt wurden. Archäologen begannen mit der systematischen Freilegung der antiken Stadt, und im Laufe der Zeit wurden zahlreiche gut erhaltene Gebäude, Straßen, Mosaike und Kunstwerke ans Tageslicht gebracht.

Wir durchstreiften die antiken Villen, Thermopolien (Garküchen), Gärten, Geschäfte und Bordelle, und es fällt mir schwer, die Überwältigung in Worte zu fassen, die einen überkommt, wenn man sich vor Ort befindet. Vieles kannte man aus Büchern und Dokumentationen, doch die Präsenz vor Ort ist von einer überwältigenden Kraft. Die Straßen, ausgestattet mit reflektierenden Steinen für nächtliche Orientierung, und die geniale Planung der Stadt, die mit einer anderen Breite innerhalb und außerhalb der Stadtmauern eine kluge Verkehrsführung ermöglichte, hinterließen einen bleibenden Eindruck.

Das Archäologische Museum in Neapel, in dem die Schätze von Pompeji aufbewahrt werden, beeindruckte uns zutiefst. Hier fanden wir nicht nur eine Vielzahl von „Pompenissen“, wie meine liebe Freundin es treffend nannte, sondern auch eine Fülle von Kunstwerken, die die tabulosen Sitten der antiken Welt zeigen. Von Statuen bis hin zu Bildern von Geschlechtsakten in allen erdenklichen Positionen, es war eine Offenbarung der menschlichen Natur.

Die Fahrrillen in den Straßen, die Schuhsohlen und das erhaltene Brot aus einem der Backöfen haben mich vermutlich am meisten berührt und natürlich die vielen menschlichen Überreste, von Asche umhüllt und in ihren letzten Momenten erstarrt.

Plinius der Ältere war ein römischer Autor, Naturforscher und Militärbefehlshaber, der den Vulkanausbruch in Pompeij als Zeitzeuge beschrieb. Als hochrangiger Beamter der römischen Marine wurde er zu Hilfe gerufen, um die Menschen in der Region zu evakuieren. Plinius begab sich mutig in die Gefahrenzone, um den Ausbruch zu beobachten und Hilfe zu leisten. Dabei wurde er jedoch von den giftigen Gasen und Aschewolken überrascht und erstickte schließlich an den Dämpfen. Sein Tod wurde von seinem Neffen Plinius dem Jüngeren in einem berühmten Brief an den Historiker Tacitus beschrieben, der zu einer wichtigen Quelle für das Verständnis des Vulkanausbruchs und seiner Auswirkungen wurde. Plinius der Ältere starb als Held, der sein Leben riskierte, um anderen zu helfen, und sein Vermächtnis lebt bis heute in seinen Schriften und seinem mutigen Einsatz weiter.

Jetzt kommen wir aber endlich mal zu den bereits eingangs erwähnten Büchern, auf die ich euch unbedingt Lust machen möchte.

Gabriel Zuchtriegels Buch „Vom Zauber des Untergangs war die perfekte vorbereitende Reiselektüre auf meinen Besuch in Pompeij letzte Woche. Das Buch bietet nicht nur einen faszinierenden Einblick in die archäologischen Schätze Pompejis, sondern spannt auch einen Bogen von der Antike bis in die Gegenwart.

Er leitet seit 2021 den Archäologiepark Pompeji in Italien. Sein Buch reflektiert nicht nur die Geschichte der antiken Stadt, sondern wirft auch einen neuen Blick auf ihre Bedeutung für unsere heutige Zeit. Als ich durch die gut erhaltenen Überreste von Garküchen, Sklavenzimmern und Tempeln wanderte, wurde mir klar, dass diese vergangenen Zivilisationen mehr mit unserer Gegenwart zu tun haben, als wir oft glauben.

Zuchtriegel beschreibt in seinem Buch nicht nur die archäologischen Ausgrabungen und Restaurierungen, sondern auch die neuen Forschungsergebnisse, die ständig ans Licht kommen. Dabei schlägt er immer wieder eine Brücke zwischen der antiken Welt und unserer modernen Gesellschaft. Er stellt Fragen nach dem Wandel der Gesellschaft und der Bedeutung von Kultur und Erbe für unsere Identität.

Während man die beeindruckenden Überreste der antiken Villen und Theater bewundert, kommt man nicht umhin, darüber nachzudenken, wie sich das Leben in Pompeji vor dem verheerenden Ausbruch des Vesuvs abspielte. Doch Zuchtriegel erinnert uns daran, dass Pompeji nicht nur eine historische Stätte ist, sondern auch eine Quelle der Inspiration und Reflexion für unsere heutige Zeit.

Zuchtriegels Buch ist nicht nur eine Sammlung von Fakten und Daten über Pompeji, sondern auch eine persönliche Reise durch die Geschichte und Kultur einer vergangenen Zivilisation. Seine Leidenschaft für die Archäologie und sein Engagement für den Schutz und die Bewahrung des kulturellen Erbes sind in jedem Wort spürbar und ansteckend.

Pompeji ist nicht nur eine historische Stätte, sondern auch ein Symbol für die Vergänglichkeit des Lebens und die Notwendigkeit, unser kulturelles Erbe zu schützen und zu bewahren.

Gabriel Zuchtriegel lädt uns ein, Pompeji mit neuen Augen zu sehen und die versteckten Geschichten und Geheimnisse dieser faszinierenden antiken Stadt zu entdecken. Eine Lektüre, die nicht nur für Archäologen und Geschichtsinteressierte, sondern für alle, die sich für die menschliche Geschichte und Kultur interessieren, von Interesse ist. Ganz große Empfehlung – unbedingt lesen 🙂

Natürlich darf die Grand Dame der Altertumswissenschaften, Mary Beard, hier nicht fehlen:

Mary Beards Buch „Pompeii: The Life of a roman town“ ist ein faszinierender und humorvoller Streifzug durch die Stadt und die Geschichte. Sie liebt es gängige Annahmen über Pompeij zu widerlegen und kann dabei im Text ordentlich austeilen anderen Kolleg*innen gegenüber.

Beard betont immer wieder die Grenzen unseres Wissens und die Unbeständigkeit unserer Konstrukte. Sie widerlegt die Vorstellung, dass Pompeji eine „eingefrorene Stadt in der Zeit“ sei, wie es oft behauptet wird. Vielmehr zeigt sie auf, dass Pompeji von verschiedenen historischen Ereignissen geprägt wurde, angefangen von einem verheerenden Erdbeben bis hin zu Plünderungen und Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg.

Das Buch bietet einen überraschenden Blick hinter die Kulissen von Pompeji und beleuchtet das tägliche Leben der Menschen, ihre Häuser, ihre Bäder und sogar ihre Bordelle. Beard führt uns durch die Straßen, in die Häuser und öffentlichen Gebäude und lässt uns die Stadt mit all ihren Gerüchen und Geräuschen erleben.

Besonders bemerkenswert ist Beards Fähigkeit, komplexe Themen auf eine zugängliche und unterhaltsame Weise zu präsentieren. Man kann förmlich spüren, wie sie durch die Ruinen von Pompeji spaziert und uns dabei mit ihrem Wissen und ihrer Begeisterung mitreißt.

Pompeij bleibt es ein faszinierendes Zeugnis der römischen Geschichte und Kultur und wird auch noch Generationen künftiger Besucher*innen begeistern, falls der Vesuv nicht – wie befürchtet wird – in nicht allzu ferner Zukunft wieder einmal ausbricht und ggf die Stadt wieder unter sich begräbt. Während wir in Neapel waren hat es in der Gegend tagelang wieder ganz schön gebebt und ich möchte mir gar nicht ausmalen was in dem Fall eines Ausbruchs in der Region in der 300.000 Menschen in der Gefahrenzone leben passieren würde. Ich hoffe der Krug geht noch lange an der Region vorbei.

Ich hoffe ihr hattet Spaß an diesem Ausflug in die Vergangenheit und ich konnte Euch Lust auf eine Reise nach Pompeij machen oder zumindest auf eines oder beide Bücher, die definitiv einen sehr guten Einstieg bieten oder notfalls als Ersatzdroge dienen können für all die, die nicht selbst in die Stadt reisen können oder wollen.

Neben den beiden Sachbüchern war aber auch noch Platz für Robert Harris‘ Pompeij, ein faszinierender historischer Roman, der des verheerenden Ausbruchs des Vesuvs und der Zerstörung der Stadt erzählt. Mit einer Mischung aus akribischer historischer Recherche und fesselnder Erzählung entführt Harris die Leser in die Welt des antiken Roms und verwebt geschickt Fakten mit Fiktion.

Die Geschichte folgt dem jungen Ingenieur Marcus Attilius Primus, der nach Pompeji kommt, um die Wasserleitungen der Stadt zu reparieren. Doch bald entdeckt er Anzeichen für ungewöhnliche Aktivitäten des Vesuvs und wird in ein Netz aus Intrigen, Machtspielen und persönlichen Dramen verstrickt. Während Attilius verzweifelt versucht, die Bewohner vor der bevorstehenden Katastrophe zu warnen, bahnt sich das Unheil unaufhaltsam an.

Harris gelingt es richtig gut, die Atmosphäre und das Leben im antiken Pompeji zum Leben zu erwecken. Durch seine detaillierte Darstellung der Stadt, ihrer Bewohner und ihrer Bräuche entsteht ein lebendiges Bild dieser Tage und es hat was sehr beklemmendes wenn man schon von der ersten Seite an weiß, dass sehr bald unweigerlich eine Katastrophe passieren wird.

Man spürt die intensive Recherche, die in den Roman eingeflossen ist, und die Liebe zum Detail, mit der Harris die Welt von Pompeji zum Leben erweckt.

„Pompeji“ ist ein packender historischer Roman, der nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Er wirft Fragen nach der Natur der Macht, dem Verhalten in Krisensituationen und der Fragilität menschlicher Existenz auf.

Das war jetzt aber wirklich die gesamte Lektüre die ich mitgeschleppt hatte – danke an Barbara aka Kulturbowle, die mich mit ihrem Kommentar daran erinnerte, dass ich komplett vergessen hatte mein drittes Buch der Reise zu erwähnen 😉

Seid ihr schon mal dort gewesen? Was hat euch am meisten beeindruckt?

Habt ihr Lust in ein paar Tagen noch mit mir nach Neapel zu reisen?

Meine Woche

Gesehen: What Was Everyday Life Like In Pompeii? Mary Beard präsentiert interessante Einblicke in das Leben der Menschen die in Pompeii lebten und starben.

Nope (2022) von Jordan Peele mit Daniel Kaluuya, Keke Palmer und Brandon Perea. Nope ist ein Mystery-Horrorfilm, der sich um die Bewohner einer Farm dreht, auf der unerklärliche Ereignisse auftreten. Abgefahren.

Gehört: Reaching Out – Beth Gibbons, The Valley – Diary of Dreams, Creep – Pub Choir, 22 – Hana Vu, Doug & Florence – Kettcar

Gelesen: Hedwig Richter über die zögerliche deutsche Politik, dieses Interview mit der Enkelin von Robert Lemke, Why the world cannot afford the rich, dieses Interview mit Mai Thi Nguyen-Kim, Goths are back

Getan: wahrscheinlich fast jede Villa, Garten, Garküche, Bäckerei und Bordell in Pompeij erkundet, Sorrento und Neapel unsicher gemacht – vor allem das Archäologische Museum, viel gelaufen, mich körperlich ertüchtigt, einen Bookclub Geburtstag gefeiert und im Theater „Doktormutter Faust“ in der Bearbeitung von Fatma Aydemir angesehen

Gefreut: über die Erfüllung meines Kindheitstraumes und dass ich jetzt eine offizielle Bücherschrank-Patin bin

Geweint: nein

Gelacht: über eine finale, finale jetzt aber wirklich finale Version – äähhh doch noch nicht 😉

Geärgert: nö – aber die 3-4 Feuerwerke jede Nacht in Neapel begleitet von Dauer-Hupkonzerten haben einen Hauch an meinem Nervenkostüm gezerrt

Gegessen: Pizza Napoli, Pasta Napoli und wieder von vorne

Getrunken: Vino

Geklickt: die 2023 am häufigsten verbotenen Bücher in den USA

Gestaunt: über die vielen Pompenisse, Spectacular’ Frescoes of Helen of Troy, Apollo and Zeus Unearthed Among the Ruins of Pompeii, The Best Total Solar Eclipse Photos und die Rekordkür von Ilia Malinin

Gewünscht: dieses Tshirt, diesen Blazer, diese Villa

Geplant: endlich das Schottland Fotobuch zu basteln

Gefunden: nix

Gekauft: ein Sommerpulli und ein Armband, eine Kette als Mitbringsel in Neapel

Gedacht: Ich habe kein literarisches Interesse, sondern bestehe aus Literatur //Franz Kafka

März by the Book

Willkommen zum Rückblick auf meinen Lesemonat März. Es war ein echtes Lesefest mit neun Büchern! Ich habe literarische Reisen durch Deutschland, Nordmazedonien, die USA, Japan und Israel unternommen, manchmal verbunden mit einer tatsächlichen Reise aber meist ohne meine gemütliche Leseecke zu verlassen.

Ich habe mich durch die Straßen von Athen, Konstantinopel, Paris, Leipzig und London bewegt, auf der Suche nach alten Manuskripten aus der Antike, habe ich eine dystopische Welt entdeckt, in der die Menschheit möglicherweise (oder auch nicht) durch einen Roboter gerettet wird und eine ganze Menge Postkarten gelesen.

Ich stelle euch die Bücher wieder in alphabetischer Reihenfolge vor und hoffe, ich kann euch auf das eine oder andere Buch neugierig machen.

Am Strand von Bochum ist allerhand los – Jurek Becker erschienen im Suhrkamp Verlag

„Am Strand von Bochum ist allerhand los“ ist eine Sammlung von Postkarten, die Jurek Becker im Laufe seines Lebens an Freunde und Verwandte geschickt hat. In diesen Postkarten teilt Becker seine Gedanken, Erlebnisse und Beobachtungen auf humorvolle und oft ironische Weise. Die Postkarten bieten einen Einblick in Beckers persönliche Welt und sein literarisches Schaffen und sind ein faszinierendes Dokument seines Lebens.

Wollte eigentlich nur kurz ins Buch reinlesen und zack komplett hängengeblieben. Das hat riesigen Spaß gemacht, seine lustigen, verrückten ganz bezaubernden Karten zu lesen und ihm durch die Welt und sein Leben zu folgen.

Jurek Becker wurde 1937 in Łódź, Polen, und verstorben am 14. März 1997 in Sieseby, Deutschland. Becker emigrierte 1945 nach Ost-Berlin und studierte dort Philosophie und Literaturwissenschaft. Seine literarische Karriere begann er in den 1960er Jahren mit Kurzgeschichten und Theaterstücken. Bekannt wurde er vor allem durch seinen Roman „Jakob der Lügner“, der auch verfilmt wurde. Beckers Werke zeichnen sich durch ihre einfühlsame Darstellung des menschlichen Lebens und ihre subtile Ironie aus.

Seine Kindheit und Jugend fielen in eine Zeit großer Unsicherheit und Gefahr für Juden in Europa während des Zweiten Weltkriegs. Als Jude musste Becker zusammen mit seiner Familie die Schrecken des Holocausts und der Verfolgung durch die Nationalsozialisten erleben.

Während des Krieges und der deutschen Besatzung Polens musste die Familie Becker zahlreiche Entbehrungen und Gefahren durchstehen. Sie wurden in das Ghetto von Łódź deportiert, das zu den am dichtesten bevölkerten Ghettos im von Deutschland besetzten Polen gehörte. Dort herrschten extreme Bedingungen, darunter Armut, Hunger und Krankheiten.

Becker verlor während des Krieges viele Angehörige und Freunde durch die Gräueltaten des Holocausts. Seine Erfahrungen als Jude während dieser dunklen Zeit prägten sein späteres Leben und sein literarisches Schaffen tiefgreifend. Sie beeinflussten seine Sichtweise auf die Welt und sein Verständnis für die menschliche Natur.

Nach dem Krieg emigrierte Becker mit seiner Familie nach Ost-Berlin, wo er aufwuchs und seine Ausbildung absolvierte. Seine Erlebnisse während des Krieges und seine jüdische Identität hatten einen nachhaltigen Einfluss auf sein Schreiben und fanden in vielen seiner Werke ihren Niederschlag. Beckers literarisches Werk zeugt von einem tiefen Verständnis für die menschliche Tragödie und die Suche nach Identität in einer von Konflikten geprägten Welt.

„Am Strand von Bochum ist allerhand los“ ist ein wunderbares Buch, das riesige Lust macht mal wieder Postkarten zu schreiben und vor allen Dingen auch welche zu bekommen. Also schreibt mir bitte Postkarten – ich verspreche, ich antworte auch!

North Woods – Daniel Mason auf deutsch unter dem Titel „Oben in den Wäldern“ im C. H. Beck Verlag erschienen, übersetzt von Cornelius Hartz

Daniel Masons „North Woods“ ist eine faszinierende fragmentarische Geschichte die sich über mehrere Jahrhunderte erstreckt, beginnend in den 1760er Jahren bis in eine undatierte Zukunft. Das Zentrum des Romans bildet ein entlegener Ort in den Wäldern von Massachusetts und ein gelbes Haus, das durch die Jahrhunderte hinweg verschiedenste Bewohner beherbergt. Mason wählt eine ungewöhnliche Erzählstruktur in der er durch Textfragmente, Briefe, Gedichte und andere Textformen eine reiche, facettenreiche Welt erschafft.

Die Natur, in Form von Wald, Flora und Fauna, ist nicht nur Kulisse, sondern integraler Bestandteil der Geschichten. Der Roman zeigt, wie menschliches Schicksal und natürliche Prozesse miteinander verwoben sind, wodurch eine tiefe Verbindung zwischen den Charakteren und ihrer Umgebung entsteht.

Die Erzählungen verfolgen das Leben verschiedener Charaktere, angefangen bei einem jungen Paar, das einer puritanischen Kolonie entflieht, bis zu einem schizophrener Mann namens Robert, der die Natur akribisch dokumentiert und glaubt, sie durch sein Gehen „reparieren“ zu können.

“The only way to understand the world as something other than a tale of loss is to see it as a tale of change.”

Die Verwendung von unterschiedlichen Textformen und Bildern war anfangs herausfordernd, doch das kreative Risiko zahlt sich aus. Auch wenn nicht mir einige Kapitel/Kurgeschichten besser als andere gefallen haben. Mason schafft eine literarische Welt, in der die Grenzen des Romans erweitert werden. Der Leser erlebt nicht nur die individuellen Geschichten der Charaktere, sondern auch die sich verändernde Landschaft und die Auswirkungen der Zeit auf Natur und Mensch.

„North Woods“ ist nicht nur ein historischer Roman, sondern auch eine Meditation über das Wesen der Zeit, über Veränderung und das unaufhörliche Spiel von Leben und Tod.

Insgesamt ist „North Woods“ ein kühner und origineller Roman, der seine eigene Form findet und den Leser dazu anregt, die Welt und ihre Geschichten auf neue Weise zu betrachten.

Ein spannendes literarisches Abenteuer, die Figuren im Roman sind aber distanziert geblieben, daher gute 3 Sterne für mich.

The Cat who saved books – Sōsuke Natsukawa auf deutsch unter dem Titel „Die Katze die von Büchern träumte“ im C. Bertelsmann Verlag erschienen, übersetzt von Sabine Mangold

Ein kleiner Buchladen in Japan, hohe Holzregale mit seltenen Erstausgaben, eine Tasse Tee, zubereitet nach traditioneller Zeremonie: Das ist das Reich von Rintaro und seinem Großvater. Als der alte Herr stirbt, ist der stille Schüler auf sich allein gestellt. Was soll er mit dem Laden anfangen, der schon lange keinen Gewinn mehr abwirft? Was mit sich selbst, mit seinem Leben ohne den Großvater und dessen Ruhe und Lebensweisheit? Rintaro versteckt sich vor der Welt, verkriecht sich zwischen den fast vergessenen Buchschätzen. Auch seine Klassenkameradin Sayo, die sich Sorgen macht, vermag es nicht, ihn aus seinem Schneckenhaus herauszulocken. Bis eines Tages eine Katze im Buchladen auftaucht – eine sprechende Katze, die Rintaro eindringlich um Hilfe bittet: Die Bücher sind in Gefahr – und nur ein wahrer Buchliebhaber wie er, der die Liebe zum gedruckten Wort von seinem Großvater verinnerlicht hat, kann sie retten …

Großvater sagte immer: »Bücher besitzen eine besondere Macht. Wenn du sie liest, wirst du immer einen Freund zur Seite haben.

Eine zauberhafte Hommage an die Macht der Literatur und der Fantasie – ein Buch das mir wirklich gut gefallen hat und dass zum Glück ein ganzes Stück weniger schmalzig war, als ich es befürchtet hatte.

Die Odyssee des Fälschers – Rüdiger Schaper erschienen im Siedler Verlag

Die Odyssee des Fälschers“ von Rüdiger Schaper ist ein Roman, der die faszinierende Geschichte von Konstantinos Simonides erzählt, einer realen historischen Figur des 19. Jahrhunderts. Simonides war ein griechischer Schriftsteller und Fälscher, der für seine geschickte Manipulation von antiken Texten bekannt war.

Der Roman folgt Simonides auf seiner Reise durch verschiedene Städte und Zeiten, während er antike Manuskripte sucht und reproduziert. Seine Abenteuer führen ihn von Athen über Konstantinopel nach Paris, Leipzig und London, wo er auf historische Persönlichkeiten trifft und in mysteriöse Situationen gerät.

Durch die Darstellung von Simonides‘ Leben und seinen Fähigkeiten als Fälscher wirft der Roman wichtige Fragen nach Authentizität, Wahrheit und Identität auf. Simonides steht im Zentrum eines Netzwerks von Intrigen, Geheimnissen und unerwarteten Wendungen, die die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lassen.

In gewisser Weise hat er dem jungen Griechenland gegeben, wonach es dürstete: eine zugleich antike und moderne Identität. Aus einem ähnlichen Impetus schafft zur gleichen Zeit Richard Wagner im „Ring des Nibelungen“ für die Deutschen einen synthetisch-mythologischen Götterkosmos. Eine seltsame Koinzidenz: Wie Griechenland mit seinem bayrischen König ist auch Deutschland eine späte Nation. Dafür braucht es zurückeilende Erfindung und Phantasie.

„Die Odyssee des Fälschers“ bietet eine faszinierende Mischung aus historischen Fakten und literarischer Fantasie. Durch die Darstellung von Konstantinos Simonides‘ Abenteuern wird der Leser auf eine spannende Reise durch die Geschichte der antiken Manuskripte mitgenommen, die sowohl unterhaltsam als auch erhellend ist.

Das Liebespaar des Jahrhunderts – Julia Schoch erschienen im dtv Verlag

In einer Welt, die sich im raschen Wandel befindet, scheint die Liebe oft wie ein ferner Traum aus vergangenen Zeiten. Julia Schoch, eine etablierte Stimme in der deutschsprachigen Literatur, führt uns in ihrem jüngsten Werk „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ durch die Wirren einer Beziehung, die mit Leidenschaft begann und im alltäglichen Trott zu erkalten droht.

Der Roman erzählt die Geschichte eines Paares, das sich kurz nach dem Zusammenbruch der DDR kennenlernt. In einer kleinen Plattenbauwohnung in Potsdam erlebt ihre Liebe ihre erste Blüte, bevor sie sich auf spannende Reisen und Auslandsaufenthalten in Paris und Bukarest begeben. Doch selbst inmitten der Intensität und des Glücks scheint das Schicksal der Trennung ständig über ihnen zu schweben.

Schochs Prosa ist klarsichtig und von einer enormen Dringlichkeit durchdrungen. Sie stellt die Frage nach der Funktionalität der Liebe, während sie uns durch die Höhen und Tiefen einer langjährigen Beziehung führt. Die Ich-Erzählerin offenbart ihre Gedanken und Emotionen auf eine Weise, die den Leser*in unweigerlich mitnimmt. Man fühlt sich fast wie ein stiller Beobachter im innersten Zirkel dieser Beziehung.

Die Geschichte entfaltet sich nicht linear, sondern springt zwischen verschiedenen Zeitpunkten und Erinnerungen hin und her. Dadurch entsteht das lebendige Bild einer Liebe, die sich im Laufe der Zeit wandelt und transformiert. Von den bescheidenen Anfängen auf einem sonnigen Balkon bis hin zu den belastenden Verpflichtungen des Familienlebens – Schoch zeigt uns die verschiedenen Facetten der Liebe, die sowohl euphorisch als auch erschütternd sein können.

Besonders faszinierend ist die Art und Weise, wie die Autorin die Stagnation und Entfremdung in der Beziehung darstellt. Die zunehmende Distanz zwischen den Partnern wird mit jeder Seite spürbar, während die Ich-Erzählerin sich in einem Strudel aus ungesagten Worten und unausgesprochenen Sehnsüchten verfängt. Es ist ein leises Drama, das sich vor unseren Augen entfaltet, und doch so fesselnd in seiner Einfachheit.

Durch geschickte Beobachtungen und trockenen Humor gelingt es Schoch, die Alltäglichkeit des Lebens mit all ihren Höhen und Tiefen einzufangen. Von den kleinen Freuden des Elternseins bis hin zu den bitteren Momenten der Einsamkeit – nichts bleibt ungesagt in diesem Buch.

Doch trotz aller Tragik und Melancholie, die in den Seiten dieses Romans mitschwingen, gibt es auch einen Funken Hoffnung. Die Erzählerin erkennt schließlich die Muster ihres Unglücks und findet den Mut, einen neuen Weg einzuschlagen. Es ist ein Akt der Befreiung, der zeigt, dass es nie zu spät ist, sich selbst zu finden und sein eigenes Glück zu verfolgen.

Glauben sie ernsthaft, Trennung ist eine Lösung? Sich dauernd zu trennen und wieder zu verlieben ist, als sähe man Hunderte Filmanfänge, aber keinen Film zu Ende

„Das Liebespaar des Jahrhunderts“ ist ein Buch, das die Tiefen der menschlichen Seele erkundet und dabei die universelle Frage nach Liebe und Verlust aufwirft. Es ist eine Geschichte, die uns daran erinnert, dass die Liebe zwar kompliziert sein mag, aber immer noch die Kraft hat, uns zu transformieren und zu erneuern. Julia Schoch hat mit diesem Roman ein Meisterwerk geschaffen, das noch lange nach dem Lesen in unseren Gedanken nachhallt.

Ich sag es immer wieder: 2023 ist ein unfassbar gutes Lesejahr. Wieder 5/5 Punkten – wie ihr auf dem Bild seht, kam ich aus dem Markieren gar nicht mehr raus. Ganz großes Lesevergnügen. Ich möchte unbedingt noch viel mehr von Frau Schoch lesen!

Zeit der Ziegen – Luan Starova erschienen im Unionsverlag, übersetzt aus dem Makedonischen von Robert Mantovani

„Zeit der Ziegen“ ist ein Roman von Luan Starova, übersetzt von Roberto Mantovani, erschienen im Unionsverlag, der die Geschichte einer albanischen Familie im ehemaligen Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs und der kommunistischen Ära erzählt. Der Roman konzentriert sich auf das Leben der Familie Gjonbalaj, die sich mit den Herausforderungen und Veränderungen in ihrem Land während dieser turbulenten Zeiten auseinandersetzen muss. Dabei werden Themen wie Identität, politische Unterdrückung und die Suche nach Freiheit behandelt. „Zeit der Ziegen“ ist ein berührender und fesselnder Roman, der die Leser*innen durch die historischen Ereignisse und persönlichen Geschichten einer Familie führt, die um ihr Überleben und ihre Selbstbestimmung kämpft. Der Roman hat mir richtig gut gefallen, würde auf jeden Fall auch noch weitere Romane von Starova lesen.

Aber außer den wenigen ehern überzeugten Parteikadern versorgten sich alle anderen, einschließlich der höheren und untergeordneten Beamten, heimlich, wenn es niemand sah, mit Ziegenmilch und Milchprodukten. Einige der weniger hohen Kader bezahlten, bei den höheren drückte man ein Auge zu. An Feiertagen schickte Tschanga dem Parteisekretär und dem Bürgermeister je einen Bottich hochwertigen Ziegenkäse. Und so schwiegen alle in der Hauptstadt der südlichen Republik, gefangen in den Netzen der „Ziegenmafia“, so brummten zumindest die rechtgläubigen Parteiideologen still vor sich hin.

Wer Lust hat mehr über meine Reise nach Skopje zu lesen: bitte hier entlang.

Mockingbird – Walter Tevis auf deutsch unter dem Titel „Die letzten der Menschheit“ im Moewig Verlag erschienen

Wenn es um zeitlose Sci-Fi-Klassiker geht, ist Walter Tevis Mockingbird definitiv ein Juwel. Dieses meisterhafte Werk entführt den Leser in eine düstere Zukunft, in der die Menschheit an den Rand des Untergangs gedrängt wurde. Tevis schafft es, eine Welt zu entwerfen, die gleichzeitig faszinierend und erschreckend realistisch ist, eine Welt, die einen nicht mehr so schnell loslässt.

In „Mockingbird“ präsentiert uns Tevis eine dystopische Gesellschaft, die von einem mechanisierten System regiert wird. Eine Welt, in der die Menschen zu Sklaven ihrer eigenen Technologie geworden sind, in der die Kunst des Denkens und Fühlens verloren gegangen ist. Die Protagonisten sind gebrochene Seelen, die in einer Welt voller Leere und Entfremdung gefangen sind. Doch inmitten dieser Trostlosigkeit findet sich ein Funken Hoffnung, der durch die Seiten des Romans glimmt und den Leser auf eine Reise der Selbstfindung und Erlösung mitnimmt.

Die Charaktere in „Mockingbird“ sind so tiefgründig und facettenreich, dass man sie noch lange nach dem Lesen des Buches nicht vergessen kann. Der Bibliothekar Bentley, der in seiner Einsamkeit und Verlorenheit nach Bedeutung sucht; die junge Frau Mary Lou, die in einer Welt der Maschinen ihre Menschlichkeit bewahrt; und der Roboter Spofforth, der nach Liebe und Verständnis strebt – sie alle hinterlassen einen bleibenden Eindruck und machen „Mockingbird“ zu einer unvergesslichen Lektüre.

When literacy died, so had history.

Tevis‘ Schreibstil ist zugleich poetisch und nüchtern, voller tiefer Emotionen und existenzieller Fragen. Mit jeder Seite zieht er den Leser tiefer in die Welt von „Mockingbird“ hinein, bis man das Gefühl hat, selbst ein Teil dieser beklemmenden Zukunft zu sein. Tevis‘ Fähigkeit, eine so komplexe und faszinierende Welt zu erschaffen, zeugt von seinem außergewöhnlichen Talent als Autor.

Tevis ist ein spannender Autor, der zwar nur 5 Romane schrieb, die aber sehr erfolgreich waren und fast alle verfilmt wurden. Kürzlich erst der riesige Netflix Erfolg „The Queens Gamit“ oder das Juwel „The Man who fell to earth“ mit David Bowie in der Hauptrolle.
Geboren 1928 war sein Leben geprägt von persönlichen Herausforderungen und Kämpfen.

Gewässer im Ziplock – Dana Vowinckel erschienen im Suhrkamp Verlag

Gewässer im Ziplock“ von Dana Vowinckel ist ein einfühlsamer Debütroman, der die Geschichte einer deutsch-jüdischen Familie erzählt, die durch ihre jüdische Herkunft verbunden ist, aber von inneren Konflikten zerrissen wird. Die fünfzehnjährige Margarita verbringt ihre Ferien bei den Großeltern in den USA, sehnt sich jedoch nach Deutschland, wo ihr Vater als Kantor arbeitet. Als sie nach Israel geschickt wird, um ihre Mutter kennenzulernen, werden alte und neue Wunden aufgerissen, und Konflikte eskalieren während einer gemeinsamen Reise durch das Heilige Land. Zurück in Chicago muss Margarita am Krankenbett ihrer Großmutter eine folgenreiche Entscheidung treffen.

Der Roman wird für seine Aktualität und tiefgründige Darstellung der familiären Dynamik gelobt. Die „Stakkato“-Sätzen verdeutlichten stark die Spannungen innerhalb der Familie, die Charaktere entwickeln sich und bleiben nicht starr.

Ich konnte kaum glauben, dass ich es hier mit einem Debütroman zu tun habe. Wirklich großartig was die Autorin hier abliefert. Das Glossar am Ende mit jüdischen Begriffen fand ich sehr hilfreich, habe viel gelernt!

Insgesamt für mich eine sehr gelungene Darstellung des jüdischen Lebens in Deutschland (soweit ich das überhaupt beurteilen kann)

Die Differenz zwischen dem stark religiösen Vater und der pubertären Tochter habe ich als sehr reizvoll empfunden, ebenso wie die verschiedenen Perspektiven, aus denen die Geschichte erzählt wird.

Ich war von meinem hohen Lesevergnügen selbst überrascht, denn als wenig spirituelle Person, geht mir zuviel Religion und Esoterik schnell auf den Keks.

Auch Margarita würde gehen. Ihm das klägliche Herz brechen. Wenn man nur sich selbst verlassen könnte, dachte er, er täte es.

Insgesamt ist „Gewässer im Ziplock“ ein einfühlsamer Roman, der wichtige Themen wie Familienbeziehungen, Identität und kulturelle Zugehörigkeit auf sensible Weise behandelt. Gelegentlich waren mir etwas zu viele Körperflüssigkeiten im Spiel 😉

Große Leseempfehlung und ich habe mich sehr gefreut, dass Dana Vowinckel kürzlich im Literaturhaus München aus ihrem Roman vorgelesen hat und ich die Gelegenheit hatte mir das Buch signieren zu lassen.

Tolles Debut, spannendes Thema – unbedingt lesen!

So, geschafft! Jetzt ihr wieder: worauf konnte ich euch Lust machen? Welche Bücher kennt ihr? Wie war euer Lesemonat – ich möchte von euch hören 🙂

Meine Woche

Gesehen: Prima Facie von Suzie Miller (übersetzt von Anne Rabe) im Residenztheater mit Lea Ruckpaul. Großartiges Stück – wir kamen aus dem diskutieren gar nicht mehr raus. Unbedingt ansehen.

Stefan Zweig – Ein Europäer von Welt (2013) von Jean-Pierre Devillers und François Busnel. Interessante Doku über einen meiner absoluten Lieblings-Autoren. Empfehlenswert.

Gehört: Dead flowers for her – Skywatchers, Doug & Florence – Kettcar, Dancing Star – Pet Shop Boys, Time – Eels, Underneath – Warpaint

Gelesen: Toni Morrisons Rejection Letters, Does Science Fiction shape the future?, AFD im Europaparlament – radikaler als die Radikalen, Top 5 regrets of people dying

Getan: ins Theater gegangen, in Aschau gewandert, mit lieben Freundinnen lecker gegessen und den Balkon für den Frühling fit gemacht

Gefreut: über die wunderschöne Wanderung

Geweint: nein

Gelacht: über mich

Geärgert: nö

Gegessen: ein Schnitzel nach der Wanderung

Getrunken: alkoholfreies Augustiner

Geklickt: A traveling exhibit will focus on the work of three Japanese American women artists, Hisako Hibi, Miki Hayakawa and Miné Okubo.

Gestaunt: über die kleine Blindschleiche die wir beim Wandern gesehen haben, aber noch viel mehr über die riesige Schlange die eine Freundin heute am Hinterbrühler See fotografiert hat (Ringelnatter?)

Gewünscht: diesen Pyjama, dieses schwimmende Haus, einen Besuch bei den Händel-Festspielen

Geplant: Pompeij

Gefunden: nix

Gekauft: Wanderschuhe

Gedacht: Mir persönlich macht es mehr Freude, Menschen zu verstehen, als sie zu richten. //Stefan Zweig

Skopje by the book – Kultur, Denkmäler und Kaffeekunst

Dieses Jahr fand unser jährliches People & Culture Europe Lead Meeting in Skopje statt, und ich habe mich sehr auf die Reise in die Hauptstadt Mazedoniens gefreut. Ich freute mich liebe Kolleg*innen wieder zu treffen und auf die Gelegenheit, eine Stadt und Literatur zu erkunden, von der ich bisher nur wenig wusste.

Skopje, eine Stadt, die nicht nur durch ihre Geschichte und Kultur fasziniert, sondern auch durch die starken Kontraste, die sich in ihren Straßen und ihrer Architektur widerspiegeln. Mazedonien ist ein Land, das mit finanziellen Herausforderungen kämpft, wie der Durchschnittslohn von etwa 600 Euro pro Monat zeigt. Doch trotz dieser wirtschaftlichen Schwierigkeiten strahlt Skopje eine besondere Energie aus.

Alexander wurde um 356 v. Chr. in Pella, der antiken Hauptstadt Makedoniens, geboren, die sich in der Nähe des heutigen Skopje befand. Sein Vater, König Philipp II. von Makedonien, hatte große Ambitionen für sein Reich, und Alexander setzte diese Ambitionen fort, als er nach dem Tod seines Vaters den Thron bestieg.

Alexander der Große war bekannt für seine militärischen Eroberungen, die das makedonische Reich zu einem der größten Imperien der antiken Welt machten. Seine Feldzüge erstreckten sich von Griechenland über den Nahen Osten bis nach Indien und hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf die Geschichte und Kultur der Regionen, die er eroberte.

In Bezug auf Skopje und Nordmazedonien bleibt Alexander der Große eine wichtige historische Figur, die die Identität und das kulturelle Erbe der Region prägt. Sein Erbe wird oft durch Denkmäler und Gedenkstätten in der Stadt gewürdigt, und sein Vermächtnis dient als Inspirationsquelle für die Bewohner und Besucher von Skopje.

Der Konflikt um den Namen „Mazedonien“ zwischen Griechenland und Nordmazedonien ist ein langjähriges und komplexes politisches Thema. Griechenland hat lange Zeit Einwände gegen die Verwendung des Namens „Mazedonien“ durch das ehemalige Jugoslawien und später durch die unabhängige Republik Mazedonien erhoben. Der Hauptstreitpunkt lag in der Befürchtung Griechenlands, dass die Verwendung dieses Namens durch einen Nachbarstaat implizieren könnte, dass dieses Gebiet historische Ansprüche auf die griechische Region Mazedonien erhebt.

Für Griechenland hat die Region Mazedonien eine tiefe historische Bedeutung, da sie die Heimat des antiken Königreichs Makedonien war, das von Alexander dem Großen regiert wurde. Griechenland befürchtete, dass die Verwendung des Namens „Mazedonien“ durch das Nachbarland Nordmazedonien territoriale Ansprüche oder revisionistische Bestrebungen signalisieren könnte.

Der Konflikt hat sich über Jahrzehnte hingezogen und hat zu diplomatischen Spannungen und politischen Hindernissen geführt. Erst 2018 wurde eine Einigung erzielt, als sich Nordmazedonien bereit erklärte, seinen Namen in „Republik Nordmazedonien“ zu ändern. Diese Vereinbarung öffnete den Weg für eine Annäherung zwischen den beiden Ländern und für Nordmazedonien, seine Beziehungen zur Europäischen Union und zur NATO zu stärken.

Trotz dieser Einigung bleibt der Konflikt um den Namen Mazedonien ein Beispiel für die komplexen politischen und historischen Dynamiken in der Region und verdeutlicht die Bedeutung von Diplomatie und Kompromissbereitschaft bei der Lösung solcher Streitigkeiten.

Unser Hotel lag direkt am Fluss – an der Vardar, der die Stadt in zwei Hälften teilt. Auf der linken Seite erstreckt sich die islamische Seite, wo während des Ramadans der Muezzin zum Gebet ruft und mit zunehmender Lautstärke zu provozieren versucht und wo gläubige Männer überall auf Gebetsteppischen auf den Straßen im Basar beten. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die mazedonisch-orthodoxe Seite, die mit überdimensionalen Kreuzen provoziert. Diese religiösen Spannungen erinnern an ein Pulverfass, das jederzeit explodieren könnte.

Beim Kaffee trinken in der Altstadt habe ich zufällig einen jungen Mann getroffen, der ursprünglich aus Skopje kommt, alle 2-3 Jahre wieder hinfährt um seine alten Freunde und Familie zu besuchen und der seit einigen Jahren in München lebt. Er war selbst komplett überrascht von der immer prominenteren Ausübung der Religion, was wohl vor Jahren noch eher selten war. Auch sind überall in der Altstadt riesige Plakate von Erdogan zu sehen.

Skopje ist auch bekannt für seine regelmäßigen Erdbeben, und das letzte große Beben ereignete sich 1963, das 90% der Stadt zerstörte. Die Stadt wurde danach schnell wieder aufgebaut, jedoch nicht ohne Kritik. Korrupte Politiker nutzten die Gelegenheit, um eine Art Kaufhauskatalog für den Wiederaufbau zu verwenden. Sie bestellten Brücken aus Prag, Nachbildungen des Arc de Triomphe aus Paris und sogar eine Miniaturausgabe des Weißen Hauses. Das Ergebnis ist eine Stadt, die von Denkmälern übersät ist, man könnte den Eindruck haben, es gibt mehr Denkmäler als Einwohner.

Doch trotz dieser Herausforderungen ist Skopje eine Stadt voller Leben und Energie. Die Menschen sind herzlich und einladend, und das Essen ist richtig lecker. Die mazedonische Küche ist reich an Geschmack und Vielfalt, und ich hatte das Glück, ein paar sehr feine Gerichte zu probieren. Überrascht war ich, dass in allen Restaurants stark geraucht wurde, meine Kolleginnen aus Skopje meinten, das das wieder der Fall sein. Einige Jahre lang wurde das Rauchverbot in Innenräumen beachtet und auch stark kontrolliert, aber seit einer Weile scheine sich niemand mehr um das Verbot zu kümmern.

Wer einem übrigens auch an jeder Ecke begegnet ist die wohl berühmteste Tochter der Stadt: Mutter Theresa. Ich hätte mich von Kopf bis Fuß mit ihrem Konterfei schmücken können 😉

Und dann ist da noch der Kaffee, der auf heißem Sand gekocht wird, eine Tradition, die mich wirklich faszinierte. Der türkische Kaffee wird traditionell in einer speziellen Kaffeekanne namens „Cezve“ oder „Ibrik“ zubereitet. Zuerst wird feiner Sand in einem speziellen Behälter erhitzt. In die Cezve werden gemahlene Kaffeebohnen, Wasser und gegebenenfalls Zucker oder Gewürze gegeben. Die Cezve wird dann in den heißen Sand gestellt, wodurch der Kaffee langsam erhitzt wird. Der Kaffee beginnt zu schäumen und aufzusteigen. Sobald er kurz vor dem Kochen steht, wird er vom Sand genommen und in kleine Tassen oder Gläser gegossen. Die langsame Zubereitung über dem heißen Sand verleiht dem Kaffee einen intensiven Geschmack und ein reiches Aroma.

Die Literatur durfte natürlich auch nicht zu kurz kommen: Nordmazedonien, insbesondere die Hauptstadt Skopje, hat eine reiche literarische Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. Ich habe ein paar sehr schöne Buchläden entdeckt und fliegende Händler die auf der Straße und auf Märkten mit Büchern handeln. Es war gar nicht so einfach ein Buch eines nordmazedonischen Autors zu finden, aber ich hatte dann doch Glück und habe ein wirklich interessantes und spannendes Buch von Luan Starova gelesen. Er ist ein bedeutender albanisch-mazedonischer Autor, der für seine literarischen Werke bekannt ist, die sich mit Themen Identität, Kultur und Geschichte auseinandersetzen. Seine Arbeiten, darunter Romane wie „Die Sterne in Bunker Nr. 3“ und „Die Reise nach Amerika“ oder auch das von mir gelesene „Zeit der Ziegen“ haben ihm sowohl national als auch international Anerkennung eingebracht. Starova hat sich als wichtige Stimme in der albanischen und mazedonischen Literatur etabliert und sein Werk trägt zur Förderung des kulturellen Verständnisses und des Dialogs bei.

Spannend fand ich auch das jährlich stattfindende Internationale Literaturfestival – eine bedeutende kulturelle Veranstaltung in Skopje, die Autor*innenn und Literaturliebhaber*innen aus der ganzen Welt zusammenbringt. In der Vergangenheit haben namhafte Teilnehmer*innen wie Orhan Pamuk, Herta Müller, Mario Vargas Llosa oder auch Salman Rushdie an diesem Festival teilgenommen. Es bietet eine Plattform für den interkulturellen Austausch, literarische Diskussionen und Lesungen und trägt zur Förderung der internationalen Literatur und des kulturellen Dialogs bei. Irgendwann würde ich da wirklich gerne mal dabei sein.

„Zeit der Ziegen“ ist ein Roman von Luan Starova, übersetzt von Roberto Mantovani, erschienen im Unionsverlag, der die Geschichte einer albanischen Familie im ehemaligen Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs und der kommunistischen Ära erzählt. Der Roman konzentriert sich auf das Leben der Familie Gjonbalaj, die sich mit den Herausforderungen und Veränderungen in ihrem Land während dieser turbulenten Zeiten auseinandersetzen muss. Dabei werden Themen wie Identität, politische Unterdrückung und die Suche nach Freiheit behandelt. „Zeit der Ziegen“ ist ein berührender und fesselnder Roman, der die Leser*innen durch die historischen Ereignisse und persönlichen Geschichten einer Familie führt, die um ihr Überleben und ihre Selbstbestimmung kämpft. Der Roman hat mir richtig gut gefallen, würde auf jeden Fall auch noch weitere Romane von Starova lesen.

Leider hatte ich keine Gelegenheit die Landschaft und die Natur in Nordmazedonien kennenzulernen. Außerhalb der Saison fahren wenige Busse und man hatte mich auch ein bißchen gewarnt alleine in die Wälder und zu den Seen zu fahren. Ich muss also auf jeden Fall noch mal hin irgendwann.
Seid ihr schon mal in Skopje oder Nordmazedonien gewesen, oder habt noch weitere Literaturempfehlungen für mich?

Meine Woche

Gesehen: Godzilla King of the Monsters (2019) von Michael Dougherty mit Kyle Chandler, Vera Farmiga und Millie Bobby Brown. Yep Godzilla – ich bin und bleibe einfach ein großer Godzilla Fan. Den Film fand ich sehr unterhaltsam.

The Black Phone (2021) von Scott Derrickson mit Ethan Hawke und Mason Thames. Serienkiller-Grusel um eine Reihe verschwundener Jungen in den 70er Jahren. Gruselig.

Gehört: Flea – St. Vincent, After Five – Christina Vantzou, Before we Drown (Remix) – Depeche Mode, This generation ends – Solar Fake

Gelesen: Brigitte Höss on living at Auschwitz, dieses Interview mit Isabelle Huppert, What Have Fourteen Years of Conservative Rule Done to Britain?

Getan: den Tech Stammtisch besucht, liebe Freund*innen zum Dinner getroffen, von Wolfratshausen zum Kloster Schäftlarn gewandert, in Garmisch geschwommen, sauniert und gelesen

Gefreut: wie gut die Laufrunde geklappt hat

Geweint: nein

Gelacht: wir gendern weiter

Geärgert: Söder hat wieder Lack gesoffen

Gegessen: viel zu viel beim Oster Brunch in der Werdenfelserei

Getrunken: Crémant

Geklickt: Local Lens: A brothers’ guide to Scotland with Colin and Ewan McGregor

Gestaunt: Fish along the Florida Keys are spinning in circles until they die—and no one knows why

Gewünscht: dieses Tshirt

Geplant: meinen Ring reparieren lassen

Gefunden: tolle Bücher im Bücherschrank

Gekauft: Schuhe

Gedacht: Is that assumed or confirmed //Jeanne Torre

Meine Woche

Gesehen: Perfect Days (2023) von Wim Wenders mit Kōji Yakusho. Wunderschöner poetischer Film um einen Toilettenreiniger in Tokio. An den werde ich wohl noch länger denken.

Gehört: Perfect Day – Lou Reed, Düster – Klez.e, Dark Days – Moby ft Lady Blackbird, Give it up for love – Gossip, Sadness is a gift – Adrienne Lenker

Gelesen: Why culture can’t stop thinking about apocalypse, How the internet—and Stephen Colbert—hounded Kate Middleton into revealing her diagnosis, Kevin Kelley: Optimismus kann man lernen

Getan: Workshops in Düsseldorf durchgeführt, Klez.e im Milla gesehen, Zug gefahren, ins Kino gegangen, den Bookclub bewirtet und „Birnam Wood“ diskutiert, den Kleiderschrank aufgeräumt

Gefreut: über den ersten Reitturnier-Sieg einer entfernten Bekannten nach ihrer Krebsgenesung

Geweint: nein

Gelacht: über „Follow your heart

Geärgert: nein

Gegessen: Teppanyaki

Getrunken: alkoholfreies Bier und grünen Tee

Geklickt: auf die wunderbaren Fotos von Alixe Lay

Gestaunt: über dieses Wolken-Vulkan-Arragement, über alles durchbrechenden Quartz, über Tumblemageddon

Gewünscht: dieses Tshirt, diesen Wäschetrockner, diese Blumenscheibe

Geplant: morgens regelmässig Yoga machen

Gefunden: eine Jacke im Schrank die ich ganz vergessen hatte

Gekauft: Bücher bei der Büchergilde

Gedacht: Optimismus ist Pflicht //Karl Popper

Meine Woche

Gesehen: Skopje

Gehört: den Muezzin im alten Basar insbesondere nachts um 4.38 😉

Gelesen: die Literaturbeilage der Zeit

Getan: einen Workshop mit den anderen europäischen P&C Leads besucht, mich im alten Basar verlaufen, mit lieben ukrainischen Kolleg*innen das Millenium Cross auf dem Vodno besucht, viele Abendessen besucht und eine tolle Massage genossen

Gefreut: über das Wiedersehen

Gesorgt: um meine liebe Kollegin die ins sehr gefährdete Dnipro zurückkehrt

Gelacht: als wir uns zu fünft im Taxi gestapelt haben

Geärgert: nein

Gegessen: Schopska Salat, Tavce Gravce, Börek und Brot mit Käse gefüllt – überhaupt Käse ist sehr wichtig und mega lecker

Getrunken: Raki, mazedonischen Wein, türkischen Kaffee und Granatapfelsaft

Geklickt: nein

Gestaunt: über türkischen Kaffee der auf Sand gekocht wird – so gut! über die unfassabar vielen Statuen und über Mutter Theresa Tshirts

Gewünscht: dass ich nicht Dienstag um 4.30 schon wieder mit dem Zug los muß

Geplant: dass die Workshops nächste Woche richtig gut werden

Gefunden: einen Hund den ich fast mitgenommen hätte

Gekauft: eine Kristallkaraffe für Raki und zwei hübsche Tassen für türkischen Kaffee

Gedacht: “Come on, don’t you ever stop and smell the coffee?”

Meine Woche

Gesehen: Dune: Part Two (2024) von Denis Villeneuve mit Timothée Chalamet, Zendaya und Rebecca Ferguson. Wow – unfassbar atmosphärischer Film, mit Bildern die ewig nachhallen. Es lohnt sich den im Dolby Cinema zu sehen.

Gehört: Dune Soundtrack

Gelesen: Jodie Comer on the Prima Facie effect, Barbie isn’t anti-men – but Oppenheimer is anti-women

Getan: beim Augenarzt gewesen, eine spannende Weinprobe mit lieber Freundinnen zu großen Winzerinnen, einen lieben Freund aus New York getroffen und im Kino gewesen

Gefreut: über das Wiedersehen

Getrauert: über eine schlimme Diagnose in der Familie

Gelacht: zu wenig diese Woche

Geärgert: dass auch türkische Menschen auf die AFD reinfallen

Gegessen: sehr leckere uighurische Gerichte im Taklamaklan

Geklickt: auf die Liste 50 einflußreichsten Frauen

Gestaunt: über diese mutigen afghanischen Frauen

Gewünscht: endlich mal wieder schlafen können

Geplant: Skopje entdecken

Gefunden: nix

Gekauft: nix

Gedacht: A panel made up of only men is called a ‘manel’

Februar by the Book

Der Februar war wieder ein ausgesprochen guter Lesemonat. Ohnehin scheint 2024 ein herausragendes Literaturjahr für mich zu sein, ich habe schon so viele 5-Sterne Bücher gelesen in diesem Jahr, wie gefühlt im ganzen letzten Jahr zusammen. Auch diesen Monat war kein richtiger Fehlgriff dabei, ich stelle sie euch wieder kurz alphabetisch vor.

Radicals chasing utopio – Jamie Bartlett auf deutsch unter dem Titel „Radicals: Wie Außenseiter die Welt verändern wollen und weshalb wir ihnen zuhören sollten“ im Plassen Verlag erschienen.

In „Radicals“ nimmt Jamie Bartlett, einer der weltweit führenden Denker zu radikaler Politik und Technologie, die Leser mit in die fremdartigen und aufregenden Welten der Innovatoren, Disruptoren, Idealisten und Extremisten, die der Auffassung sind, dass im Kern der modernen Gesellschaft etwas falsch ist – und glauben, dass wir es besser können. Bartlett stellt einige der wichtigsten Bewegungen unserer Zeit vor: Techno-Futuristen, die Unsterblichkeit anstreben; extrem rechte Gruppen, die Grenzen schließen wollen; militante Umweltaktivisten, die den Planeten mit allen notwendigen Mitteln retten wollen; psychedelische Pioniere, die die Gesellschaft mithilfe starker Halluzinogene heilen wollen. Der Erfolg demokratischer Gesellschaften hängt von unserer Fähigkeit ab, den radikalen Bewegungen in unserer Mitte zuzuhören – und in manchen Fällen von ihnen zu lernen. Ihre Ansichten mögen extrem sein, aber in der Verfolgung ihrer Utopien stellen diese Gruppen infrage, was möglich ist, und nehmen die künftige Welt vorweg.

Auch wenn mir der Einblick in verschiedene radikale Gruppen gefiel, hatte ich das Gefühl, dass Bartlett die Erzählung oft zu sehr lenkte, anstatt die Leute und die Gruppen für sich selbst sprechen zu lassen. Habe es dennoch gerne gelesen, allerdings habe ich irgendwie vergessen ein Foto vom Buch zu machen, bevor ich es in den offenen Bücherschrank zurückgestellt habe, woher ich es auch hatte.

Alte Baukunst und neue Architektur – Günther Fischer erschienen im Birkhäuser Verlag

Seit ich vor einigen Jahren eine Architektur Stadtführung durch Chicago gemacht habe, gehe ich mit ganz anderen Augen durch die Städte und bin sehr fasziniert von Architektur, Stadtplanung, Design und Baukunst.

In diesem hochwertigen mit großartigen Bildern ausgestatteten Band schafft der Autor es auf nur 280 Seiten eine knappe, präzise Entwicklungsgeschichte der Architektur hinzulegen, die mich wirklich beeindruckt hat. Eine bestechende Gesamtschau, die auf das Wesentliche konzentriert und von der Baukunst der Antike bis zur erste Phase des Neubeginns in der Renaissance, von der Entfaltung der modernen Architektur bis hin zur Gegenwart und ihrer zukünftigen Entwicklung erzählt. Fischer zeigt auch die Schwierigkeiten und Irrwege großer Architekten auf, beleuchtet den einstigen Zeitgeist und die damit verbundenen Konflikte.

Das System der alten Baukunst konnte nicht weiterbestehen, weil im 19. Jahrhundert nicht nur ein begrenzter historischer Abschnitt zu Ende ging, sondern eine ganze weltgeschichtliche Epoche. Man lässt die Neuzeit ja immer mit der Renaissance beginnen, und es gibt viele gute Gründe dafür – Gutenberg, Kolumbus, Galilei etc -, aber Kaisertum und Feudalismus stürzten erst mit der Französischen Revolution und mussten ihre Macht erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts endgültig an das Bürgertum abgeben.

Ein sehr schönes Werk für alle die Spaß an Architektur und die Geschichte der Baukunst haben.
Wahrscheinlich nix für Experten, aber ein sehr schönes, hochwertiges Buch, das man – wahrscheinlich immer wieder – gerne in die Hand nimmt.
Einziger Kritikpunkt – Frauen kommen so gut wie überhaupt nicht vor. Hätte ja immerhin ein paar gegeben.

Fremd – Michel Friedmann erschienen im Berlin Verlag

Michel Friedmann war bisher ein Mensch für mich, der nicht übermäßig symphatisch auf mich wirkte, weil er auf mich wie ein geschleckter FDP Politiker wirkte. Vor einiger Zeit las ich ein Interview mit ihm und fand ihn da so ungemein klug, besonnen und interessant, dass mir meine dämlichen Vorurteile echt peinlich waren.

Vor Kurzem hatte ich im Literaturhaus in München die Gelegenheit ihn am Holocaust-Gedanktag im Gespräch mit Lena Gorelik und Dana Vowinckel zu erleben, wo er unter anderem auch aus seinem Buch „Fremd“ vorlas.

Mich hat der Text sehr berührt, ich habe mir das Buch gekauft und signieren lassen und habe es in einem Rutsch durchgelesen. Ein Buch das mir sehr nahe gegangen ist.

Ein Kind, voller Furcht, kommt nach Deutschland – ins Land der Mörder, die die Familien seiner Eltern ausgelöscht haben. Hier soll es Wurzeln schlagen, ein Leben aufbauen.

Das Kind staatenloser Eltern tut, was es kann. Es will Kind sein. Es will träumen. Es will leben. Doch was es auch erlebt, sind Judenhass, Rassismus und Ausgrenzung – und eine traumatisierte Kleinfamilie, die es mit Angst und Fürsorge zu ersticken droht.

Mit zehn Jahren
im verdunkelten Wohnzimmer in Paris:
Bücher,
Bücher, meine Wunderwelt.
Meine Traumwelt.
Meine Fluchtwelt.
Lesen: mein Schutzraum
vor einer feindlichen Welt.
Bis heute.

Mit großem Gespür für Zwischentöne und einer kunstvoll verdichteten Sprache zeichnet Friedman das verstörende Bild der Adoleszenz in einer als fremd und gefährlich empfundenen Welt. Das berührende Kaleidoskop eines existenziellen Gefühls, das seziert werden muss, damit es die Seele nicht auffrisst.

Wifedom: Mrs Orwell’s Invisible Life – Anna Funder bislang nicht auf deutsch erschienen

Meine Hörbuch-„Lektüre“ diesen Monat war „Wifedom“ von Anna Funder. Und dieses Buch ist mehr als nur eine Biografie über die erste Frau von George Orwell, Eileen O’Shaughnessy. Die australische Autorin und ehemalige Menschenrechtsanwältin bringt in diesem genreübergreifenden Werk ihre eigenen Erfahrungen und Herausforderungen als Frau und Ehepartnerin ein, während sie gleichzeitig das Leben und die Rolle von Eileen O’Shaughnessy im Kontext von George Orwells Schaffen beleuchtet.

Das Buch entstand aus Funders Verägerung darüber wie wenig über die Orwells Frauen in seinem Leben geschrieben wurde in seinen Biografien, insbesondere über das nahezu komplette Fehlen von Eileen O’Shaughnessy, seiner ersten Frau, die ihn zB in den spanischen Bürgerkrieg begleitete und im Alter von 39 Jahren während einer Operation verstarb.

Die Autorin wirft einen Blick auf das „Wifedom“, das durch ihre eigene Lebenserfahrung gefärbt ist. Das Buch, das für den Gordon Burn Prize nominiert wurde, ist nicht nur eine Biografie, sondern auch eine tief empfundene Erinnerung an Funders eigene Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und Erwartungen, die mit dem Status der Ehefrau einhergehen.

Funders Frustration wächst, je mehr sie über Orwell erfährt, der eigentlich einer ihrer Lieblingsautoren ist. Doch es schmerzt sie zu lesen, wie sehr zB die Mitarbeit n O’Shaughnessy an Orwells Roman 1948 ignoriert wurde oder auch ihre wichtige Arbeit im spanischen Bürgerkrieg. Wie so viele von uns muss sie für sich einen Weg finden mit den dunkleren Seiten geliebter Künstler*innen umzugehen. Dabei taucht Funder tief in die Briefe ein, die O’Shaughnessy an ihre Freundin Norah Symes schrieb. Die Autorin geht dabei mutig – und mit Kontroversen behaftet – vor, indem sie die Briefe erweitert, um ein detaillierteres Bild vom gemeinsamen Leben des Paares zu zeichnen.

Die Lesung von Jane Slavin, die die Briefe von O’Shaughnessy liest, vermittelt das Bild einer charismatischen Frau, die sich in schwierigen Umständen nicht so sehr unterdrückt zeigt, sondern vielmehr mutig das Beste aus ihrer Situation macht. In einem ihrer Briefe, der zu Beginn ihrer Ehe geschrieben wurde, offenbart O’Shaughnessy, wie sie und Orwell so viel stritten, dass sie dachte: „Ich würde Zeit sparen und einfach einen Brief an alle schreiben, wenn der Mord oder die Trennung vollzogen ist.“

Anna Funder verwebt gekonnt ihre eigene Stimme mit der von Eileen O’Shaughnessy, um eine einzigartige Perspektive auf das Leben von George Orwell zu bieten. Der Leser bekommt nicht nur Einblicke in die oft übersehene Rolle von Frauen hinter berühmten Männern, sondern auch in die tiefen Herausforderungen und Triumphe, die mit der Partnerschaft und „Wifedom“ verbunden sind. Funder zeigt, dass Eileen O’Shaughnessy nicht nur die Frau an Orwells Seite war, sondern eine eigenständige Persönlichkeit mit eigenen Träumen und Kämpfen.

Patriarchy is a fiction in which all the main characters are male and the world is seen from their point of view. Women are supporting cast – or caste. It is a story we all live in, so powerful that it has replaced reality with itself. We can see no other narrative for our lives, no roles outside of it, because there is no outside of it. In this fiction, the vanishing trick has two main purposes. The first is to make what she does disappear (so he can appear to have done it all, alone). The second is to make what he does to a woman disappear (so he can be innocent). This trick is the dark, doublethinking heart of patriarchy.

Das Buch regt dazu an, über die unsichtbare Arbeit von Frauen nachzudenken, die nicht nur als Unterstützung, sondern als aktive Gestalterinnen des Lebens und Schaffens ihrer Partner fungierten. In „Wifedom“ schafft Anna Funder eine beeindruckende Synthese aus Biografie, Memoiren und Reflexion über das Wesen der Ehe und Partnerschaft.

Ich habe es sehr gerne gehört und kann es nur empfehlen!

Sturm und Stille – Jochen Missfeld erschienen im Rowohlt Verlag

Das Buch habe ich euch schon in meinem Beitrag „Husum by the Book“ vorgestellt. Schaut da gerne noch mal vorbei.

Stoner – John Williams unter dem gleichnamigen Titel auf deutsch erschienen im dtv Verlag, übersetzt von Bernhard Robben

John Williams‘ „Stoner“ ist ein literarisches Meisterwerk, das die stille, berührende Lebensreise eines Mannes namens William Stoner verfolgt. Veröffentlicht im Jahr 1965, erfuhr das Buch erst Jahre später eine Renaissance und wird nun als eines der übersehenen Juwelen der amerikanischen Literatur betrachtet. Der Roman ist ein intimes Porträt eines einfachen Mannes, der durch sein Leben navigiert und dabei die Höhen und Tiefen der Liebe, der Bildung und der beruflichen Ambitionen erlebt.

Die Handlung beginnt im späten 19. Jahrhundert und begleitet Stoner durch sein gesamtes Leben. Der Roman beginnt mit Stoners Entscheidung, Landwirtschaft zu studieren, obwohl sein Vater sich das anders vorgestellt hatte. Schnell wird klar, dass Stoners Begeisterung für die Literatur seine wahre Leidenschaft ist. Dieser innere Konflikt zwischen den Erwartungen der Familie und seinen eigenen Leidenschaften ist ein wiederkehrendes Thema im Roman.

Der Leser wird Zeuge von Stoners Erfahrungen an der University of Missouri, wo er Literatur studiert und schließlich auch lehrt. Williams schafft es meisterhaft, Stoners innere Welt darzustellen und wie er mit den Herausforderungen des akademischen Lebens, der Liebe und der Familiengründung umgeht. Die Charakterentwicklung ist subtil, aber jeder Schritt, den Stoner macht, trägt zur Verfeinerung seiner Persönlichkeit bei.

Ein faszinierender Aspekt des Romans ist die Weise, wie Williams die Details des Alltagslebens in den Text einwebt. Ob es sich um Stoners Beziehung zu seiner Frau Edith handelt, die von Anfang an von Spannungen geprägt ist, oder um die Herausforderungen, die mit der Arbeit an einer Universität einhergehen – der Autor schafft es, alltägliche Momente in bewegende Erzählungen zu verwandeln.

Die Charaktere in „Stoner“ sind komplex und tiefgründig. Edith, Stoners Frau, ist eine besonders faszinierende Figur, die mit ihren eigenen inneren Dämonen zu kämpfen hat. Die Darstellung von Ehe und Familie in „Stoner“ ist realistisch und zeigt, dass das Leben oft von Kompromissen und Opfern geprägt ist.

„Stoner“ von John Williams ist ein zeitloser Roman, der die Essenz der menschlichen Existenz einfängt. Es ist ein Buch über das Leben, die Liebe, die Arbeit und die Suche nach Bedeutung. Die Einfachheit der Handlung und die Tiefe der Charaktere machen es zu einem Werk, das den Leser dazu bringt, über die eigenen Lebensentscheidungen nachzudenken. Es ist eine Ode an die Stille, die im Alltäglichen lauert, und ein Denkmal für das gewöhnliche Leben, das außergewöhnlich wird, wenn man genauer hinschaut.

Sometimes, immersed in his books, there would come to him the awareness of all that he did not know, of all that he had not read; and the serenity for which he labored was shattered as he realized the little time he had in life to read so much, to learn what he had to know.”

Ich denke ihr merkt, wie gut er mir gefallen hat. Dennoch habe ich nur 4 Sterne vergeben, denn ein bißchen mehr Aufbegehren oder Gestaltungswille hätte ich mir dann doch vielleicht gewünscht. Außerdem fände ich es super interessant ein Buch zu lesen das aus Edith’s Sicht geschrieben ist.

Zurecht ein Klassiker! Kennt ihr den Roman? Mochtet ihr ihn? Habe ansonsten noch Augustus von John Williams gelesen, das war in meinen Augen vielleicht sogar noch besser als Stoner. Ein großartiger Autor und ich freue mich, dass mir noch zwei weitere Romane von ihm bleiben, die ich entdecken kann.

In Memoriam – Alice Winn auf deutsch unter dem Titel „Durch das große Feuer“ im Eisele Verlag erschienen, übersetzt von Ursula Wulfekamp und Benjamin Mildner

Alice Winns Debütroman „In Memoriam“ hat mich tief berührt und beeindruckt – es ist eine wunderschöne, wenn auch zutiefst traurigen Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Männern im Schatten des Ersten Weltkriegs.

Die Handlung entfaltet sich im idyllischen Preshute, einer Schule, die zwar fiktiv ist, aber angelehnt an das berühmte Marlborough College, dass man ihre Atmosphäre förmlich riechen kann. Inmitten der Unschuld des Jahres 1914 spielen die Jungen Krieg im Wald, beflügelt von epischer Poesie und griechischen Sagen. Henry Gaunt ist ein junger Mann, der nicht nur mit seiner physischen Größe, sondern auch mit unterdrückten Gefühlen für seinen besten Freund Sidney Ellwood zu kämpfen hat.

Sidney, charmant und mit einem Hang zur Poesie und lyrischen Zitaten, erwidert zwar Gaunts Gefühle, doch die Unfähigkeit der beiden, ihre „Abnormalitäten“ einander zu gestehen, setzt eine emotionale Reise in Gang, die aus unbeschwerten Schultagen in die Grausamkeiten des 1. Weltkrieges führt. Das Schicksal zwingt Gaunt und Ellwood dazu, sich nicht nur mit ihrer Liebe, sondern auch mit den brutalen Realitäten des Krieges auseinanderzusetzen.

Was diesen Roman so herausragend macht, ist nicht nur die tiefgehende Charakterentwicklung, sondern auch Winns beeindruckende Fähigkeit, die Grausamkeiten des Krieges schonungslos darzustellen und dabei dennoch so wunderbar zu schreiben. Von den Debatten im Preshutian bis zu den blutigen Schlachten von Loos und der Somme, der Leser wird mitgerissen in Welt die urplötzlich nur noch aus unendlichem Horror besteht. Egal wie viele Kriegsromane oder -filme ich in meinem Leben schon gelesen oder gesehen habe, dieses Buch hat mich zutiefst schockiert.
Die Listen und Listen voller Namen junger Männer zwischen 17 und 25 – an einem Tag sind allein 60.000 englische Soldaten gefallen! Was für eine Grausamkeit und der Hohn wenn man bedenkt, dass das der Krieg sein wollte, der den Krieg für immer besiegen sollte.

“I’m sorry. This is not what I intended to say. What I meant to say is this: You’ll write more poems. They are not lost. You are the poetry.”

Der Titel ist angelehnt an an ein Gedicht von Tennysons Gedicht und verweist auch auf die Todesanzeigen-Spalte der Preshutian Schulzeitung. Hier, am Ende des Romans, wird der Tribut an die Toten zu einem eindringlichen Moment, der die Sinnlosigkeit des Krieges zeigt und die vielen vielen Leben, die durch ihn zerstört wurden.

„In Memoriam“ ist eine Hommage an die Liebe in Zeiten des Krieges, eine Geschichte, die sowohl fasziniert als auch zutiefst bewegt. Ein absolutes Meisterwerk, das noch lange nachklingt und einen tiefen Eindruck hinterlässt. Was für ein Debüt! Freue mich jetzt schon auf Alice Winns nächstes Buch.

Morgen, Morgen und wieder Morgen – Gabrielle Zevin erschienen im Eichborn Verlag, übersetzt von Sonia Bonné

Das ist eines der Bücher, bei denen man, wenn man gefragt wird, worum es in dem Buch eigentlich geht, etwas ratlos ist. Denn wie der Klappentext schon sagt, im Wesentlichen geht es um zwei gute Freunde, die zusammen ein Videospiel machen. Aber das Buch ist tatsächlich so viel mehr. Aber bevor ich darauf eingehe, worum es nun wirklich sonst noch in diesem wirklich großartigen Buch geht, möchte ich nochmal vorausschicken, wie sehr ich das Buch anfangs gar nicht lesen wollte.

Ich war nie ein Gamer und dachte ich würde mit dem Buch daher nix anfangen können. Hier ging es aber um so viel mehr als nur um Videospiele und um so viel mehr als eine normale Freundschaft. Warum das so ist finde ich gar nicht so einfach in Worte zu fassen. Es hat für mich einfach so viel auf den Punkt gebracht, so viel kluge nuancierte Einblicke gewährt in das, was Freundschaft ausmacht, auf das Leben und die Erfahrungen die Menschen im Laufe ihres Lebens machen – das hat mich wirklich schwer beeindruckt. Gabrielle Zevin verinnerlicht für mich das berühmte „show don’t tell“

Erzählt wird hauptsächlich die Geschichte von Sam und Sadie, doch auch Marx spielt eine große Rolle. Die beiden lernen sich als Kinder im Krankenhaus kennen, wo Sam als Patient und Sadie als Besucherin ihrer schwer kranken Schwester regelmäßig miteinander am Computer spielen. Nach Jahren treffen sie sich zufällig wieder, teilen noch immer die Liebe zum Computer spielen und entwickeln gemeinsam mit großer Unterstützung von Marx einige sehr erfolgreiche Computerspiele.

“What is a game?“ Marx said. „It’s tomorrow, and tomorrow, and tomorrow. It’s the possibility of infinite rebirth, infinite redemption. The idea that if you keep playing, you could win. No loss is permanent, because nothing is permanent, ever.”

Wir verfolgen die Entwicklung, Freundschaft, Entfremdung von Sam und Sadie durch Rückblicke in ihre Kindheit und über die nächsten 30 Jahre ihrer Beziehungen untereinander. Diese sind auch immer wieder durch Missverständnisse und Streiterei unterbrochen, die einem das Gefühl vermitteln diese Probleme sind Hindernisse wie sie in Computerspielen vorkommen.

Man muss definitiv kein Gamer sein, um dieses Buch zu lieben, aber ich kann mir fast nicht vorstellen, dass man dieses Buch lesen kann ohne Marx zu lieben!

So und jetzt ihr! Welches dieser Bücher habt ihr auch gelesen, wollt ihr lesen? Welche mochtet ihr? Welche nicht? Freue mich sehr von euch zu hören.