Meine Woche


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Gesehen: „The Raven“ von James McTeigue ein Thriller in dem sich ein Serien-Killer von  Edgar Allen Poes Werk inspirieren läßt und die Polizei Baltimores Poe (John Cusack) um Hilfe bittet. Sehr spannend, tolle Atmosphäre.

Gehört: „Du machst mich traurig“ ein von Mieze rezitiertes Gedicht von Else Laske-Schüler, „Running to the Edge of the World“ – Marilyn Manson, „The Alternative“ – IAMX, „Suicide“ – The Raveonettes, „This love is fucking right“ – The Pains of being Pure at Heat

Gelesen: Diese beiden Artikel aus dem Holborn Magazine über „Literary Drinks“ und „Bookish Pubs in London
und diesen Artikel im New Yorker über ein Problem, das so manche von uns haben denke ich – mehr Bücher zu kaufen, als man jemals wird lesen können

Getan: die Louise Bourgeois Ausstellung im Haus der Kunst angeschaut – unbedingt ansehen. Die ist wahnsinnig gut. Rezension folgt!

Meinen Nacken wieder einrenken lassen (aua!) und noch einen Dortmund Tagestrip eingebaut, der deutschen Frauen-National-Elf beim Einzug ins Halbfinale zugejubelt nach dem Killer-Elfmeterschiessen (ein Hoch auf Natze!) aber dann:

Gegessen: Pasta und sehr viele leckere Tomaten und Erdbeeren

Getrunken: Vino

Gefreut: über unser wunderschönes klitzekleines weißes Häuschen mit Garten und traumhafter Aussicht

Geärgert: hmm eigentlich nur über den vermutlichen Tod einer Serien-Figur. I seem to be a happy person – wenn das all meine Ärgernisse sind 😉

Gelacht: Nobody dies a virgin. In the end life fucks us all and I wonder if life smokes after it screws me.

Gefreut: über die Entscheidung des Supreme Courts in den USA

Geplant: ein paar schöne Ausflüge und Wanderungen in der Gegend zu unternehmen

Gewünscht: das Deutschland bei der Gleichstellung jetzt endlich nachzieht und diese Lederjacke

Gekauft: den Ausstellungs-Katalog zur Louise Bourgois Ausstellung

Gefunden: ein Buch „Das Echo der Zeit“ von Luke Williams

Geklickt: auf diesen Artikel über alle Bücher die bei OITNB Season 3 erwähnt wurden, auf diesen Blog „A Year of Reading the World“ – tolle Idee und auf diesen TED Talk warum Hierarchien heutzutage eigentlich überflüssig sind

Gewundert: wie brav ich im Auto bin, wenn ich ein Hörbuch habe

Das grüne Rollo – Heinrich Steinfest

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Von dem in Australien geborenen Österreicher Heinrich Steinfest ist man ja einiges gewohnt und wer seine Romane in die Hand nimmt, sollte sich auf groteskes, geistreiches Speedgeplauder gefasst machen.

Die Hauptrolle neben dem 10jährigen Protagonisten Theo spielt ein grünes Rollo, das eines Nachts pünktlich um 23.02 vor Theos Fenster erscheint. Das ist allein schon einigermassen gruselig, noch schlimmer wird es als Theo merkt, dass das Rollo ein ziemliches Eigenleben besitzt und das er nicht nur in ein fremdes Universum hineinsehen kann, sondern er auch von der anderen Seite von seltsamen Männern mit Ferngläsern beobachtet wird.

„Alle litten, die Kinder, die Eltern, die Klavierlehrerin, übrigens eine wirklich freundliche Frau, die anderes verdient hätte im Leben, als einen Krieg gegen den Talentmangel zu führen.“

„Ich fragte mich schon damals, wie es ein so dummer Mensch wie er ständig zu ausgezeichneten Noten in Mathematik brachte. Oder war es vielleicht so, dass eine gewisse Dummheit, eine bösartige Einfalt nötig waren, um in diesem Fach zu brillieren? Nirgends schien der Begriff des Fachidioten derart angebracht. Daß diese Disziplin den höchsten Stellenwert besaß, gleichermaßen geachtet wie gefürchtet, stellte eine unglaubliche Absurdität dar. Indem nämlich ausgerechnet die für die Schönheiten des Lebens blinden Spezialisten den Rest tyrannisieren durften. Kunst war unwichtig, Religion war unwichtig, Naturkunde war unwichtig, sogar Sport, der doch im Fernsehen häufig triumphierte, alles Essentielle schien unwichtig. Und so waren Deutsch und Englisch und die anderen Sprachen nur insofern von Bedeutung, als sie der Tyrannei der Mathematik nahekamen.“

Das Rollo erscheint jede Nacht zur gleichen Zeit und Theo entdeckt ein kleines Mädchen mit einem Strick um den Hals, das auf einem Laufband um sein Leben läuft. Er stürzt sich hinein ins Rollo und versucht, sie zu retten. Die Schrift im Buch wechselt zu grün, wenn Theo sich auf der anderen Seite des Rollos aufhält, ein gelungener optischer Effekt, der sofort an Michael Endes „Unendliche Geschichte“ denken lässt.

Es gelingt ihm nach einigen Abenteuern das Mädchen zu befreien und zurück in seine Welt zu bringen. Dort muß er allerdings feststellen, dass sie in seiner Realität von allen als seine kleine Schwester wahrgenommen wird, die schon immer zur Familie gehört hat. Theo entsorgt das Rollo, lässt es von einer Tante vernichten und hat wieder seine Ruhe.

Vierzig Jahre später ist Theo März Astronaut und mehrfacher Vater. Er nimmt an einem Flug zum Mars teil, erfährt, das seine kleine Schwester spurlos verschwunden ist und plötzlich ist auch das Rollo wieder da und Theo begibt sich erneut in die mysteriöse grüne Welt….

Der Roman ist nicht logisch, wer das streng erwartet, wird wohl enttäuscht werden. Er ist für mich eine gekonnte Mischung aus Computerspiel, Kunstmärchen und Phantasy. Michael Ende meets Alice im Wunderland und trinken Tee mit Neil Gaiman, Parallelwelten treffen auf Existenzfragen und spannende Abenteuer rutschen auch mal ins Klischee ab. Ich habe mich wunderbar amüsiert, mich an der leisen Ironie, der teilweise absurden Vermischung von ganz normalen Begebenheiten mit plötzlich komplett paradoxen abgefahrenen Dingen erfreut, gleichzeitig aber auch das Gefühl gehabt, man hätte mehr aus dem Roman machen können.

Theos Beschreibung seiner Eltern ist stellenweise irre komisch und trifft den Zeitgeist, auch wenn da für einen zehnjährigen eine erstaunliche Weisheit herausklingt. Die Geschichte macht Spaß, aber ich hab jetzt nicht vor lauter Spannung die ganze Nacht weiterlesen müssen und ich habe auch nicht kurz nach 23.00 Uhr panisch ans Fenster geschaut, ob sich da jetzt ein Rollo entfaltet oder nicht.

Unbedingt hervorheben möchte ich aber die Gestaltung des Buches. Der Schutzumschlag ist wunderschön, das grün des Rollos findet sich auf dem Buch selbst, in der Schrift innen und sogar beim Lesebändchen wieder. Einfach perfekt!

Also dann, viel Spaß bei Eurer Reise „ins Grüne“.

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„Der Eindruck, ob jemand blöd oder gescheit sei, hänge fast immer von der Auswahl der Fragen ab. Wenn man einen Arzt zu Krankheiten befragt, wirke dieser in der Regel intelligenter als bei einem Gespräch über Scheibenbremsen. „Meine Englischlehrerin, bestätigte ich, klingt auch nur so lange klug, wie sie englisch redet.“

„Hätte es allerdings geregnet, wäre ich nicht so optimistisch gewesen. Auch mitten in der Stadt nicht. Schlechtes Wetter wirkt dämpfend, gutes dagegen verführerisch. Das würde ich noch oft im Leben feststellen.“

Das Mädchen mit den grünen Augen – Edna O’Brien

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Das Buch spielt in den 50er oder 60er Jahren in Irland. OK – aber irgendwie war es schwer für mich zu ertragen, dass Frauen jemals so derart unterwürfig und haselmäusig waren, da habe ich des Öfteren mal tief einatmen müssen. Die Protagonistin Caithleen läuft einem wesentlich älteren Typen (Eugene) hinterher, woher genau die unwahrscheinliche Anziehungskraft kommt erschließt sich mir auch nicht, da er weder gutaussehend noch sonderlich interessant oder witzig ist. Sie fangen eine Art Affäre an (nur ziemlich lange ohne den Sex Part) und, da er von Ehefrau und Kind getrennt lebt, ist das eine recht skandalöse Sache. Ihr Vater bekommt einen anonymen Brief und bugsiert sie aus dem sündhaften Dublin zurück aufs irisch-katholische Land. Er ist der klischeehafte dauerbetrunkene irische Standard-Dad, der sich dann auch überhaupt nicht weiter um sie kümmert, als sie wieder zur Hause ist.

Caithleen haut kurz darauf wieder ab, zieht bei Eugene ein und erlebt ein sehr kurzes Glück mit ihm, bevor dann alles in die Brüche geht. „Scheidung ist schlimmer als Mord“ hatte meine Tante immer gesagt – das würde ich nie vergessen; das und auch nicht die starrende Mißbilligung, die mir von allen Seiten entgegenschlug.“ Das soll alles gar nicht so vernichtend klingen, ich mochte das Buch ganz gern und Caithleen schon irgendwie auch. Sie ist für mich nur von der Art Romanheldin, die ich permanent schütteln möchte und gelegentlich ohne Abenbrot ins Bett schicken.

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Foto: ufunk.net

„Das Mädchen mit den grünen Augen“ ist der zweite Teil von Edna O’Brien’s „Country Girls Trilogy“ und dreht sich überwiegend um Caitleen, ein Mädel vom Land die mit ihrer besten Freundin Baba nach Dublin zieht. Im zeitlichen Kontext macht der Roman natürlich schon deutlich mehr Sinn und ist nicht einfach nur Vintage Chick-Lit. Zu der Zeit war es sicherlich sehr mutig, über die Beziehung eines jungen katholischen Mädchens zu schreiben, die mit einem verheirateten Mann zusammenzieht. Ein Roman mit vielen Facetten. Es ist sowohl eine „Coming-of-age-Story“ als auch eine Geschichte über Freundschaft, Beziehungen, Liebe, Schuld und Religion. Die Veröffentlichung der Trilogie 1960 hat damals für mächtige Aufregung gesorgt, heute nur noch schwer nachvollziehbar. Die irische Zensur verbot das Buch und der Priester ihrer Heimatgemeinde verbrannte öffentliche Kopien des Buches. Da wurde noch leidenschaftlich gekämpft gegen sexuelle Emanzipation und für den Katholizismus.

Ich habe „Das Mädchen mit den grünen Augen“ gerne gelesen, mir jetzt aber nicht direkt den Edna O’Brien Virus eingefangen. Ich fürchte für diesen Satz wird mich mindestens ein großer Fan jetzt auch ohne Abendbrot ins Bett schicken 😉

Ich werde versuchen, das bei nächster Gelegenheit mit einem Guinness oder einem Jamison wieder gut zu machen.

The Paris Wife – Paula McLain

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Unsere Juni Bookclub Lektüre beamt uns ins Paris der frühen 20 Jahre und beleuchtet die Zeit, die Hemingway in „A moveable Feast“ beschrieben hat, hier aus der weiblichen Perspektive seiner ersten Frau Hedley. Der blutjunge, gerade von seinen Verletzungen aus dem 1. Weltkrieg genesene Hemingway trifft in St. Louis die ein paar Jahre ältere, schüchterne Hadley Richardson.

Nach einer kurzen aber intensiven Werbe- und Balzphase heiraten die beiden und segeln schon kurze Zeit später nach Paris, wo sie nach anfänglichen Schwierigkeiten mitten ins dekadent lebendige Jazz Paris der explosiv sprunghaften trinkfesten „Lost Generation“ rund um Gertrude Stein, Alice Toklas, Ezra Pound, Scott und Zelda Fitzgerald und anderen geraten.

Die Hemingways scheinen lange die sesshaftesten und „normalsten“ zwischen all den wunderschönen Menschen, konkurrierenden Egos und leidenschaftlich Liebenden in ihrem Künstler-Freundeskreis zu sein.

McLain erzählt die bekannte Geschichte des sich quälenden unbekannten Künstlers, der eine ihn umsorgende, sich aufopfernde, ebenfalls unbekannte Frau heiratet und diese verlässt, als irgendwann aus dem unbekannten Künstler ein bekannter wird und sie nicht mehr interessant genug ist.

Auch wenn das nach Herzschmerz und Liebesschmonzette klingt und das Cover des Buches auch gefährlich danach aussieht, McLain schafft es mit ihrer ausgesprochen schönen Sprache, ein sich verfestigendes Bild zu zeichnen einer Beziehung, die nicht andauern konnte und gerade diesen Untergang der Beziehung beschreibt sie schneidend aber doch zärtlich, mit all seinen unschönen und schwierigen Phasen stets auf der Suche nach der absoluten Wahrheit.

Mir hat besonders gefallen, dass das hier eben keine Hemingway Biografie ist, sondern es sich um Hadley’s Geschichte handelt. Man spürt die tiefe Traurigkeit und auch ihre Hilflosigkeit.

“It gave me a sharp kind of sadness to think that no matter how much I loved him and tried to put him back together again, he might stay broken forever.”

Hemingway war schon bei seiner ersten Frau, wie auch bei allen anderen, stets auf der Suche nach einer vertrauensvollen Stütze, einem Menschen, der ihm die Kraft gibt, sich voll und ganz auf die Literatur zu stürzen. Als Hadley sein bis dahin komplettes literarisches Werk auf einer Zugfahrt verliert, beginnen sich für ihn erste Risse in seinem Vertrauen ihr gegenüber zu zeigen. Er brauchte uneingeschränkte Aufmerksamkeit und vollstes Vertrauen, beim geringsten Zweifel begann er sich nach der nächsten Frau umzuschauen, die ihm das bieten konnte und wollte.

“Sometimes I wish we could rub out all of our mistakes and start fresh, from the beginning,‘ I said. ‚And sometimes I think there isn’t anything to us but our mistakes.”

Hier ein Audio Clip in dem Hadley selbst über die verlorenen Manuskripte spricht:

Ich glaube, dass das einfach der Preis war, den Hemingway bereit war für seinen schriftstellerischen Erfolg zu zahlen und hat dafür die Frauen geopfert, wenn sie ihn nicht mehr unterstützen konnten oder wollten. Ich glaube nicht, dass er das böswillig getan hat, er war großzügig, insbesondere auch Hadley gegenüber, die sich nach der Scheidung nie mehr wiedergesehen haben, aber zumindest telefonisch in Kontakt blieben.

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Hemingway hat letzendlich einen hohen Preis gezahlt für seinen Erfolg, unglückliche Beziehungen, Süchte, Selbstmorde findet man ohne Ende in seiner Familie. Wer Hemingway und das Paris der 20er Jahre etwas besser verstehen will, dem kann ich „The Paris Wife“ nur empfehlen.

“He was such an enigma, really – fierce and strong and weak and cruel. An incomparable friend and a son of a bitch. In the end, there wasn’t one thing about him that was truer than the rest. It was all true.”

“Not everyone out in a storm wants to be saved”

Habe das Buch vor ein paar Jahren bereits als Hörbuch auf unserem Rucksack-Trip durch Laos gehört, Carrington MacDuffie war großartig und es war ein seltsames, aber spanenndes Gefühl gleichzeitig in Paris und in Luang Prabang zu sein.

Noch mehr 20er Jahre Feeling beschert im Übrigen Woody Allen’s „Midnight in Paris“, den man sich begleitend zum Buch unbedingt anschauen sollte.

Das Buch erschien auf deutsch unter dem Titel „Madame Hemingway“ im Aufbau Verlag.

Meine Woche

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Gesehen: Season 3 Orange und Orphan weitergeschaut. Just a few more to go 😦

Gehört: Monteverdi „Il Ritorno„, Apparat „Black Water„, Boards of Canada „In a beautiful place out in the country„, Trentemoeller „Miss you„, Asaf Avidan „The Labyrinth

Gelesen: die Sommer-Lesetipps aus dem New Yorker, diesen Artikel über die wachsende Ignoranz und diesen Artikel über „Compassionate Capitalism“

Getan: eine Zusage gefeiert 🙂

Und ich habe mein letztes Leadership Modul fertiggestellt und gehalten. 6 Module über 1 Jahr, insgesamt 18 Workshops – ich bin richtig stolz – geschafft!!!!!!!

Ansonsten im Bookclub heftigst Herrn Hemingway diskutiert, viel geradelt, viel nass geworden und zuviel mit fiktiven Charakteren gelitten. Oh und fast vergessen: die unbedingt sehenswerte Anders Petersen Retrospektive im Münchner Stadtmuseum angeschaut und mal wieder im dunkel-düsteren Nero herumgezappelt

Gegessen: Nachos mit Quino und Bohnen – lecker!

Getrunken: G&T

Gefreut: über oben erwähnte Zusage

Geärgert: über Leute die immer nur sehen was nicht geht und immer Opfer sind. F*** sind die anstrengend

Gelacht: Ignoranz erreicht Stellen, da kommt Empathie gar nicht hin und über dieses Bild, das aber nur für Orphan Black Fans witzig ist

Geplant: die letzte Woche vor dem Urlaub zu überstehen

Gewünscht: diese Lampen, dieses Poster und dieses Shirt

Gekauft: nix

Gefunden: auch nix

Geklickt: auf diese Sendung. Ich mag Sarah Kuttner und Roger Willemsen einfach!

Gewundert: wie selektiv ich sein kann, wenn ich etwas nicht mitbekommen möchte 😉

Fiesta – Ernest Hemingway

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„Fiesta“ war mein Zusatz-Leseprojekt für den Bookclub, in dem wir im Juni „The Paris Wife“ diskutiert haben. „Reading another Hemingway for some extra points“ – da kann man doch nicht nein sagen. Es ist immer spannend, ein Buch nach vielen Jahren wiederzulesen. Ich konnte mich an wenig erinnern, außer das die Handlung zwischen Paris und Pamplona wechselt, viel getrunken wird und es unter anderem um Stierkämpfe geht. Und ich mochte es damals, trotz der Stierkämpfe. Ich war gespannt, wie gut „Fiesta“ ein Wiederlesen bekommen würde.

“I can’t stand it to think my life is going so fast and I’m not really living it.”

“Don’t you ever get the feeling that all your life is going by and you’re not taking advantage of it? Do you realize you’ve lived nearly half the time you have to live already?”

“Nobody ever lives their life all the way up except bullfighters.”

Die Schriftsteller der sogenannten „Lost Generation“ wurden vom ersten Weltkrieg vollkommen überrascht und in jeder Hinsicht durch ihn geprägt. Die Industrialisierung hat den Krieg in eine Menschen-Vernichtungsmaschine bis dahin unbekannten Ausmasses verwandelt, die die Menschheit für immer verändern sollte. In „Fiesta“ treffen wir Mitglieder dieser Lost Generation, die allesamt psychisch und/oder physisch vom Krieg gezeichnet sind.

“It is awfully easy to be hard-boiled about everything in the daytime, but at night it is another thing.”

Im Zentrum der Handlung steht Lady Brett Ashley, eine Bitch vor dem Herrn. Sie ist extravagant, extrovertiert, hat eine Affäre nach der nächsten und liebt doch eigentlich nur Jack, der im Krieg verletzt wurde und daraufhin – was ich erst reichlich spät begriffen habe – impotent ist. Ich glaube nicht, dass Lady Brett absichtlich die Menschen in ihrem Umfeld verletzt, sie ist destruktiv, hat ihre wahre große Liebe im Krieg verloren und unglücklich in den armen Jake Barnes verliebt. Tragik wohin man blickt. Die Leere in ihrem Leben versucht sie mit Alkohol und Sex zu füllen und zerstört sich dabei nicht nur selbst.

“You ought to dream. All our biggest businessmen have been dreamers.”

In den ersten Kapiteln in Paris erscheinen und verschwinden die Charaktere mit einer derartigen Geschwindigkeit, das es mir teilweise etwas schwindelig wurde und ich nie sicher war, ob die jeweilige Person nochmal auftaucht, für den Fortlauf der Geschichte noch bedeutsam wird oder nicht, aber im sonnigen, heißen Pamplona legte sich die Hektik. Dort wird ausgiebig gegessen, getrunken, die Stierkämpfe besucht, gestritten und geliebt.

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In Pamplona beginnt Lady Brett nach einer kurzen Affäre mit Robert Cohn, einem amerikanischen Juden,  eine Liason mit Petro Romero, einem jungen Stierkämpfer, und dem Star der Fiesta. Lady Brett hat alle Hände voll zu tun, sowohl ihren Verlobten, als auch ihre große Liebe Jack und den noch immer um sie kämpfenden Robert Cohn im Zaum zu halten. Sie bricht Herzen  im Sekundentakt und ist doch eigentlich nur auf der Suche nach sich selbst.

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Wer aber tatsächlich richtig leidet unter allem ist Jake. Er schmachtet Brett an und kann sie doch nicht besitzen, ist todeseifersüchtig auf Cohn, dafür das er das haben konnte, was ihm versagt bleibt und beginnt doch zu realisieren, dass er selbst ohne Impotenz-Problem auch nur ein weiterer x-beliebiger Liebhaber Bretts sein würde. Der längerfristige Erfolg seiner Beziehung zu Brett ist gerade seine Impotenz, denn alle Männer, die sie in ihr Bett lockt, verlieren daraufhin ihre Männlichkeit, eine der wenigen Sachen, die er nicht mehr verlieren kann.

Ich glaube nicht, dass Hemingway wirklich an die Liebe geglaubt hat und vielleicht wären seine Bücher dann auch weitaus weniger interessant. Ich mag seine Sprache, die Bilder die beim Lesen in meinem Kopf entstehen. Ich glaube ich habe aber auch einfach eine Schwäche für Autoren, die wunderschön über den Regen schreiben können. Und das kann er.

“And you’ll always love me won’t you?
Yes
And the rain won’t make any difference?
No”

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Das Buch ist auf deutsch unter dem gleichen Titel im Rowohlt Verlag erschienen.

Ein Abend mit Siri Hustvedt

IMG_2225Mit Siri Hustvedt kommt die große literarische Welt nach München. Wenn man es nicht besser wüßte, man könnte sich an diesem Abend im vollbesetzten Haus der Kunst locker in Brooklyn wähnen. Neben Margaret Atwood ist Siri Hustvedt eine meiner absoluten Lieblingsschriftstellerinnen und ich war entsprechend gespannt und wahnsinnig nervös.

Es ist keine Lesung ihres neuen und überaus erfolgreichen neuen Romans „The Blazing World“, dennoch wird an diesem Abend viel Bezug auf die Protagonistin des Romans genommen, die viel mehr Ähnlichkeit mit Louise Bourgeois hat, als selbst Frau Hustvedt beim Schreiben des Romans ahnte. 

„My Louise Bourgeois“ ist der Titel des Vortrages, den Siri Hustvedt anlässlich der bislang größten Ausstellung ihrer späten Installationen. Bourgeois zählt zu den größten Künstlern des 20. Jahrhunderts, eine Französin, die als junge Frau nach New York ging und jahrzehntelang kompromisslos an ihren Werken arbeitete, unabhängig von kommerziellem Erfolg, der sich für Bourgeois erst spät, dafür dann gepaart mit wahrem Weltrum einstellen sollte.

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Foto Frédéric Delpech

Hustvedt beschäftigt sich in ihrem Vortrag damit, wie wir Kunst wahrnehmen. Wie das, was wir wahrnehmen, entsteht durch erlernte Muster, wir nur sehen, was wir erwarten. Wir müssen uns unserer Vorurteile und unserer Vorlieben entledigen, wenn wir zum Kern des Kunstwerkes vordringen wollen. Und Wahrnehmung kann nur durch Erinnerung gelingen.

Gute Kunst schafft es, uns zu überraschen und bringt uns dazu, Dinge auf andere Art zu sehen und wahrzunehmen und trägt immer Spuren aus dem Bewusstsein und dem Unterbewusstsein mit sich.

Bourgeois, als auch Hustvedt haben sich in ihrer Arbeit stark von der Psychoanalyse beeinflussen lassen. Insbesondere für Bourgeois war die Psychoanalye fast schon ein eigener Lebensstil.

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Siri Hustvedt im Gespräch mit Okwui Enwezor

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Ähnlich wie die Roman-Protagonistin Harriet Burden hat auch Bourgeois große Schwierigkeiten, sich als Frau in der Kunstszene durchzusetzen. Im Roman gelingt es Harriet Burden nicht, ihren oft fehlgeleiteten Zorn nachhaltig positiv zu nutzen, sie zerbricht, auch und obwohl sie am Ende Recht behält.

Siri Hustvedt hat definitiv Lust gemacht, sich intensiv mit Louise Bourgeois zu beschäftigen. Ich freue mich schon auf den Ausstellungsbesuch nächstes Wochenende.

Sehr geduldig hat sie bei einem Glas Wein noch Unmengen von Büchern signiert und viele Fragen beantwortet. Sie ist eine unglaublich kluge, warmherzige, humorvolle und verdammt gutaussehende Autorin. In der Goldenen Bar haben wir zwar umsonst auf sie gewartet, aber es war ein so schöner, inspirierender spannender Abend.

Draußen war es dann vorbei mit dem Brooklyn-Gefühl, aber die Eisbachsurfer sind auch ziemlich cool und die gibts nur in München.

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Hier gehts zu meiner Rezension von Siri Hustvedt’s Roman „The Blazing World“ – kann ich nicht nur Kunstinteressierten wärmstens ans Herz legen:

The Blazing World – Siri Hustvedt

Meine Woche

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Gesehen: „Camp X-Ray“ von Peter Sattler. Kristen Stewart spielt eine Soldatin, die sich in einen Guantanamo Gefangenen verliebt. Hmmm, nicht schlecht, aber hat mich nicht vom Hocker gehauen.

Ansonsten Season 3 von Orange is the New Black gebinge-watched 😉 Wow – this show is killing me …

Gehört: „My dreams dictate my reality“ – Soko, Here she comes again – Röyskopp, I get nervous – Lower Dens, Audio Gold – Nathan Fake, Holding – Grouper, Heartbeats – The Knife

Gelesen: Diese Interviews mit Elena Ferrante, Hilary Mantel und Lydia Davis, diesen Artikel über Bibliotherapie und diesen Artikel über Wolfgang Herrndorf

Getan: Siri Hustvedt im Haus der Kunst gelauscht, Hochzeitstag mit Sushi satt gefeiert, einen Workshop durchgeführt, mich heftig gestritten aber am Ende doch noch einen Kompromiss gefunden, in der Sonne Bier getrunken, mich mental ziemlich viel im Knast aufgehalten 😉

Gegessen: Gefüllte Champions und gaaaaaaaaaaaaaanz viel Sushi

Getrunken: Aperol Sprizz und Radler

Gefreut: über die wunderschönen Pfingstrosen

Geärgert: Luft in den Bremsen – grrr

Gelacht: I’m great at multitasking – I fuck up everything at once

Geplant: mein nächstes Tattoo müsste jetzt mal in Angriff genommen werden und mein Französisch bis zum Urlaub aufpolieren

Gewünscht: diese Bettwäsche, diese Jacke und diesen Stuhl

Gekauft: ein Kopfkissen das sich mit Wasser befüllen lässt

Gefunden: viele vermisste Artikel, Notizen etc beim Aufräumen meiner Leseecke

Geklickt: Auf diesen Vortrag von Thomas Sattelberger zum Thema „Zukunft menschlicher gestalten“,  diesen Artikel zur Lage der französischen Intelligentia und diesen TED Talk von Shawn Achor

Gewundert: mit wie wenig Schlaf ich scheinbar auskomme

Breithlá Sona William Butler Yeats

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In München feiert man WB Yeats Geburtstag mit strahlendem Sonnenschein und einer leckeren Mass, wobei natürlich Nieselregen und Guinness im Pub irgendwie passender gewesen wäre.

Heute vor 150 Jahren wurde der 1923 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnete Dichter in Dublin geboren. Yeats war als junger Mann ein ziemlicher Revolutionär, einer der treibenden Kräfte der irischen Literaturszene und Mitbegründer des Nationaltheaters (Abbey Theatre).

Vor vielen Jahren war ich für einen mehrwöchigen Sprachkurs in Monkstown, einem Vorort von Dublin. In der Bluefeather School of English wurde nicht nur ausgiebigst Sprachunterricht gegeben, sondern wir wurden in irischer Literatur quasi mariniert. Der Sohn des Nobelpreisträgers Seamus Heaney unterrichtete an der Schule und niemals im Leben habe ich mich ausgiebiger mit Poesie beschäftigt, als zu dieser Zeit. Und mit Gin&Tonic, den mir die damals über 90-jährige Mutter des Schuldirektors im Pub ausgegeben hat und dann hat sie „Innisfree“ vorgetragen:

The Lake of Innisfree

I will arise and go no, and go to Innisfree,
And a small cabin build there, of clay and wattles made:
Nine bean-rows will I have there, a hive for the honey-bee,
And live alone in the bee-loud glade.

And I shall have some peace there, for peace comes dropping slow,
Dropping from the veils of the morning to where the cricket sings;
There midnight’s all a glimmer, and noon a purple glow,
And evening full of the linnet’s wings.

I will arise and go now, for always night and day
I hear lake water lapping with low sounds by the shore;
While I stand on the roadway, or on pavements grey,
I hear it in the deep heart’s core.

Hat mich sehr beeindruckt damals, diese alte Dame mit den Blumenkohlhaaren, die Unmengen an G&T vertragen konnte und dann problemlos ellenlange Gedichte vortragen konnte. Neben „Innisfree“ ist mir noch dieses in Erinnerung geblieben:

When You Are Old

When you are old and grey and full of sleep,
And nodding by the fire, take down this book,
And slowly read, and dream of the soft look
Your eyes had once, and of their shadows deep;

How many loved your moments of glad grace,
And loved your beauty with love false or true,
But one man loved the pilgrim soul in you,
And loved the sorrows of your changing face;

And bending down beside the glowing bars,
Murmur, a little sadly, how Love fled
And paced upon the mountains overhead
And hid his face amid a crow of stars.

Breithlá Sona Mr Yeats. Ich hoffe, Sie feiern mit einem Gläschen Whisky vielleicht mit der wunderbaren alten Dame zusammen, die ihre Gedichte so geliebt hat. Und geben Sie ihr einen G&T aus, bloß kein Guinness.

Ist schon viel zu lange her, dass ich in Dublin war, höchste Zeit wieder einmal hinzufahren. Und diesen wunderbaren Gedichtband kann ich nur jedem ans Herz legen, nicht nur eine gelungene Auswahl, er sieht auch richtig klasse aus.

Ich poste hier mal noch eine Aufnahme von Yeats – er hatte eine sehr ungewöhnliche Art seine Gedichte vorzulesen, etwas gewöhnungsbedürftig, aber dann wirklich klasse: