November by the Book

Der November war eine gelungene Mischung aus Vorbereitung aufs Reading Weekend in Paris mit Werken von und über Hemingway, herbstlichem Grusel, einem Abstecher ins viktorianische London zum Auftakt meines Sherlock Holmes Marathons und einem spannenden Sachbuch über die Evolution des weiblichen Körpers. Hier dürfte dieses Mal wirklich für fast jeden was dabei sein 😉 Wie immer geht es direkt los in alphabetischer Reiheinfolge.

Cat Bohannon – Eve: How the female Body drove 200 Million Years of Human Evolution auf deutsch erschienen im C. Bertelsmann Verlag

Eine Mythen entlarvende, aufschlussreiche Darstellung darüber, wie sich der Mensch entwickelt hat, die eine Paradigmenverschiebung in unserem Denken darüber bietet, was der weibliche Körper ist, wie er entstanden ist und wie diese Evolution immer noch unser aller Leben beeinflusst.

Wie hat der weibliche Körper 200 Millionen Jahre menschlicher Evolution vorangetrieben? • Warum leben Frauen länger als Männer? • Warum neigen Frauen eher zu Alzheimer? • Warum schneiden Mädchen in jedem schulischen Fach besser ab als Jungen, bis ihre Noten plötzlich in der Pubertät abfallen? • Ist Sexismus für die Evolution nützlich? • Und warum müssen Frauen jede Nacht wie verrückt schwitzen, wenn sie in die Menopause kommen?

Diese Fragen behandelt Cat Bohannon mit grenzenloser Neugier und scharfem Witz die letzten 200 Millionen Jahre, um die spezifische Wissenschaft hinter der Entwicklung des weiblichen Geschlechts zu erklären: „Wir brauchen eine Art Bedienungsanleitung für das weibliche Säugetier. Einen sachlichen, treffenden, ernsthaft erforschten (aber lesbaren) Bericht darüber, was wir sind. Wie sich weibliche Körper entwickelt haben, wie sie funktionieren, was es wirklich bedeutet, biologisch eine Frau zu sein. Etwas, das die Geschichte der Weiblichkeit neu schreiben würde. Dieses Buch ist diese Geschichte. Wir müssen den weiblichen Körper ins Bild rücken. Wenn wir das nicht tun, ist nicht nur der Feminismus beeinträchtigt. Moderne Medizin, Neurobiologie, Paläoanthropologie, sogar Evolutionsbiologie nehmen Schaden, wenn wir die Tatsache ignorieren, dass die Hälfte von uns Brüste hat. Also wird es Zeit, über Brüste zu sprechen. Brüste, und Blut, und Fett, und Vaginas, und Gebärmütter – alles. Wie sie entstanden sind und wie wir heute mit ihnen leben, ganz gleich, wie seltsam oder amüsant die Wahrheit ist.“

No other mammals on the planet have been observed regularly helping one another through birth. Or at least, none we know of. Two monkey species have been observed assisting in a birth, but each case seems incredibly rare. One was a black-and-white snub-nosed monkey in 2013, but it was hard to draw conclusions since it was a daytime birth and usually they occur at night. The second, involving a langur monkey, was recorded in 2014—and if it hadn’t been recorded, no one would have believed it. Chinese primatologists had observed this group of langurs for years and saw that the females generally gave birth alone. But not this time. On a rocky outcropping, an older female monkey hung around a younger mother who was clearly struggling in active labor. The newborn came out halfway. The older monkey quickly pulled the baby out of the mother’s vagina, held the kid for a minute, licked it, and then handed it to its mother. This may be the first clear evidence of active birth assistance in any mammal besides humans.”

Hab irre viel bei der Lektüre dieses Buches gelernt. Macht sich als Weihnachtsgeschenk wahrscheinlich richtig gut.

Arthur Conan Doyle – Eine Studie in Scharlachrot auf deutsch erschienen im Deutschen Bücherbund übersetzt von Gisbert Haefs

„Eine Studie in Scharlachrot“ ist der erste Roman von Sir Arthur Conan Doyles berühmter Sherlock-Holmes-Reihe. Die Geschichte beginnt damit, dass der Arzt Dr. John Watson einen Mitbewohner sucht und sich mit dem exzentrischen Detektiv Sherlock Holmes zusammentut. Die beiden werden in den Fall eines mysteriösen Mordes hineingezogen, bei dem ein Mann in einem verlassenen Haus in London tot aufgefunden wird. Das Opfer trägt einen scharlachroten Faden um das Handgelenk. Während Holmes mit seinen genialen deduktiven Fähigkeiten den Täter aufspürt, enthüllt die Erzählung auch die Hintergrundgeschichte des Mörders, die mit einem fanatischen religiösen Kult im amerikanischen Westen in Verbindung steht. „Eine Studie in Scharlachrot“ präsentiert die brillante Kombination von Holmes‘ Logik und Watsons Erzählkunst und markiert den Beginn einer faszinierenden Reihe von Kriminalgeschichten.

“To a great mind, nothing is little,‘ remarked Holmes, sententiously.”

Bin voll ins Sherlock Holmes Fieber geraten. Auch wenn ich die Romane und Erzählungen wahrscheinlich fast alle schon mal gelesen haben, macht es unfassbar viel Spaß die ganzen wunderschönen Bände jetzt noch einmal der Reihe nach zu lesen und dabei meine Book Nook zu bewundern, die ganz eindeutig das Arbeitszimmer von Sherlock darstellt.

Elizabeth Hand – A Haunting on the Hill erschienen bei Mulholland Books, bisher noch nicht auf deutsch übersetzt

Von der mehrfach ausgezeichneten Autorin Elizabeth Hand, kommt der allererste autorisierte Roman, der in die Welt von Shirley Jacksons „Spuk in Hill House“ zurückkehrt: eine spannende, zeitgenössische und beängstigende Geschichte von Sehnsucht und Isolation, die ganz für sich steht.

Holly Sherwin ist seit Jahren eine kämpfende Dramatikerin, aber jetzt, nachdem sie ein Stipendium erhalten hat, um ihr Stück „Die Hexe von Edmonton“ zu entwickeln, könnte sie endlich kurz vor ihrem großen Durchbruch stehen. Alles, was sie braucht, ist Zeit und Raum, um ihre Vision zum Leben zu erwecken. Als sie bei einem Wochenendausflug in den Norden auf Hill House stößt, ist sie sofort von dem opulenten, wenn auch verfallenden, gotischen Herrenhaus fasziniert, das fast versteckt außerhalb eines abgelegenen Dorfes liegt. Es ist riesig, alt und unheimlich – der perfekte Ort, um ihr Stück zu entwickeln und zu proben.

Trotz ihrer eigenen Bedenken stimmt Hollys Freundin Nisa zu, sich Holly anzuschließen und das Haus für einen Monat zu mieten, und bald darauf kommt eine Gruppe Schauspieler, jeder mit seinen eigenen Geistern, an. Doch während sie sich einrichten, werden die Eigenheiten des Hauses bekannt: Seltsame Kreaturen streifen über das Gelände, störende Geräusche hallen durch die Gänge, und die Zeit selbst scheint sich zu verschieben. Zu schnell finden sich Holly und ihre Freunde nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Haus selbst im Konflikt. Es scheint, als ob etwas all die Jahre in Hill House gewartet hat und nicht mehr alleine gehen will…

“Some call me witch, and through their hatred they’ve taught me how to be one…”

War etwas skeptisch vorab, aber Elizabeth Hand ist wunderbar gruseliger, wohliger Horror gelungen für alle Fans von Shirley Jacksons Klassiker.

Matt Haig – Die Radleys erschienen im Rowohlt Verlag, übersetzt von Friederike Levin

Gestatten: die Radleys. Eine ganz normale Familie. Bishopthorpe, ein kleines Städtchen im Herzen Englands: Hier leben die Radleys. Vater Peter ist Arzt, Mutter Helen mit Leib und Seele Hausfrau und engagiertes Lesezirkel-Mitglied. Ihre Kinder Rowan und Clara besuchen das örtliche College. Eine Bilderbuchfamilie, geachtet bei Nachbarn und Freunden. Doch warum muss Rowan selbst im Winter Sonnenschutzfaktor 60 auflegen? Warum ist Clara Veganerin und hat dennoch nicht das Gefühl, sich gesund zu ernähren? Warum schmilzt der treue Ehemann Peter beim Anblick fremder weiblicher Nacken dahin? Warum verstummen alle Vögel, sobald ein Radley vor die Tür tritt? Und warum ist plötzlich alles voller Blut?

“That is what the taste of blood does. It takes away the gap between thought and action.To think is to do. There is no unlived life inside you as the air speeds past your body, as you look down at the dreary villages and market towns…”

Wem „richtige“ Vampir Romane zu düster oder blutig sind, für den bieten sich die Radleys als perfekte Einstiegslektüre an. Keine große Literatur aber ich habe den Roman gerne gelesen, Matt Haig ist einfach eine sichere Bank wenn man nach leichter gut geschriebener Literatur sucht.

Ernest Hemingway – Paris: Ein Fest fürs Leben erschienen im Rowohlt Verlag übersetzt von Werner Schmitz

Paris – ein Fest fürs Leben“ von Ernest Hemingway ist eine autobiografische Erzählung, die die Erfahrungen des Autors und seiner Frau Hadley während ihrer Zeit in Paris in den 1920er Jahren dokumentiert. Der Roman bietet einen Einblick in das künstlerische und kulturelle Leben der Stadt, insbesondere in den Kreisen der damaligen literarischen Größen wie Gertrude Stein, F. Scott Fitzgerald und Ezra Pound.

“We would be together and have our books and at night be warm in bed together with the windows open and the stars bright.”

Hemingway beschreibt die Atmosphäre von Paris als vital und inspirierend, und er teilt seine persönlichen Erlebnisse, darunter auch seine Beziehung zu seiner ersten Frau Hadley. Der Titel „Paris – ein Fest fürs Leben“ spiegelt die lebendige und leidenschaftliche Stimmung wider, die Hemingway mit der Stadt verbindet. Die Erzählung vermittelt nicht nur die Freuden und Herausforderungen des Schriftstellerlebens, sondern auch die Dynamik der zwischenmenschlichen Beziehungen in dieser künstlerisch aufgeladenen Umgebung. Hemingways prägnanter Schreibstil und seine Fähigkeit, lebendige Bilder zu malen, machen das Buch zu einem fesselnden Zeugnis seiner Zeit in Paris und seines persönlichen Wachstums als Schriftsteller.

Er kann wirklich gut schreiben der Herr Hemingway und es macht auch durchaus Spaß das Buch zu lesen insbesondere wenn man dann kurz drauf durch Paris stromert im Rahmen eines Reading Weekends, aber er ist echt eine ganz fürchterliche Lästerbacke. Jede und jeder der ihn mal unterstützt hat und dem er eigentlich vielleicht ein bisschen dankbar sein sollte bekommt sein Fett weg. Krass!

Paula McLain – Hemingway & Ich erschienen im Aufbau Verlag, übersetzt von Yasemin Dinçer


„Love & Ruin“ von Paula McLain ist ein historischer Roman, der sich auf das Leben von Martha Gellhorn konzentriert, einer amerikanischen Journalistin und Schriftstellerin, die auch die dritte Ehefrau von Ernest Hemingway war. Die Geschichte spielt in den 1930er und 1940er Jahren und führt die Leser durch Gellhorns faszinierendes Leben, ihre Arbeit als Kriegsberichterstatterin während des Spanischen Bürgerkriegs und des Zweiten Weltkriegs.

“Real writing, I was beginning to realize, was more like laying bricks than waiting for lightning to strike. It was painstaking. It was manual labor. And sometimes, sometimes if you kept putting the bricks down and let your hands just go on bleeding, and didn’t look up and didn’t stop for anything, the lightning came. Not when you prayed for it, but when you did your work.”

Der Roman erforscht ihre komplizierte Beziehung zu Hemingway, während beide versuchen, ihren Platz in der Welt des Journalismus und der Literatur zu finden. McLain beschreibt die Herausforderungen, denen Gellhorn als Frau und Kriegsreporterin gegenübersteht, sowie die intensiven Emotionen und Spannungen in ihrer Ehe mit Hemingway. „Love & Ruin“ bietet einen Einblick in die turbulenten politischen und persönlichen Zeiten, in denen Gellhorn lebte, und zeigt die Opfer und Hingabe einer Frau, die nach ihrer eigenen Identität strebte, während sie sich in einer von Männern dominierten Welt behauptete.

Habe schon den Band „The Paris Wife“ sehr gerne gelesen und auch dieser Roman um Martha Gellhorn ist klasse. Was für eine spannende Frau. Gegen sie sieht Hemingway stellenweise ganz schön blaß aus. Dieses Interview mit Martha Gellhorn fand ich unfassbar spannend:

Cathy Rentzenbrink – Dear Reader erschienen im Picardor Verlag, bislang nicht ins Deutsche übersetzt


Solange sie sich erinnern kann, hat sich Cathy Rentzenbrink in Geschichten verloren und wieder gefunden. Schon in ihrer Kindheit wurde sie selten ohne ein Buch gesehen und las heimlich noch lange, nachdem das Licht ausgeschaltet war. Als das Unglück zuschlug, hielten Bücher sie über Wasser. Schließlich wiesen sie ihr den Weg zu einem neuen Pfad, zuerst als Buchhändlerin und dann als Schriftstellerin. Egal, was die Zukunft bereithält, das Lesen wird immer helfen.

„Dear Reader“ ist eine bewegende, humorvolle und freudige Erkundung darüber, wie Bücher den Verlauf des Lebens verändern können, randvoll mit Empfehlungen von einer Leserin an eine andere.

Dies ist wirklich das ultimative Buch für Buchliebhaber. Cathy Rentzenbrink führt den Leser durch ein Labyrinth von Büchern von der Kindheit bis zur Mutterschaft und dem Verlust, wobei sie auf dem Weg einige ihrer liebsten und unvergesslichsten Geschichten empfiehlt. Es ist wirklich ein eigenartiges Buch zu kategorisieren – teilweise Memoiren, aber auch einfach ein Teil allgemeiner Plauderei über Bücher. Es fühlt sich an, als würde der Leser mit einer Freundin sprechen, die zufällig dieselbe Leidenschaft fürs Lesen teilt und viele Bücher liest.

“Don’t allow anything to dent your reading pleasure. Don’t let anyone tell you that what you like isn’t proper, that what brings comfort and ease to your soul isn’t good enough.”

Es ist wirklich spannend, wie transformativ Bücher wirklich sein können. In schweren Zeiten sind sie immer da – der stille Freund, der helfen kann, den Kopf frei zu bekommen und einen für eine Weile aus der realen Welt zu entführen. Sie können auch dazu beitragen, wie man die Welt sieht, die eigenen Horizonte erweitern und die Sicht auf das Leben verändern, direkt von Ihrem gemütlichen Lesesessel aus.

Hervé Le Tellier – Die Anomalie erschienen im Rowohlt Verlag, übersetzt von Romy & Jürgen Ritte

„Die Anomalie“ von Hervé Le Tellier ist ein Roman, der verschiedene Genres und Perspektiven geschickt miteinander verwebt. Die Geschichte beginnt mit dem mysteriösen Vorfall eines Flugzeugs, das während eines Transatlantikflugs für wenige Minuten in der Zeit verschwindet und dann sicher am Zielort landet. Der Roman beleuchtet die Auswirkungen dieses Ereignisses auf das Leben der Passagiere, die nach ihrer Rückkehr mit unerklärlichen Veränderungen und Konflikten konfrontiert sind.

“Es gibt ein Leben nach dem Tod, besonders nach dem der anderen.”

Der Plot entwickelt sich durch die Augen verschiedener Charaktere, darunter ein Schriftsteller, ein Bodyguard, eine Finanzmanagerin und andere, die alle an diesem ungewöhnlichen Ereignis beteiligt sind. Die Geschichte erkundet die Komplexität von Identität, Realität und den Auswirkungen von Entscheidungen. Mit Elementen von Science-Fiction, Thriller und Drama bietet „Die Anomalie“ eine fesselnde und tiefgründige Reflexion über das menschliche Dasein und die möglichen Verzweigungen, die durch eine solche Anomalie entstehen können.

Denke immer noch darüber nach was ich machen würde wenn ich auf einmal der Bingereaderin gegenüberstehen würde und über all die Implikationen. Eines meiner Bücher 2023 – große Empfehlung!

Das war der November meine Lieben! Und – war etwas dabei für euch? Welches kennt ihr, welches mochtet ihr oder vielleicht auch nicht? Freue mich wie immer sehr auf eure Rückmeldungen und verspreche auf jeden Fall mehr Sherlock Holmes in den kommenden Monaten.

Women in Science (27) Elizabeth Kolbert

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Die Umweltjournalistin Elizabeth Kolbert erhielt 2015 für ihr Buch „Das sechste Sterben“ den Pulitzerpreis für Non-Fiction.

Falls ihr auf der Suche nach einer richtig guten Horrorgeschichte seid, die euch garantiert den Schlaf rauben wird, dann seid ihr hier richtet. Dieses Buch zeigt den völlig erbarmungslosesten, erfindungsreichsten und erfolgreichsten Serienkiller, über den je geschrieben wurde. Die Zahl seiner Opfer steigt exponentiell und sein Appetit ist leider noch lange nicht gestillt. Der Bösewicht ist im Grunde genommen jeder von uns, die wir auf diesem wunderbaren Planeten leben.

Seit seinem Erscheinen vor etwa 200 000 Jahren hat der Homo sapiens seine Umwelt verändert: Anfangs kaum spürbar,  seit der neolithischen Revolution vor gut 12 000 Jahren deutlich stärker und seit Beginn der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts radikal. Heute ist sein Einfluss auf die Natur und das globale Ökosystem so tiefgreifend, dass der niederländische Meteorologe Paul Crutzen vorschlug, den jetzigen Abschnitt der Erdgeschichte, bislang als Holozän bezeichnet, in „Anthropozän“ umzubenennen.

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Die fünf großen Massensterben im Laufe der Geschichte sind durch verschiedene, vom Menschen unabhängige Phänomene verursacht worden, etwa Eiszeiten oder Meteoriteneinschläge. Doch das derzeit ablaufende sechste Massensterben liegt allein in unserer Verantwortung, wie das Buch überzeugend darlegt.

Bei der Vernichtung des amerikanischen Mastodon, dem Riesenalk, den Neanderthalern und auch des Panamanischen goldenen Frosches, der hawaiianischen Krähe, dem Sumatra Nashorn und diversen Fledermaus-Arten wird eines ganz klar deutlich: fast immer starben diese Arten aus, als der Mensch begann, die Umwelt zu betreten.

Auch wenn das Thema eher entmutigend ist, Kolbert schreibt mit trockenem Galgenhumor, der für mich immer dann auftrat, wenn die Dinge allzu deprimierend zu werden drohten. Das Buch ist recht naturwissenschaftlich, aber dennoch zugänglich geschrieben, ohne je nach Lehrbuch zu klingen.

Interessant fand ich die Kapitel am Anfang, wo sie über Wissenschaftler wie Cuvier, Lyell oder Darwin schreibt, die mit die ersten waren, die Mutmaßungen anstellten mit Blick auf Aussterben und Evolution. Mir war nicht klar, dass das Aussterben von Rassen eine relativ neue Idee ist. Lange Zeit nahmen Wissenschaftler an, dass nichts aussterben konnte und erst mit der Entdeckung der Fossilien begann sich diese Auffassung zu ändern.

Faszinierend fand ich auch die Idee eines neuen Pangea. Das die Leichtigkeit, mit der wir zwischen Ländern und Kontinenten hin- und herreisen, im Grunde genommen einem wieder entstandenen Pangea gleicht und das wir teils wissentlich, teils unwissentlich fremde Tier- oder Pflanzenspezies in neue Umgebungen mitnehmen, die die Balance zwischen Jäger und Gejagtem immens durcheinander bringen können – mit teilweise desaströsen Konsequenzen.

Kolbert schafft es, all das klar, unterhaltsam, aber auch durchaus erschreckend zu transportieren. Zum Ende hin wurde ich etwas müde und im Grunde kann man die letzten Kapitel einfach so zusammenfassen: Menschen sind scheiße.

Das elaboriert zu lesen, die unwiderlegbaren Beweise vorgelegt zu bekommen und selbst aber auch mit Schuld zu sein, zieht einen doch ziemlich runter. Aber wahrscheinlich benötigen wir diese Art von runter ziehen ganz dringend, denn die Menschheit muss lernen und erkennen, was wir der Umwelt antun.

Man kann den Generationen vor uns nur begrenzt einen Vorwurf machen, teilweise wussten sie einfach nicht, was sie da taten und sind wahrscheinlich wirklich davon überzeugt gewesen, dass es egal ist wie viele Mastodons man jagt und isst, es werden immer wieder welche nachkommen. Aber diese ignoranten Tage liegen jetzt hinter uns. Wir wissen es besser, also müssen wir es auch besser machen.

Kolbert zitiert am Ende eine Wissenschaftlerin mit den Worten, „solange wir weiter forschen, wird die Menschheit überleben“, womit sie suggeriert, wir werden uns aus der bestehenden dramatischen Situation schon irgendwie „herauszutechnologisieren“. Das aber wird mit Sicherheit nicht eintreten. Nur ein radikaler Wandel unseres ökonomischen und ökologischen Handelns kann das Schlimmste verhindern.

Die Menschheit ist definitiv deutlich weniger schlau als sie allgemein so von sich annimmt.

Unbedingte Lese-Empfehlung, auch wenn das nicht wirklich ein Vergnügen ist.

Hirngymnastik: Alexander von Humboldt Marathon

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Es gibt wohl kaum einen Wissenschaftler, der unser Verständnis der Natur als universales zusammenhängendes Netz mehr geprägt hat, als der große preußische Naturforscher, Forschungsreisender und Universalgelehrte Alexander von Humboldt, der mit diesem Verständnis auch als Urvater der Naturschutzbewegung und Ökologie gelten kann.

In ihrer preisgekrönten großartigen Biografie stellt uns die Historikerin Andrea Wulf den Menschen Alexander von Humboldt als überraschend modernen Forscher vor, dessen Ideen bis heute wirken, insbesondere wenn es um Klimawandel oder Nachhaltigkeit, Konzepte und Ideen geht, mit denen er gut ein Jahrhundert seiner Zeit voraus war.

Sein Vermächtnis ist nicht so sehr eine einzelne Entdeckung, obwohl er als Entdecker des magnetischen Äquators, der Klimazonen und der Isothermen gilt – es ist tatsächlich mehr seine Haltung, seine Sicht auf die Welt und die Fähigkeit, Muster und Verbindungen zu sehen und diese zusammenzufügen – „Alles ist Wechselwirkung“.

Zu Humboldts Freundes- und Bekanntenkreis zählten schon früh die führenden Intellektuelle seiner Zeit wie Goethe, Schiller, Johann David Schlegel und andere. Seine Entdeckungsreisen begannen 1790 mit seiner Reise in Begleitung Georg Forsters an den Niedrhein, nach England und in das revolutionsbewegte Frankreich.

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Humboldt war neben all seinen wissenschaftlichen Entdeckungen auch sowas wie der Urvater des Networking. Er hatte die wunderbare Eigenschaft, mit jedem reden zu können und pflegte intensive Freundschaften. Er finanzierte und unterstützte junge Forscher durch Empfehlungsschreiben an Menschen aus seinem reichhaltigen Netzwerk und sein Einfluß auf die Literatur und Wissenschaft seiner Zeit war immens.

So weckten die Werke Alexander von Humboldts in Darwin die Reiselust nach Südamerika und Humboldts „Reise nach den Tropenländern“ war seine stetige Lektüre auf der Beagle.

Thoreau, Emerson, der amerikanische Präsident Thomas Jefferson oder auch der südamerikanische Revolutionär Simon Bolivar waren große Verehrer von Humboldt und auch die Astronomin Maria Mitchell, die ihn kurz vor seinem Tod traf, zeigte sich beeindruckt von seinem wissenschaftlichen Enthusiasmus und seiner Präsenz.

Humboldt beeinflusste nicht nur die hellsten Köpfe seiner Zeit, er war einer der ersten, der sich für ein fruchtbares Miteinander von Geistes- und Naturwissenschaften einsetzte. Sein integratives Herangehen an die Wissenschaft bedeutete für ihn immer auch Elemente aus der Philosophie, der Geschichte, der Literatur und Kunst mit aufzunehmen.

Er versuchte, das Silodenken in der Wissenschaft zu überbrücken, regte zum interdisziplinären Denken an und  veranstalte einen der ersten Kongresse, auf denen Wissenschaftler und Künstler nicht nur Vorträge hielten, sondern explizit aufgefordert waren, miteinander zu sprechen.

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Nach seiner fünfjährigen Forschungsreise durch Südamerika lebte der nur selten lange an einem Ort verweilende Herr überwiegend in der damaligen geistigen Hochburg Paris, sehr zum Missfallen des preußischen Königs, der ihn lange Zeit dennoch finanziell unterstützte. Humboldts Schaffensdrang war immens. Er veröffentlichte Hunderte von Büchern, wissenschaftlichen Texten, führte eine immense Korrespondenz und allein seine Tagebücher umfassten über 4500 Seiten. Seine Reisen und die hohen Druckkosten verschlangen einen Großteil seines Vermögens und etwa 20 Jahre nach seiner Rückkehr aus Südamerika riss dem preußischen König der Geduldsfaden und er orderte ihn 1829 als „Wirklich Geheimer Rat“ nach Berlin zurück. Immerhin handelte er einen jährlichen viermonatigen Paris-Aufenthalt heraus, denn Berlin war für Humboldt nie Heimat und sollte es auch nicht mehr wirklich werden.

„Das Land, in das Humboldt zurückkehrte, war entschieden anti-liberal. Die politischen Rechte waren sehr eingeschränkt, und liberale Ideen wurden generell unterdrückt. Preußens Mittelschicht hatte sich deshalb aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und widmete sich ihren Privatinteressen. Musik, Literatur und Kunst drückten Gefühle aus anstelle revolutionärer Ansichten. Den Geist von 1789, wie Humboldt ihn nannte, gab es nicht mehr.“

1830 unternahm Humboldt seine letzte Forschungsreise nach Russland, wo er gemeinsam mit seinen Begleitern innerhalb eines knappen halben Jahres 15.000 km zurücklegte, gezogen von sage und schreibe 12.000 Pferden.

Die immense Popularität zu seinen Lebzeiten erlangte Humboldt insbesondere durch seine Gesamtschau der wissenschaftlichen Welterforschung, dem KOSMOS, dem er sich in seinen letzten zweieinhalb Jahrzehnten widmete und das zwischen 1845 – 1862 in fünf Titeln veröffentlicht wurde.

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Im Winter 1827/28 hielt er in der Berliner Singakademie 16 öffentliche Vorlesungen, die keinen Eintritt kosteten, die zu den Sternstunden der populären Wissenschaftsvermittlung gelten können. Er begründete damit das Genre der Populärwissenschaft und das soziale Spektrum seiner Hörer reichte vom Maurermeister, Krankenschwestern über wissenschaftliche Kollegen bis hin zu König Friedrich Wilhelm III – eine soziale Mischung, die in dieser Breite zuvor kein anderer deutscher Gelehrter erreicht hatte und die sehr dem Wesen Humboldts entsprachen.

Auch wenn es unzählige Orte, Pflanzenarten etc. gibt, die nach ihm benannt sind, ist Humboldt heute zu Unrecht deutlich weniger präsent als beispielsweise Darwin. Andrea Wulf rückt Humboldt in ihrem weltweit sehr erfolgreichen Buch wieder mehr ins verdiente Rampenlicht.

„Die Erfindung der Natur“ ist absolut fesselnde Lektüre und bringt uns einen Menschen näher, der nicht nur zum Begründer des Naturschutzes wurde, sondern der sich für alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft einsetzte.

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Ein ganz besonderes Schmankerl ist die wunderschöne Ausgabe „Das Buch der Begegnungen – Menschen / Kulturen / Geschichten aus den amerikanischen Reisetagebüchern“ von Alexander von Humboldt aus dem Manesse Verlag, dem ich an dieser Stelle sehr für dieses umwerfende Rezensionsexemplar danke.

„Man glaubt einen alten Freund zu sehen beim Anblick des Meeres: Das Herz öffnet sich, die Einbildungskraft füllt sich mit tausenderlei Gedanken an Verbindungen, an Möglichkeiten, an Hoffnungen, Freunde ankommen zu sehen, zu den Seinen zurückzukehren …“

Es macht riesigen Spaß in diesem wunderschön aufgemachten Buch mit edlem Leineneinband, Lesebändchen und feiner Typografie zu blättern. Ein Buch, in dem man versinken kann und das gewollt nicht unbedingt chronologisch gelesen werden muss, sondern man blättert, liest, bleibt hängen.

Es gibt ein chronologisches Inhaltsverzeichnis aber auch einen sogenannten „Leseparcours“ der eine Sortierung nach individuellen Themen bietet, der dem vernetzten Denken Humboldts huldigt und uns an seiner Themenfülle, dem breiten Spektrum seines Denkens teilhaben läßt.

Man kann wunderbar seine immer stärkere, kritische Haltung zum Kolonialismus und insbesondere zur Sklavenhaltung verfolgen. Wissen war für ihn nicht einfach intellektuelles Können – es war die Fähigkeit eines integrativen, holistischen Erfassens des Lebens in all seinen Dimensionen.

„Die Sklaverei ist auf Unmoral gegründet; die Regierung soll Menschen ihrer heiligsten Rechte berauben, deren Haut von einer anderen Farbe ist, mit der Erlaubnis, das, was man in Havanna, auf Jamaica, in Sainte-Croix (und vor 1789 auf Saint-Domingue) tat, zu verüben: einer Mutter ihr Kind zu rauben und in 400 Meilen Entfernung zu verschleppen. Eine Regierung besitzt keinerlei Recht, die Unmoral zu sanktionieren.“

Humboldt war bis ins hohe Alter begeisterter Bergsteiger, Vulkanologe und Wanderer und hat wieder und wieder seine wissenschaftlichen Thesen an seinem eigenen Körper getestet. Für ihn waren Körper, Geist und Seele Instrumente, mit denen er die Welt vermessen und ergründet hat. Er war ein Fürsprecher von Rationalität und Emotionalität in einer Welt, die beides gerne sauber von einander getrennt halten wollte.

Durch seine Sensibilität für die Tatsache, dass alles miteinander verbunden ist, war er auch einer der ersten der erkannte, welche katastrophalen Folgen der durch die Menschen verursachte Klimawandel mit sich bringt. Das war ihm gerade deshalb möglich, weil er es vermied, klare Trennlinien zu ziehen zwischen Wissenschaft, Kunst und Literatur.

„Betrachtet man Natur nun als Netz, wird offensichtlich, welchen Gefahren sie ausgesetzt ist. Alles hängt mit allem zusammen. Wenn ein Faden gezogen wird, kann sich das ganze Gewebe auflösen.“

Mein Humboldt Marathon hat riesigen Spaß gemacht und ich kann folgende Bücher aus ganzen Herzen empfehlen:

  • Alexander von Humboldt: Das Buch der Begegnungen erschienen im Manesse Verlag
  • Andrea Wulf: Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur erschienen in der Büchergilde Gutenberg
  • Alexander von Humboldt: Die Kosmos-Vorträge erschienen im Insel Verlag.

 

Day 24 – Under the Christmas Tree

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Not quite under the x-mas tree (yet), but in my last Advent calendar package! This most wonderful book about the fascinating minds of the Octopus and the evolution of intelligent life.

“Mischief and craft are plainly seen to be characteristics of this creature. —Claudius Aelianus, third century A.D., writing about the octopus”

Can’t wait to start reading this – what was under the tree for you?

Thanks a lot for being part of my Challenge again this year. It was fun.

Have a wonderful bookish xmas and a great 2018 – thanks for being part of this here – highly appreciated. This blog wouldn’t be half as much fun without you guys.

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Hirngymnastik – Meeresbiologie

“Before we existed, and after we are gone, the ocean will continue to whisper to the atmosphere.” (Kate Marvel)

Die Hirngymnastik findet dieses Mal unter Wasser statt, wir begeben uns in tiefste Tiefen und befassen uns mit der Meeresbiologie und der Geschichte unserer Ozeane. Schon immer hat mich dieses unbekannte Universum ähnlich stark fasziniert wie die unendlichen Weiten des Weltalls. Beim Schwimmen im Meer bin ich eine ziemliche Schissbüx und nehme schnell beim kleinsten Fisch Reissaus, aber ich hätte große Lust, mich mal mit Kapitän Nemo in seinem Unterseeboot auf Tauchstation zu begeben.

Wir starten mit einem ganz besonderen Buch:

Rendezvous mit einem Oktopus – Sy Montgomery

Oktopoden habe ich schon immer geliebt, ich finde diese hochintelligenten Tiere einfach wahnsinnig spannend und als ich das Cover von Sy Montgomerys Buch sah, war mir sofort klar, dieses Buch möchte ich lesen, haben, inhalieren. Der Inhalt des Buches konnte auch locker mit dem wunderschönen Cover mithalten. Das Buch liest sich wunderbar, ganz unmerklich wird man schlauer, erfährt mehr und mehr über Oktopoden und zum Ende der Lektüre beschäftigt man sich sehr intensiv mit Fragen rund um Bewußtsein, Interaktion und Kommunikation zwischen unterschiedlichen Spezies und unser noch sehr eingeschränktes Wissen um die unterschiedlichen Arten von Intelligenz.

Das Buch ist sehr erfolgreich, aber nichts für Menschen auf der Suche nach streng wissenschaftlichen Texten. Montgomery erzählt in dem Buch über ihre persönlichen Erfahrungen beim Erforschen von Oktopoden. Sie ist eine Wissenschaftlerin, die sich tief mit ihren Studienobjekten beschäftigt und zwar „hands-on“ und nicht in einem Labor oder Elfenbeinturm. Sie lernt unglaublich viel über den Oktopus „Octavia“ gleich am Anfang des Buches und umgekehrt lernt auch der Oktopus viel über Montgomery, da diese Tiere über ihre Tentakeln die Haut der Menschen schmecken und darüber die entsprechenden Emotionen lesen. Der Geschmackssinn ist einer der wichtigsten für Oktopoden und es verwundert vielleicht nicht, dass sie sich sehr schnell von Leuten zurückziehen, die beispielsweise heftige Raucher sind.

Montgomery ist von Anfang an mehr als fasziniert von den Oktopoden die sie kennenlernt und sie bringt uns die Tiere, die sie in der Zeit ihrer Studie kennenlernt, wahnsinnig nahe. Sie persönlich glaubt, dass Oktopoden Bewußtsein und vielleicht sogar eine Seele haben, eine finale Antwort kann das Buch auf diese Frage natürlich nicht geben. Sie beschreibt die Tiere als Individuen mit eigenen Persönlichkeiten, Erfahrungen, Wünschen etc.

 

Wir lernen neben Octavia auch Kali und Karma kennen. Wir erleben, wie sie mit den Mitarbeitern im Aquarium interagieren, wir erleben, wie einer der Oktopoden sich liebevoll um ihre unbefruchteten Eier kümmert, lernen schmerzhaft, wie kurz die Lebensdauer von Oktopoden ist und erleben teilweise ihren Tod, aber auch, wie manche zurück in die Freiheit entlassen werden.

„Eine andere Gefahr wäre, dass ein Oktopus aus Langeweile versuchen könnte, auf Wanderschaft zu gehen, um sich einen interessanteren Ort zum Leben zu suchen. In ihrer Fähigkeit, ihren Gefängnissen zu entfliehen, sind die Kraken dem berühmten Entfesselungskünstler Houdini vergleichbar. L. R. Brightwell von der Meeresbiologischen Station im englischen Plymouth traf einmal nachts um halb drei auf einen Oktopus, der gerade die Treppe hinunterkrabbelte. Er war aus seinem Bassin im Labor der Forschungsstation ausgebüxt. Auf einem Fischtrawler, der im Ärmelkanal unterwegs war, gelang es einem frisch gefangenen, auf Deck abgelegten kleinen Oktopus, die Mannschaftsleiter hinunterzugleiten und bis in die Kajüte zu gelangen. Stunden später fand man ihn wieder, er hatte sich in einer Teekanne versteckt.“

Die Oktopoden pushen manche Menschen weg, einige lassen sie sehr nah an sich heran, sie können sehr gefährlich sein und Menschen verletzen, sind unglaublich schlau, wahnsinnige Gestaltwandler, die sich durch die kleinste Lücke pressen um auszubrechen, Tiere die ständig Stimulanz brauchen, da sie sich sehr schnell langweilen. Sie wechseln ihre Gestalt, ihre Farbe, zeigen Freude, Einsamkeit und Sehnsucht.

Montgomery bringt uns auch die Aquariums-Gemeinschaft näher. Menschen, die auf unglaubliche Art und Weise mit den Oktopoden verbunden sind. Von Oktopoden berührt, geschmeckt und „gelesen“ zu werden, scheint fast jeden der Menschen im Buch auf ganz besondere Weise zu berühren und zu beruhigen.

Es gibt nach wie vor viele Leute die glauben, der Mensch ist das einzig intelligente Tier, was mir nicht so wahnsinnig intelligent erscheint 😉 Ich hoffe das Buch kann ein wenig helfen, nicht nur den Oktopoden mehr Aufmerksamkeit zu widmen, sondern auch dem Thema Verbundenheit über die Grenzen verschiedener Spezies hinweg und wie wichtig es für uns Menschen ist, unseren Mitlebewesen gegenüber mehr Respekt zu zeigen.

 

Nachrichten aus einem unbekannten Universum – Frank Schätzing

Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut. Ich habe vor Jahren mal bei einer über Tage dauernden unangenehmen Wurzelzahnbehandlung Schätzings „Der Schwarm“ als Hörbuch gehört und war sehr begeistert davon. Als ich vor einiger Zeit die illustrierte Ausgabe von „Nachrichten aus einem unbekannten Universum“ auf einem Grabbeltisch entdeckte mußte ich sofort zuschlagen und mir war klar, das wird mal Teil einer Hirngymnastik.

Es macht auch großen Spaß das Buch durchzublättern, hineinzustöbern, die Bilder anzuschauen, nur das Buch von vorne bis hinten durchlesen, das fand ich ziemlich anstregend. Entweder war es mir bei der Zahnbehandlung aufgrund der Betäubung nicht aufgefallen oder er hat es im „Schwarm“ noch nicht so exzessiv betrieben, aber sein permanentes antropomorphisieren (gibts das Wort?) ging mir sehr auf den Keks und auch die super flapsige Sprache hat mir den Spaß am Buch ein wenig genommen. Ab und an ist das vollkommen ok für mich, aber nicht bemüht in jedem Satz, manchmal hatte ich den Eindruck Mario Barth war der Ghostwriter des Buches.

Man liest über die Gefühle und Entscheidungen von Hummern, Pflanzen, Haien oder auch ganzen Kontinenten. Selbst die Evolution kommt nicht ungeschoren davon und wird permanent als „Miss Evolution“ betitelt, was mich schier in den Wahnsinn getrieben hat.

Im Buch geht es um die Evolution und die Entwicklung der Erde mit speziellem Fokus auf das Meer. Er startet mit der Entstehung der Erde und arbeitet sich dann zeitgeschichtlich in die Gegenwart und gibt dann einen Ausblick in die Zukunft der Meere.

Ein paar interessante Fakten habe ich mitgenommen, die Bilder haben mir gefallen, daher ist das Buch kein kompletter Ausfall für mich, aber etwas enttäuscht war ich schon.

Abgrund – Bernhard Kegel

Richtig glücklich bin ich mit „Abgrund“ auch nicht geworden. Es ist definitiv ein wunderschönes Buch, ich liebe Haie und es spielt auf den Galapagos-Inseln, die Zutaten waren also richtig gut, dennoch hat es mir letztlich nicht wirklich geschmeckt. Das Buch ist ein Wissenschaftsroman und damit eine Mischung aus Sachbuch, Krimi und Reportage.

Sehr gelungen fand ich den Prolog des Buches, der einen spannenden Rückblick in Darwins Galapagos-Reise und das Sammeln seiner Finken durch seinen Begleiter Syms Covington gibt. Entsprechend aufgewärmt und freudig stürzte ich mich dann auf die eigentliche Lektüre des Romans, fand die Story aber recht schwach und alles andere als spannend.

Habe vor vielen Jahren mal „Das Ölschieferskelett“ vom gleichen Autor gelesen und war damals ganz begeistert. Hier wollte der Funke aber partout nicht überspringen. Die Tauchgänge, die im Roman beschrieben werden, bei denen eine neue Haiart entdeckt wird, wirken wie mühsam herbeigezogenes Beiwerk, um dem Leser die Gefahren des globalen Klimawandels nahe zu bringen, was an sich ja sehr löblich ist, hier aber einfach nicht wirklich gut gemacht ist.

Etwas subtiler hätte das sein dürfen und Spannung wollte bei mir überhaupt nicht aufkommen. Letztlich behalte ich das Buch (für den Moment) wegen des schönen Covers, werde es sicherlich nicht noch einmal lesen und kann es nicht wirklich empfehlen.

Ich mag Haie sehr gerne und hätte große Lust, mal einen Roman zu lesen, in dem diese stets unterschätzten und weitestgehend ungeliebten Tiere im Mittelpunkt stehen. Kann mir da jemand was empfehlen?

Alles in allem also eine durchwachsene Hirngymnastik. Die Meeresbiologie finde ich nach wie vor spannend, bin dabei aber bei der Auswahl entsprechender Dokumentationen deutlich erfolgreicher gewesen als bei 2/3 meiner Buchauswahl.

Ich kann die Dokumentation „Planet Ocean“ sehr empfehlen:

Hier noch mal im Überblick die Bücher der Hirngymnastik Meeresbiologie:

  • Rendezvous mit einem Octopus – Sy Montgomery (ich danke dem Mare Verlag für das Rezensionsexemplar)
  • Nachrichten aus einem unbekannten Universum – Frank Schätzing (Kiepenheuer & Witsch)
  • Abgrund – Bernhard Kegel (Büchergilde Gutenberg)

Orphan Black in Books

 

Es ist wohl kaum möglich gewesen nicht mitzubekommen, dass ich der weltgrößte Fan der Sci-Fi/Science-Thriller-Serie „Orphan Black“ bin. Orphan Black ist sowas wie das utopische Gegenstück zu Margaret Atwoods Dystopie „The Handmaid’s Tale“ und hat jede Menge vielschichtiger, spannender, intelligenter Frauen sowie LGBT Charaktere zu bieten, deren Sexualität stets weniger wichtig als ihre tatsächlichen Persönlichkeiten sind. Auch Cast und Crew sind stetige „loud and proud allies“ für die LGBT Community und damit in diesen finsteren Zeiten ein absoluter Lichtblick, mit der uns die kanadische TV Szene da beglückt hat. 20633760_121307931842109_2584908431961882624_n In der Serie geht es Sarah Manning, eine Frau, die die Identität ihres Klons Elizabeth Childs annimmt, nachdem sie deren Selbstmord beobachet hat. Die Schauspielerin Tatiana Maslany spielt in der Serie eine Vielzahl an Menschen, die Klone sind. Im Laufe der Serie stellt sich heraus, dass in geheimen medizinische Versuchsreihen das Klonen von Menschen gelungen war und die Klone sich nach und nach ihrer wahren Identität bewusst werden. Die Serie wirft Fragen auf, die sich um die Themen Moral, die ethischen Implikationen menschlichen Klonens und den Effekt dessen auf die persönliche Identität drehen. Was kann und darf Wissenschaft? Darf man menschliches Erbgut patentieren lassen? Hier ein TED Talk zu diesem Thema, der unter anderem zeigt, wie wichtig die Wissenschaft für die Macher von Orphan Black ist: https://www.ted.com/talks/tania_simoncelli_should_you_be_able_to_patent_a_human_gene Die Serie hat eine wissenschaftlicher Beraterin, Cosima Herter, die als lebendige Vorlage für einen der Klons in der Serie, Cosmia Niehaus, diente. Neben der herausragenden Schauspielkust der Hauptdarstellerin Tatiana Maslany und den überdurchschnittlich guten Drehbüchern wurde immer wieder gerade die Genauigkeit gelobt, wenn es um die Wissenschaft in Orphan Black ging. IMG_8118 Herwig war auch an einem Buch beteiligt, mit dem Titel „The Science of Orphan Black“, das sich mit sämtlichen Fragen rund um Genetik, Eugenetik, Cloning etc. in der Serie beschäftigte und zeigt, wie die wissenschaftlichen Aspekte tatsächlich sind und wo es in der Serie gelegentliche notwendige dramaturgische Abweichungen gab. Das Buch ist sicherlich kein Ersatz für „richtige“ wissenschaftliche Bücher zu den Themen, aber ich bin einfach begeistert davon, wie sehr ein Serien-Begleitbuch Wert auf wissenschaftliche Genauigkeit legt und zugleich Lust auf Wissenschaft macht. Davon bitte unbedingt mehr. Ein weiteres Begleitbuch zur Serie hat sich mit den philosophischen Fragen hinter der Serie beschäftigt. Richard Greene ist Professor für Philosophie an der Weber State University und beschäftigt sich mit den Fragen „Was macht eine Person einzigartig?“, „Ist es unmoralisch, Klone vorsätzlich mit Gen-Defekten zu erschaffen?“, „Was sagt uns das Verhalten der Clone Club Mitglieder mit Blick auf die Nature vs Nature Debatte?“ und viele weitere spannende Themen. IMG_8121 Orphan Black zeigt uns Probleme der Biotechnolgoie, die in nicht allzu ferner Zukunft unsere tagtäglichen Fragestellungen sein könnten. Was für eine Zukunft ist das, in der wir – wie wir es jetzt bereits ansatzweise mit Crispr-Cas9 erleben –  in der Lage sein werden, unser Genom zu editieren? Wie werden wir künftig mit wissenschaftlich-religiösen Kults wie Neolution oder den Prolethians umgehen? Sollte es Biotech Firmen erlaubt sein, die menschliche DNA zu patentieren und welcher Moral werden wir folgen, wenn wir vielleicht irgendwann nicht einmal der Polizei mehr trauen können? Der New Yorker hat sich schon früh positiv mit der Serie beschäftigt und blickt in diesem Artikel auf die dunkle Eugenetik-Geschichte der USA, mit der sich auch die Zeitschrift Nature in diesem Artikel beschäftigt. In Orphan Black selbst geht es aber auch immer wieder um Bücher. Eines der wichtigsten für Science-Geek Cosima ist Charles Darwins „The Origin of Species“ – das Buch ist insbesondere in der ersten Staffel allgegenwärtig, wo die Titel der einzelnen Episoden nach Kapiteln aus Darwins Buch benannt sind. Hier geht es übrigens zu meiner Hirngymnastik „Genetik“ bei der ich mich neben Darwin auch mit dem Buch „What we talk about when we talk about Clone Club“ von Gregory E Pence beschäftigt habe. IMG_8120

Die Titel der zweiten Staffel sind Zitate von Francis Bacon, die der dritten Staffel beziehen sich auf die Abschiedsrede von Dwight Eisenhower, in der vierten Staffel beziehen sie sich auf die Arbeiten der feministischen Wissenschaftlerin Donna Haraway und die letzte Staffel nutzt Zitate aus Ella Wheeler Wilcox Gedicht „Protest“:

To sin by silence, when we should protest, Makes cowards out of men. The human race Has climbed on protest. Had no voice been raised Against injustice, ignorance, and lust, The inquisition yet would serve the law, And guillotines decide our least disputes. The few who dare, must speak and speak again To right the wrongs of many. Speech, thank God, No vested power in this great day and land Can gag or throttle. Press and voice may cry Loud disapproval of existing ills; May criticise oppression and condemn The lawlessness of wealth-protecting laws That let the children and childbearers toil To purchase ease for idle millionaires.

Therefore I do protest against the boast Of independence in this mighty land. Call no chain strong, which holds one rusted link. Call no land free, that holds one fettered slave. Until the manacled slim wrists of babes Are loosed to toss in childish sport and glee, Until the mother bears no burden, save The precious one beneath her heart, until God’s soil is rescued from the clutch of greed And given back to labor, let no man Call this the land of freedom.

Solche intellektuellen Spielereien mag ich sehr und sind einer der Gründe für mein heftiges Fangirling. DSC_0217 Aldous Huxleys 1932 erschienener weltberühmter Roman „Brave New World“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Serie. Der Roman antizipiert Entwicklungen in der Fortpflanzungsmedizin und deren ethischer Implikationen mit Blick auf menschliches Klonen. Die Serie verneigt sich vor Huxley, in dem sie dem intriganten Wissenschaftler Aldous Leekie seinen Vornamen verpasst, der Nachname könnte eine Referenz auf den Anthropologen Louis Leakey sein, auch wenn der sich etwas anders buchstabiert. blogleekie Zudem hat Huxley ein Gedicht mit dem Titel „Leda“ veröffentlicht, das Bezug nimmt auf die griechische Mythologie und von der Liebesaffaire zwischen der Königin Leda, der Mutter von Helena von Troy und ihrem Schwan, bei dem es sich um den verkleideten Zeus handelt. Leda bringt später zwei Eier zur Welt, aus dem einen schlüpft ein paar menschlicher sterblicher Zwillinge, aus dem anderen Ei ein paar göttliche Zwillinge mit übermenschlichen Kräften. Das zweite Projekt „Castor“ diente der Schaffung einer männlichen Klonreihe, Castor ist der Name eines der menschlichen Zwillinge, die Leda auf die Welt bringt.

Eine Menge los bei Orphan Black und langsam fangen die Gehirnzellen an zu rauchen, oder? Wir müssen uns aber auf jeden Fall noch mit H. G. Wells „The Island of Dr Moreau“ beschäftigen. Das Buch, das dem Gründungsforscher Dr. Ethan Duncan gehörte, taucht immer wieder auf, es enthält Symbole, die außer ihm nur ein weiterer Klon namens Rachel teilweise entziffern kann. Die Symbole bringen Sara auf die Spur von Kendall Malone, die als Chimäre (Organismus, der aus genetisch unterschiedlichen Zellen aufgebaut ist und dennoch ein einheitliches Individuum darstellt) das eigentliche Original ist, aus deren DNA die Klone erzeugt wurden. IMG_8119 orphan-black-kira-cosima-moreau

Fotos: BBC America

Die fünfte Staffel beginnt auf der Insel, die genau wie im Buch Heimat eines durchgeknallten Professors ist und Menschen in einem Dorf beherbergt, an denen der Professor ohne deren Wissen medizinische Versuche durchführt. Der verrückte Professor heißt PT. Westmoreland und ist Autor diess Buches

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und der eigentliche Marionettenspieler hinter den Kulissen.  In den fünf Staffeln der Serie kommt man kaum zum Durchatmen, kaum ist ein Teil des Puzzles gelöst, entstehen gleich wieder drei neue. Eine Show mit viel Adrenalin, wahnsinnig guter Besetzung, viel Brainpower und jeder Menge Literaturtipps.

Hier noch ein spannender Artikel aus der LARB „Epigenetic Television: The Penetrating Love of Orphan Black

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Der Abschied von den Sestras ist mir enorm schwer gefallen, aber dank DVDs, Büchern und Comics werde ich dem Clone Club immer wieder mal einen Besuch abstatten. In diesem Interview spricht Maslany über ihren Abschied von der Serie und sollte sich Dr. Delphine Cormier jemals als praktische Ärztin niederlassen, ich werde ihre allererste Patientin werden…

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Thanks for the ride and the Science, Sestras!

 

Welche der vorgestellten Bücher kennt ihr und habt ihr einen Lieblingsklon in Orphan Black?

  • Casey Griffin / Nina Nesseth – „The Science of Orphan Black“
  • Rachel & Richard Greene – Orphan Black & Philosophy
  • Charles Darwin – „The Origin of Species“ ist auf deutsch unter dem Titel „Die Entstehung der Arten“ erschienen
  • Aldous Huxley – „Brave New World“ ist auf deutsch unter dem Titel „Schöne Neue Welt“ im Fischer Verlag erschienen
  • H. G. Wells – „The Island of Dr Moreau“ ist auf deutsch unter dem Titel „Die Insel des Dr. Moreau“ erschienen

Hirngymnastik – Genetik und Evolution

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Ich finde alles, was mit der Entstehung und Entwicklung des Lebens zu tun hat, unglaublich spannend. Schon lange beschäftigte mich daher die Frage, wie aus der Ursuppe die ersten Gene entstanden sind und wie im Laufe von Milliarden Jahren dann irgendwann so in den letzten 5 Minuten der Zeit der Mensch in seiner heutigen Form erschien.

Durch die komplette Entschlüsselung des Genoms, die unglaublich faszinierende CRISPR Cas-Methode und nicht zuletzt natürlich durch meine Lieblings-Science-Serie „Orphan Black“ wurde ich dazu animiert, mich eine Zeit lang deutlich intensiver mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Willkommen zum zweiten Teil der Hirngymnastik und los gehts:

Matt Ridley – Genome

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Matt Ridley ist meines Erachtens einer der besten Autoren im naturwissenschaftlichen Bereich. Das dieses Buch hier schon über 15 Jahre alt ist, merkt man ihm nicht an, es hat nichts an Aktualität, Anspruch und Bedeutsamkeit verloren. Habe es vor vielen Jahren mal gelesen und es wurde dringend Zeit für eine neue Runde. Ridley widmet jedes der 23 Kapitel einem spezifischen Gen, die an den 23 Chromosomen Paaren zu finden sind. Das Buch soll kein Buch über Krankheiten sein, dennoch sind insbesondere Erbkrankheiten ein wichtiges Thema des Buches. Die letzten Kapitel beschäftigen sich mit allgemeineren Themen wie genetischem Determinismus, Eugenik, Erbschaftslehre und der immer wieder spannenden Frage von Nature vs. Nurture. Sind wir und unsere Körper und unser Hirn in bestimmter Art und Weise vorprogrammiert für bestimmte Vorlieben?

“Imagine that the genome is a book.

There are twenty-three chapters, called CHROMOSOMES.
Each chapter contains several thousand stories, called GENES.
Each story is made up of paragraphs, called EXTONS, which are interrupted by advertisements called INTRONS.
Each paragraph is made up of words, called CODONS.
Each word is written in letters called BASES.” 

Das Buch gibt einen spannenden Einblick in die Geschichte der Menschheit, wie wir wurden, was wir sind. Das Humangenomprojekt hat unser komplettes Genom komplett entschlüsselt und es den Menschen erstmals ermöglicht, die Ursache von Krankheiten und mögliche Therapien zu entdecken und die Lebensqualität zu verbessern. Dieses Wissen, das durch die Genforschung entsteht, ist wichtig und notwendig, wie wir dieses Wissen dann später nutzen, ist eine komplett andere und ebenfalls sehr sehr wichtige Diskussion.

Ridley glaubt an den freien Willen und ist daher fest davon überzeugt, dass Vererbung nicht automatisch Unveränderlichkeit bedeutet. Du selbst und nicht Deine Gene kontrollieren Dein Leben.

“The fuel on which science runs is ignorance. Science is like a hungry furnace that must be fed logs from the forests of ignorance that surround us. In the process, the clearing we call knowledge expands, but the more it expands, the longer its perimeter and the more ignorance comes into view.”

Gregory E. Pence „What we talk about when talk about Clone Club“

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Als Mitglied im Clone Club und weltgrößter Fan der Science-SciFi-Klon-Serie „Orphan Black“ durfte dieses Buch natürlich nicht fehlen. Es ist aber nicht nur eine unbedingte Empfehlung für Fans der Serie, sondern für alle, die sich für Bioethik und Genetik interessieren.

Pence beschäftigt sich in seinem Buch mit Bioethik, einem Feld, das sich mit wissenschaftlichen und medizinischen Fragen beschäftigt. Wer die Serie kennt, wird sich vermutlich mit der Frage beschäftigt haben, wieviel Science steckt da wirklich drin und wie realistisch ist diese dargestellt. Was sind die moralischen und rechtlichen Implikationen, wenn wir über Klone nachdenken. „I am not your property“ war einer der Sätze, die sich mit der Frage beschäftigte, wem gehören DNA Patente? Dazu sollte man sich auch unbedingt einmal diesen TED Talk angucken:

https://www.ted.com/talks/tania_simoncelli_should_you_be_able_to_patent_a_human_gene

Wie ist es möglich, dass Klone, die dem gleichen Baukasten entspringen, so unterschiedlich sind mit Blick auf Aussehen, Verhalten und der Art und Weise zu denken? Pence beschäftigt sich mit den Themen Geschlechtsidentität, Fragen der sexuellen Orientierung mit Blick auf „Lifestyle Choices“, die in der Serie thematisiert werden und mit der Frage, was das Klonen mit der dunklen Geschichte der Eugenetik zu tun hat sowie mit psychologischen, rechtlichen und medizinischen Aspekten.

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Cosima: „You know your clones, we call each other sister.
Kendall: Call yourselves what you want. You’re just a bad copy of me. 
Cosima: We’re kind of over the whole bad copy thing. It’s way more accurate for us to call you older sister.“

Pence schafft es, die Wissenschaft hinter Orphan Black zugänglich zu machen und ich habe einiges gelernt bei der Lektüre. Beispielsweise war mir vorher nicht klar, dass eineiige Zwillinge sich genetisch ähnlicher sind als Klone. Durch Umwelteinflüsse und kleine Unterschiede in der Zusammensetzung der mitochondrialen Gene in der Eizelle, die den Nukleus des Klons beherbert, und unterschiedlich verlaufende Schwangerschaften sind der Grund dafür, dass Klone etwas unterschiedlicher sind als eineiige Zwillinge. Also, auch wenn Rachel und Cosima zum Beispiel 99% identisch sein mögen, ist die Übereinstimmung zwischen den Zwillingen Sarah und Helena denoch höher.
Der Autor macht Lust, sich mit den bioethischen Fragen zu beschäftigen, die Wissenschaft hinter der Serie zu ergründen und man merkt, dass er ebenfalls stolzes Mitglied im Clone Club ist und seine Begeisterung ist definitiv ansteckend.

Richard Dawkins – „The Selfish Gene“

Richard Dawkins – The Selfish Gene

Noch ein Klassiker, dem man seine 30+ Jahre, die es auf dem Buckel hat nicht anmerkt. Dawkins Bücher sind sehr zugänglich, nicht nur durch die eingängige Sprache, sondern seine Art, komplizierte Dinge mit passenden Methaphern zu bestücken. Spieltheorie spielt eine große Rolle, wenn man Genetik verstehen will. In diesem Buch hat Dawkins auch den Begriff „Meme“ zum ersten Mal gebraucht, der selbst zur Meme wurde. Eine „Meme“ ist das kulturelle Pendant zum biologischen Gen. Meme versuchen, sich durch Verbreitung selbst zu erhalten und passen sich ebenfalls durch Mutationen an, wenn dies ihrer Selbsterhaltung zuträglich ist.

Hier einer meine Lieblings-TED Talks zum Thema Memen:

http://www.ted.com/talks/susan_blackmore_on_memes_and_temes

Dawkins beschäftigt sich im Buch unermüdlich mit dem Gegensatz zwischen dem Egoismus der Gene, der notwendig ist zum Überleben, und dem Altruismus der gleichzeitig ein großer Teil unserer Menschlichkeit ist. Wie erklärt sich Altruismus? Dawkins findet sich im Buch oft in der Rolle des Störenfriedes und Spaßverderbers, denn immer wenn wir glauben, dass der Mensch tief drinnen doch echt ein gutes Wesen ist, zeigt er uns wieder und wieder, dass positives Verhalten von unseren Genen gesteuert wird und denen am Ende immer zu Gute kommt.

“Let us try to teach generosity and altruism, because we are born selfish. Let us understand what our own selfish genes are up to, because we may then at least have the chance to upset their designs, something that no other species has ever aspired to do.”

Es ist ein absolut faszinierendes Buch das ich jedem empfehlen würde der sich für Genetik, Evolution und Soziologie interessiert. Es macht Spaß zu lesen, ist nicht schwierig und man lernt permanent mehr über sich und unseren Ursprung.

“In the beginning was simplicity.” 

Dawkins erfährt in letzter Zeit viel Ablehnung, da er einer der entschiedensten und offensivsten Atheisten ist und das vielen nicht passt. Religiöse Leute lesen seine Bücher wahrscheinlich ohnehin nicht, falls sie es tun, sollten sie allerdings tatsächlich ein etwas dickeres Fell haben, denn er fasst sie nicht mit Samthandschuhen an. Er ist ein leidenschaftlicher Anhänger von Darwins Evolutionstheorie und hat für Kreationisten absolut nichts übrig.

“The meme for blind faith secures its own perpetuation by the simple unconscious expedient of discouraging rational inquiry.” 

Solange man keine Chance hat, in Amerika Präsident zu werden, solange man nicht irgendeiner Religion angehört (und vermutlich in einer ganzen Reihe anderer Länder), solange sind bekennende und offensive Atheisten nötig.

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Charles Darwin – Hosts of Living Forms

Dieses kleine Büchlein war alles andere als leichte Kost. Habe mich ganz schön gequält, denn so sehr mich Darwins Ideen im Buch auch faszinieren, die Sprache musste ich erst einmal knacken, um an den Kern vorzudringen.

Er beschäftigt sich hier überwiegend mit der Unzulänglichkeit der Fossilien und wie identische Spezies teilweise über riesige zeitliche und räumliche Entfernungen existieren können, wie Fossilien entstehen und wie lang es braucht, bis Landmasse erodiert.

Ein Buch, das vermutlich etwas zugänglicher wird, wenn man ein bisschen was geraucht hat. Ansonsten ist Darwin im Original eher was für Fortgeschrittene.

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„I look at the natural geological record, as a history of the world imperfectly kept, and written in a changing dialect; of this history we possess the last volume alone, relating only to two or three countries. Of this volume, only here and there a short chapter has been preserved; and of each page, only here and there a few lines. Each word of the slowly-changing language, in which the history is supposed to be written, being more or less different in the interrupted succession of chapters, may represent the apparently abruptly changed forms of life, entombed in our constructive, but widely separated, formations.“

Neben den Büchern habe ich mich noch mit Hank Greens Crash Course Biology beschäftigt

und die Episode „The Evolutionary Epic“ in dem es um Evolution ging:

 

Beides wirklich empfehlenswert. Der nächte Teil der Hirngymnastik beschäftigt sich voraussichtlich mit Physik – tune in for more Fun with Facts 😉

Matt Ridley – „Die Geschichte des Genoms“ erschienen im Claasen Verlag
Gregory E. Pence – „What we talk about when we talk about Clone Club“
Richard Dawkins – „Das egoistische Gen“ erschienen im Springer Verlag
Charles Darwin – „Hosts of Living Form“ erschienen im Penguin Verlag