Gemischte Tüte

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1997 reisen die neunzehnjährige Michelle und ihr gelber Spielzeugroboter Richtung Westen durch ein dystopisches Amerika. Die Ruinen gigantischer Kampfdrohnen liegen verstreut in der Landschaft, zusammen mit dem weggeworfenen Müll einer im Niedergang begriffenen Hightech-Konsumgesellschaft. Während sich ihr Auto dem Rand des Kontinents nähert, scheint sich die Welt vor dem Fenster immer schneller aufzulösen – als ob irgendwo jenseits des Horizonts der hohle Kern der Zivilisation zusammengebrochen wäre.

Großartige Illustrationen, eine ergreifende, fesselnde Geschichte und eine höllisch gute Präsentation machen dieses Buch zu einem absolut perfekten Erlebnis. Es war ein riesiges Vergnügen, dieses wunderbare Buch zu lesen. Es ist nicht gerade günstig, aber es ist sein Geld definitiv wert. Das ist kein Bildband, den man einfach nur so durchblättert, dieses Buch braucht die ganze Aufmerksamkeit und es ist für mich eines der tollsten Bücher die ich bislang dieses Jahr gelesen habe.

In the beginning, God created the neuron, and when electricity flowed through the three-dimensional nerve cell matrix in the brain, there was consciousness.

Simon Stålenhag ist ein schwedischer Künstler, Musiker und Designer, der sich auf retro-futuristische digitale Bilder spezialisiert hat. Die Schauplätze seiner Kunstwerke bildeten unter anderem die Grundlage für die Amazon-Serie „Tales from the Loop“ (2020).

Eine weitere Rezension findet ihr bei Zeichen & Zeiten.

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Why I’m No Longer Talking to White People About Race ist die Lektüre der Stunde für jeden, dem soziale Gerechtigkeit, der Zustand unserer Gesellschaft und das Miteinander unter den Menschen am Herzen liegen. Reni Eddo-Lodge erzählt die Geschichte der Sklaverei und des Rassismus in Großbritannien und spricht über weiße Privilegien, weißgewaschenen Feminismus, Rassismus, Klassenunterschiede und mehr. Eddo-Lodge ist provokativ, aber jedes Wort fühlt sich notwendig und richtig an und sie verschwendet keinen Platz. Sie schafft eine perfekte Balance zwischen der Vermittlung, wie tief verwurzelt und allumfassend Rassismus wirklich ist, und der Hoffnung, dass wir die Vorherrschaft der Weißen bekämpfen können. Sie weigert sich, weiße Menschen zu verhätscheln, und fordert, die weiße Zerbrechlichkeit zu überwinden. Ich habe mindestens ein Dutzend Passagen angekreuzt, aber diese eine zu Feminismus möchte ich hier teilen:

Feminism is not about equality, and certainly not about silently slipping into a world of work created by and for men. Feminism, at its best, is a movement that works to liberate all people who have been economically, socially, and culturally marginalised by an ideological system that has been designed for them to fail. That means disabled people, black people, trans people, women and non-binary people, LGB people and working-class people. The idea of campaigning for equality must be complicated if we are to untangle the situation we’re in. Feminism will have won when we have ended poverty. It will have won when women are no longer expected to work two jobs (the care and emotional labour for their families as well as their day jobs) by default.

 

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Die alternde und zurückgezogene Hollywood-Filmikone Evelyn Hugo ist endlich bereit, die Wahrheit über ihr glamouröses und skandalöses Leben zu erzählen.

Als sie die unbekannte Magazinreporterin Monique Grant für den Job auswählt, ist in Journalistenkreisen niemand mehr erstaunt als Monique selbst. Warum sie? Warum jetzt? Monique ist beruflich kein Überflieger und macht auch gerade schwere Zeiten durch. Ihr Ehemann David hat sie verlassen, und ihre Karriere stagniert. Unabhängig davon, warum Evelyn sie ausgewählt hat, um ihre Biografie zu schreiben, ist Monique entschlossen, diese Gelegenheit zu nutzen, um ihre Karriere voranzutreiben.

People think that intimacy is about sex. But intimacy is about truth. When you realize you can tell someone your truth, when you can show yourself to them, when you stand in front of them bare and their response is ‚you’re safe with me‘- that’s intimacy.

In Evelyns Wohnung in der Upper East Side hört Monique Evelyns Geschichte zu: von ihrem Weg nach Los Angeles in den 1950er Jahren bis zu ihrer Entscheidung, das Showgeschäft Ende der 80er Jahre zu verlassen, und natürlich erfährt sie viel über die sieben Ehemänner, die Evelyns Weg pflastern. Während Evelyns Leben sich entfaltet – von rücksichtslosem Ehrgeiz, einer unerwarteten Freundschaft, über eine große verbotene Liebe – beginnt Monique eine sehr reale Verbindung zu der Schauspielerin zu spüren. Doch während Evelyns Geschichte die Gegenwart einholt, wird klar, dass sich ihr Leben auf tragische und unumkehrbare Weise mit dem von Monique überschneidet.

Mehr kann man nicht schreiben ohne heftigst zu spoilern. Das ist sehr gute Strandlektüre, die großen Spaß macht und die ich wirklich empfehlen kann. Habe es sehr gerne gelesen und es hat für spannende Diskussionen im Bookclub gesorgt. Wir waren uns einig, hohe Literatur ist was anderes, aber keine von uns konnte das Buch wirklich aus der Hand legen…

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Sollte man jedes Buch beenden, das man beginnt?

Wie hat Deine Familie Deine Art zu lesen beeinflusst?

Was ist literarischer Stil?

Was hat der Nobelpreis mit der Fußballweltmeisterschaft zu tun?

Warum findet du das Buch total doof, das ein Freund dir so empfohlen hat?

Ist Schreiben wirklich wie jeder andere Beruf?

Was passiert mit deinem Gehirn, wenn Du ein gutes Buch liest?

Der Schriftsteller, Übersetzer, Kritiker und Literaturprofessor Tim Parks geht diesen Fragen nach und beschäftigt sich mit all dem, worüber man sich unbewußt oder bewusst schon mal Gedanken gemacht hat mit Blick auf Bücher, Lesen und Literatur. Diese Sammlung an spannenden und teilweise provokanten Essays/Artikeln  ist ein anregender intellektueller Leckerbissen für all die bibliophilen Buchverrückten unter uns.

What wonderful minds we have, even though they don’t seem to get us anywhere, or make us happy.

Eines seiner interessantesten Themen ist „The Dull New Global Novel“. In zunehmendem Maße ist der Markt für neue Romane eher global als lokal oder national. Ein Roman eines bekannten Schriftstellers wird in der Regel in ausländischen Ausgaben gleichzeitig mit der Originalausgabe herausgegeben. Die Bedeutung einer anständigen Übersetzung oder einer einfachen Übersetzung steht an erster Stelle und verändert die Art und Weise, wie manche Romanschriftsteller schreiben – „Kazuo Ishiguro hat davon gesprochen, wie wichtig es ist, Wortspiele und Anspielungen zu vermeiden, um es dem Übersetzer leicht zu machen“. Parks lehrt Übersetzen in Italien und hat hat daher jede Menge interessante Einsichten und Ansichten zu diesem Thema.

Ein Nebeneffekt eines internationalen Marktes für Bücher ist, dass ein bestimmter Stil zu einem unauslöschlichen Merkmal werden kann. Der magische Realismus wurde zu einem solchen Markenzeichen der südamerikanischen Literatur, dass es für südamerikanische Schriftsteller richtig schwierig wurde, veröffentlicht zu werden, wenn sie es wagen sollten nicht das Markenzeichen „magischer Realismus“ zu verwenden.

„Nur wenige Kunstwerke können universelle Anziehungskraft haben“, argumentiert er. Für ihn ist einige der besten Literatur lokal, denn sie verlangt, dass der Leser ein bestimmtes Milieu versteht. Dieser Aspekt der Literatur kämpft gegen den Trend des Globalismus, denn Lokalitäten und kulturelle Besonderheiten lassen sich nicht so gut übersetzen, weder im wörtlichen noch im metaphorischen Sinne. Zu den Schriftstellern dieser Form gehören seiner Ansicht nach Barbara Pym, Henry Green, Natalia Ginzburg – und es gibt durchaus Aspekte dieses Lokalismus/Nichtuniversalismus bei Thomas Hardy, Jane Austen, Shakespeare.

Wer gerne Bücher über Bücher liest und sich grundsätzlich für die Situation der Weltliteratur interessiert, sollte sich dieses Buch keinesfalls entgehen lassen.

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Du bist 82 Jahre alt. Du bist sechs Zentimeter geschrumpft, wiegst nur noch 45 Kilo und bist trotzdem noch schön, anmutig und begehrenswert“ – so beginnt André Gorz‘ „offener Liebesbrief“ an die Frau, mit der er seit 58 Jahren zusammenlebt und die neben ihm im Sterben liegt.
Als einer der führenden Nachkriegsphilosophen Frankreichs schrieb André Gorz viele einflussreiche Bücher, aber nichts von dem, was er schrieb, wurde je so populär oder wird so in Erinnerung bleiben, wie dieser einfache, leidenschaftliche, schöne Brief an seine sterbende Frau.

In einem bittersüßen Postskriptum ein Jahr nach der Veröffentlichung des Briefes an D markierte eine an die Tür geheftete Notiz für die Putzfrau das letzte Kapitel einer außergewöhnlichen Liebesgeschichte. André Gorz und seine todkranke Frau Dorine fanden sich friedlich nebeneinander liegen, nachdem sie sich gemeinsam das Leben genommen hatten. Sie konnten einfach nicht ohne einander leben.

Der internationale Bestseller „Brief an D“ ist die ultimative Liebesgeschichte – und um so ergreifender, weil sie wahr ist.

Hier noch mal die Bücher im Überblick inklusive der jeweiligen deutschen Übersetzung:

  • Simon Stålenhag – The Electric State erschienen bei Fischer Tor.
  • Reni Eddo-Lodge – Why I’m no longer talking to white people about race erschien auf deutsch unter dem Titel Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche bei Klett-Cotta
  • Taylor Jenkins Reid – The seven husbands of Evelyn Hugo erschienen bei Simon & Schuster
  • Tim Parks – Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen erschienen im Kunstmann Verlag
  • André Gorz – Brief an D erschienen im Rotpunktverlag

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Gerda, an old lady living in an old peoples home, is looking out at the stars. She is considering wether she had a happy life or not. While she tries to master living in her final new home, she remembers her youth in the 1960s, her excitement for astrophysics an area that was pretty much off limits for women then, some hard choices she had to make during this sommer of her life: Having to decide between her love to her husband and a career abroad…

I do have a soft spot for old ladies having grown up with my Grandmother and this wonderful graphic novel has totally torn me apart. I loved the story so much and especially the exqusite drawings by Barbara Yelin.

I bought the book last year at the „Markt der unabhängigen Verlage“ in Literaturhaus in Munich as a Christmas present for my wife and the illustrator was there and actually made a wonderful little personal drawing for it which made it even more special.

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You can’t go wrong with this one, it really is a perfect gift. Check out Alison Bechdel’s „Fun Home„, Apostolos Doxiadis‘ „Logicomix“ and Marjane Satrapi’s „Persepolis“ for more inspiring graphic novels.

Are you a fan of Comics, Graphic Novels or Mangas? Any more recommendations for me?

„Der Sommer ihres Lebens“ erschien im Reprodukt Verlag.

Persepolis – Marjane Satrapi

Foto: Ueberreuter Verlag

Persepolis ist eine wunderbare Graphic Memoir. Witzig, weise und teilweise herzzerreißend. Marjane Satrapi erzählt von ihrer Kindheit im Iran, wo sie während der Islamischen Revolution aufwuchs. In kraftvollen schwarz-weiß Bildern erzählt Satrapi von ihrem Alltag in Teheran zwischen ihrem sechsten und vierzehnten Lebensjahr. Jahre, in denen das Regime des Schah gestürzt wurde, die Islamische Revolution triumphierte und über die verheerenden Folgen des Krieges mit dem Irak.

Das intelligente, offene Mädchen ist die einzige Tochter überzeugter Marxisten und die Ururenkelin des letzten iranischen Kaisers. Marjane Satrapis Kindheit ist eng verbunden mit der Geschichte ihres Landes.

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Persepolis zeigt in unvergesslichen Bildern den Alltag im Iran während der Islamischen Revolution und den verwirrenden Widersprüchen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Leben. Marjane erlebt die staatlich sanktionierten öffentlichen Auspeitschungen, die Absetzung der bisherigen Herrscher sowie die Helden der Revolution und man versteht durch sie und das Leben ihrer Familie die Geschichte dieses außergewöhnlichen Landes.

Eine Graphic Memoir, die unglaublich intensiv, persönlich und politisch ist, ist gleichzeitig eine Coming-of-age Geschichte und eine Erinnerung daran wie hoch der Preis ist, den die Menschen für Kriege und politische Unterdrückung zahlen müssen.

 Satrapi spricht über die Schmerzen als Frau in ein Land geboren zu werden, dass eines der strengsten unterdrückerischsten islamischen Regime der Welt ist. Sie tut dies, ohne je moralisierend zu klingen oder ins melodramatische abzudriften.

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Marjani hat richtig tolle Eltern, die es problemlos in die Top 10 der coolsten Eltern in Büchern schaffen, über die ich jemals gelesen habe.

Ein Buch, das ein wirklich originelles und wahrhaftiges Bild der Revolution und seiner Konsequenzen schafft und auch die schiere Absurdität religiöser Dogmen aufzeigt.

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Foto: Ueberreuter Verlag

Im zweiten Band ihrer Memoiren begegnen wir Marjane in Österreich. Ihre Eltern ermöglichten ihr, dem Fundamentalismus und dem Krieg im Iran zu entkommen, in dem sie sie zu Verwandten nach Wien schickten. Dort angekommen, ist sie ziemlich allein mit ihren Problemen in der Pubertät und es gelingt ihr nur langsam, einen Platz für sich in einer Gruppe von Außenseitern zu finden. Immer wieder kämpft sie darum, irgendwo dazuzugehören.

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Nach ihrem Abschluss beschließt Marjane, trotz der Repressalien in den Iran zurückzukehren, da sie ihre Heimat und ihre Familie immer mehr vermisst. Ihre schwierige Rückkehr zwingt sie dazu, sich den Veränderungen zu stellen, die sie und ihr Land mittlerweile vollzogen haben. Marjane leidet sehr unter ihrem „Versagen“ in Österreich und verkriecht sich zunächst bei ihren Eltern. Es dauert eine ganze Weile, bis sich gleichgesinnte Freunde findet, sich verliebt und beginnt Kunst zu studieren.

Doch die immerwährenden Unterdrückungen und der staatlich sanktionierte religiöse Fundamentalismus und Chauvinismus ihres Landes bringt sie irgendwann dazu, sich wieder zu fragen, ob sie im Iran wirklich eine Zukunft hat….

Ich habe die beiden Bände verschlungen, kann sie nur jedem ans Herz legen und bin schon sehr gespannt auf die Verfilmung.

Hier der Trailer:

Welche Graphic Novels/Memoirs könnt ihr empfehlen?

#WomeninSciFi (18) Science Fiction im Comic: Frauen, Heldinnen, Feminismus

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Als ich die Serie hier startete war für mich von Anfang an klar, da gehören auf jeden Fall auch Comics dazu. Mich haben Comics in meinem Leseverhalten von klein auf sehr geprägt und ich verdanke Stefan Mesch meine Wieder-Entdeckung der Comics als Erwachsene, die ich mir selbst dämlicherweise ein paar Jahre lang fast schon „verbot“, um Zeit für „gehaltvolle Lektüre“ zu haben.

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Ich freue mich, dass Stefan mich seit ein paar Jahren wieder angefixt hat. Wir teilen das Interesse für feministische Science Fiction und ich lasse mich von seinen Empfehlungen regelmässig gerne verführen. Stefan ist immer Kritiker, wo ich oft zu viel Fan bin, da möchte ich mir gerne noch eine Scheibe abschneiden von ihm 😉

Die Serie „Women in SciFi“ hätte ich mir ohne Stefan gar nicht vorstellen können und ich freue mich riesig, dass er Zeit und Lust hatte mit einer Comic-Edition hier dabei zu sein.

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Ich bin kein Fan von „Paper Girls„: dem aktuell beliebtesten Science-Fiction-Comic in deutschsprachigen Buchblogs.

In bisher vier Sammelbänden stranden vier zwölfjährige Schülerinnen aus Cleveland, die 1988 auf Fahrrädern Zeitungen austragen, in einem Krieg unter Zeitreisenden. Portale und Flugsaurier, Soldaten und Verschwörungen. Ich liebe die ausdrucksstarken, schlichten Zeichnungen Cliff Chiangs. Autor Brian K. Vaughan gehört seit fast zwanzig Jahren zu den fähigsten Comic-Erzählern. Doch er schrieb auch für „Lost“ – eine Serie, die ich erst mochte, der Figuren wegen…  doch schnell zu hassen lernte, als all diese Figuren zu immer flacheren Spielsteinen wurden. Weil sie nur flüchteten, rannten, Fallen entkamen: In tausend hektisch-öden Standard-Action-Szenarios blieb kaum Raum für Dialoge, komplexer als „Wir müssen zum Frachter! Schnell!“
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Foto: CrossCult
„Paper Girls“ ist die selbe Sorte flach-naive Schnitzeljagd: Vier Heldinnen, bei denen ich nach fast 500 Seiten noch immer nur ein, zwei Charaktereigenschaften nennen kann, sind auf mehreren Zeitebenen einzig damit beschäftigt, zu laufen, nicht getrennt zu werden und Soldaten, Monstern, Robotern zu entkommen. Ein professioneller Comic? Ja. Doch als Story um Klassen schlechter als „Stranger Things“. Die Figurentiefe? Flacher als in „My Little Pony“.

Toll, vier junge Frauen in der Hauptrolle zu sehen. Doch das geht besser, tiefer!

Twin Spica | in 16 Sammelbänden abgeschlossen

Text und Zeichnungen: Kou Yagunima

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Foto: Penguin RandomHouse

Die ersten „Harry Potter“-Bände? Als alle neu in Hogwarts sind – und jeden Tag überrumpelt, überrascht werden? „Twin Spica“ erzählt von einer Schülerin im selben Alter, die Astronautin werden will. Alltag (und viel Sense of Wonder!) in der Akademie. Eine traurige Familiengeschichte. Etwas magischer Realismus. Und die Frage, welche Ziele sich Menschen setzen, die viel verloren haben. Verlust gegen Hoffnung. Zuversicht trotz Trauma. Wer die Optik von 70er-Trickserien wie „Heidi“ mag, findet hier eine emotional komplexe, viel erwachsenere Geschichten im selben Stil. Ich las bis Band 6 von 16. Und bin fasziniert, wie harmlos ein existenzieller, reifer Comic aussehen kann.

Dept. H | in 4 Sammelbänden abgeschlosen
Text und Zeichnungen: Matt Kindt
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Foto: Dark Horse
Mias Vater ist Tiefseeforscher, Umweltaktivist – der Jacques Cousteau Südasiens. Mia forscht im All, nicht unter Wasser. Bis ihr Vater an Bord seiner Station ermordet wird: Jemand aus der kleinen Crew muss Täter sein; Mia will ihn vor Ort überführen. Doch die Station wird sabotiert… und damit zur Falle. Ein Kammerspiel mit unvergesslichen Figuren, viel Psychologie, trügerisch schlichten Zeichnungen, absurd warmherzigen Rückblenden und einer Spannungskurve wie in den größten Horror- und Thriller-Klassikern: technisch, menschlich, literarisch ist „Dept. H“ der reifste aktuelle Comic, den ich kenne.

Lazarus | bisher 5 Sammelbände und der recht nichtssagende Kurzgeschichten-Band „Lazarus X+66“

Text: Greg Rucka, Zeichnungen: Michael Lark
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Foto: Image Comics
Konzerne regieren die Welt. Jedes große Familienunternehmen herrscht über ein Terrain, wie im Feudalismus. Die Bevölkerung lebt in zwei Gruppen: als wertloser „Waste“ oder als Dienerklasse, „Serf“. Und diplomatische Konflikte werden meist unter Elite-Kampfkräften der Clans ausgetragen. Manchmal durch Krieg, Terrorismus, Spionage. Oft aber in rituellen Duellen: Jede Familie hat einen „Lazarus“. Clan Carlyle herrscht über die Südwestküste der ehemaligen UA. Tochter Forever Carlyle wurde ihr Leben lang als Lazarus trainiert. Machtspiele, Samurai-Drama, Biotech und tolle Nebenfiguren aus den unteren Klassen: Rucka ist mein Lieblings-Comicautor. „Lazarus“ sein durchgängig packendstes Werk.
Shade | 2 Sammelbände, dann das Crossover „Milk Wars“, dann die Reihe „Shade, the Changing Woman“
Text: Cecil Castellucci, Zeichnungen: Marley Zarcone
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Foto: DC
Eine depressive Vogelfrau vom Planeten Meta stiehlt ein Artefakt, mit dem sie in den Körper des komatösen US-Schulmädchens Megan springt. Megan war hasste sich selbst – und ihre Nicht-Freunde und Mobbing-Opfer Megans fragen sich, warum sie plötzlich spricht wie ferngesteuert. „Shade“ bringt 90er-, Indie- und David-Lynch-Atmosphäre ins DC-Universum; fragt nach Gender, Identität, Körperbildern und Agency. Grandios koloriert, unverwechselbar gezeichnet. Feministisch, komplex, verspielt, überraschend. Die originellen Bilder, Layouts und Wendungen machen so viel Lesefreude: ein Gegengewicht zu den düsteren Frauen-Leben.
Squirrel Girl | bisher 8 Sammelbände; besonders empfehlenswert ist der Sonderband „The unbeatable Squirrel Girl beats up the Marvel Universe“
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Foto: Marvel
Text: Ryan North, Zeichnungen: Erica Henderson
Ich brauchte 100 Seiten, um den Tonfall zu verstehen: Eine Eichhörnchen-Superheldin Anfang 20, die im ersten Semester Computerlinguistik studiert – und sich die gute Laune nie verderben lässt? Sollen wir mit ihr lachen… oder über sie? Doch wer Doreen Green drei, vier Bände lang folgt – schrullige Dialoge, grimmiger Optimismus, zu viele hyper-theoretische, absurde Zeitreise- und Doppelgänger-Storylines, die immer fünf, sechs Seiten zu lang dauern, immer mehrere pedantische Gedankenspiel-Wendungen mehr als nötig nehmen – wird die Figur und ihren Blick nie vergessen. Ein unvergleichlicher Marvel-Comic, albern, kantig, schlau. Lernte Ryan North von Terry Pratchett?
Wandering Island | bisher 2 Sammelbände
Text und Zeichnungen: Kenji Tsuruta
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Foto: Dark Horse
Mikura, eine junge Pilotin mit Wasserflugzeug, liefert an der japanischen Küste als privater Kurierdienst Pakete aus. Die selbe Prämisse wie in „Käptn‘ Balu und seine tollkühne Crew“ – doch erzählt in ruhigen, detaillierten Flug- und Landschaftsbildern. Auch Mikuras Großvater war Pilot: Sein Archiv sammelt Indizien, dass eine mechanische, schwimmende Insel vor der Küste treibt. Sind die Mentoren und Vorbilder in Mikuras Leben wirklich tot – oder verstecken sie sich in einem Steampunk-Exil? „Wandering Island“ zeigt eine absurd schlanke, oft nackte junge Frau, über Seekarten gebeugt. Trotz dem sexistischen Blick und arg dünnem Plot: große Zeichenkunst, tolle Atmosphäre!
Unstoppable Wasp | in 8 Kapiteln / 2 kurzen Sammelbänden abgeschlossen
Text: Jeremy Whitley, Zeichnungen: Elsa Charretier
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Foto: Marvel
Mädchen und MINT-Fächer? Nadia Pym ist Tochter des verstorbenen Forschers und Avengers Hank Pym: Ant-Man. Die junge (und: lesbische?) Osteuropäerin erbt sein Labor – und fragt sich, weshalb im S.H.I.E.L.D.-Ranking der intelligentesten Menschen so wenige Frauen stehen. Oder Bobbi Morse als Super-Spionin bekannt ist, doch kaum als Wissenschaftlerin. Und, wie solche Probleme strukturell, institutionell, politisch lösbar sind. Ein schwungvoller, farbenfroher, optimistischer Comic für alle ab 11 mit einer idealistischen, hochbegabten, doch nie kitschig-perfekten Heldin.
fünf Mainstream-Superheldinnen:
Thor. 11+ Sammelbände; von Jason Aaron (Text), Russell Dauterman u.a. (Zeichnungen):
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2010 nannte ich „Green Lantern“ das „vielleicht letzte große triviale Epos im Comic“: eine wuchtige Space Opera, blutig, überbordend, warmherzig. Seit 2011 schreibt Jason Aaron „Thor“, im selben Stil: Erst geht es vier Sammelbände lang um Odins Sohn. Dann um eine geheimnisvolle Frau, die Thors Hammer übernimmt. Eine Reihe, die immer schneller, facettenreicher, melodramatischer wird. Allergrößte Oper!
Invincible Iron Man. Bisher 2+ Bände, dann das Crossover „The Search for Tony Stark“; von Brian Michael Bendis (Text), Stefano Caselli (Zeichnungen):
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Tony Stark ist fort. Doch sein Bewusstsein hilft, als A.I.-Programm, der brillanten Schülerin Riri Williams beim Bau einer eigenen Iron-Man-Rüstung. Brian Michael Bendis, Erfinder von Jessica Jones, ist einer der wichtigsten (und: feministischsten) Marvel-Autoren. Mit „Invincible Iron Man“ und der (leider: viel schlechteren) parallelen Serie „Infamous Iron Man“ verabschiedet er sich aus dem Marvel-Universum und wechselt zu Konkurrenzverlag DC. Riris Hefte? Young-Adult-Spaß mit allen Figuren, die schon in den Iron-Man-Kinofilmen überzeugten (Pepper Potts etc.) – und Spider-Mans Tante May!
Runaways [Neustart]. Bisher ein Sammelband; von Rainbow Rowell (Text), Kris Anka (Zeichnungen)
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Foto: Marvel
Ein Comic-Erfolg ab 2003, seit 2017 auch als TV-Serie: Fünf Jugendliche denken, ihre Eltern seien alte Geschäftsfreunde. Tatsächlich sind sie ein Schurken-Geheimbund. In Rainbow Rowells Neuauflage verging Zeit: Fast alle kriminellen Eltern sind besiegt, die Runaways gehen eigene Wege. Dann gelingt es zweien, eine verstorbene Freundin via Zeitreise in die Gegenwart zu retten. Start einer langsamen, dialoglastigen, gefühlvollen, oft „Buffy“-haften Young-Adult-Reihe über Freundschaft und Entfremdung. Vorwissen über die früheren „Runaways“-Hefte? Kein Muss.
Batwoman. Greg Rucka (Text), J.H. Williams III (Zeichnungen, ab Band 2 auch Text)
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Foto: DC
Kate Kane, Bruce Waynes lesbische, jüdische Cousine, wollte Elite-Soldatin werden. Jetzt kämpft sie gemeinsam mit ihrem Vater, einem Colonel, gegen meist übersinnliche und okkulte Bedrohungen in Gotham City. Eine unverwechselbare Frau in düster-märchenhaften Urban-Fantasy-Abenteuern, oft ebenso unverwechselbar gezeichnet, inszeniert. Die ersten fünf Sammelbände? Die beste DC-Serie seit 2011. Auch James Tynions „Detective Comics“, über Kate als Bat-Team-Chefin, machen Spaß.
Moon Girl. Bisher 5+ Sammelbände; Amy Reeder (Text), Brandon Montclare (Zeichnungen)
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Foto: Marvel

Ein Comic für Kinder ab 8 – über die zweit- oder drittbegabteste Person im Marvel-Universum: eine schwarze Drittklässlerin in Midtown, mit liebevollen Eltern und einem bodenständigen Alltag. Lunella Lafayette lernt einen tumben Saurier kennen, versteckt ihn im geheimen Labor unter der Schule. Ich liebe, dass die Serie viel süßlicher, harmloser sein könnte – doch immer wieder komplizierte Abenteuer und Konflikte entwickelt; und dass Lunella oft atemberaubend arrogant, unterfordert, frustriert sein darf. Eine kindgerechte Kinder-Heldin – mit Profil und Abgründen.
sechs Sci-Fi-Tipps, in denen Frauen zentral sind – doch nicht die einzige Hauptfigur
Saga. Bisher 8+ Sammelbände; von Brian K. Vaughan (Text), Fiona Staples (Zeichnungen)
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Foto: Image Comics
Eine Soldatin verliebt sich in einen Mann der gegnerischen Spezies. Die beiden zeugen ein Kind – und flüchten, vor beiden Nationen. Vaughans brutale, aber sehr zärtliche Weltraum-Odyssee zeigt markante, originelle Welten, Wesen; und liebt irre Cliffhanger, Zeitsprünge, dramatische Ironie. Der beste Comic des Jahrzehnts, mit vielen interessanten Frauenfiguren – einige auch queer und/oder trans.
Injection. Bisher 3+ Sammelbände; von Warren Ellis (Text), Declan Shalvey (Zeichnungen)
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Foto: Image Comics
Fünf britische Genies – zwei Frauen, drei Männer – setzen eine künstliche Intelligenz in die Welt. Doch das Programm glaubt, wachsen zu können, indem es prüft, ob es Übersinnliches, fremde Dimensionen, okkulte Wesen gibt – und diese kontrollieren kann. Ein Mystery-Comic im Stil von „Akte X“, „Fringe“ oder „Torchwood“, mit Figuren, inspiriert von „Dr. Who“, James Bond und Sherlock Holmes. Autor Warren Ellis liebt Technologie, Literatur, Mythologie – und spielt hier kongenial mit britischen Pulp-Nationalmythen.
Invisible Republic. Bisher 3+ Sammelbände; von Gabriel Hardman (Text und Zeichnungen), Corinna Bechko (Zeichnungen)
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Foto: Image Comics
Die Menschheit hat ein fremdes Sonnensystem besiedelt – doch der Mond Avalon wurde durch Bergbau, Korruption und einen Stellvertreterkrieg zur Militärdiktatur. Ein junger Partisane und seine Cousine wollen das Regime stürzen. Mit welchen Mitteln? Auf zwei Zeitebenen zeigt Hardman Geopolitik, Kolonialismus, linke Debatten; und fragt nach der Rolle von Whitsleblowern und Presse. Ein realistischer, manchmal grauer Geheimtipp, der optisch an Osteuropa in den 70ern erinnert. Eine TV-Version? Kommt sicher bald. Perfekte Vorlage!
The Vision. In 2 Sammelbänden abgeschlossen; von Tom King (Text), Gabriel Hernandez Walta (Zeichnungen)
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Foto: Marvel
Ein Android mit Sehnsucht nach Menschlichkeit baut sich eine Kleinfamilie, zieht in die Vorstadt… und erlebt, wie in einem magischen Norman-Rockwell-Herbst alles vor die Hunde geht: „The Vision“ beginnt als „domestic drama“ im satirischen Retro-Look. Doch in Band 2 tauchen auch andere Avengers, Victor Mancha, die Scarlet Witch auf – und aus einer „Mad Men“-artigen Parabel wird ein Helden-Thriller. Nerdig, menschlich, überraschend. Und, wie immer bei Tom King: voller Motivketten, formaler Spielchen und erzählerischer Tricks. Souverän!
Black Hammer. Bisher 3+ Sammelbände sowie mehrere Spin-Off-Comics; von Jeff Lemire (Text), (Zeichnungen)
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Foto: Dark Horse
Eine Gruppe Superhelden, wie wir sie aus den 50ern und 60ern kennen, dem „Golden“ und dem „Silver Age“ der Heldencomics, ist seit Jahrzehnten gestrandet – in einem künstlichen Retro-Dorf. Kanadier Jeff Lemire liebt Groschenheft-Klischees. Und ehrliche, tiefe Provinz-Melancholie. „Black Hammer“ ist ein neues, eigenes Erzähl-Universum, das klassische Figuren wie Mary Marvel, Lex Luthor und Martian Manhunter neu denkt. Liebevoll, morbide, intelligent.
Darth Vader. In 4 Sammelbänden und dem Crossover „Vader Down“ abgeschlossen; doch fortgesetzt in der (schwächeren) Serie „Star Wars: Doctor Aphra; von Kieron Gillen (Text), Salvador Larroca (Zeichnungen)
Aphra ist Archäologin (und lesbisch) – und hat keine Skrupel, fürs Imperium zu arbeiten. In klugen Polit- und Action-Dramen, die alle zwischen Episode IV und V spielen, kämpfen Vader und Aphra mit- und gegeneinander. Sie überlisten Rebellen. Verbündete. Und alle, die versuchen, sie zu verraten. Ein Comic voll zynischer Figuren – der jedoch selbst nie menschenfeindlich, respektlos wird. Sondern zeigt, wie im totalitären Imperium jeder leidet – unter jedem anderen.
15 Comics, auf die ich mich freue:
Frauke Berger: „Grün
Jacob Semahn: „No 1. with a Bullett
Magdalene Visaggio: „Eternity Girl
Kikori Morino: „Giant Spider & Me
Damian Duffy: „Kindred“ (Adaption von Octavia Butlers tollem Roman)
Kelly Sue DeConnick: „Bitch Planet
Jody Houser: „Faith
Max Bemis: „Lucy Dreaming
Joe Henderson: „Skyward
Ulises Farinas: „Cloudia & Rex
Lonnie Nadler: „Her Infernal Descent
Brenden Flechter: „Motor Crush

Brenden Flechter: „Isola“ (eher Fantasy)

Sebastian Girner: „Scales & Scoundrels“ (Fantasy)

Saladin Ahmed: „Abbott“ (Horror)

Kickass Lady Super Heroes

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Comics waren immer schon eine mehr oder weniger heimliche Liebe von mir und damit war ich als Kind definitiv nicht alleine, nur später hört das bei den meisten irgendwann auf, ich bin heute noch ein Comic Freak. Eine Weile lang habe ich das eher verheimlicht, weil es mir peinlich war, seit ein paar Jahren aber stehe ich einfach dazu und schrecke nicht einmal mehr davor zurück, arglose Blogger-Kolleginnen auf der gediegenen Leipziger Buchmesse in die ComiCon Halle abzuschleppen (zu Frau Sätze und Schätze rüberschielt) 🙂

Wenn ich als Kind früh morgens auf meinen Zeitungsrunden feststellte, dass Altpapier-Sammlung anstand, war das ein Highlight, denn fast jedes Mal fand ich in den Bündeln Comics und ich werde den Festtag nicht vergessen, an dem ich gleich einen ganzen Karton voller Comics fand – meine Sommerferien waren gerettet.

Heute möchte ich meine liebsten Kickass Lady Super Heroes vorstellen. Die coolsten, die den größten Einfluß auf mich hatten (neben Batman) und ein paar spannende Neuentdeckungen der letzten Jahre. Aber den Anfang muss ganz klar the Queen of Super Heroes machen:

Wonder Woman

Durch den aktuellen Kinofilm hat sie wahrscheinlich auch gerade ganz gute Karten, dass Interesse von üblicherweise Nicht-Comic Lesern zu wecken. Wonder Woman ist  großartig. War sie schon immer und wird sie immer bleiben. Der feministischen Lady sieht man ihre 75 Jahre keinesfalls an und mit ihrem Lasso der Wahrheit, ihren absoluten Superkräften, der Unverwundbarkeit etc. wird Princess Diana of Themyscira, Daughter of Hippolyta auch in Zukunft noch für die Schwachen und die Gerechtigkeit kämpfen.

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Foto: DC Comics

 

BatGirl

alias Barbara Gordon gibt es seit 1961. Sie ist die selbstbewusste Tochter von Gothams Polizeichef und eine weltklasse Computer-Hackerin. Als ihr übervorsorglicher Vater ihr verbietet Polizistin zu werden rebelliert sie dagegen, in dem sie sich Batman und dessen kriminalitätsbekämpfenden Rebellen anschliesst, ausgerüstet mit einem Gürtel voller Batarangs und ihrem Batcycle.

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Foto: DC Comics

Ms Marvel

Kamala Khan ist ein ganz normales Mädchen aus New Jersey, bis sie plötzlich ihre außergewöhnlichen Superkräfte entdeckt. Polymorphing ist ihre Superkraft, sprich sie kann ihre Größe und die ihrer Gliedmaße verändern und besitzt selbstheilende Kräfte. Ms Marvel ist die erste muslimische Superheldin und in der Serie geht es nicht nur um Konflikte mit Superschurken, sondern beschäftigt sich auch mit ihren Problemen zu Hause und mit ihrem Glauben.

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Foto: Marvel

Jessica Jones

Sie ist sicher nicht die bekannteste unter den Kickass Superheroes, aber sicherlich eine der coolsten. Als Teenager ist sie in Kontakt gekommen mit radioaktiven Chemikalien, die sie super stark und nahezu unkaputtbar machen. Sie kann meterhoch springen und war eine Weile als Superhero Jewel unterwegs.

Das Leben als Superhero war allerdings nicht ihres und ohne Kostüm, aber mit den gleichen Kräften arbeitet sie seitdem als Privatdetektivin. Die Netflix-Verfilmung hat der Comic Figur zu deutlich größerer Bekanntheit verholfen und ich freue mich schon sehr auf die zweite Staffel.

Foto: Netflix/Marvel

 

Keine wirklichen Superheroes aber zwei Comic-Serien, die starke weibliche Protagonisten haben und mir sehr gefallen:

Paper Girls

Habe ich gelesen, kurz nach dem ich die Netflix Serie „Stranger Things“ gesehen habe, seitdem ist Paper Girls sowas wie die weibliche Version von Stranger Things für mich. Habe einfach ein Herz für Zeitungsausträger und beim Lesen denke ich immer, wenn mir das damals passiert wäre … Eine schöne Sommer-Comic-Serie für Freunde der 1980er Jahre, die noch bissl Luft nach oben hat, stellenweise etwas chaotische Erzählweise, aber macht Spaß.

In den frühen Morgenstunden am Tag nach Halloween 1988 entdecken vier zwölfjährige Zeitungsausträgerinnen eine der abgefahrensten Stories aller Zeiten. Vorort-Drama und außerirdische Geheimnisse vermischen sich zu einem Mix aus Sommer, Nostalgie und die letzten Kindheitstage.

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Foto: Image Comics

Eine dunkle dystopische Reihe ist Lazarus von einem meiner liebsten Comic-Autoren Greg Rucka. Die Story folgt Forever Carlyle in eine düstere Zukunft, in der es keine Länder und Regierungen mehr gibt und die Welt stattdessen unter 16 reichen Familien/Unternehmen aufgeteilt wurde, die in einem Feudal-System herrschen.

Jede Familie hat einen Lazarus gewählt, ein Familienmitglied, das von Geburt an als Kämpfer und zu unbedingtem Gehorsam ausgebildet wird. Forever ist der Lazarus der Familie Carlyle und die Story beschäftigt sich mit der Bedeutung von „Familie“ und der Nature vs Nurture Problematik.

Foto: Image Comics

Die Geschichte ist wirklich gut geschrieben, die Protagonisten vielschichtig und spannend. Große Empfehlung.

Hier übrigens noch eine frühere Rezension zu Greg Ruckas „Gotham Central„, mit der Polizistin Renee Montoya eine weitere Anwärterin für die Aufnahme unter die Kickass Ladies ist.

Mir war übrigens immer klar, ich würde meine Superpower auch irgendwann entdecken und dann gehts aber los. Was soll ich sagen – ich habe sie entdeckt!
Meine Superpower ist ganz klar: LESEN

OK – jetzt ihr. War da was für Euch dabei? Habt Ihr Empfehlungen oder Superhelden die euch sehr am Herzen liegen?

Freue mich von Euch zu hören.

Short but Sweet

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Dieser Blog ist ja auch der schonungslose Einblick in die Tiefen der Bingereaderschen Leseseele. Kein Buch bleibt unerwähnt, aber da ich nicht immer Lust auf ausführliche Rezensionen habe und mir dann vermutlich auch nicht genug Zeit zum Lesen bliebe, hier mal ein Rundumschlag des bislang Unbesprochenen der letzten Wochen:

The Humanoids – Jack Williamson

Auf einem nicht benannten Planeten leitet der Physiker Forester ein geheimes Regierungsprojekt, bei dem es um die Konstruktion einer „rhodomagnetischen“ Bombe geht. Kurz darauf erscheinen „Humanoiden“ auf dem Planeten, die sich allerdings aus seiner Sicht innerhalb kürzester Zeit eher als Fluch denn als Segen herausstellen. Die Humanoiden haben die Direktive den Menschen zu dienen und zu gehorchen, nehmen ihnen jegliche Tätigkeit ab und versuchen, sie vor sämtlichen Gefahren zu schützen. Da aber schon Sport zu den als gefährlich angesehen Dingen gehöret, langweilen die Menschen sich schnell und wissen mit ihrer Zeit nichts mehr anzufangen.

Um die Menschen ruhig zu halten, verpassen die Humanoiden ihnen eine gehirnwäsche-artige Pille, die rundherum glücklich macht und „Euphoride“ heißt. Auch Foresters Projekt wird abgesetzt, da es als zu gefährlich gilt für ihn.

Der Roman beschäftigt sich mit dem Zwiespalt zwischen Sicherheit und Freiheit. Das schien sich grundsätzlich auszuschließen und es muss immer zwangsläufig zu einem Kompromiss kommen. Wird der Mensch es jemals schaffen, eine gesunde Balance zwischen beidem zu erreichen?

Geschrieben wurde das Buch schon 1949 und ich fand es unglaublich aktuell. Es ist ziemlich pseudo-wissenschaftlich mit all den rhodo-magnetischen Energiespektren, ich fand aber den Quantentheoretischen Ansatz zum Beamen nicht uninteressant. Klare Empfehlung für alle, die sich auch gerade mit Artifical Intelligence, Robotern etc beschäftigen und gute Unterhaltung suchen.

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Logicomix: Eine epische Suche nach Wahrheit – Apostolos Doxiadis

Eine phantastische Graphic Novel, die sich mit den wackeligen Grundfesten der Mathematik beschäftigt und der Odyssee des Philosophen und Mathematikers Bertrand Russell, der auf der Suche nach der absoluten mathematischen Wahrheit war. Seine Suche bringt ihn mit Mathematikern wie Gottlob Frege, Kurt Gödel und anderen zusammen und er findet in Ludwig Wittgenstein einen leidenschaftlichen Schüler, der sich später von ihm distanziert. Eine Suche, die viele Denker auch durchaus an den Rand oder mitten in den Wahnsinn hinein getrieben hat.

Es ist auch Russells persönliche Lebensgeschichte, seine Haltung als Pazifist im Krieg und seine endlose Suche nach der absoluten Wahrheit, die nicht nur sein privates Glück, sondern auch seine Karriere zu zerstören droht. Logicomix beleuchtet den immerwährenden Konflikt zwischen idealer Rationalität und der gar nicht perfekten und fehlerhaften Realität.

“The oldest story around: Instinct, Emotion, and Habit get the better of human beings.”

Wer nur eine Graphic Novel dieses Jahr lesen will oder überhaupt mal ausprobieren dem lege ich diese ans Herz.

“It’s been said before: ‚The sleep of reason produces monsters.”

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„Normal“ – Warren Ellis

In dieser dünnen Dystopie geht es um Menschen, die professionell in den Abgrund schauen und denen dann das passiert, wovor Nietzsche schon warnte: „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ So jemand ist Adam Dearden, von Beruf „Zukunftsstratege“ eine Sparte, die zivilen Ursprung hat und sich mit Themen wie Geoengineering oder auch Smarte Städte beschäftigt und grundsätzlich Wege zu finden sucht, wie der drohende Untergang zu vermeiden ist. Die zweite Gruppe Futuristen die es gibt sind die „Strategischen Prognostiker“, die ebenfalls versuchen, dem Untergang zu entgehen, sich aber auf militärische Dinge konzentrieren wie Kriegsführung mit Dronen, geopolitische Aufstände etc.

„People who have tried to look into the future in order to try to save the world and have been driven insane by it. The worst kind of insanity, Adam Dearden. We’ve all been sent mad by grief.“

Die erste Gruppe wird von Nonprofit-Organisationen bezahlt, die zweite von Firmen und globalen Sicherheitsgruppen. Beide Gruppen mögen sich nicht sonderlich, teilen aber ein gemeinsames Schicksal. Wer gut ist in seinem Job und sich Tag und Nacht mit den dunklen Seiten der Zukunft beschäftigt, landet irgendwann unweigerlich mit dem Syndrom „Abyss Gaze“ in „Normal“, einer Psychiatrischen Klink gemeinsam gesponsert von den Non Profits und den Konzernen, um die Futuristen wieder fit zu machen.

„The future arrived a couple of weeks ago and nobody noticed. Because that’s how the future always arrives. You don’t realize it’s here until you bump into it.“

Die Klinik „Normal Head“ liegt in der Wildnis Oregons innerhalb eines experimentellen Waldes. Auch Adam Dearden wird mit einer heftigen Form von „Abyss Gaze“ eingeliefert, die ersehnte Abschottung und Ruhe dauert jedoch nur einen Tag. Dann verschwindet ein Patient aus einem verschlossenen Zimmer und alles, was von ihm überbleibt ist ein riesiger Haufen lebender Insekten. Dearden versucht, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen und kommt dabei einer Verschwörung auf den Grund, die die Grundfeste erschüttert wie wir über die Zukunft denken.

Düster und atmosphärisch, für paranoide Philip K Dick („Dickheads“) und „Was wäre wenn-Fans“ – unbedingt lesen.

„The thing about the future is that it keeps happening with you.“

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„Schnell, Dein Leben“ – Sylvie Schenk

Ein kurzer, wahnsinnig dichter Roman, der mir sonst durch die Lappen gegangen wäre, wenn ich ihn nicht wunderbarerweise vom Hanser-Verlag zugeschickt bekommen hätte. Das Leben in diesem Roman rauscht so schnell vorbei wie das eigene.

Louise wächst in den den französischen Alpen auf. Sie studiert in den 50er Jahren in Lyon, geht in Jazzkneipen, trifft spannende Leute, hat ersten Sex mit dem melancholischen Henri, der unter der Ermordung seiner Eltern im zweiten Weltkrieg leidet. Sie trennt sich von ihm und verliebt sich in den Deutschen Johann. Sie heiraten, leben gemeinsam in Deutschland und kommen immer wieder mit der Schuld der Deutschen und konkret auch mit Johanns Eltern in Kontakt.

Ein Buch, das sich mit Verantwortung beschäftigt und der Schwierigkeit, mit der eigenen Familie über Schuld zu sprechen. Der Stil ist gewöhnungsbedürftig, denn es wurde ausschließlich im Imperativ geschrieben. Eine wahnsinnig gute Sätze gibt es im Buch, ich teile hier nur einen, schließlich ist es ein dünnes Büchlein:

„Die Herkunft deiner Mutter war ein Tabu. Auch du hast deine Mutter totgeschwiegen. Aber manchmal, wenn du heute beobachtest, wie selbstverliebte Menschen von ihren verkrachten Existenzen in Fernsehsendungen berichten oder im Internet ihre kleinsten seelischen Regungen ausbreiten, empfindest du viel Mitgefühl und Zuneigung für diese Eltern, die nicht so viel Aufhebens um sich selbst gemacht haben, ihre Kindheitstrauma nicht breitgeschlagen haben, dem eigenen Kummer das Recht streitig gemacht haben, das Leben anderer zu verdunkeln, weil es nichts ändert zu klagen, weil man nur damit auffällt und andere belästigt.“

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„My Name is Lucy Barton“ – Elizabeth Strout

Unsere November-Lektüre im Bookclub hat wieder einmal für heiße Diskussionen gesorgt. Ein dünnes Büchlein, dem man soviel explosiven Diskussionsstoff gar nicht zugetraut hätte. Kalt gelassen hat es niemanden. Es ist – um es gleich vorneweg zu nehmen – sehr gut geschrieben, das Wesentliche des Buches besteht in dem, was zwischen den Zeilen steht, was nicht erzählt und angesprochen wird.

Lucy Barton liegt im Krankenhaus wo sie mit Komplikationen nach einer einigermaßen einfachen Operation zu kämpfen hat. Ihre Mutter, zu der sie seit Jahren kaum Kontakt hat, besucht sie im Krankenhaus. Sie kommunizieren Klatsch und Tratsch über die gemeinsamen Bekannten aus der Heimat in Illionois miteinander, ohne wirklich unter die Oberfläche zu gehen. Dort, wo unerfüllte Sehnsüchte, Spannungen und Verletzungen liegen.

Lucy konnte ihrer „white trash“ Familie entkommen, lebt in New York und versucht Schriftstellerin zu werden. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und doch kann sie ihren Kindheitstraumata nicht wirklich entkommen.

“Then I understood I would never marry him. It’s funny how one thing can make you realize something like that. One can be ready to give up the children one always wanted, one can be ready to withstand remarks about one’s past, or one’s clothes, but then–a tiny remark and the soul deflates and says: Oh.”

Mir war Lucy etwas zu passiv, hat zu wenige Ansprüche an ihre Mutter gestellt, aber vielleicht kommen da persönliche Befindlichkeiten meinerseits mit rein. Ein Roman, den ich grundsätzlich gerne gelesen habe, auch wenn ich „Olive Kittridge“ für ihr weitaus stärkeres Buch halte.

“But I think I know so well the pain we children clutch to our chests, how it lasts our whole lifetime, with longings so large you can’t even weep. We hold it tight, we do, with each seizure of the beating heart: This is mine, this is mine, this is mine.”

Hier noch eine schöne Besprechung von letteratura.

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„Die Juristische Unschärfe der Ehe“ – Olga Grjasnowa

Eine interessante Geschichte mit spannenden, wenn auch nicht unbedingt sympatischen Charakteren, temporeich erzählt mit den kurzen Kapiteln. Bin ziemlich durchgebraust durch den Roman. Es geht um Leyla und Altay, die eine Scheinehe führen, um ihre Familien nicht mit ihrer Homosexualität zu konfrontieren. Sie leben ein cooles, bohemian Leben in einer Berliner Altbauwohnung und beide schleppen hin und wieder Partner für eine Nacht ab, lassen sich aber auf nichts ernstes ein. Sie leben ihre Zerrissenheit miteinander aus und stärken sich gegenseitig.

Das ändert sich, als die beiden Jonoun treffen, eine Frau, die mehr als eine flüchtige Beziehung für Leyla ist und Altay fühlt sich von ihr bedroht. Hat Angst um seine bequeme und glückliche Ehe mit Leyla, die ihm sicher zu sein scheint. Er ist nach einer unglücklichen Liebe vollkommen unfähig sich neu zu verlieben.

Gut gefallen haben mir die Beschreibungen der Städte in Russland und im Kaukasus, den Einblick in das Leben einer Ballerina am Bolschoi-Theater und auch der Einblick in den homosexuellen Alltag in Russland.

Zum Ende hin hat Frau Grjasnowa mich allerdings verloren. Das wirkte abrupt, als hätte sie keine Lust mehr gehabt. Ja und vermutlich mochte ich auch nicht den Beigeschmack, den das Ende für mich hatte und der Wasser auf die Mühlen der „Homosexualität ist eine Wahl“-Freaks ist. Aber vielleicht bin ich da auch zu empfindlich.

„Dort wirst du doch auch nur unter bestimmten Umständen akzeptiert. Was wärst du bloß für ein Schwuler, wenn du dich nicht gut anziehen, dich für Innendesign, Avantgardemusik, Kochen und Lifestyle interessieren würdest?“

„Der Westen braucht den Diskurs über Homosexualität um sich der eigenen Überlegenheit zu vergewissern.“

Kennt ihr eines der vorgestellten Bücher? Wie war eure Leseerfahrung ? Ähnlich ganz anders oder konnte ich vielleicht den einen oder anderen auf eines der Bücher neugierig machen? Ich hoffe doch.

So long und jetzt muss ich erst noch mal meinen Darth Vader anwerfen, ich liebe es wenn er tanzt …

  • Jack Williamson – „The Humanoids“ auf deutsch unter „Wing 4“ bei Heyne erschienen
  • Apostolos Doxiadis – „Logicomix“ erschienen im Atrium Verlag
  • Warren Ellis – „Normal“ erschienen bei Farrar/Straus & Giroux Verlag
  • Sylvie Schenk – „Schnell Dein Leben“ erschienen im Hanser Verlag
  • Elizabeth Strout – „My name is Lucy Barton/Die Unvollkommenheit der Liebe“ erschienen im Luchterhand Verlag
  • Olga Grjasnowa – „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ erschienen im dtv Verlag

Trick or Treat ?

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Dieses Jahr hatte ich Lust, mich Halloween thematisch stärker zu widmen. Mir ist gerade unabhängig von diesem „Feiertag“ gerade nach einer Prise Horror, Grusel, Düsterkeit. Daher gibt es bei momentan nicht nur mehr Vampir- und Horrorfilme als sonst, sondern auch entsprechende Lektüre.

Vampire dürfen zu Halloween nicht fehlen, auch wenn ich dieses Jahr keinen gelesen habe, filmisch habe ich mich von ihnen verführen lassen. Listen sind immer gut (habe ich auch gerade wieder bei Emily the Strange gemerkt, dazu aber später). Hier also eine Liste mit meinen liebsten Vampirfilmen:

  1. Only Lovers left alive von Jim Jarmusch
  2. The Hunger von Tony Scott
  3. Let the Right One in von Tomas Alfredson
  4. A Girl walks home alone at night von Ana Lily Amirpour
  5. Dracula von Francis Ford Coppola
  6. Interview with a Vampire von Neil Jordan
  7. Underworld von Len Wiseman
  8. From Dusk Till Dawn von Robert Rodriguez
  9. The Lost Boys von Joel Schumacher
  10. Gothic von Ken Russell
  11. Blade von Stephen Norrington
  12. Twilight von Catherine Hardwicke (ja ja I know, aber ich mag Kristen Stewart)
  13. Daybreakers von den Spierig Brothers

Neben Bram Stokers „Dracula“ darf bei einem Halloween-Special keinesfalls „Carmilla„, von Joseph Sheridan Le Fanu fehlen, den ich bereits Anfang des Jahres gelesen hatte. Würde ich jedem Vampirfreund ans Herz legen, ist mittlerweile auch als Web-Serie verfilmt worden.

Auch ohne Vampire habe ich es dunkel-schaurig angehen lassen und habe den dunklen Marathon mit der ausgezeichneten Graphic Novel „Black Hole“ von Charles Burns gestartet.

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Black Hole beschäftigt sich mit einer Gruppe Jugendlicher, die sich mit einer Art Virus anstecken, der sexuell übertragbar ist und die sie auf krasse Art mutieren lässt (den einen wachsen Schwänze, ein Mädchen häutet sich wie eine Schlange etc). Es geht um die Frage, wie eine Gesellschaft mit ihren Außenseitern umgeht und wie der Virus die Jugendlichen beeinflusst, die ohnehin überaus gehemmt und unsicher sind, was ihren Pubertätskörper so betrifft.

Ich fand die Frage spannend was passiert, wenn irgendwann keiner mehr makellos und selbstsicher ist.

Eine ziemlich düstere Graphic Novel mit phantastischen wuchtigen Bildern. Unbedingt lesen.

Die schwarz-weiß Zeichnungen erinnerten mich beim Lesen an eine ganz alte Liebe: „Emily the Strange“ von Rob Reger und zack waren alle literarisch-wertvollen Anwandlungen erstmal aus dem Fenster und ich habe mich Stunden am Stück Emily und ihren Abenteuern gewidmet.

In „Die verschwundenen Tage“ taucht Emily in einer Stadt namens Blackrock auf und kann sich an absolut nichts erinnern. Nicht wie sie heißt, wo sie wohnt – gar nix. Sie hat einzig ein Notizbuch und einen Stift und versucht zu rekonstruieren, was ihr wohl passiert sein könnte und warum sie in Blackrock ist.

Das Buch hat mich wirklich überrascht. Einfach, weil ich nicht wirklich großartig was erwartet hatte, außer etwas exzentrischer Unterhaltung, aber das Buch ist ein richtiger Roman mit spannender Story und interessanten Charakteren und Listen. Jede Menge davon. Ich hatte solchen Spaß mit dem Buch, mit den Listen und Emily, ich habe mir in der Bibliothek gleich zwei weitere Bände ausgeliehen, die große Literatur muss also noch ein paar Tage warten, ich muss erst noch ein paar Abenteuer mit Emily bestehen, dann bin ich wieder bereit.

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13 Elements you will find in the first Emily the Strange novel:
1. Mystery
2. A beautiful golem
3. Souped-up slingshots
4. Four black cats
5. Amnesia
6. Calamity Poker
7. Angry ponies
8. A shady truant officer
9. Top-13 lists
10. A sandstorm generator
11. Doppelgängers
12. A secret mission
13. Earwigs

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Bevor ich jetzt aber Vorwürfe bekomme, dass weder „Emily the Strange“ noch „Black Hole“ gruselig genug seien und man für Halloween schon andere Kaliber benötigt, den versuche ich jetzt mit einem Klassiker der amerikanischen Horror- und Gruselliteratur zu besänftigen. Schon seit ein paar Jahren befindet sich die wunderschöne Büchergilden-Ausgabe von Ambrose Bierce „Hinter der Wand“ in meinem Besitz.

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Ambrose Bierce ist neben Edgar Allen Poe der Meister des amerikanischen Gothics und war wohl nicht wirklich ein heiterer Zeitgenosse. Bekannt als „Bitter Bierce“ und Misanthrop erster Güte sind seine düsteren, schrägen Geschichten auch heute noch zeitgemäß. Sie haben einen sehr amerikanischen Touch, der Bürgerkrieg spielt in einigen Geschichten eine Rolle, die Expansion Richtung Westen und ab und an hatte ich Bilder aus dem Film „There will be Blood“ vor den Augen.

Die Büchergilden-Ausgabe ist ein absolutes Schmuckstück. Die Zeichnungen von Klaus Böttger geben dem Buch eine ganz besondere morbide Note. Hier passen Illustrationen und Geschichten perfekt zueinander.

Die Geschichten werden nahezu immer aufgeklärt, man fühlt sich gelegentlich an Sherlock Holmes erinnert, auch wenn diese Erklärungen weitaus weniger von Logik und Deduktion bestimmt sind, als von Horror, Übersinnlichem und Unerklärbarem.

Bierce eigenes Ende könnte einer seiner düsteren Kurzgeschichten entsprungen sein. Mit 70 unternimmt er noch einmal eine Reise nach Mexiko, gerät dort in die Revolution und scheint sich dem Revolutionär Pancho Villa angeschlossen zu haben. Um die Jahreswende 1913/14 verliert sich jede Spur von ihm, in seinem letzten erhaltenen Brief rechnet er mit seiner standrechtlichen Erschießung. Aber genaues weiß man nicht. Man hat nie eine Spur von ihm finden können.

Am besten haben mir die Geschichten „Der Tod Halpin Fraysers“, „Moxons Meister“, „Das Verfluchte Ding“ und „Die mondhelle Straße“ gefallen.

 

Zum Abschluss noch ein wunderschön illustriertes Märchen von Neil Gaiman.

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Ich bin kein großer Märchen-Fan. Der ganze niedliche Prinzessinnen-böse Stiefmütter-treudoofe Königinnen war nie meins, daher hatte ich keine übergroßen Erwartungen  für „Der Fluch der Spindel“, Neil Gaiman als Autor und die wunderschönen Zeichnungen waren allerdings Grund genug, dem ganzen zumindest eine Chance zu geben.

Die Geschichte ist eine Mischung aus Schneewittchen und Dornröschen. Die junge Königin erfährt von ihren drei treuen Gefolgsleuten , den Zwergen, dass das Nachbar-Königreich schon von Jahrzehnten von einer seltsamen Schlafkrankheit heimgesucht wurde, die sich jetzt auch in ihrem Königreich ausbreitet.

Im Gegensatz zu den ganzen Weichei-Königinnen bekannter Märchen nimmt diese junge Königin die Lösung des Problems selbst in die Hand und zieht mit den Zwergen los, um der Seuche Einhalt zu gebieten und ihrem Ursprung auf den Grund zu kommen.

Gaiman mischt hier die ursprünglich deutliche dunkleren Töne alter Märchen mit einigen progressiveren Elementen und bastelt daraus ein wunderbar melancholisch unheimliches  Märchen mit zauberhaften Bildern.

Ein letzter Tipp, weil ich sie euch einfach nicht vorenthalten kann: Shirley Jackson, die sowas wie die Urmutter des finsteren Horror/Gruselromans, was einem irgendwie ulkig vorkommt, wenn man bedenkt, dass sie eine Mittelklasse-Hausfrau aus Vermont war, deren erster Roman 1948 erschien. Besonders bekannt wurde sie mit ihre Kurzgeschichte „The Lottery“, die erstmals in der New York Times erschien und bergeweise Leserpost bescherte, die die Bedeutung der Geschichte zu erfassen versuchten. Sie hat nach wie vor großen Einfluss in diesem Genre, die „Tribute von Panem“-Trilogie zeigt beispielsweise große Parallelen zu der Kurzgeschichte auf.

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Ihr Roman „The Haunting of Hill House“ ist eines meiner Lieblingsbücher, unbedingt lesen, meine Rezension dazu findet ihr hier.

Hoffe ich konnte Euch etwas Lust machen auf die etwas dunkler melancholisch gruseligeren Seiten des Oktobers. Von wem lasst ihr euch gerne gruseln?

Trick or Treat? Happy Halloween allerseits 🙂

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Charles Burns – „Black Hole“ erschienen im Reprodukt Verlag
Rob Reger – „Emily the Strange: Die verschwundenen Tage“ erschienen im cbj Verlag
Ambrose Bierce – „Hinter der Wand“ erschienen bei der Büchergilde Gutenberg
Neil Gaiman – „Der Fluch der Spindel“ erschienen im Knesebeck Verlag

Hier – Richard McGuire

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Richard McGuire hat in dieser Graphic Novel etwas visualisiert, was sich höchstwahrscheinlich jeder von uns, der mal in einem alten Haus gelebt hat, vorgestellt hat. Wie sah dieses Zimmer vor 20 Jahren aus, oder vor 50, 100, 200 Jahren oder auch Tausenden von Jahren bevor das Haus stand? Wer hat hier drin gelebt, wie sah es hier aus und wie wird es hier in Zukunft aussehen?

Richard McGuire ist Autor und Illustrator von Kinderbüchern und experimentellen Comics. Daneben arbeitet er regelmässig für den New Yorker.

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Foto: Wired.com

Diesen Fragen geht er in seiner Graphic Novel „Hier“ nach. Das Buch startet mit einem nahezu leeren Zimmer im Jahr 2014. Ein Sofa, ein Fenster, ein Kamin. Mit jeder Seite die wir umblättern, sehen wir das Zimmer aus dieser Perspektive unter Angabe des jeweiligen Jahres in der Seitenecke. Nicht chronologisch, sondern wir springen mal nur ein paar Jahre zurück, mal Jahrtausende zurück  und auch in die Zukunft. Mal sind Menschen im Zimmer, manchmal ist das Haus noch nicht einmal gebaut worden und wir sehen wie es dort vorher aussah. Wälder, Tiere, ein Fluß.

So banal die eigentliche Idee auch ist, die Umsetzung hat mich ziemlich sprachlos gemacht. Was für aussergewöhnliche Zeichnungen, Einblicke eines Ortes von 2014 über 1775, bis 500,000 Jahre zurück und dann zack in die Zukunft ein Blick ins Jahr 2051, 2313 und dann 22175. Wow!

Seine Phantasie, seine Ideen, insbesondere mit Blick auf die Zukunft, haben mich ungeheuer fasziniert. Eine Graphic Novel die fast komplett ohne jeden Text auskommt und doch soviel aussagt. Ein nachdenkliches, einfach nur wunderschönes Buch, das einen ganz bestimmten „Vibe“ hat, der schwer zu beschreiben ist. Das Buch hat eine Tiefe, die sich einem nicht durch einmaliges Durchblättern erschließt. Es muss wieder und wieder „gelesen“ oder eher angeschaut werden, bevor sich einem jedes Mal etwas Neues Stückchen für Stückchen erschließt. Eine Graphic Novel, die ich wärmstens empfehlen kann. Ein wunderschönes Geschenk.

Hier noch ein interessantes Interview mit dem Autor aus der Paris Review:

http://www.theparisreview.org/blog/2015/06/12/split-screens-an-interview-with-richard-mcguire/

Herzlichen Dank an den Dumont Verlag für das Rezensionsexemplar.

Gotham Central – Greg Rucka & Ed Brubaker

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You have been warned 😉 Mein Besuch in der Comic Company kürzlich ist nicht ohne Folgen geblieben – auf Empfehlung hin habe ich mit Gotham Central begonnen, eine Serie über das Gotham City Police Department.

Für Polizisten ist es selten einfach, aber für dieses Polizei Department muß man schon besondere Nerven mitbringen. In Gotham trifft man schließlich neben  Handtaschendieben, Einbrechern und anderen „normalen“ Verbrechern auch auf komplett durchgeknallte Typen, wie z.B. Wissenschaftler mit Vereisungswaffen oder nicht minder psychotische ehemalige Staatsanwälte, denen ein Termin beim Schönheitschirurgen nicht schaden könnte.

Als wäre das nicht schlimm genug werden sie auch noch von einem mysteriösen Bürger aus Gotham City gebabysittet, der sich als Fledermaus verkleidet und die Dinge in die Hand nimmt, wenn die Polizistin nicht weiter kommen. Wer möchte auch schon von einem Cop gerettet werden, wenn sich Batman persönlich um einen kümmern könnte ?

Kein Wunder also, dass nicht nur eitel Sonnenschein herrscht zwischen Cops und Batman.

Die Geschichte ist clever, vernünftig strukturiert und einfach gut geschrieben. Rucka und Brubaker verstehen ihr Handwerk, es hat mich daher nicht überrascht zu lesen, dass sie für diese dunkle emotionale Geschichte den Eisner und Harvey Award gewonnen haben.

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Der zweite Band „Half a Life“ beschäftigt sich überwiegend mit der Polizistin Renee Montoya. Sie wird nicht nur auf ihrer Polizeistation geoutet, ihr wird auch noch ein Mord in die Schuhe geschoben und zu allem Überfluss ist Two Face komplett von ihr besessen und versucht, sie auf sehr verschrobene Art und Weise an sich zu binden.

Wow – ein Comic, der den Bechdel Test mal in jeder Hinsicht besteht. Habe selten eine so überzeugende Geschichte einer nicht-weißen lesbischen Protagonistin gelesen wie diese. Sie versucht den wahren Mörder zu finden, glücklos ihren Eltern gegenüber ein Coming Out zu vermeiden und gleichzeitig macht sie ihrer Chefin gegenüber klar, welche Unterschiede es noch immer gibt zwischen weißen und nicht-weißen in der LGBT Community. Die Privilegien sind auch da sehr unterschiedlich verteilt.
Harter Tobak, wirklich gut geschrieben und das ganze noch mit einer kleinen Portion Batman dazu. Was will man mehr?

Ein Comic, der sehr auf die Entwicklung seiner Charaktere eingeht, die starke Persönlichkeit Renees zeigt und eine Menge Emotionalität ins Spiel bringt. Die letzte Szene, als sie sich schlussendlich ihren Eltern gegenüber öffnet, geht richtig nah.

Eine absolute Lese-Empfehlung für Fans gutgeschriebener Comics aus dem Batman-Canon und für Crime noir Freunde.

Diese tollen Batman Socken mit Superhelden Cape sind im Übrigen besonders morgens zu empfehlen, wenn man es eilig hat. Mit denen ist man ca. 7x so schnell in der Arbeit. Wirkt immer. Ehrlich.

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Meine Lieblinge (7)

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Mein Liebling heute kommt sozusagen aus dem Reich der verdrängten Wünsche zurück.  Ich war immer schon ein riesiger Comic Fan, vor ein paar Jahren allerdings, habe ich dann beschlossen, zack erwachsen – keine Comics mehr. Keine Zeit, keine Zeit, gibt ja so viele wichtige „richtige“ Bücher, da kann man doch keine Zeit mit Comics verplempern.

Hat nicht so geklappt. Die haben mich ja doch immer wieder mal gefunden und es kostet genauso viel Zeit sie heimlich zu lesen (vor wem hab ich es eigentlich verheimlicht????).

Tja und dann hat mich Herr Mesch mit seinen  Comic-Listen komplett verführt und ich war rückfällig. Der mischt bei den „Beste Bücher 2015“ einfach Literatur und Comics und ich brech mir unnötig einen ab mit meiner idiotischen Trennung von E- und U.
Ha! Wenn der Herr Mesch das kann, kann ich das auch 😉

Und ab zurück in meinen jahrelang vollkommen zu Unrecht geächteten Comic Laden. Hab früher so einige Mittagspausen dort verbracht, als ich mit meiner Firma noch in der Klenzestraße saß.

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Die Comic Company in der Fraunhofer Straße hat alles was das Fan-Herz höher schlagen läßt. Richtig gute Auswahl, kompetente und freundliche Beratung und was nicht da ist, wird ruckzuck bestellt, ob deutsch oder englisch (wahrscheinlich auch japanisch für die Manga-Fans, habe ich aber noch nicht probiert).

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Besonders empfehlen kann ich aktuell diese Reihe:

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Gibt soviel nachzuholen – bereitet Euch einfach drauf vor meine Lieben, hier werden jetzt auch hin und wieder Comics und Graphic Novels auftauchen. Mei war ich deppert – warum denn erst jetzt ?

Seid also schlauer als ich und lest was Euch gefällt und falls Euch Comics (noch) nicht gefallen, geht trotzdem mal in der Comic Company vorbei, ich bin mir sicher, den Jungs fällt eine entsprechende Einstiegsdroge ein 😉