The Children’s Book – A. S. Byatt

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Die Booker-Preis Gewinnerin und „Dame Commander of the British Empire“ erzählt in diesem opulenten, mehr als ein Vierteljahrhundert umspannenden Roman, der im Jahr 1895 beginnt und kurz nach Ausbruch des 1. Weltkrieges endet, über die sozialen, politischen und künstlerischen Bewegungen die in dieser Zeit aufblühten, als die verschiedenen Utopien, Ideologien und -ismen (Fabianismus, Freudianismus, Feminismus etc.) darum wetteiferten, eine schönere und bessere Welt entstehen zu lassen.

All das endet mit dem 1. Weltkrieg, als Millionen von Menschen in einem sinnlosen Krieg getötet wurden und halb Europa in Schutt und Asche liegt.

A S Byatts Roman beginnt im South Kensington Museum (heute das Victoria and Albert), wo zwei Jungen einen anderen in seinem Versteck im Museumsuntergrund aufstöbern. Philip ist ein Arbeiterjunge, ein hungriger Oliver Twist, abgehauen aus seinem verarmten, kinderreichen Zuhause mit erbärmlichen Arbeitsbedingungen in einer Porzellanfabrik. Er wird von der erfolgreichen Kinderbuchautorin Olive Wellwood und ihrer Familie aufgenommen. Olive lädt zu einem Mittsommerfest ein, ein Shakespeare-Stück wird aufgeführt, man singt, tanzt und lacht. Für Philip ist es eine magische Welt.

Die Geschichte mehrerer Familien und deren Freunde wird erzählt. Ein Bohemienkreis von Schriftstellern, Freigeistern, Künstlern, Bänkern und Philosophen sucht ein glücklicheres und freieres Leben. Vom Süden Englands über London, Paris bis nach Schwabing gehen sie neue Wege in der Kunst, der Politik, der Erziehung und auch in der Liebe.

“You did not so much mind being -conventionally- betrayed, if you were not kept in the dark, which was humiliating, or defined only as a wife and dependent person, which was annihilating.”

“No child, it is said, has the same parents as any other”

Stets mit von der Partie sind die unglaublich vielen Kinder, die mit ihren unterschiedlichen Talenten und Charakteren versuchen, die Lebensexperimente ihrer Eltern zu verstehen und auch zu überstehen. Die Geschichte handelt von den dunklen Geheimnissen. die es auch in den liberalsten und fortschrittlichsten Familien gibt.

“She didn’t like to be talked about. Equally, she didn’t like not to be talked about, when the high-minded chatter rushed on as though she was not there. There was no pleasing her, in fact. She had the grace, even at eleven, to know there was no pleasing her. She thought a lot, analytically, about other people’s feelings, and had only just begun to realize that this was not usual, and not reciprocated.”

Ich fand die Geschichte durchaus interessant, aber die teilweise minutiös beschriebenen Szenen, die verschwenderische Beschreibung von Kunstwerken, Stoffen, Einrichtungsgegenstände war mir stellenweise zuviel. Ich hab mich in dem Buch gelegentlich etwas verlaufen.

Neben der erfolgreichen Kinderbuchautorin gibt es noch den Keramikmeister Benedict Fludd, der mit seiner eingeschüchterten Familie am Rande der Armut lebt. Er ist der Archetyp des genial-verrückten Künstlers und Philipp wird sein Lehrling. Fludd und Olive sind beide nicht in der Lage, zwischen Kunst und persönlichen Beziehungen eine Grenze zu ziehen. Für die Kunst opfern sie alles – Fludd seine Familie und Olive das Vertrauen ihres Sohnes Tom.

Alle Figuren sind  Suchende, sie leben die Ideen und Utopien der Belle Epoche. Sie sind gebildet und belesen von Austen über Emily Dickinson, Kleist bis Shakespeare. Die Zutaten für diesen Roman waren eigentlich perfekt für mich, das Gesamtergebnis hat mir dennoch nicht wirklich zugesagt. Vielleicht war mir das ganze doch zu enzyklopädisch und selbst die vielversprechensten Handlungsstränge endeten häufig im Nichts.

Ich habe vor Jahren „Besessen“ gelesen und war sehr begeistert. Auch dort musste ich am Anfang etwas kämpfen, konnte es dann aber nicht mehr aus der Hand legen. Das war ganz und gar nicht der Fall hier. Ich habe mich ziemlich gequält muss ich leider sagen.

“No man has a right to dictate another man’s inner life – the furniture inside his skull.”

Das Buch erschien auf deutsch unter dem Titel „Das Buch der Kinder“ im Fischer Verlag.

Streetart Brudermühlbrücke München

Streetart vom Feinsten findet man immer wieder auf zwölf Großflächen an der Brudermühlbrücke, die damit größte Freiluftgalerie Münchens. Seit 1996 geben sich im Rahmen des Projekts ISART ein bis zweimal im Jahr die angesagtesten Sprayer die Dose in die Hand.

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Foto 1Mehr Infos zu ISART findet ihr hier: http://www.diefaerberei.de.

Meine Woche

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Gesehen: „Another Woman“ von Woody Allen – Gena Rowlands spielt eine Philosophie Professorin die versehentlich die Psychoanalyse einer Fremden überhört und deren Bedauern und Hoffnungslosigkeit eigene Zweifel an ihrem Leben auslösen – grandios!
Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffman – Klassiker, den ich irgendwie bislang noch nie gesehen habe. Toller Film und sehr schöner Soundtrack.
Und ein tolles Weihnachtsgeschenk – die erste Staffel von „Orange is the new Black“ – hooked !!

Gehört: Bachs Weihnachtsoratorium in der Hamburger Staatsoper als Ballett von John Neumeier

Gelesen: einen Artikel über Selbstbestimmung im Brand Eins, einen Artikel der zeigt wie es wäre in einem Buch verarbeitet zu werden und diese Short-Story aus der Guardian-Reihe „Stranger than Fiction“ von Ned Beauman

Getan: was man Weihnachten so macht, viel essen, viel lesen, viele Besuche, aber auch ein toller Hamburg-Kurzausflug

Gegessen: mal wieder ein leckeres Franz-Brötchen

Getrunken: in der Mutter geht nur Astra 😉

Gefreut: über den Schnee

Geärgert: über eine unendlich lang andauernde Rettungsaktion

Gelacht: über den Mann frühmorgens in der Schanze, der statt Blumen ein paar Zweige und einen alten Metall-Quirl oder so sowas in der Hand hatte, noch schnell die Frisur gerichtet an der Tür klingelt und offensichtlich mit dem kreativen Strauß ein morgendliches Date besuchte – good luck 😉

Geplant: die freien Tage zu Hause maximal zu geniessen

Gewünscht: die restlichen Staffeln von Orange is the new Black 😉

Gekauft: dieses Shirt von Bidges & Sons

Gefunden: Tolle Streetart in Hamburg und verloren meinen Schal in der Staatsoper 😦

Geklickt: diese beiden Ted Talks: Dan Pink on „Motivation“ und dieser lustige, aber auch sehr spannende Talk von Mary Roach über das, was wir bislang nicht über den Orgasmus wussten 😉

Gewundert: wie unterschiedlich zwei Menschen mit ganz ähnlichem Ursprung sein können

Day 24 – Christmas is here :)

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Merry Christmas everyone 🙂 Enjoy the festivities with friends and relatives and hopefully you have plenty of books under the tree. Thanks to all of you Bingereader had a great first year. Wishing you all a wonderful 2015 and the first presie of the day is a wonderful poem by Emily Dickinson about something that we all seem to love unequivocally.

A Book

There is no frigate like a book
To take us lands away,
Nor any coursers like a page
Of prancing poetry.
This traverse may the poorest take
Without oppress of toll;
How frugal is the chariot
That bears a human soul!

Day 23 Penguin Book-a-Day-Challenge (The best present)

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Great to already have presents before Christmas. Got this one a few days ago from a very good friend, and sooo happy about it 🙂 This is the perfect Holiday read before the upcoming festivities. It is pretty „arschkalt“ up here in the North, torrential rain and gale-force winds are the best excuse ever to not leave the bed and cuddle up with this book that is a wonderful little gem for every book lover.

New York, 1919. Roger Mifflin turned his biggest passion reading into his job. Wouldn’t we all want to do that? In his small little second-hand bookshop in Brooklyn, called „The Haunted Bookshop“ you will always find him hunched over a book with his pipe and his cute little dog „Bock“ named after Boccacio. Books are his life, luckily Mrs Mifflin is pretty down-to-earth and takes care of the financial and food side of business.

Spooky things go on in the bookshop. Aubrey Gilbert a young man from an advertising agency hopes to convince Roger to spend some money on ads for the bookshop, failing that he takes a strong interest in Rogers cute assistant Ms Titania. Books appear and disappear in the shop and somehow there might be a German spy conspiracy behind all this. Or not ?

“There is indeed a heaven on this earth, a heaven which we inhabit when we read a good book.”

There even is talk about Bibliotherapy – who would have thought ????

„A doctor is advertised by the bodies he cures. My business is advertised by the minds I stimulate. And let me tell you that the book business is different from other trades. People don’t know they want books. I can see just by looking at you that your mind is ill for lack of books but you are blissfully unaware of it!”

This book will warm every book lover’s heart, so I highly recommend you dare to go outside to your own favourite little haunted bookshop and get yourself a copy. Then you are good to cuddle up with it on the sofa or the bed and wait for Santa Claus 🙂

“Printer’s ink has been running a race against gunpowder these many, many years. Ink is handicapped, in a way, because you can blow up a man with gunpowder in half a second, while it may take twenty years to blow him up with a book. But the gunpowder destroys itself along with its victim, while a book can keep on exploding for centuries.”

“The beauty of being a bookseller is that you don’t have to be a literary critic: all you have to do to books is enjoy them.”

Day 22 Penguin Book-a-Day (Favourite Festive Scene)

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I love the festive Christmas fest at Hogwarts on Christmas Day. All the professors and any students that remain at Hogwarts over the Christmas holidays attend the fest. It is prepared by the House elves in the kitchen and the hall looks wonderfully festive. For dessert flaming puddings are served and I always wanted Wizard Crackers on our dinner table, but no luck so far.

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Picture: harrypotter.wika.com 

“One can never have enough socks,“ said Dumbledore. „Another Christmas has come and gone and I didn’t get a single pair. People will insist on giving me books.”

Meine Woche

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Gesehen: „Winterschlaf“ ein türkischer Film der in Cannes dieses Jahr die goldene Palme gewonnen hat. Ich fand ihn interessant, aber sehr lang etwas schwer zugänglich, aber tolle Dialoge und Bilder.
Außerdem „Boyhood“ – ein ganz toller Film – wunderbar leicht über 12 Jahre erzählte Geschichte eines ganz normalen Jungen.

Gehört: Glasvegas „Flowers and Football Tops“ and „A Snowflake fell and it felt like a kiss“ und passend zur Jahreszeit Weihnachtslieder vom Kings College Choir – soooo schön 🙂

Gelesen: ein interessanter Artikel von John Berger im Guardian

Getan: tollen Workshop besucht und einen gegeben, ins Kino gegangen, letztes Bookclub Meeting für dieses Jahr, unser traditionelles Weihnachts-Dinner zu zweit genossen und irgendwie den letzten Arbeitstag am Freitag überstanden.

Gegessen: ein tolles Weihnachts-Menü im Bodhi – kann ich nur empfehlen. Lecker, tolles Ambiente und sehr freundliches Personal. Die werden uns wiedersehen 🙂

Getrunken: jede Menge Detox-Tee von Pukka

Gefreut: über Karen Köhlers Freude über meine geangelten Raketen

Geärgert: über die Pegida-Idioten

Gelacht: über den Hund der den Weihnachtsbaum umgeschmissen hat und die Überschrift dazu: gut das ihr kommt, der Baum ist ohnmächtig geworden. Kann es nicht mehr finden, aber es war sooo lustig.

Geplant: viel schlafen im Urlaub, lesen, schreiben, Filme gucken, lecker essen und wieder von vorne 😉

Gewünscht: dieses Geschirr – ein Traum …

Gekauft: den ZEIT Akademie Weltliteratur Kurs

Gefunden: hübsche Weihnachtsdeko auf der Straße, schon eingepackt und dann gemerkt ups, das gehörte wohl zum Restaurant und wurde vom Wind weggepustet. Habs brav zurückgegeben.

Geklickt: dieser TED Talk ist unglaublich. Die Frau ist der absolute Hammer. So mutig – Hut ab! Und bei diesem hier kann man sich wunderbar ein bisserl gruseln – we might all be Zombies!

Gewundert: wie schwer 40 Weißwürste sein können

Eine blaßblaue Frauenschrift – Franz Werfel

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Als englischsprachiger Bookclub lesen wir eher selten deutschsprachige Bücher, es war also eine schöne Abwechslung und wir hatten eine spannende Diskussion über das Buch.

„Eine blaßblaue Frauenschrift“ ist die Geschichte über die Konsequenzen einer Affäre, die lange her ist, aber nie wirklich vergessen wurde. Leonidas stellt etwas dar, ein schöner Mann, der elegant mit seiner reichen Gattin abends in der Oper sitzt und sich seines Aufstiegs erfreut. Er, der aus einfachsten Verhältnissen stammt, hat eine glanzvolle Karriere im Staatsdienst hingelegt und dank einer ungemein guten Partie mit Amelie, seiner „größten Errungenschaft“, ist er auch gesellschaftlich an der Spitze angelangt.

Die Erzählung bringt die antisemitische Atmosphäre in Wien kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges herüber. Leonidas, der Protagnoist erhält eines Morgens mit der Post einen Brief seiner ehemaligen jüdischen Geliebten Dr. Vera Wormser. Nur ein knappes Jahr nach seiner Heirat trifft er sie zufällig in einer Pension und beginnt eine heftige Affäre mit ihr. Er überschüttet sie mit Geschenken, macht ihr Versprechungen und als sein Aufenthalt zu Ende geht, steigt er einfach in den Zug und meldet sich nie wieder bei ihr.

Das komfortable Leben an der Seite seiner Frau ist ihm wichtiger als seine Liebe zu Vera, die ihm aber sein ganzes Leben nicht aus dem Kopf gehen wird. Seine Frau erfährt von dieser Affäre nichts, auch nicht von irgendeiner anderen seiner Affären.

… er belobte sich selbst mit einiger Melancholie, weil er, ein anerkannt schöner und verführerischer Mann, außer der leidenschaftlichen Episode mit Vera nur noch neun bis elf gegenstandslose Seitensprünge in seiner Ehe sich vorzuwerfen hatte.

Ein paar Jahre später, während eines Urlaubs mit seiner Frau erhält Leonidas einen Brief von Vera. Aus Angst vor schlechten Nachrichten und auch aus Furcht, sein armseliges Verhalten vor Augen geführt zu bekommen, zerreisst er den Brief ungelesen.

Nach all den Jahren der Funkstille nun über 15 Jahre später wieder ein Brief von Vera. Aschfahl flüchtet er auf die Toilette, um den Brief dort heimlich zu lesen. Vera Wormser auf dem Weg ins Exil und bittet Leonidas um Hilfe für einen begabten jüdischen Jungen, der im NS-Deutschland nicht die Schule beenden darf.

Leonidas Leben gerät an dem Tag aus dem Gleichgewicht. Der Verlust seines Reichtums, seines inszenierten noblen Lebens, ist undenkbar für ihn. Er glaubt, dass es sich bei dem jungen Mann um seinen Sohn handelt und einige Stunden lang ist er bereit auf all seinen Luxus zu verzichten, seiner Frau zu beichten und sich zu seinem Sohn und Vera zu bekennen.

Er trifft sich mit Vera, die ihn warten lässt, nicht im geringsten mehr an ihm oder gemeinsamen Erinnerungen interessiert ist. Er sichert ihr Hilfe zu, aber seine edlen Pläne seiner Frau aufrichtig gegenüber zu sein, sind da bereits begraben.

Abends sitzt er in der Oper  „Während er unter der drückenden Kuppel dieser stets erregten Musik schläft, weiß Leonidas mit unaussprechlicher Klarheit, dass heute ein Angebot zur Rettung an ihn ergangen ist, dunkel, halblaut, unbestimmt, wie alle Angebote dieser Art. Er weiß, dass er daran gescheitert ist. Er weiß, dass ein neues Angebot nicht wieder erfolgen wird.“

Nur seine Frau sieht, das er im Laufe des Tages um Jahre gealtert ist, der einzige Hinweis, dass dieser Tag nicht spurlos an ihm vorbeigegangen ist.

Dieser Roman ist ein Meisterwerk, großartig die subtile Sprache berührend und eindringlich.

Day 20 Penguin Book-a-Day Challenge (Set where I live)

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Thomas Manns late work „Doktor Faustus“ is quite a few things combined. A „Künstlerroman“ based on the „Faust“ story, a novel about the role of Music and also a novel about the Munich society. I had a go a few years ago but have to confess that I failed tremendously a few chapters into the novel.  Definitely my fault, not his.

Any „Doktor Faustus“ Fans out there who can advise the wary Thomas Mann beginner ? Other than „Death in Venice“ we haven’t had so much fun and success together. I am totally fine with all the other plentiful Manns – Klaus, Erika, Heinrich even Golo – but Thomas and I, no luck yet.

Mister Aufziehvogel – Haruki Murakami

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Der Titel des Buches „Mister Aufziehvogel“ bezieht sich auf einen merkwürdigen Vogel, den nie jemand tatsächlich zu Gesicht bekommt und dessen Ruf irgendwie ein Überbringer schlechter Nachrichten zu sein scheint. Die Geschichte ist nicht einfach wiederzugeben. Man wird von Anfang an in eine Art hypnotischen Strudel hineingezogen, in dem sich das Suchen nach verschwundenen Katzen, Menschen, Gegenständen im Zentrum befindet.

Toru Okada, ein Mann in Tokio Anfang 30, hat keinen Job, keinerlei Ambitionen und eine Ehe, die langsam aber sicher zerbröselt. Als ihre Katze verschwindet, sucht er auf Anraten seiner Frau Hilfe bei dem merkwürdigen Geschwisterpaar Malta und Kreta Kano, die ihm ab da weder im echten Leben, noch im Traum,  von der Seite weichen.

Seine Frau verlässt ihn plötzlich und ohne jegliche Erklärung, er hängt viel mit einer pupertierenden Schulabbrecherin ab, die sich unaufhörlich mit dem Tod beschäftigt und die für eine Perückenfabrik arbeitet.

„Neugier kann manchmal den Mumm aus seinem Versteck hervorlocken, ihm vielleicht sogar einen richtigen Schubs geben. Aber Neugier verfliegt in der Regel bald. Mumm braucht Durchhaltevermögen.“

Toru versucht seine Frau zu finden, versucht all die verschiedenen Sachen zu verstehen, die ihm in letzter Zeit so passiert sind und um besser nachdenken zu können, begibt er sich auf den Boden eines Brunnens in der Nachbarschaft. Dort unten in der absoluten Einsamkeit macht er bizarre Erfahrungen, die wirklich sind oder auch nicht. Er wird irgendwann von Kreta Kano gerettet und im Laufe der Geschichte verbringt Toru mehr und mehr Zeit im Hotel oder in einem mysteriösen Hotelzimmer, das vermutlich nur in seiner Phantasie existiert. Es wird immer schwieriger zu unterscheiden, was wirklich ist und was nicht.

„Die Zeit entzieht in der Regel den meisten Dingen ihr Gift und macht sie harmlos“

Murakami versteht es meisterhaft Flashbacks, Träume, Zeitungsartikel, Internet Chats, Briefe und Berichte in seine Geschichte einzubauen. Bei keinem anderen seiner Bücher die ich bisher gelesen habe (eine ganze Reihe!) habe ich mich so sehr an Kafka erinnert gefühlt.

Sehr viele meiner ähnlich Murakami-besessenen Freunde haben mir immer wieder prophezeit, das Mister Aufziehvogel auch mein Lieblings-Murakami werden wird. Ist er nicht geworden. Ich finde den Roman phantastisch, werde ihn sicherlich auch irgendwann noch einmal lesen, aber sei es aus unbewusster Rebellion oder aus welchen Gründen auch immer, aber mein Lieblings-Murakami ist nach wie vor „Kafka am Strand“ wenngleich ich unmöglich wirkliche eine nachhaltige Platzierung vornehmen könnte, die Positionen würden je nach Tagesform ständig wechseln, da bin ich mir sicher.

Die Frauen in seinen Büchern sind immer die stärkeren, geheimnisvolleren die regelmässig verschwinden und auf deren Suche der meist recht antriebslose Protagonist gehen muss.

Murakami lesen und ganz besonders auch den Aufziehvogel ist, als würde man sich auf eine Achterbahnfahrt durch die Träume eines anderen Menschen bewegen. Das mag man oder eben auch nicht. Einige dieser Bilder lassen mich gar nicht mehr los. Einige sind wiederkehrende Motive seiner Bücher und ich bekomme die verwinkelten labyrinthartigen Hotelflure nicht mehr aus dem Kopf, den trockenen Brunnen, den Vogel in der merkwürdigen Gasse, die keinen Durchgang hat, der Rossini pfeifende Kellner, das Teenager-Mädchen beim ewigen Sonnenbad in den verwunschen anmutenden Gärten und leider vergesse ich auch das Hautabziehen am lebendigen Leib nicht mehr.

„Je beschränkter der geistige Horizont eines Mannes ist, desto mehr Macht kann er in einem Land gewinnen.“

Hier ist noch eine weitere sehr schöne Rezension des Buches.

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Foto: Designtaxi