Meine Woche

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Gesehen: „Cabin in the Woods“ von Drew Goddard. Horrofilm mit parodistischen Elementen. Habe gemerkt, ich bin einfach kein großer Zombie-Fan. Vampire, Superhelden jederzeit, aber Zombies – da beschäftige ich mich immer zu viel mit dem vermuteten Mundgeruch 😉

Gehört: „Starchild“ Boys Noize ft Polica, „Heart of a Dog“ – The Kills, „Go Time“ – Digitalism, „Love me or leave me alone“ – Drangsal, „Alien Observer“ – Grouper

Gelesen: diesen Artikel über Mansplaining, diesen Artikel über Richard Dawkins‘ „The Selfish Gene“, dieses Interviev mit Judith Hermann und was man aus Star Treks geldloser Gesellschaft lernen kann

Getan: alle Kraft verbraucht in sehr vielen Meetings – jetzt brauche ich Abstand, auch zum Gesund werden.
Bookclub besucht und mich so gefreut, was für wunderbare Menschen ich kenne.
Den Balkon für den Sommer fit gemacht und zum ersten Mal draußen zu Abend gegessen.

Gegessen: Spargel-Kartoffelsalat mit Kapern und überhaupt viel Spargel

Getrunken: kalten Tee und frischgepressten Orangensaft mit Himbeeren

Gefreut: was für gute Freunde ich habe

Geärgert: das ich nicht cooler sein kann und das Loslassen mir so schwer fällt

Gelacht: über dieses Bild

Geplant: noch mehr Abstand bekommen, mich tiefer in WordPress reinfuchsen, viel lernen auf der Digital Bauhaus

Gewünscht: diese Lampe, diesen Hoody, diesen Schalter und diesen Kaffee

Gekauft: Blumen für den Balkon

Gefunden: mein MVV Ticket, das ich vor Monaten verloren hatte

Geklickt:auf On Being, ein Projekt das sich damit beschäftigt, was es bedeutet heute Mensch zu sein und wie wir leben wollen – spannend

Gewundert: das es so gut wie keine Streetart in Japan gibt

Japan by the Book

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Japan ist ein Bücherland. In keinem der asiatischen Länder, die wir bislang bereisten, waren Bücher so allgegenwärtig wie in Japan. Die Menschen schlafen in der U-Bahn nicht nur in den verrücktesten Positionen, sie lesen auch im größten Gedränge und, wenn die Bücher häufig eher kleinformatig sind, so werden doch immer wieder auch Mangas in der Größe des früheren Quelle-Kataloges mitgeschleppt.

Mangas sind natürlich etwas, das wohl jeder mit Japan assoziiert. Und sie sind tatsächlich auch überall. In der Ubahn werden auch Romane gelesen, aber doch überwiegend Mangas und das vom Schulkind über schicke Business-Menschen bis hin zu älteren Damen.

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Schaut man seinen Mitfahrern in der U-Bahn über die Schulter, kann man auch schnell mal schamviolett werden. Die haben es teilweise wirklich in sich. Da wird geschnackselt was das Zeug hält, hetero und homosexuell, auf freiwilliger Basis, aber Vergewaltigungen z.B. kommen durchaus auch vor, alles recht explizit. Neben den sexuell freizügigen, gibt es auch einige, die recht düster sind, aber im Grunde genommen ist hier für wohl für jeden Geschmack etwas dabei. Man könnte sicherlich ganze Abhandlungen schreiben, möchte hier aber nur einen kurzen Einblick in den japanischen Manga-Alltag geben, den wir erlebt haben. Eine wunderbare Facette sind natürlich auch die vielen Cosplayer, die in einen spannenden Kontrast bieten, zu den monochromen Business-Menschen.

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Japan nimmt wenig Rücksicht auf nicht-japanische Besucher. Das ist deutlich weniger negtiv gemeint, als das jetzt klingt. Ob im Alltag, oder wenn es um den Tourismus geht, das Angebot richtet sich eben in der Regel an die einheimische Bevölkerung und ausländische Gäste werden höflich und sehr sehr freundlich inkludiert, aber es wird keine Extrawurscht gebraten. Uns hat das weniger gestört, da man so deutlich mehr vom alltäglichen Leben in einem Land mitbekommt, aber natürlich kann es einem das Leben auch mal schwerer machen.

Ich hatte damit gerechnet, mir im Urlaub Bücher kaufen zu können und bin ziemlich in Panik geraten, als ich in Tokyo die ersten 3-4 riesigen Buchläden abgeklappert hatte und keiner davon eine Abteilung mit englischsprachigen Büchern hatte. Ich bin dann in Kyoto fündig geworden und das war dann auch ein wundervoller Laden, bestens sortiert mit einer riesigen Auswahl, aber man muss schon ein wenig danach suchen. Zeitungen, Zeitschriften habe ich gar nicht gefunden, wobei die normalen Tageszeitungen ab und an 1-2 englischsprachige Seiten enthielten.

In Vietnam, Laos, Thailand und Kambodscha waren an jeder Ecke Läden in denen man gebrauchte englische Bücher kaufen konnte, das findet man in Japan eigentlich überhaupt nicht. Um so glücklicher war ich, in einer kleinen Straße in Kobe ziemlich ab vom Schuss, einen winzig kleinen entzückenden Second-Hand-Bookshop „Wantage“zu entdecken. Der Besitzer, ein sehr herzlicher, älterer Engländer öffnet seinen Laden nur am Wochenende. Ich hätte da gut und gerne ein paar Stunden drin verloren gehen können.

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Meine Urlaubslektüre bestand natürlich unter anderem aus einem Haruki Murakami. Geht ja gar nicht ohne und nach Japan reisen ohne ein Buch von ihm – völlig undenkbar. Ich hatte mich für „Hard-Boiled Wonderland“ entschieden, einer der Romane, die ich bisher noch nicht gelesen hatte und der seit dem Haidhausener Flohmarkt auf seinen Auftritt wartet.

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„Hard-Boiled Wonderland“ ist ein ziemlich komplexer Roman, den ich sehr langsam lesen musste, manche Kapitel benötigten gar eine zweite Runde, bis ich mich wieder zurechtgefunden habe. Die Geschichte spielt im Tokyo der nahen Zukunft. Dank wundersamer fortschrittlicher Technologien wird einem schüchternen, intelligenten Datenanalysten etwas ins Hirn implantiert, das es ihm ermöglicht, geheime Daten zu „waschen“ und zu „shuffeln“.

Ein verrückter Wissenschaftler, die Datenmafia und die Semiotecs, eine rivalisierende Intelligence Unit, sind ihm auf den Fersen und dabei, in sein Unterbewusstsein eine komplett andere Welt zu implantieren. Nach und nach verwischen die Grenzen der beiden Welten und es entbrennt eine Jagd um dem Ende der Welt zu entkommen, oder nicht ?

Einer der abgefahreneren Murakamis, der einen an Kafka und Orwell denken läßt. Keine einfache Lektüre, aber eine lohnende, die perfekt nach Tokyo passt. Die perfekte Überschrift für eigentlich fast jeden seiner Romane könnte dieses Zitat sein:

„Everyone may be ordinary but they’re not normal“

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Mit Yasushi Inoues „Der Tod des Teemeisters“ begab ich mich auf unsere Wanderung und gleichzeitig ein paar Jahrhunderte zurück in das Japan der Samurais. Unser Weg führte uns drei Tage lang auf dem Nakasendo Trail entlang, ein über 500km langer uralter Handelsweg, der von den Shoguns zum Reisen genutzt wurde. Es gibt 69 Stationen, die zumeist aus winzig kleinen Örtchen bestehen. Unsere Wanderung führte uns damit drei Tage lang durch die japanischen Alpen. Wir haben uns allerdings mehr als einmal verlaufen, da wir die ganze Zeit über wirklich niemanden getroffen haben auf den Wanderung und sämtliche Schilder natürlich in japanisch waren. Am zweiten Tag haben wir daher einen ordentlichen Umweg eingebaut und statt der geplanten 18km waren wir 25km unterwegs. Puh, da hing uns doch die Zunge auf Halbmast und wir wurden irgendwann etwas panisch. Aber am Ende haben wir unser Ryokan doch noch gefunden.

Übernachtet haben wir in Ryokans, den traditionellen Herbergen der Edo-Periode. Die Zimmer bestehen aus den am Boden liegenden Tatami Matten und den mit Washi bespannten Schiebetüren.

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Abendessen und Frühstück sind im Übernachtungspreis enthalten und werden im Gemeinschaftsraum eingenommen, man trägt Yukata und faltet die Beine irgendwie unter den niedrigen Tisch. Serviert wird in der Regel ein einheitliches, typisches sehr reichhaltiges Abendessen, das aus sehr vielen gleichzeitig servierten kleineren Portionen besteht. Miso-Suppe, eingelegtes Gemüse, geräucherter Fisch gehören eigentlich zu jeder Mahlzeit. Das Essen ist wahnsinnig gut, sehr frisch, aber teilweise auch gewöhnungsbedürftig. Sashimi, roher Fisch in dünne Scheiben geschnitten, kennt man und mag ich auch sehr gerne, lebt der Fisch allerdings noch und man schneidet ihm bei Bewußtsein Scheiben raus, das ist dann noch mal eine andere Geschichte. Auch Fleisch wird gern roh gegessen, wie Sushi und so haben wir uns dann auch rohem Pferd gegenüber gesehen, die gegrillten Grashüpfer waren für mich da die einfachere Herausforderung.

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Nach dem Abendessen macht man üblicherweise einen Abstecher ins Gemeinschaftsbad Onsen. Wir haben diesen Abstecher nur zweimal geschafft, denn auf Tattoos ist man in Japan gar nicht gut zu sprechen, sind diese doch so untrennbar mit der japanischen Mafia der Yakuzi verbunden. Schafft man es hinein in ein Onsen, ist das schon ein phantastisches Erlebnis. Nach ausgiebiger gründlicher Reinigung gehts dann ins große Becken, in dem meist auch andere Leute schon vor sich hin kochen. Seit dem Onsen habe ich eine ungefähre Idee, wie sich Hummer fühlen mögen, wenn sie ins heiße Wasser fliegen. Krass war das heiß. Japan hat Unmengen heißer Quellen und es tut schon gut so ein Bad, nach einer langen Wanderung.

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Seitenschläfer haben es auf den Tatami Matten nicht leicht. Ich mußte mich morgens origamimäßig erst einmal wieder auseinanderfalten und hab ein paar blaue Flecken davon getragen, wer üblicherweise auf dem Rücken schläft und es hart mag, dem dürften Tatami Matten gut gefallen.

Nun aber zu „Der Tod des Teemeisters“ – es war die perfekte Wahl für die Wanderung und unsere Übernachtung im Ryokan, die ganze Stimmung und der Inhalt der Erzählung haben einfach wunderbar gepasst.

Die Geschichte handelt davon, was aus der Kunst der Teezeremonie wird, wenn sein Meister verschwindet. Es ist nicht wirklich ein Thriller, wie der Umschlagtext vermuten ließ, sondern eher eine Suche nach Antworten darauf, warum der Master of Tea „Rikyu“ seinen angeordneten ritualen Suizid ohne Kampf akzeptierte. Sein letzter Schüler, Honkakubo versucht die Umstände, die zum Tod seines Meisters führen, zu verstehen und nachzuvollziehen.

Die Sprache ist karg und spröde, aber auch poetisch fein. Könnte man ein Buch schmecken, so wäre dieses ganz eindeutig ein Matcha-Tee. Ein kleines Wunderwerk, das aber sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen wird.

Dieses Zitat trifft die Essenz des Buches für mich, ohne das es aus diesem Buch ist. Woher ich es habe, weiß ich leider nicht mehr:

„…we find beauty not in the thing itself but in the patterns of shadows, the light and the darkness, that one thing against another creates.“

Vom Rest unserer Reise und der dazugehörigen Lektüre berichte ich im zweiten Teil. So stay tuned for more adventures …

Haruki Murakami „Hard-boiled Wonderland“ ist im Dumont Verlag erschienen
Yasushi Inoue „Der Tod des Teemeisters“ ist im Suhrkamp Verlag erschienen

Meine Woche

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Gesehen: „Crimson Peak“ von Guillermo del Toro. Mystery-Horror mit schönen Bildern. Wirklich gruselig fand ich ihn nicht, Jessica Chastain war richtig gut.

Deadpool“ von Tim Miller. Wunderbar sarkastische Marvel-Verfilmung der X-Men Reihe. Sehr witzig, toll besetzt.

Spectre“ von Sam Mendes. Ich mag 007 und Daniel Craig ist einfach ein ganz toller Bond. Mir hat diese Verfilmung gut gefallen, ein würdiger Abschluß für Craig, habe das Genöle um den Film nicht verstanden. Der Titelsong ist allerdings der schwächste ever. Puh war der furchtbar. Und dafür gabs nen Oscar? Krass

The Lady in the Van“ von Nicholas Hytner. Verfilmung basierend auf Alan Bennetts Theaterstück mit der wundervollen Maggie Smith.

Gehört: „The More She Burns the More Beautifully She Glows“ – Jim Jarmusch & Jozef Van Wissem, „Klangwald“ – Tangerine Dream, „Empty“ – Garbage, „Jeanny“ – Sara Noxx & Mark Benneke, „Death to the Lovers“ – Skunk Anansie, „Das mit dem Auto ist egal“ – Jens Friebe

Gelesen: diesen Artikel in Wired, warum Profit nicht alles ist, diesen Artikel im Guardian „What makes bad writing bad“ und diesen Artikel über die Rückkehr des gedruckten Buches

Getan: den Universal Theme Park in Osaka besucht – hätte nie geglaubt, dass es mir solchen Spaß machen würde 🙂
den Kaiserpalast in Tokio angeschaut, noch mal sehr leckeres Sushi gegessen und dann die 24-stündige Rückreise angetreten

Gegessen: Hier ein kulinarischer Reisebericht unserer Japan-Reise

Getrunken: Matcha Tee (fand ich aber gar nicht lecker) aber diesen mit Eiswürfeln gekühlten schwarzen Kaffee, hmm da bin ich jetzt ziemlich süchtig …

Gefreut: das wir so einen wundervollen Urlaub hatten

Geärgert: das meine biologische Mutter ausgerechnet jetzt indirekt aus der Versenkung auftaucht und ich noch immer so viel Schiss habe

Gelacht: well that didn’t work – an autobiography 😉

Geplant: den Bookclub besuchen, einiges recherchieren, viel schreiben

Gewünscht: nicht den Mut zu verlieren, diesen Button, diese Lederjacke und diesen Staubsauger (nur nicht in lila)

Gekauft: diesen Spiderman, eine kleine Flasche Hakushu Whisky, und Kitkat in Red Bean, Wasabi und Cheesecake Flavor

Gefunden: nix

Geklickt: auf diesen TED Talk zu Virtual Reality im Unterricht

Gewundert: über die riesigen Handtaschen die Männer in Japan tragen und die vielen Jazz-Clubs, wie viel einfacher es ist sich an Regeln zu halten, wenn diese tatsächlich Sinn machen

Hannah Arendt – The Last Interview

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„Niemand hat das Recht zu gehorchen.“

Ich weiß gar nicht mehr, wie ich über die „Last Interview“-Reihe von Melville House gestolpert bin, in der die letzten öffentlichen Interviews interessanter Menschen herausgegeben werden, wie z.B. David Foster Wallace, Jorge Luise Borges, Ray Bradbury, Philip K. Dick und neben einigen anderen auch das letzte Interview mit Hannah Arendt.

Ich habe ja schon seit einer Weile einen Arendt-Fimmel und beschäftige mich recht intensiv mit ihr, daher war klar, dieses kleine wunderschöne Büchlein muß ich haben.

Die politische Theoretikerin/Philosophin wurde 1906 in Königsberg geboren und hat, wie sie ihrem Interviewer gegenüber mitteilte, das Wort Jude in ihrer Kindheit nie gehört. Ihr Vater starb ziemlich jung, ihre Mutter war Atheistin, von daher spielte Religion keine Rolle. Sie studiere 1924 für ein Jahr Philosophie bei Martin Heidegger in Marburg, mit dem sie einige Jahre lang eine Beziehung führte. 1926 ging sie nach Freiburg und studierte dort bei Edmund Husserl und promovierte 1928 bei Karl Jaspers.

Im Interview berichtet sie von ihrer Flucht aus Deutschland nach Paris im Jahr 1933, wo sie für eine Organisation arbeitete, die deutschen und polnischen jüdischen Jugendlichen die Flucht nach Palästina ermöglichte. Als Frankreich später ebenfalls von den Deutschen erobert wird, flieht sie erneut und läßt sich in den USA nieder.

“There are no dangerous thoughts for the simple reason that thinking itself is such a dangerous enterprise.”

„I don’t deny that thinking is dangerous, but I would say not thinking is even more dangerous.“

„The point is simply and singly whether I can say and print what I wish, or whether I cannot; whether my neighbors spy on me or don’t. Freedom always implies freedom of dissent.“

Schon ziemlich ironisch eigentlich, wenn man bedenkt, dass man ihr aufgrund ihrer Eichmann-Berichterstattung die Verharmlosung des Holocaust vorwirft und sie sich manch unsachlicher Beschimpfung ausgesetzt sah. Die Leser sind empört von ihrer Aussage, Eichmann sein nichts weiter als ein „Clown“ gewesen und keineswegs die Inkarnation des Bösen.

Sie erinnert ihre Leser daran, dass das beste Mittel gegen blinden Gehorsam wie den eines Eichmanns ist, sich an Sokrates Worte zu halten:  “It is better to be in disunity with the whole world than with oneself, since I am a unity.”

Eichmann in Jerusalem basiert auf Hanna Arendts Reportage für den New Yorker über die Verhandlung und Verurteilung von Josef Eichmann in Jerusalem. Arendt stellt darin die Ansicht zur Diskussion, das viele Nazi-Größen, wie Eichmann, nicht als unheimliche Monster dargestellt werden sollten, da ihnen das viel zu viel Ruhm gewärte. Nazis, wie Eichmann, sind kleine Bürokraten, die in vorauseilendem Gehorsam jedem -ismus hinterherlaufen.

„In other words: they just wanted to go along. They’re ready to go along with everything. When someone says to them, „You’re only one of us if you commit murder with us“ – fine. when they’re told, „You’re only one of us if you never commit murder“ – that’s fine too. Right? That’s the way I see it.“

Einer der Interviewer fragt Arendt gar:  “Is the criticism that your book is lacking in love for Jewish people painful to you?”

Das Büchlein enthält vier ausführliche und für heutige Verhältnisse erstaunlich tiefgehende Fernsehinterviews. Zwei Interviews aus dem Jahr 1964 mit den deutschen Journalisten Günter Gaus und Joachim Fest, ein Interview aus dem Jahr 1970 mit Adalbert Reif und das lezte Interview aus dem Jahr 1973 mit dem französischen Journalisten Roger Errera.

Die Interviewer sind alle sehr vertraut mit Arendts Schriften, die Fragen gehen gleich ohne großen Smalltalk auf Arendts Ansichten zu Politik, Watergate, jüdische Kultur, die verschiedenen -ismen (Totalitarismus, Kommunismus, Kapitalismus, Sozialismus) etc.

In diesem dünnen Bändchen steckt eine erstaunliche Menge an Weisheit. Arendts Ideen provizieren und es gibt keinen Zweifel, das sie eine der größten intellektuellen Denkerinnen des 20. Jahrhunderts war. Ihre Antworten sind durchdacht, informiert, ehrlich, mutig und sie blieb immer neugierig. Man kann diese Interviews nicht lesen, ohne ein bißchen wie Hannah Arendt werden zu wollen.

Und ich schließe mit ihrer Warnung vor jeglichen Glaubenslehren: “I have no exact political philosophy which I could summon up with one ism” 

Diese Reportage über Hannah Arendt „Die Pflicht zum Ungehorsam“ kann ich nur empfehlen:

 

Wer Lust auf einen Cocktail mit Hannah Arendt hat den lade ich ein sich hier entlang zu begeben, wo wir bei dem nach ihr benannten Getränk „Freiheit“ über eben solche diskutieren.

Meine Woche

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Gesehen: „Matrix Reloaded“ von Lilly und Andy Wachowski. So cool, wenn die AirBnB Wohnung mit Beamer und Leinwand ausgestattet ist. Der perfekte Film dafür- war wie im Kino 😊

Gehört: The Cure – „It can never be the same“ und „Step into the light“, Light Asylum „A certain person “

Gelesen: jede Menge Zug- und Ubahnpläne sowie Speisekarten. Die „English Menus“ sind oft abenteuerlich

Getan: In Kyoto Tempel, Schreine und Geishas bewundert. Uns viel verlaufen, den Foodmarket besucht. Mit dem Shinkansen nach Kobe gerauscht und da Little Germany auf einem Berg entdeckt. Im Hafen rumgestromert und faul am Strand gelegen.

Gegessen: 100g Kobe Rind. Ganz unglaublich teuer, aber auch umwerfend lecker. Und ich habe mich in Jihn doo eee die Sesam-Reisbällchen mit roter Bohnenpaste verliebt. Die werde ich vermissen.

Getrunken: Hibichi Whisky, mehr grünen Tee und schwarzen Kaffee mit Eiswürfeln

Gefreut: den kleinen süßen Wantage Bookshop for used English books entdeckt zu haben. Ob der Koffer noch zugeht ist die andere Frage…

Geärgert: das wir nicht in unserem Lieblings AirBnB bleiben könnten

Gelacht: über die Schoko-Fliegenpilze

Geplant: den Universal Studios Osaka Themepark besuchen, noch ein paar Tage Tokio und dan heißt es Sayonara

Gewünscht: das ich das Murakami Cafe finde

Gekauft: ein Tshirt, Batman Pyjama Hosen, eine Flasche Yamazaki Whisky und viel zu viele Bücher

Gefunden: Minny Mouse

Geklickt: auf irgendwelche Knöpfe an der Waschmaschine und das beste gehofft.

Ich werde die wunderbaren Toiletten mit Prinzessinnen-Taste, die praktischen Automaten mit allem möglichen und die Waschmaschinen/Trockner Kombis sehr vermissen

Gewundert: über das perfekte Platz-Management in den winzig kleinen Wohnungen

Das Universum ist eine Scheißgegend

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Die ScienceBusters sind in Österreich richtig berühmt, ich hatte bis zur Lektüre des Buches allerdings noch nichts von ihnen gehört. Das Buch war eine wunderbare Überraschung der Bingereader-Gattin und schon allein das Cover und der Titel haben mich sofort gepackt. So kann das also gehen, wenn ein Experimentalphysiker Gruber), der leider 2015 verstorbene theoretische Physiker Oberhummer und ein Kabarettist namens Puntigam als eine Art Science Boygroup sich daran machen, dem Laien das Universum, die Physik und andere Naturwissenschaften nahe zu bringen.

Die Art und Weise wie sie das tun, wird gegebenenfalls dem einen oder anderen eher konservativ oder grundsätzlich populärwissenschaftlichen Werken abgeneigten Menschen so gar nicht gefallen, denn die Jungs hier haben teilweise sehr kuriose Analogien zur Hand. Sie erklären die Ausdehnung der Sterne und die Roche Grenze mit der Herstellung von Popcorn oder der Vernichtung von Monstern in Horrorfilmen.

“ Einen Asteroidengürtel zu durchfliegen, ist sehr einfach, denn es gibt – im Gegensatz zu den filmischen Darstellungen – in der Realität sehr viel Raum und sehr wenige Asteroiden“

Sehr amüsant und durchaus strukturiert erklären sie diese Scheißgegend. Man erfährt, dass es im Zentrum der Milchstraße nach Erdbeeren riecht, wie die Sonne klingt, wo es im Universum Vampire, dunkle Materie und Schwarze Löcher gibt. Die Autoren begeben sich mit dem Leser auf die Suche nach außerirdischem Leben doch da hat unser Universum wenig zu bieten. Der Mars ist rostig und eine sauerstofffreie Hölle und auch sonst wird man eigentlich überall verstrahlt, erstickt, zerquetscht, verbrannt oder gefroren. Nicht wirklich ein Ort zum Urlaub machen oder verweilen.

Dazu passt dieser TED Talk den ich gestern hörte, wie wir das mit dem Leben auf dem Mars ggf doch noch in den Griff bekommen können:

„Die phonetische Nachricht auf der Voyager von Dr. Kurt Waldheim weist neben der Nazivergangenheit des Sprechers auch eine humoristische Komponente auf. Waldheim sprach, wie viele ältere Österreicher, ein sehr übles Austrian Inglis, das in Zukunft als phonetische Lautpause für alle extraterrestrischen Englischkurse dienen könnte“

Die Autoren sind nicht zimperlich und nehmen Ufo-Sichter genauso aufs Korn wie jegliche esoterische Weltanschauungen und auch Religionen. Da wird aber nicht einfach nur gelästert, da wird durchaus wissenschaftlich belegt, aus welcher Höhe der Heilige Geist als Taube auf die Erde fallen muss, um perfekt gebraten anzukommen oder es wird überlegt, wie wohl die Kreuzigung eines außerirdischen Jesus in einem Paralleluniversum ausgesehen haben könnte. Oder sie erklären die typischen Wahrnehmungen von „Ufo-Sichtungen“ (helles Licht zb) durch das Aufwachen während der REM-Phase, während der man körperlich gelähmt ist, was einen ziemlich in Panik geraten lässt und zu allen möglichen Wahrnehmungen führen kann.

Das Buch richtet sich an Leser ohne nennenswerte Vorkenntnisse. Besonders gut fand ich die pink gedruckten „Fact Boxes“ die alles Wichtige konkret erklären und mit Links und weiterführender Literatur Lust machen, tiefer in die Materie einzudringen.

Kein Buch für Experten oder für Leute die schnell empört sind. Ich habe mich gefreut zu lesen, dass die Science Busters auch nach dem Tode von Heinz Oberhummer weitermachen und hätte große Lust sie mir einmal live anzusehen.

“Ein Komet ist alt, er stammt noch aus der Entstehung des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren, also ist mit einer Retro-Playlist zu rechnen, als Opener wahrscheinlich House of the Rising Sun”.

 

Meine Woche

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Gesehen: „Steve Jobs“ von Danny Boyle mit Michael Fassbender und Kate Winslet. Toller Film über eine ganz spezielles Genie. Sehenswert.

„Mission Impossible -Rogue Nation“ von Christopher McQuarrie – habe den ersten Teil sehr gemocht, danach keinen wieder gesehen. Hätte ich im Flieger schlafen können, hätte ich den wohl verpasst, wäre schade gewesen, ich fand ihn klasse. Gute Unterhaltung

Gehört: Radiohead „Burn the Witch“

Gelesen: den Ubahnplan von Tokyo

Getan: Tokyo unsicher gemacht, den Roboter Asimo und die ISS im Museum for Emerging Science bewundert, einen Stück vom Nakadendo Fernwanderweg gelaufen, die vielen Cosplayer bestaunt, im Onsen gebadet und eine Idee davon bekommen, wie sich Hummer fühlen, wenn sie ins heiße Wasser geschmissen werden.

Jupiter gesehen beim „Stargazing“ im Kiso Valley

Gegessen: unglaublich leckeren Fisch und Meeresfrüchte, Grashüpfer aber auch rohes Pferd

Getrunken: Yamazaki Malt Whisky, grünen Tee und Sake

Gefreut: mit alten und neuen Freunden Tokio entdecken zu können

Geärgert: das ich auf Tatami Matten so schlecht schlafe

Gelacht: über die abenteuerlichen Toiletten und die Zugschaffner, die sich ständig verbeugen

Geplant: Kyoto und Kobe unsicher machen

Gewünscht: das ich genug zu lesen dabei habe, hier gibt es partout nirgendwo englische Bücher und das der angekündigte Regen für morgen und übermorgen ausbleibt

Gekauft: einen Darth Vader Roboter und eine kleine Flasche Nikka Whisky

Geschenkt bekommen: Godzilla ❤️

Geklickt: auf die Automaten überall mit Getränken und Snacks. Die mit der benutzten Unterwäsche hab ich mal ignoriert 😎

Gewundert: über die auf die Sekunde pünktlichen Züge und die unglaubliche Höflichkeit der Japaner

Unterleuten – Juli Zeh

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Juli Zeh ist eine der wenigen deutschen Autoren, von denen ich jedes Buch lese und am liebsten gleich, wenn es vom Stapel läuft. Ein Roman über ein Dorf in der Provinz ist nun normalerweise nicht das, bei dem ich atemlos und vor Freude jauchzend zugreife, denn als arroganter Städter klingt das für mich in etwa so attraktiv wie tot überm Zaun hängen (sorry, not sorry). Aber gut, wenn Frau Zeh das zum Thema macht, dann eben auch Dorf, Provinz, Ornithologen, junge Mütter und Windräder.

„Die jungen Leute von heute besaßen erstaunliche Talente. Zum Beispiel ungeheure Effizienz bei vollständiger Abwesenheit von Humor.“

Und wer hat nicht selbst genügend Erfahrungen mit dysfunktionalen Beziehungen, mit Idealisten, die dann doch irgendwie auf die Dark side gewandert sind, mit anstrengenden Hipstern, mit den dauerpolitisierenden vermeintlichen Sieger- oder Verlierertypen.

Wer sich also mindestens einmal zu entsprechenden Erfahrungen bekennen muss, der wird wahrscheinlich einen Großteil von sich selbst und seinem Bekanntenkreis in dem Protagonisten-Reigen des Romanes wiederfinden.

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Ok, es macht vielleicht nicht immer unbedingt Spaß, den Spiegel vorgehalten zu bekommen und man sich sieht in seiner verknitterten, augenberingten Glorie, aber da muss man durch. Frau Zeh ist da unerbittlich, in Technicolor und 3D beleuchtet sie die Düsternis in der vermeintlichen Idylle des Dorfes „Unterleuten“. Windräder spalten ein ganzes Dorf, die zugezogenen Natur-Naivlinge wünschen sich unveränderte Naturschönheit, sie sind schließlich nicht aus der Stadt weggezogen um jetzt wieder mit dem Fluch des Fortschritts konfrontiert zu werden, die knorrigen Dörfler hoffen auf Geld und Zukunft für ihr Dorf und man fragt sich ständig während des Lesens, wo würde man selbst wohl stehen.

„Was ihn so gebannt zu hören ließ, war die Art, wie Frederick und Lina miteinander sprachen.  Die beiden gehörten zu einer fremden Spezies. Nichts an ihnen war gedämpft. Nichts an ihnen war unsicher, zurückhaltend, zweiflerisch oder bescheiden. Diese jungen Menschen, in Meilers Augen halbe Kinder, agierten als Repräsentanten eines neuen Jahrhunderts. Sie arbeiteten nicht mehr für Vorgesetzte. Sie kannten keine überheizten Büros, keine grauhaarigen Sekretärinnen und keine Telefone, die über Kabel mit der Wand verbunden waren. Sie kannten keine Abteilungen und deren Abteilungsleiter, keine kurzen und lange Dienstwege und auch nicht den Geruch von frisch gesaugten Teppichböden, der die Arme schwer, den Rücken krumm und die Schritte langsam machte. Sie waren selbständig, selbstsicher, selbstsüchtig, wandelnde Selfies, zwei dauerbewegte Selbstporträts. Wenn sich Meiler die neue Generation vorstellte, sah er eine Armee von jungen Leuten mit ausgestrecktem rechten Arm, nicht zum Führergruß, sondern um das eigene Gesicht mit dem Smartphone aufzunehmen.

Zeh versteht es, die Dynamiken dieses Mikrokosmos zu erfassen und jeder der Charaktere des Romans hat Substanz und ist glaubhaft, ganz egal welchen Hintergrund oder welches Alter eine Person hat. In keinem ihrer Romane hat Zeh mich so sehr an Franzen erinnert wie in diesem, in der Dichte, Länge und auch im Anspruch habe ich mich häufiger an „Freedom“ erinnert gefühlt. Zeh läßt uns durch ein Kaleidoskop schauen, jedes Mal wenn man glaubt erkannt zu haben, was Sache ist, gibt es eine neue überraschene Wendung.

Im Grund geht es auch in „Unterleuten“ um Freiheit, persönliche und gesellschaftliche, wie wir sie ausleben und die daraus entstehenden Konsequenzen.

Mir hat „Unterleuten“ trotz oder wegen der dörflichen Provinz sehr gut gefallen. Gut geschrieben, spannend, humorvoll auch wenn keine der Figuren einem wirklich ans Herz wächst und sie eigentlich alle mehr oder weniger bemitleidenswert sind. Ich freue mich schon jetzt auf ihr nächstes Buch.

Gewinner gibt es keine in diesem Roman, so ist es wohl das Leben in der Provinz und Juli Zeh muss das wissen, die ist schießlich vor ein paar Jahren ins Havelland gezogen. 

Hier noch eine weitere Rezension zu „Unterleuten“ von Brasch & Buch, der auch ein Interview mit Erfolgsguru Manfred Gortz geführt hat 😉

Vielen Dank an den Luchterhand Verlag für das Rezensionsexemplar.

Meine Woche

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Gesehen: „Alien“ von Ridley Scott und „Aliens“ von James Cameron – einfach nur genial. Sigourney Weaver rocks 🙂

Dark Shadows“ von Tim Burton mit Johnny Depp, Helena Bonham-Carter und Michelle Pfeiffer. Nicht der beste Tim Burton, aber immer noch wunderbar schräg.

Gehört: Portishead „SOS„, Max Richter „Dream 3„, Bohren & Der Club of Gore „Im Rausch„, Hauschka „Elizabeth Bay„, Jozef Van Wissem & Jim Jarmusch „The Mystery of Heaven„, Tangerine Dream „Zeit„, 69 Eyes „Gothic Girl

Gelesen: diesen Artikel über Selbstvertrauen, diesen Artikel über Open AI, dieses Interview mit Alain de Botton und dieses Gespräch zwischen Sybille Berg, Lukas Bärfuss und Peter von Matt

Getan: Die 69 Eyes gehört, viel organisiert, ein paar sehr gute Gespräche geführt, in der Bibliothek Comics gelesen

Gegessen: Pizza

Getrunken: Pfefferminztee

Gefreut: über ein ganz besonderes „like“ 😉

Geärgert: I’m happy to disappoint you

Gelacht: über diesen Pups

Geplant: packen

Gewünscht: diesen Mantel, diese Bettwäsche, diese DVD-Box, diese Schildkröte

Gekauft: einen Rucksack

Gefunden: nix

Geklickt: auf die besten Travel Bookshops der Welt, diese Animation über Franz Kafka, diese Talks auf Creative Mornings

Gewundert: über das Game of Thrones Kochbuch