Shining – Stephen King

Shining

Kein Buch für Kindheits-Nostalgiker. Auch beim zweiten Lesen, fast 20 Jahre später, noch immer ein Buch das mich ganz schön in Atem gehalten hat. Habe es über Ostern nachts unter dem Dach im Haus meiner wunderbaren Schwiegerfamilie gelesen. Das der Sturm ums Haus gepfiffen hat wie verrückt und ich mit der kleinen Nachtischlampe als einziger Lichtquelle bei jedem Klappern und Geheule fast einen Herzinfarkt bekommen habe, hat meinem Blutdruck nicht wirklich geholfen. Habe das Pippi-Gehen jede Nacht bis zum Gehtnichtmehr herausgezögert.

Shining ist ein Buch, bei dem die Horrorelemente ganz leise und schleichend kommen.  Fast schon mehr ein Familiendrama, eine Soziologie-Studie einer amerikanischen Familie die um ihre Existenz kämpft, als ein Horror-Thriller, obwohl, wenn der Horror kommt, dann kommt er! Der Vater ein jähzorniger Trinker, der genau wie seine Frau aus einem unglücklichen Elternhaus entkommen ist. Er ist ein erfolgloser Schriftsteller, der seinen Job als Lehrer verloren hat und der dem Alkohol mehr und mehr verfällt. Der kleine Sohn Danny hat das SHINING, dem die Eltern eher hilflos gegenüber stehen.

Im Hotel, in dem Danny’s Vater Jack als Hausmeister anheuert, kommen all die unterdrückten inneren Dämonen zum Vorschein. Die Geister, die das Hotel bewohnen bringen das Schlimmste in Danny’s Vater zum Vorschein. All die Bluttaten, die im Hotel seit seinem Bestehen von Politikern, Wirtschaftsbossen und Mafiosis begangen wurden, haben eine Brutstätte des Bösen geschaffen. Und der kleine Danny versucht mit aller Macht und der Hilfe seines Freundes, dem Koch des Hotels, seine Familie vor dem Bösen zu schützen.

Ich glaube das Buch ist sogar gerade etwas für Leute, die eigentlich keine Horror-Literatur lesen. Es ist richtig gut geschrieben, ganz tolle Unterhaltungsliteratur die durchaus zum Nachdenken anregt.
Empfindlicheren Gemütern würde ich allerdings empfehlen, das Buch eher tagsüber und nicht nachts bei Gewitter oder Sturm zu lesen, denn der Weg zum Klo kann arg weit sein.

Hier der Trailer zur wirklich grandiosen Verfilmung:

Das Buch ist auf deutsch unter dem gleichen Titel bei Lübbe erschienen.

1979 – Christian Kracht

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Ein kleines Buch, das ich nun schon zum zweiten Mal gelesen habe. Beide Male habe ich es zugeklappt, bin auf der jeweiligen Sitzgelegenheit ganz nach hinten gerückt und es hat so ein Geräusch gegeben, wie in einem Comic. So ein lautes und schnelles Science-Fiction-artiges „Zzzzzzzzzzzzzzzzzmmmmmmmmmmmmmmmphhhhhhhhhhhh“. Dann war ich wieder im Hier und Jetzt und wußte einfach nicht so recht, was da gerade los war.

Ich habe so eine Ahnung. Da ist was. Das Buch hat was. Aber es läßt mich auch beim zweiten Mal komplett verwirrt zurück. Der Ich-Ich-Ich-Erzähler, ein ziemlich weichgespülter Dandy und sein Ex-Liebhaber, der ihn erniedrigt, wo er nur kann. Die Revolution in Teheran bekommen beide nicht mit, Christoph, sein Ex-Freund, weil er mit sich, seinen nässenden Beinen und seinem Sarkasmus rund um die Uhr zu tun hat und „Ich-Ich-Ich“, weil er unentwegt Klamotten und Einrichtungsgegenstände bewundern und bewerten muß.

Dann ist Christoph auf einmal tot. Zuviel Drogen, zuviel Alk und fehlender Lebenswille, Sterben symbolisch als westliche Dekadenz in einem von rauschebärtigen Fundamentalisten geführten Krankenhaus. Dekadenz gegen Fanatismus. Ein Anti-Reisebuch allererster Güte.

Ein merkwürdiger Rumäne schickt unseren Ich-Erzähler dann vom relolutionsgeschüttelten Teheran nach Tibet, um dort einen Berg zu umrunden. Macht er auch – in Christoph’s Luxus-Lederschuhen. Um Buße zu tun. Wofür genau? Wir wissen es nicht. Unser Ich-Erzähler ist nicht der reflektionsfreudigste, daher müssen wir das für ihn tun. Er tut Buße für alles, landet in einem chinesischen Umerziehungslager, in dem er sich auf eine seltsame Art heimisch zu fühlen scheint. Es könnte ein wenig schöner eingerichtet sein das Lager und auch das Essen läßt zu wünschen übrig, aber ansonsten ist er fast ein bißchen glücklich.

Dieses sich selbst auflösen erinnert mich an einen Roman von Paul Auster, in dem der Protagonist alles verkauft, bis er gar nichts mehr besitzt und er allein in einer leeren Wohnung sitzt und erst mit der totalen Leere so ganz langsam eine gewisse innere Ruhe einkehrt.

1979: „Und so sehen wir betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

1979“ ist im Fischer Verlag erschienen.