The Haunting of Hill House – Shirley Jackson

 

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Shirley Jackson ist sowas wie die Urmutter des finsteren Horror/Gruselromans, was einem irgendwie ulkig vorkommt, wenn man bedenkt, dass sie eine Mittelklasse-Hausfrau aus Vermont war, deren erster Roman 1948 erschien. Besonders bekannt wurde sie mit ihre Kurzgeschichte „The Lottery“, die erstmals in der New York Times erschien und bergeweise Leserpost bescherte, die die Bedeutung der Geschichte zu erfassen versuchten. Sie hat nach wie vor großen Einfluss in diesem Genre, die „Tribute von Panem“-Trilogie zeigt beispielsweise große Parallelen zu der Kurzgeschichte auf.

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„The Haunting of Hill House“, 1959 erschienen, wurde von Stephen King zu Recht als eine der bedeutensten Horrorgeschichten des 20. Jahrhunderts bezeichnet.

Dr. Montague, ein Anthropologe, der sich leidenschaftlich für Übernatürliches interessiert, mietet Hill House für ein paar Wochen an, um vor Ort die Existenz übernatürlicher Phänomene zu untersuchen. Er lädt dazu Gäste ein, die ihn bei diesen Untersuchungen unterstützen sollen. Dies sind Luke, ein bohemehafter Künstler und Erbe des Hauses und zwei Frauen, Theodora, die nach einem Streit mit dem Mitbewohner/in? mit sich ins Reine kommen muß und Eleanor, eine zurückgezogen lebende junge Frau, die ihr Leben mit der Pflege ihrer kürzlich verstorbenen Mutter verbrachte. Die beiden Frauen haben früher bereits paranormale Erfahrungen gemacht und sind aufgrund dessen von Dr. Montague ausgesucht.

“Am I walking toward something I should be running away from?”

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Die vier verstehen sich wunderbar, aber schnell beginnen Ängste erste Risse entstehen zu lassen. Die Geschichte wird aus der Sicht Eleanors geschildert und dem Leser fallen ihre kleinen subtilen Lügen auf, die sie den anderen über sich erzählt. Ist das Haus tatsächlich böse und spukt es darin? Verändert das Haus die Gruppendynamik und beginnt die Persönlichkeiten der Bewohner zu verändern?

Es gibt da einiges an unterschwelligen Äußerungen, die man meines Erachtens nicht zweifelsfrei interpretieren kann. Gibt es da „romantische Schwingungen“ zwischen Theodora und Eleanor oder ist mein Gaydar ein bißchen zu sensibel eingestellt? Und ist dieser „flatmate“, mit dem Theodora sich gestritten hat, ein Mann oder eine Frau? Ist Luke an beiden Frauen gleichermassen interessiert oder an gar keiner?

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Ich bin gespannt, ob die Verfilmung da näheren Aufschluss gibt, ansonsten empfehle ich dieses Buch unbedingt für Buchclubs, man kann wunderbar darüber diskutieren.

“Within, walls continued upright, bricks met neatly, floors were firm, and doors were sensibly shut; silence lay steadily against the wood and stone of Hill House, and whatever walked there, walked alone.”

„The Haunting of Hill House“ ist ein erstklassiger Horror-Roman. Natürlich sind wir heute abgehärteter und bei „Ring“ von Koji Suzuki oder „The House of Leaves“ von Mark Z. Danielewski habe ich mich schon nochmal mehr gefürchtet, aber Jackson schreibt einfach richtig gut, die Charaktere sind vielschichtig , die Dialoge erstklassig. Der eigentliche Horror im Buch ist nicht so sehr im Haus zu finden oder in dem was im Haus passiert, sondern was in den dunklen unerforschten Schlupfwinkeln des Geistes passiert. In den Hirnwindungen der Hausbewohner und der Leser.

Gibt es im Deutschen eigentlich den wunderbar passenden Ausdruck des „unreliable Narrators“ des unzuverlässigen Erzählers? Traut der Erzählerin auf keinen Fall, denn sie kann nicht einmal sich selbst trauen. Dieses plötzliche Schaudern das einen manchmal ohne Grund überkommt, von dem meine Oma immer sagte, es komme daher, dass gerade ein Verstorbener an einen denkt oder durch den Raum geht, sowas verursacht der Roman. And I like it 😉

„The Haunting of Hill House“ ist für mich die ultimative Spukhaus-Geschichte (die ich ohnehin sehr liebe). Also besorgt Euch diesen Roman, packt euch an einem dunkelen stürmisch-verregneten Abend aufs Sofa, zündet ein paar Kerzen an, den guten Rotwein rausholen und dann rein ins schauderhaft-schöne Lesevergnügen. Und immer schön aufpassen, denn wir wissen, der Erzählerin kann man nicht trauen.

Ich weiß noch nicht welche der beiden Verfilmungen ich mir anschauen möchte, hat jemand eine Empfehlung? Oder gleich beide?

Die Verfilmung aus dem Jahr 1963 von Robert Wise

oder die aus dem Jahr 1999 mit Catherine Zeeta-Jones ?

Das Buch ist auf deutsch unter dem Titel „Spuk in Hill House“ erschienen.

6 Kommentare zu “The Haunting of Hill House – Shirley Jackson

  1. Endlich weiß mal jemand dieses Buch zu schätzen, liebe Sabine! Es liegt bei mir auch schon zur Rezension in den Startlöchern. Die deutsche Ausgabe bei Diogenes ist leider unter Phantastik-Kennern eines der gesuchtesten Objekte der Begierde, das gebraucht nicht unter 25,00 bis 30,00 EUR zu haben ist.
    Tolle Rezension zu einer tollen Autorin. Ich kann auch den Nachfolgeroman „We Have Always Lived in the Castle“ (dt. „Wir haben schon immer im Schloss gelebt“) sehr empfehlen, der nicht ganz so finster ist und wunderbar schrullige Charaktere hat.

    • Danke Frank 🙂 We have always lived in the Castle werde ich auf jeden Fall auch lesen, Shirley Jackson ist wirklich klasse. Schon witzig, dass mir „The Hauting of Hill House“ ausgerechnet in Andalusien auf einem Flohmarkt in die Hände gefallen ist 😉

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