Polarexpedition – Teil II

Ich hoffe, alle sind aufgewärmt und bereit für die finale Etappe unserer Polarexpedition. Pünktlich zum Ende der Expedition hat es auch ordentlich geschneit in München und so für echtes Polarfeeling gesorgt.

Wir starten unsere Reise heute mit einem Buch über den Hjalmar Johansen, den stets im Schatten stehenden Begleiter berühmter Polarforscher wie Fridtjof Nansen oder Roald Amundsen.


Die Geschichte von Nansens und Johansens Reise an den Rand des Pols ist spannend wie ein Krimi. Vielleicht, weil es um etwas so Grundlegendes wie das Überleben geht. Mensch gegen Natur. Der Kampf des Menschen gegen sich selbst. Hjalmar Johansen hat es verdient, aus dem Schatten von Nansen und Amundsen herauszukommen. Johansen hatte seine Schwächen, aber er hatte die Behandlung von Amundsen nach der Südpol-Expedition nicht verdient.

Amundsen wollte sein Gesicht wahren und konnte nicht riskieren, dass seine fragwürdigen Entscheidungen nach der Expedition in Frage gestellt wurden. Er beschuldigte Johansen der Meuterei und sorgte damit für dessen unaufhaltsamen Niedergang.

Hjalmar Johansen teilte Rückschläge, Entbehrungen und Gefahren mit Amundsen und Nansen. Mit letzterem überwinterte er neun Monate in einer Hütte am Nordpol und rettete auf der Südpolexpedition gar einen Kameraden vor dem Tod. Doch all das zählte nichts mehr, auf ewig sollte ihm die nachgesagte Meuterei nachhängen.

Das Buch ist eine gelungenen Mischung aus Biografie und Abenteuerroman, in dem Johansens Leben und Schicksal erzählt wird. Spannend und traurig zugleich.

Nach der zum Ende hin doch recht deprimierenden Lektüre wurde mir beim Einblick des 580 Seiten Wälzers von Hampton Sides doch etwas mulmig. Würde ich noch mal soviel Geduld aufbringen, mich über Tage in ein weiteres Polar-Abenteuer zu stürzen?

Erfreulicherweise hat Hampton Sides es mir einigermaßen einfach gemacht. Das Buch liest sich leicht und flüssig und es dauert auch einige Hundert Seiten, bis die eigentliche Polarfahrt beginnt. Ein Umstand, der andere vielleicht stört, ich fand die interessanten Erzählungen rund um die eigentliche Geschichte ganz interesant.

„Die Polarfahrt“ erzählt die wahre Geschichte der Polarexpedition der U.S.S. Jeanette aus dem Jahr 1897. Die Expedition wurde von der U.S. Navy geleitet, aber von dem wohlhabenden, unkonventionellen James Gordon Bennett Jr. finanziert, dem der New York Herald gehörte. Bennett war es, der seinerzeit Stanley ausgesandt hatte, um Livingstone zu finden, ein Zeitungsmann, der zu den Mitbegründern des Sensationsjournalismus zählen kann.

Die Expedition stach von San Francisco aus unter dem Kommando von Lieutenant Commander George De Long in See, der bereits seinen Mut und seine Geschicklichkeit auf den Eisschollen der Arktis bewiesen hatte. Das Schiff kam nicht weit, bevor es nordöstlich der Wrangel-Insel im Packeis festsaß.

Fast zwei Jahre lang driftete die Jeanette dann in nordwestlicher Richtung. Das Schiff war für das Eis konstruiert, gut ausgerüstet und die Männer meisterten die Situation mit bemerkenswerter Souveränität. Die größte Prüfung, der sie in dieser Zeit ausgesetzt waren, waren Irritation und Genervtheit untereinander.

Dann, am 12. Juni 1881, wurde die Jeanette vom unerbittlichen Druck des Eises zerdrückt und sie sank auf den Meeresgrund. Alle 33 Besatzungsmitglieder überlebten den Untergang. Es gelang ihnen auch, einen ordentlichen Vorrat an Proviant und drei kleine Boote zu bergen. Nun begann das eigentliche unerbittliche Abenteuer. Eine Reise von Hunderten von Meilen über ein zugefrorenes Meer, durch ein endloses Eislabyrinth. Sie überwanden Hunger und Stürme, Blindheit und Verzweiflung. Einer hatte sogar eine fortschreitende Syphilis, was wahrscheinlich schon auf dem Festland und in der Zivilisation schlimm genug ist, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie man es aushält, wenn man damit in einer Eiswüste unterwegs ist. Die meisten schafften es nie wieder nach Hause.

Sides erzählt diese Geschichte überaus spannend. Das fängt schon bei seinen Charakterisierungen an, die meiner Erachtens tiefgründig und rund sind. Zum Beispiel Bennett, dem Organisator der Expedition. Das Wort Exzentriker wird ihm nicht wirklich gerecht, er ist ein Mann, der einen Fake-Artikel brachte über Tiere, die aus dem Zoo entkommen und Amok laufen, der seine Verlobte loswurde, weil er in ihren Flügel urinierte. Oder auch August Petermann, der ziemlich seltsame deutsche Kartograph, der glaubte, dass warme Meeresströmungen für ein offenes Polarmeer sorgen, der endlose Vorträge hielt und Schriften veröffentlichte zum Thema Polarexpeditionen, ohne jemals groß aus Deutschland herausgekommen zu sein (außer einem kurzen Ausflug zur Weltausstellung nach Chicago) und nicht zuletzt Emily De Long, die Frau des Kommandanten, die zahllose ergreifende Briefe schrieb, ohne einen sicheren Bestimmungsort zu haben, an den sie geschickt werden konnten. Eine sehr intelligente interessante Frau, die ihren Mann immens unterstützte.

USS Jeanette

Die Besatzung der Jeanette kommt einem nach über 500 Seiten vor wie alte Kumpel. Da ist Melville, der Chefingenieur, eine Art MacGyver des 19. Jahrhunderts; Nindemann, der herzliche Quartiermeister oder Jerome Collins, ein Meteorologe, Herald-Korrespondent und Meister des Wortspiels. Das ruhige Zentrum dieses Sturms ist jedoch Commander De Long. Auf Fotos wirkt er nicht unbedingt imposant; eher gelehrt und intellektuell, aber er war unfassbar mutig und zäh wie die Hölle.

Die Schilderung des Lebens an Bord, nachdem sich die Jeanette im Eis verkeilt hat, ist wirklich faszinierend. Tage, Monate, Jahre vergingen und die Männer blieben an Ort und Stelle, jagten, machten wissenschaftliche Messungen, trainierten, feierten Urlaub und bewegten sich langsam wie im Rhythmus des Meeres. Der Treck der Besatzung nach dem Untergang der Jeanette wird in quälenden Details erzählt. Man ist hautnah dabei, wie ihre Überlebenschancen schwinden.

Es hilft, dass Sides eine gute historische Grundlage hat, mit der er arbeiten kann. Als die Franklin-Expedition verschwand, gab es keine Überlebenden, die die Geschichte erzählen konnten, und nur wenige Beweise. Hier überlebten ein paar Männer, die erklären konnten, was genau passiert war. Bücher wurden von den Überlebenden geschrieben und der Kapitän De Long hatte ganz außergewöhnliche Anstrengungen unternommen, um die Logbücher und Tagebücher der Expedition zu retten – selbst in Kauf nehmend, dass es seine Rettung behindern könnte. Daher gab es eine Fülle von Augenzeugenberichten, die dieser Geschichte große Tiefe verleihen.

De Longs Mission hat etwas fast Perverses an sich. Sie segelten nach Norden, wohl wissend, dass sie im Eis stecken bleiben würden, aber sie taten es trotzdem, auf der Suche nach einer Chimäre, einem von Eis umgebenen Warmwasser-Ozean. Der Drang, unbedingt auch etwas Großes zu leisten, die Panik, dass fast jede Ecke der Welt schon entdeckt, der amerikanische Bürgerkrieg beendet und Männer wie De Long Sorge haben, mit ihren tapferen Vätern und älteren Brüdern nicht mithalten zu können.

Die Jeanette-Expedition widerlegte die Idee des Warmwasser-Ozeans, kartographierte einige Inseln, aber nichts von dem, was sie taten oder entdeckten, war es wert, dafür sein Leben zu lassen.

Nach diesen zwei eher deprimierenden, wenn auch spannenden Büchern über vergangene Polarexpeditionen, hoffte ich bei meinem letzten Abenteuer, dem einzigen Roman in meiner Sammlung, auf etwas mehr Leichtigkeit.

Zwei Antarktis-Expeditionen, die ein Jahrhundert auseinander liegen. Die erste, die in einer Katastrophe endete, ist der Stoff, aus dem Legenden und Jokes unter einer Gruppe moderner Forscher sind, die auf der Aegeus, einer fiktiven Antarktisbasis, stationiert sind.

Im Jahr 1913 brechen drei Männer in einem Beiboot vom Hauptschiff aus auf, um die Insel Everland zu erforschen: der hartgesottene, berechnende Erste Offizier Napps, der geradlinige, furchtlose Millet-Bass und der zarte Dinners, der so unbedarft ist wie ein frischgeschlüpfter Welpe. Ein Sturm lässt sie auf der Insel stranden, und nur Dinners wird Wochen später lebend gefunden, als die Rettungsmannschaft sie endlich erreichen kann. Napps‘ Tagebücher überleben, aber die Wahrheit, die sie enthüllen, ist umstritten. Was wirklich auf der Everland-Expedition geschah, bleibt auf der Insel und wird erst 100 Jahre später teilweise ans Licht kommen.

Einhundert Jahre später brechen drei weitere Abenteurer zu einer Jubiläumsexpedition nach Everland auf: Decker, der auf seiner letzten Antarktis-Reise ist; er ist müde, aber unbestreitbar der Anführer. Dann ist da Jess, eine zähe, super kompetente Feldassistentin und Brix, eine Forscherin, die zu Ungeschicklichkeiten neigt.

Der Roman bewegt sich zwischen diesen beiden Expeditionen hin und her und lässt Spannungsbögen entstehen, die das Buch zu einem kalten und verzweifelten Thriller werden lassen. Die körperliche Anstrengung des Überlebens wird anschaulich geschildert und die Qualen der Isolation am eisigen Ende der Welt, wenn man nicht einmal den Menschen wirklich traut, die das eigene Überleben in den Händen halten, wird nervenaufreibend und herzzerreißend von Rebecca Hunt erzählt.

Noch fesselnder sind die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Expeditionen und wie wenig sich auf Everland in den dazwischen liegenden Jahren verändert hat: Eine Flechte, auf die beide Teams gestoßen sind, ist tausend Jahre alt und wächst in einem Jahrhundert um einen Millimeter, ein Stück Butter behält seine Messerabdrücke über Jahrzehnte hinweg, ein eingefrorener Körper, der nach all den Jahren unheimlich unverändert ist.

Rebecca Hunts Sprache ist spartanisch und unaufgeregt. Ihr schräger Humor und ihre straffen Dialoge passen verleihen der Geschichte einen Hauch von verzweifelter Schönheit. Auch das letzte Buch meiner Polarexpedition stellt sich als hervorragende und spannende Lektüre raus.

So – wir haben es gemeinsam geschafft. Alle Expeditionsmitglieder sind wieder heil zu Hause angekommen. Wer noch immer nicht genug hat, den lade ich ein, meinen kurzen eisigen Trip vom letzten Jahr anzuschauen. Dafür bitte hier entlang.

Ich habe bereits einen tollen Tipp für die nächste Expedition bekommen (The Terror von Dan Simmons), ich sehe mich auch zwischen Ende des Jahres 2021 wieder in eisige Fernen aufbrechen. Wenn euch also sonst noch entsprechende Buchtipps einfallen – gerne her damit.

Book-a-Day-Challenge Day 7

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One of the most beautiful books I own but then all of Judith Schalanky’s books are incredibly well made and astoningishly  beautiful.

Like the author I loved world atlases and globes as a kid (and still do) and constantly travelled the world flicking through or spinning them whilst lying on the living room floor.

Schalansky grew up in East Germany during the late 80’s and early 90’s, so her atlases were filled with a world that was unavailable to most East German citizens. She went on imaginary trips like probably many of us. When the wall fell,  she was faced with infinite possibilities to travel to these strange lands that had filled her imagination.

Judith Schalansky has produced a wonderful atlas that combines everything that us atlas-nerds love in maps combined with history and interesting stories. I’m also a sucker for good introductions, something I miss too often in German books. Her introduction really gets you into the mood and then we are treated to a multitude of islands arranged by ocean.

Each island has two pages dedicated to it, the right hand page a map at the 1:125000 scale and the left hand page shows the nearest other land and a timeline of discovery and significant events that happened on or around the island.

The stories are really interesting and range from whale hunting, Robinson Crusoes, idyllic atolls, atomic bombs, murder and Penguins to cannibalism.

It is amazing to know that there are still places on earth that are unknown. Visually stunning and perfectly designed, this wondrous book is the perfect gift for yourself or any fellow armchair-traveller that whizzes you off to the far ends of the world in no time.

And I nearly forgot to mention – I have been to one of the Islands in real life *looking very proud“ I visited St. Kilda’s some years ago a tiny island off the Outer Hebrides that had a tiny post office because they have their own stamps. I’m still looking everywhere for them now, I hope I still have my St. Kilda stamps somewhere. You could walk around this little place in no time, it’s always windy and the air tastes of salt. Would love to go back and maybe stay a night or two…

Check out Judith Schalansky’s other books „Der Hals der Giraffe“ and „Verzeichnis einiger Verluste“ and make sure you come by here again when I introduce another beautiful book of maps to you: The atlas of literature – coming soon 🙂

Eisblaue D(r)amen

2018 endete mit drei großartigen Damen und so ging erfreulicherweise das neue Jahr gleich weiter. Drei richtig gute Bücher, so lasse ich mir frisch begonnene Literaturjahre gefallen.

Den Anfang machte Judith Schalansky, auf die ich besonders gespannt war. Ich kenne bislang nur „Der Hals der Giraffe“, das ich sehr mochte und in dem ich Unmengen an Sätzen unterstrichen hatte. Die Latte hing also recht hoch…

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In zwölf Geschichten brausen wir mit ihr durch die Weltgeschichte und erfahren von ganz unterschiedlichen Verlusten, auf jeweils 16 Seiten jeweils getrennt durch eine schwarze Seite. Diese sollte man sich etwas genauer ansehen, denn wer genau schaut, der erkennt die jeweiligen Verluste. Den kaspischen Tiger, die Liebeslieder der Sappho, verlorene Gebäude und Gemälde.

„Wo Sapphos Worte lesbar sind, sind sie so unmissverständlich und klar, wie Worte nur sein können. Besonnen und leidenschaftlich zugleich erzählen sie in einer untergegangenen Sprache, die mit jeder Übersetzung erst zum Leben erweckt werden muss, von einer Himmelsmacht, die auch sechsundzwanzig Jahrhunderte später nichts von ihrer Gewaltigkeit eingebüßt hat: Die plötzliche, ebenso wundersame Verwandlung eines Menschen in ein Objekt des Begehrens, das einen wehrlos macht und Eltern, Ehegatten und Kinder verlassen lässt.“

Die Geschichten sind ganz unterschiedlicher Natur. Die gründlich recherchierten Fakten werden in poetisch knapper Sprache zu melancholischen kleinen Kunstwerken gesponnen. Ich kam aus dem Unterstreichen wieder kaum heraus. Es geht mit Captain Cook vom Atoll Tuanakai, das bei einem Seebeben verschwand, dem letzten Kampf des kaspischen Tigers im Kolosseum in Rom, einem Spaziergang einer nölenden Greta Garbo durch Manhattan, über die attische Lyrikerin Sappho hin zu einem ganz besonderen Kapitel deutscher Naturbeschreibung in Greifswald. Diese Form des „Nature Writing“ habe ich bislang in Deutschland noch nicht gelesen (was aber sicherlich meinem beschränken Lesehorizont zuzuschreiben ist, sicherlich gibt es das noch häufiger – kennt jemand Beispiele?)

Die Geschichten gehen mir noch immer nach und es hat mir riesigen Spaß gemacht, meine eigenen Recherchen zu den Geschichten zu betreiben und mich auf die Suche nach weiteren Verlusten zu begeben. Dieses Buch hätte für mich gerne noch einige weitere sechszehnseitige Verlustanzeigen enthalten dürfen. Für mich ein ganz feines Juwel und ich freue mich schon sehr auf die Lesung mit Judith Schalansky in München am 23. Januar.

Ich danke dem Suhrkamp Verlag für das Rezensionsexemplar.

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Auch Maggie Nelson hat ein erstaunliches, besonderes, kleines blaues Kunstwerk geschaffen. In 240 durchnummerierten Absätzen, die kurzen Gedichten ähneln, philosophiert die Autorin über ihre unbeschreibbare Liebe zur Farbe Blau. Es ist eine Liebes- und Leidensgeschichte. Sie trauert um ihren blauen Prinzen und beschreibt gleichzeitig die Leidensgeschichte ihrer querschnittsgelähmten Freundin.

Frei, und ohne sich um irgendwelche Formbeschränkungen zu scheren, reflektiert sie über die verschiedenen Formen des Blaus in Literatur, Philosophie, Musik und Poesie. Es geht in diesen Miniatur-Essays ums Begehren, das Loslassen, das Versinken im Leid aber Nelson verfasst das nicht ohne Selbstironie, einen Hauch Sentimentalität und feministischer Intellektualität.

Ein Buch, das man auf jeder Seite aufschlagen und loslesen kann, und mit dem man bestens prokrastinieren kann. Ein paar Absätze lesen, ein passendes Musikstück raussuchen, die erwähnten Personen nachschlagen und einfach ein bisschen blau-schwermütig aus dem Fenster schauen…

Meine letzte Empfehlung passt bestens zu den aktuellen Wetterbedingungen.

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Hanna befindet sich mit einem Forscherteam in der Antarktis, als sie von ihrem Bruder eine Email mit den Worten „Scott ist tot“ erhält. Vollkommen überrascht und erschüttert versucht sie, die Nachricht vom Tod ihrer ehemals besten Freundin Fido zu verarbeiten. Die ungeklärten Fragen und immer wieder hochkommenden Erinnerungen drohen Hanna und die Expedition in Gefahr zu bringen.

Es geht nicht nur um eine Forschungsexpedition ins ewige Eis, sondern auch und vor allem um Erinnerungen und an die erste, große Liebe. Nüchtern legt Anna von Canal das Beziehungsgeflecht zwischen Hanna, ihrem Bruder Jan und Fido unter das Mikroskop. Ein spannendes poetisches Buch über die Kindheit, die Macht der Erinnerung und den eisigen Schmerz, den „Ghosting“ verursacht, das bewusste Verschwinden eines Menschen ohne jede Erklärung.

„Du bist seit zwanzig Jahren eingefroren in diesem Bild. Festgehalten in meiner letzten Erinnerung an dich. In dem Moment, bevor unsere Freundschaft endete.“

Mir gefiel dieser kurze Roman mit seiner klaren schnörkellosen Sprache und mit einem letzten Satz, über den ich noch immer nachdenken muss.

Aufmerksam wurde ich darauf durch Constanze, die auf ihrem Blog „Zeichen und Zeiten“ vor einiger Zeit schon darüber berichtete.

Schmale Schönheiten I

Die fette Erkältung, die mich kürzlich lahmlegte, führte dazu, dass ich eine ganze Reihe dünner Bücher aus dem Regal holte. Ich mag das Gefühl nicht, den ganzen Tag nix zu schaffen und ein Buch durchzulesen gibt einem zu mindest ein Minimum an „erledigt“ am Tag, wenn man auch sonst nur wenig von der To Do Liste abgearbeitet bekommt.

Ob das Gefühl des immer „beschäftigt sein müssens, um sich nützlich zu fühlen“ so das Vernünftigste ist, steht auf einem anderen Blatt – auf jeden Fall habe ich mich in letzter Zeit durch eine Reihe dünnerer Bände gefräst. Hier der erste Teil derer, die ich zu den schmalen Schönheiten zähle, davon wird es sogar noch einen zweiten Teil geben. Es gab aber auch wieder Futter für die Rubrik „Connection with Reader could not be established“ – die kommen aber demnächst separat. Hier jetzt erst einmal zu denen, die ich eher zu den Schönheiten zählen würde.

Den Anfang macht „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“ – Peter Stamm

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Vom Titel her hätte das auch ein Kettcar Album sein können, ich bin zumindest entsprechend darauf angesprungen. Die schönste Kurzzusammenfassung las ich in der Zeit, die dazu schrieb: „In seinem Roman „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“ erzählt Peter Stamm erneut, wie Literatur so lange ins Leben eingreift, bis Realität und Fiktion verschmelzen.“

Bäm – genau so. Die Idee des Buches fand ich genial, die Umsetzung war nicht perfekt. Die Figuren haben mich überraschenderweise seltsam kalt gelassen und so schön ich auch den einen oder anderen Satz fand und ihn herausgeschrieben habe, ich fürchte das ist – trotz aller definitiv vorhandener Schönheit – ein Buch an das ich mich bald nicht mehr wirklich erinnern kann.

Christoph und Chris, Magdalena und Lena – zwei Paare in Dopplung, das jeweilige Paar mit seinem Gegenbild. Der heutige Christoph trifft sein jüngeres Ich sowie die Partnerin seines früheren Ichs und die Frage ist, könnte man sein eigenes Leben mit dem Wissen von heute rückwirkend in andere Bahnen lenken?

Ein Buch, das einen definitiv zum Nachdenken bringt, wunderschön erzählt wird, nur die Nachhaltigkeit der Geschichte, die stelle ich ein wenig in Frage. Trotzdem zähle ich das Buch definitiv zu den schmalen Schönheiten, ich habe es mit großem Genuß gelesen und wieviel ich davon in ein paar Monaten tatsächlich noch weiß, das werde ich ja sehen.

„Ich denke an mein Leben, das noch gar nicht stattgefunden hat, unscharfe Bilder, Figuren im Gegenlicht, entfernte Stimmen. Seltsam ist, dass mir diese Vorstellung schon damals nicht traurig vorkam, sondern angemessen und von einer klaren Schönheit und Richtigkeit wie dieser Wintermorgen vor langer Zeit.“

„Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ – Ernest van der Kwast

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Vor einer ganzen Weile sahen wir in einem Restaurant einen mega-schicken Herrn – sehr extravagant und cool gekleidet, der gleichzeitig intellektuell, cool und lässig wirkte, allein an einem Tisch sitzen und lesen. Wir waren beide so fasziniert von seiner Ausstrahlung, das wir unbedingt wissen wollten, was er wohl liest. Es war Ernest van der Kwasts Buch und es hat uns umgehend in den Buchladen geführt, wo wir das Buch suchten und kauften, er hatte uns wirklich neugierig gemacht 😉

Ist das schon Leser-Stalking? Auf jeden Fall habe auch ich jetzt endlich geschafft, mich dem dünnen Büchlein zu widmen. Ich bin jetzt nicht so der Liebesgeschichten-Typ, aber es wirkte spannend, der interessante Typ hat es gelesen, die Bingereader-Gattin war sehr angetan davon und ganz ehrlich – bislang hab ich noch kein wirklich schlechtes Buch aus dem Mare-Verlag gelesen. Keine Ahnung, warum es dennoch einige Zeit dauerte, bis ich mich endlich daran machte, mich in „Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ ins Italien der Nachkriegszeit zu begeben.

Die beiden Brüder Ezio und Alberto liegen im Nachkriegssommer am Meer und beobachten Mädchen, als die 20jährige Giovanna Berlucci eines Tages in einem Zweiteiler – dem ersten Bikini – aus dem Meer steigt. Ezio verliebt sich auf der Stelle und Hals über Kopf in das junge Mädchen und es gelingt ihm auch, für kurze Zeit ihr Herz zu erobern.

„Dann kam die Sehnsucht. Die Sehnsucht, die allmählich wächst, wenn sie nicht gestillt wird, die immer stärker wird, solange Fragen bleiben. Die Sehnsucht, die endlich aus dem tiefen Brunnen der Vergangenheit emporgestiegen war.“

Nach nur kurzer Partnerschaft und im Rausch der ersten Liebe macht Ezio ihr einen Heiratsantrag, doch Giovanna liebt nicht nur das Meer, sondern auch ihre Freiheit und ohne zu antworten läuft sie aufs Meer zu und verschwindet in den Fluten. Ezio kann mit dieser Schmach nicht leben, er flieht nach Südtirol, wird Apfelpflücker und tut alles, um Giovanna zu vergessen, doch nach 60 Jahren bekommt er auf einmal einen Brief von Giovanna …

„Die schöne Schrift“ – Rafael Chirbes

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Das Buch habe ich meinem Bruder irgendwann mal aus dem Regal gemopst und wenn ich recht drüber nachdenke, das nächste auch (und noch nicht wieder zurückgegeben – uiuiiiiuiiii….)

Ich habe das Buch direkt nach den „Fünf Viertelstunden bis zum Meer“ gelesen und der verrückte Effekt war, dass ich die ganze Zeit beim Lesen das Gefühl hatte, die „Fünf Viertelstunden“ noch einmal zu lesen nur dieses Mal aus Giovannas Sicht, was ihr in diesen sechs Jahrzehnten so passiert ist.

Ist natürlich Quatsch, das Buch hat damit überhaupt nix zu tun, dennoch fiel es mir regelrecht schwer, mir immer wieder beim Lesen vor Augen zu halten, dass das hier ein komplett anderes Buch ist und die Lebensgeschichte einer ganz anderen Frau erzählt.

Eine einfach ältere Dame erzählt ihrem erwachsenen Sohn in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von ihrem bewegten Leben, von ihren seltenen Momenten des Glücks und den häufigeren Augenblicken des Schmerzes, der Sorge, der Liebe und der Verletzungen. Die Familie hielt zusammen während der Zeit des spanischen Bürgerkrieges und den Jahren danach, doch dieser Familienzusammenhalt brach zusammen durch die Heirat ihres Sohnes mit einer überaus hübschen und ehrgeizigen Frau. Ihr wird klar wie sehr sie sich auch von ihrem eigenen Sohn entfernt hat, denn sonst würde er sie nicht aus ihrem eigenen Haus vertreiben, um an desssen Stelle ein lukratives Mietshaus zu errichten. Die Protagonistin Ana erklärt nicht nur ihrem Sohn, sondern vielmehr sich selbst, warum ihr Leben verlaufen ist, wie es verlaufen ist und was das alles für sie bedeutet.

Ein Rückblick auf ein schweres Leben voller Entbehrungen.

Ich mochte Chirbes kargen, prägnanten Schreibstil sehr, der mit sparsamen Worten so viel mehr erzählt als andere auf hunderten von Seiten. Eindrucksvoll und ganz ohne Pathos.

Air Mail – Jeffrey Eugenides

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Eugenides ist nicht nur auf der Langstrecke klasse, er überzeugt mich definitiv auch auf der Sprint-Strecke. Drei Kurzgeschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. In der ersten treffen wir auf Mitchell, der in Thailand aufgrund eines heftigen Magen-Darm-Virus mit entsprechender Diarrhö zu fasten beginnt. Dieses Fasten in einem thailändischen Backpacker-Camp nimmt immer extremere Ausmaße an wird fast zum esoterischen Spiel um Leben und Tod. Die Grenzen zwischen der realen und der spirituellen Welt zerfließen immer mehr, bis sie für Mitchell irgendwann nicht mehr wirklich von einander zu unterscheiden sind…

In der zweiten Geschichte sucht eine verzweifelte Frau mehr oder weniger nach einem Begatter, von dem sie auf einer Party ganz zwanglos etwas Samen abzapfen kann. „Bratenspritze“ ist wunderbar ironisch und vielleicht hat fast jeder von uns eine Tomasina im Bekanntenkreis, die man sich nur zu gut mit der Bratenspritze vorstellen kann.

Auf der Party erhält sie wie gewünscht den Samen, aber da ist auch Wally, der etwas klein geratene Geschäftsmann, mit dem sie vor Jahren mal zusammen war und der sie irgendwie immer noch liebt …

In der letzten Geschichte geht es um den Sohn wohlhabender Eltern, die ihr gesamtes Vermögen in eine abgewirtschaftete Hotelanlage gesteckt haben und die der Vater verzweifelt versucht, zu renovieren. So marode wie die Hotelanlage ist, ist auch die Gesundheit der Eltern und der Sohn wird sich bewusst, dass auch er irgendwann einmal seinen eigenen Wunschbildern zum Opfer fallen wird.

Kurzgeschichten auf höchstem Niveau, rasant erzählt mit spannenden Wendungen.

Hier noch mal im Überblick:

Welche Bücher für ein zwar schnelles aber dennoch tiefgründigen „Quickie“ könnt ihr empfehlen?

Hirngymnastik – Meeresbiologie

“Before we existed, and after we are gone, the ocean will continue to whisper to the atmosphere.” (Kate Marvel)

Die Hirngymnastik findet dieses Mal unter Wasser statt, wir begeben uns in tiefste Tiefen und befassen uns mit der Meeresbiologie und der Geschichte unserer Ozeane. Schon immer hat mich dieses unbekannte Universum ähnlich stark fasziniert wie die unendlichen Weiten des Weltalls. Beim Schwimmen im Meer bin ich eine ziemliche Schissbüx und nehme schnell beim kleinsten Fisch Reissaus, aber ich hätte große Lust, mich mal mit Kapitän Nemo in seinem Unterseeboot auf Tauchstation zu begeben.

Wir starten mit einem ganz besonderen Buch:

Rendezvous mit einem Oktopus – Sy Montgomery

Oktopoden habe ich schon immer geliebt, ich finde diese hochintelligenten Tiere einfach wahnsinnig spannend und als ich das Cover von Sy Montgomerys Buch sah, war mir sofort klar, dieses Buch möchte ich lesen, haben, inhalieren. Der Inhalt des Buches konnte auch locker mit dem wunderschönen Cover mithalten. Das Buch liest sich wunderbar, ganz unmerklich wird man schlauer, erfährt mehr und mehr über Oktopoden und zum Ende der Lektüre beschäftigt man sich sehr intensiv mit Fragen rund um Bewußtsein, Interaktion und Kommunikation zwischen unterschiedlichen Spezies und unser noch sehr eingeschränktes Wissen um die unterschiedlichen Arten von Intelligenz.

Das Buch ist sehr erfolgreich, aber nichts für Menschen auf der Suche nach streng wissenschaftlichen Texten. Montgomery erzählt in dem Buch über ihre persönlichen Erfahrungen beim Erforschen von Oktopoden. Sie ist eine Wissenschaftlerin, die sich tief mit ihren Studienobjekten beschäftigt und zwar „hands-on“ und nicht in einem Labor oder Elfenbeinturm. Sie lernt unglaublich viel über den Oktopus „Octavia“ gleich am Anfang des Buches und umgekehrt lernt auch der Oktopus viel über Montgomery, da diese Tiere über ihre Tentakeln die Haut der Menschen schmecken und darüber die entsprechenden Emotionen lesen. Der Geschmackssinn ist einer der wichtigsten für Oktopoden und es verwundert vielleicht nicht, dass sie sich sehr schnell von Leuten zurückziehen, die beispielsweise heftige Raucher sind.

Montgomery ist von Anfang an mehr als fasziniert von den Oktopoden die sie kennenlernt und sie bringt uns die Tiere, die sie in der Zeit ihrer Studie kennenlernt, wahnsinnig nahe. Sie persönlich glaubt, dass Oktopoden Bewußtsein und vielleicht sogar eine Seele haben, eine finale Antwort kann das Buch auf diese Frage natürlich nicht geben. Sie beschreibt die Tiere als Individuen mit eigenen Persönlichkeiten, Erfahrungen, Wünschen etc.

 

Wir lernen neben Octavia auch Kali und Karma kennen. Wir erleben, wie sie mit den Mitarbeitern im Aquarium interagieren, wir erleben, wie einer der Oktopoden sich liebevoll um ihre unbefruchteten Eier kümmert, lernen schmerzhaft, wie kurz die Lebensdauer von Oktopoden ist und erleben teilweise ihren Tod, aber auch, wie manche zurück in die Freiheit entlassen werden.

„Eine andere Gefahr wäre, dass ein Oktopus aus Langeweile versuchen könnte, auf Wanderschaft zu gehen, um sich einen interessanteren Ort zum Leben zu suchen. In ihrer Fähigkeit, ihren Gefängnissen zu entfliehen, sind die Kraken dem berühmten Entfesselungskünstler Houdini vergleichbar. L. R. Brightwell von der Meeresbiologischen Station im englischen Plymouth traf einmal nachts um halb drei auf einen Oktopus, der gerade die Treppe hinunterkrabbelte. Er war aus seinem Bassin im Labor der Forschungsstation ausgebüxt. Auf einem Fischtrawler, der im Ärmelkanal unterwegs war, gelang es einem frisch gefangenen, auf Deck abgelegten kleinen Oktopus, die Mannschaftsleiter hinunterzugleiten und bis in die Kajüte zu gelangen. Stunden später fand man ihn wieder, er hatte sich in einer Teekanne versteckt.“

Die Oktopoden pushen manche Menschen weg, einige lassen sie sehr nah an sich heran, sie können sehr gefährlich sein und Menschen verletzen, sind unglaublich schlau, wahnsinnige Gestaltwandler, die sich durch die kleinste Lücke pressen um auszubrechen, Tiere die ständig Stimulanz brauchen, da sie sich sehr schnell langweilen. Sie wechseln ihre Gestalt, ihre Farbe, zeigen Freude, Einsamkeit und Sehnsucht.

Montgomery bringt uns auch die Aquariums-Gemeinschaft näher. Menschen, die auf unglaubliche Art und Weise mit den Oktopoden verbunden sind. Von Oktopoden berührt, geschmeckt und „gelesen“ zu werden, scheint fast jeden der Menschen im Buch auf ganz besondere Weise zu berühren und zu beruhigen.

Es gibt nach wie vor viele Leute die glauben, der Mensch ist das einzig intelligente Tier, was mir nicht so wahnsinnig intelligent erscheint 😉 Ich hoffe das Buch kann ein wenig helfen, nicht nur den Oktopoden mehr Aufmerksamkeit zu widmen, sondern auch dem Thema Verbundenheit über die Grenzen verschiedener Spezies hinweg und wie wichtig es für uns Menschen ist, unseren Mitlebewesen gegenüber mehr Respekt zu zeigen.

 

Nachrichten aus einem unbekannten Universum – Frank Schätzing

Auf dieses Buch hatte ich mich sehr gefreut. Ich habe vor Jahren mal bei einer über Tage dauernden unangenehmen Wurzelzahnbehandlung Schätzings „Der Schwarm“ als Hörbuch gehört und war sehr begeistert davon. Als ich vor einiger Zeit die illustrierte Ausgabe von „Nachrichten aus einem unbekannten Universum“ auf einem Grabbeltisch entdeckte mußte ich sofort zuschlagen und mir war klar, das wird mal Teil einer Hirngymnastik.

Es macht auch großen Spaß das Buch durchzublättern, hineinzustöbern, die Bilder anzuschauen, nur das Buch von vorne bis hinten durchlesen, das fand ich ziemlich anstregend. Entweder war es mir bei der Zahnbehandlung aufgrund der Betäubung nicht aufgefallen oder er hat es im „Schwarm“ noch nicht so exzessiv betrieben, aber sein permanentes antropomorphisieren (gibts das Wort?) ging mir sehr auf den Keks und auch die super flapsige Sprache hat mir den Spaß am Buch ein wenig genommen. Ab und an ist das vollkommen ok für mich, aber nicht bemüht in jedem Satz, manchmal hatte ich den Eindruck Mario Barth war der Ghostwriter des Buches.

Man liest über die Gefühle und Entscheidungen von Hummern, Pflanzen, Haien oder auch ganzen Kontinenten. Selbst die Evolution kommt nicht ungeschoren davon und wird permanent als „Miss Evolution“ betitelt, was mich schier in den Wahnsinn getrieben hat.

Im Buch geht es um die Evolution und die Entwicklung der Erde mit speziellem Fokus auf das Meer. Er startet mit der Entstehung der Erde und arbeitet sich dann zeitgeschichtlich in die Gegenwart und gibt dann einen Ausblick in die Zukunft der Meere.

Ein paar interessante Fakten habe ich mitgenommen, die Bilder haben mir gefallen, daher ist das Buch kein kompletter Ausfall für mich, aber etwas enttäuscht war ich schon.

Abgrund – Bernhard Kegel

Richtig glücklich bin ich mit „Abgrund“ auch nicht geworden. Es ist definitiv ein wunderschönes Buch, ich liebe Haie und es spielt auf den Galapagos-Inseln, die Zutaten waren also richtig gut, dennoch hat es mir letztlich nicht wirklich geschmeckt. Das Buch ist ein Wissenschaftsroman und damit eine Mischung aus Sachbuch, Krimi und Reportage.

Sehr gelungen fand ich den Prolog des Buches, der einen spannenden Rückblick in Darwins Galapagos-Reise und das Sammeln seiner Finken durch seinen Begleiter Syms Covington gibt. Entsprechend aufgewärmt und freudig stürzte ich mich dann auf die eigentliche Lektüre des Romans, fand die Story aber recht schwach und alles andere als spannend.

Habe vor vielen Jahren mal „Das Ölschieferskelett“ vom gleichen Autor gelesen und war damals ganz begeistert. Hier wollte der Funke aber partout nicht überspringen. Die Tauchgänge, die im Roman beschrieben werden, bei denen eine neue Haiart entdeckt wird, wirken wie mühsam herbeigezogenes Beiwerk, um dem Leser die Gefahren des globalen Klimawandels nahe zu bringen, was an sich ja sehr löblich ist, hier aber einfach nicht wirklich gut gemacht ist.

Etwas subtiler hätte das sein dürfen und Spannung wollte bei mir überhaupt nicht aufkommen. Letztlich behalte ich das Buch (für den Moment) wegen des schönen Covers, werde es sicherlich nicht noch einmal lesen und kann es nicht wirklich empfehlen.

Ich mag Haie sehr gerne und hätte große Lust, mal einen Roman zu lesen, in dem diese stets unterschätzten und weitestgehend ungeliebten Tiere im Mittelpunkt stehen. Kann mir da jemand was empfehlen?

Alles in allem also eine durchwachsene Hirngymnastik. Die Meeresbiologie finde ich nach wie vor spannend, bin dabei aber bei der Auswahl entsprechender Dokumentationen deutlich erfolgreicher gewesen als bei 2/3 meiner Buchauswahl.

Ich kann die Dokumentation „Planet Ocean“ sehr empfehlen:

Hier noch mal im Überblick die Bücher der Hirngymnastik Meeresbiologie:

  • Rendezvous mit einem Octopus – Sy Montgomery (ich danke dem Mare Verlag für das Rezensionsexemplar)
  • Nachrichten aus einem unbekannten Universum – Frank Schätzing (Kiepenheuer & Witsch)
  • Abgrund – Bernhard Kegel (Büchergilde Gutenberg)