The Blazing World – Siri Hustvedt

siri

In Siri Hustvedts sechstem Roman „The Blazing World“ erzählt sie die provokante Geschichte der Künstlerin Harriet Burden, die seit Jahren von der Kunstwelt ignoriert oder von der Kritik verrissen wird. Irgendwann hat sie die genug davon und sie präsentiert ihre Kunst hinter drei männlichen Masken verborgen und peng! die Kunstwelt ist begeistert. Die drei Ausstellungen, in denen ihre Kunst als die von jeweils drei unterschiedlichen Künstlern als die ihrige ausgegeben wird, sind ein riesen Erfolg, als Burden aber nach der letzten Ausstellung triumphierend als eigentliche Künstlerin hervortreten will, glauben ihr die Kritiken nicht.

Der erste Künstler, ein junger unbekannter Mann und der zweite, ein schwuler, farbiger Mann – das lies die Kritikerwelt noch irgendwie gelten. Aber das der bekannte Künstler Rune nicht selbst diese brillianten Ausstellungsstücke geschaffen haben soll, das nehmen sie ihr nicht ab. Sie sprechen ihr die Rolle als seine Muse zu, glauben schon, dass die beiden eng miteinander involviert waren, aber SIE, die tatsächliche Künstlerin, niemals! Burden hat 24 Tagebücher geführt für fast jeden Buchstaben im Alphabet ein eigenes. In diesen enthüllt sie ihr kompliziertes und auch gefährliches Maskenspiel, das mit dem Selbstmord (?) Runes endet.

Der Roman wird sehr raffiniert in Form der Tagebuch-Eintragungen Burdens, sowie Interviews und Gesprächsnotizen mit Familie, Freunden, den Mitbewohnern von Burdens exzentrischer Loft-WG und Kritikern erzählt.

Dieses Buch platzt fast aus allen Nähten an Informationen, Wissen und Geschichten, eine Ansammlung von Schriften die das Leben Harriets beleuchten, ihre Biografie die stellenweise auch gut eine Autobiografie Hustvedts sein könnte. Philosophische Gedanken sind genauso vertreten wie die Neurowissenschaften, Psychologie, Kunstbewegungen und immer wieder in diesem Fall wirklich hilfreiche Fußnoten, die es einfacher machen das Wissen zu sortieren. Die Geschichte wird aus vielen Perspektiven erzählt, es ist aber nie schwer diesen zu folgen.

Harriet ist das was man wirklich „larger than life“ nennt. Sie ist nicht nur köperlich riesig, sie hat auch ein großes Herz, ein noch viel größeres Gehirn und wirbelt durch das Leben und die Kunst. Sie brennt vor lauter Ideen und ein Kritiker wirft ihr einmal vor, zu ernsthaft zu sein, ja, das kann man ihr vielleicht vorwerfen, aber so what. So groß und stark sie auch wirkt, sie ist tief verletzt, wütend über die jahrzehntelange Ignoranz, die ihr und anderen Frauen in der Kunst entgegengebracht wird. Sie wütet, sie rebelliert – ein Mauerblümchen ist sie tatsächlich nicht.

Verheiratet mit einem sagenhaft reichen Kunsthändler, der nicht einmal im Traum daran dachte, sich für ihre Kunst einzusetzen und der sie wiederholt mit Männern betrog, kümmert sie sich um die beiden Kinder und arbeitet dennoch stets weiter. Mit dem Tod ihres Mannes verändert sich alles. Es gibt so sagenhaft viel über dieses Buch zu sagen. Der Titel „The Blazing World“ basiert auf einer der ältesten Science Fiction Geschichten gleichen Titels, der von einer ebenfalls zu ihrer Zeit schwer unterschätzten Adeligen, Philosophin und Naturwissenschaftlerin Magaret Cavendish im 17. Jahrhundert geschrieben wurde.

The Blazing World ist nicht immer einfach zu lesen, man muß schon bei der Stange bleiben. Aber man lernt nicht nur unglaublich viel, insbesondere wenn man den Fußnoten folgt, nachliest und es macht Spaß. Ich mag ja „angry books“ – kräftige befreiende Literatur. Ein notwendiges Buch. Es hat mich an Bücher Margaret Atwood oder Toni Morrison erinnert.

„I was the ruler of my own little Brooklyn Fiefdom, a rich widow woman, long past babies and toddlers and teenagers, and my brain was fat with ideas“.

„This amnesia is our phenomenology of the everyday – we don’t see ourselves – and what we see becomes us while we’re looking at it.“

„I suspect that if I had come in another package my work might have been embraced or, at least, approached with greater seriousness. I didn’t believe there had been a plot against me. Much of prejudice is unconcious.“

„If there is one thing that doesn’t fly in the art world, it’s an excess of sincerity. They like their geniuses coy, cool, or drunk and fighting in the Cedar Bar, depending on the era.“

„But it is not what is said, that makes us who we are. More often it is what remains unspoken.“

„A young person always extrapolates human reality from her own life.“

„The truth is Harriet was striking. She had a beautiful, strong, voluptuous body. Men stared at her on the street, but she wasn’t a flirt, and she wasn’t socially graceful or prone to small talk. Harriet was shy and solitary. In company, she was usually quiet, but when she spoke, she was so forceful and intelligent, she frightened people, especially boys her own age. They simply didn’t know what to make of her. Harry sometimes wished she were a boy, and I can say that had she been one, her route would have been easier. Awkward brilliance in a boy is more easily categorized, and it conveys no sexual threat.“

„Did I want to live as a man? No. What interested me were perceptions and their mutability, the fact that we mostly see what we expect to see.“

„She believed in her steam and fury, and she pushed her art out of her like wet, bloody newborns,“

„It was true they didn’t want Harry the artist. I began to see that up close. She was old news, if she had ever been news at all. She was Felix Lord’s widow. It all worked against her, but then Harry scared them off. She knew too much, had read too much, and she corrected people’s errors.“

Das Buch ist auf deutsch unter dem Titel „Die gleissende Welt“ im Rowohlt Verlag erschienen.

5 Kommentare zu “The Blazing World – Siri Hustvedt

  1. Das klingt wirklich sehr sehr gut! Alles, was das SiriHustvedt-Leser-Herz begehrt: Kunst/Künstler, Neurowissenschaften, Rollenspiele, Identitätsfragen… Ich kann mich definitiv nicht gedulden bis die deutsche Übersetzung da ist. Meinst du, es ist trotz der Informationsfülle auch für no native speakers des Englischen verständlich? Die Zitate ermutigen mich auf jeden Fall und ich bin es eigentlich auch gewöhnt zwischendurch mal auf Englisch zu lesen 😉 LG Laura

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