Literatur-Blog für alle, die keine Angst vor heftigen Mischungen haben. Paul Auster, Margaret Atwood, Haruki Murakami treffen auf Simone de Beauvoir, Batman und Orphan Black. Dosenbier auf Oper und St. Pauli auf Crispr, Philosophie, Science und Sci-Fi.
Gesehen: Sputnik (2020) von Egor Abramenko. Russischer Horror-SciFi der mich so gar nicht vom Hocker gehauen und sich irgendwie selbst viel zu ernst genommen hat.
Gehört: If you have Ghosts – Chelsea Wolfe, The Red Violin – Elina Vähälä, Sunlight – Max Richter, Songs for an empty world – Cryo Chamber, For the Light – Lea Porcelain
Gelesen: Building a more honest internet, dieses Interview mit der Physikerin Sabine Hossenfelder, Fast Food Arbeiter sprechen über Burnout
Getan: mit lieben Freundinnen getroffen und lecker gegessen, den Babybauch einer guten Freundin bewundert, mit dem kleinen Neffen im Zoo gewesen, ein Meetingtag im Büro und letzte Geburtstagsgeschenke in der Stadt gekauft
Gegessen: jede Menge leckere selbstgemacht Tapas
Gefreut: über den entzückenden kleinen Neffen
Geweint: nein
Geärgert: nein
Geklickt: das Straßennetz römischer Straßen als U-Bahn Karte
Gestaunt: über das Radl-Wunder das Anna Kiesenhofer in Tokio geschafft hat
Gelacht: Eleanor Morton als schottischer TourGuide
Gedacht: “Women have served all these centuries as looking glasses possessing the magic and delicious power of reflecting the figure of man at twice its natural size.” //Virginia Woolf
Gesehen: Sunshine (2007) von Danny Boyle mit Cillian Murphy und Michelle Yeoh. SciFi um ein Team an Astronauten die die Sonne wiederbeleben wollen um die Erde zu retten. Düster, großartige Bilder, wunderschöner Soundtrack – toller Film.
Booksmart (2019) von Olivia Wilde mit Beanie Feldstein und Kaitlyn Dever. Zwei akademische Teenager-Superstars erkennen am Vorabend ihres Highschool-Abschlusses, dass sie weniger hätten arbeiten und mehr hätten spielen sollen. Sie versuchen vier Jahre verpassten Spaß in eine Nacht zu packen. Echt witzig – hat mir sehr gefallen.
Princess Charming (2021) LGBTQ+ Dating show. Nicht eigentlich mein Genre, ist aber deutlich unterhaltsamer und interessant als ich dachte. So viele spannende, interessante, kluge Frauen…
Gelesen: Flut in Deutschland – Bilder der Zerstörung und der Solidarität, What makes a cult a cult?, Warum ich mich bei Bewerbungen direkt als lesbisch oute, These Chinese Millennials Are ‘Chilling,’ and Beijing Isn’t happy, dieses Interview mit David Duchovny, diesen Artikel über die CALM app, do you want AI to be conscious? The best way to succeed as a female artist is to be old
Getan: einen Workshop im Büro durchgeführt, mit lieben Freundinnen getroffen und lecker gegessen, schlaflos durch die Wohnung geirrt und Geburstagsgeschenke gekauft
Gefreut: über mein Abschiedsgeschenk vom ex-Arbeitgeber nach über einem Jahr
Geweint: über die schreckliche Flutkatastrophe und die vielen Opfer
Geärgert: über diese sinnlose brutale Polizei-Aktion in London
Gestaunt: Star Trek’s Warp Drive Leads to New Physics, Mariko Kusumotos beautiful transluscent textile sculptures, Facts about living in space, Robots making Pizza
Gesehen: The Devil’s Doorway (2018) von Aislinn Clarke. Im Herbst 1960 werden Pater Thomas Riley und Pater John Thornton vom Vatikan ausgesandt, um ein wundersames Ereignis in einem irischen Heim für „gefallene Frauen“ zu untersuchen, nur um etwas viel Schrecklicheres aufzudecken.
Gehört: Diana – Chelsea Wolfe, I am woman – Helen Reddy, O Antonis – Maria Farantouri, Einmal sehen wir uns wieder – Lale Andersen, Ein Schiff wird kommen – Dalida, Lady D’Arbanville – Cat Stevens, Der Mond ist aufgegangen – Tangerine Dream, Somebody to love – Valerie June, Hiraeth – Karin Park & Lustmord, Cello Concerto in D minor, RV 407 – Antonio Vivaldi, Elementals – Paulina Fae
Gelesen: Reden bedeutet Risiko, diesen Artikel über Society Re-Entry, dieses Interview mit Kelly Marie Tran, Every child on their own trampoline, Jill Lepore on Burnout, Ezra Klein interviews Ted Chiang, What happens when investment firms acquire trailer parks
Getan: im Strandkorb auf die Ostsee geschaut, Lübeck bewundert, gelaufen und etwas Yoga gemacht, meinen Geburtstag ganz wunderbar romantisch am Bistensee gefeiert
Gegessen: jede Menge Fisch
Gefreut: über die vielen lieben Glückwünsche zu meinem Geburtstag und die tollen Geschenke
Geweint: nein
Geärgert: nö
Geklickt: Awesome, Hypnotic Photos of Swirling, Crystal Chemistry
Gestaunt: Earth restored und über diesen Parasite who drugs his host
Gelacht: How I’m arguing in 2021: You’re right, goodbye.
Gesehen: Tropical Malady (2014) von Apichatpong Weerasethakul. Thailändischer Film über zwei junge Männer die sich in einander verlieben und ein Tiger der die Gegend unsicher macht. Surreal, fiebrig, skurril – hat mir sehr gefallen.
Contagion (2011) von Steven Soderbergh mit großer Starbesetzung. Zum (hoffentlich) absehbaren Ende der Pandemie, ein packender Pandemie-Thriller mit teilweise überraschend treffenden Beschreibungen „unserer“ Pandemie. Sehenswert.
Gefreut: Forest the size of France regrown worldwide over 20 years, swearing-in ceremony at the Scottish Parliament, resisting an immigration raid in Glasgow
Geweint: nein
Geärgert: über den drohenden Krieg in Israel
Geklickt: NY lawmakers want to ban Bitcoin mining for 3 years to study environmental impact, Proving the ‘shifting baselines’ theory: how humans consistently misperceive nature, Nature reclaims abandoned structures, auf diesen Artikel über Seesterne und Holzarchitektur gegen die Klimakrise
Gestaunt: Nuclear reactions are smoldering again at Chernobyl, A New Brain Implant Translates Thoughts of Writing Into Text, Arabian cult may have built 1000 monuments older than Stonehenge, We now have the technology to develop vaccines that spread themselves, 3 D printed Wood
Gelacht: Vaccine research vs anti-vaccine research
Gesehen: The Others (2001) von Alejandro Amenábar mit Nicole Kidman. Wundervoll atmosphärischer Gothic Horror um eine Familie die in einem dunklen Haus lebt, in dem sie nicht alleine zu sein scheinen. Kann ich alle paar Jahre wieder schauen.
Spiderman 3 (2007) von Sam Raimi mit Tobey Maguire und Kirsten Dunst. Comic Spaß mit leider etwas seichtem Drehbuch. Um einen verregneten Abend aufzuheitern hat er ausgereicht.
The Fall of the House of Usher (1980) von Jan Švankmajer. Surreale 15minütige Verfilmung der gleichnamigen Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe. Fühlt sich wie ein animiertes Hörbuch an.
Gelesen: Elizabeth Kolbert on Have we already been visited by aliens, Nachruf auf die viel zu früh verstorbene Sängerin und Produzentin Sophie, die großartige Kurzgeschichte Paper Menagerie von Ken Liu, How the work ethics became the substitute for good jobs, die Ideologie der Kapitol Stürmer
Getan: einen spannenden Videocall mit einer Freundin in Sierra Leone, Yoga, viel zu Fuß gegangen, unendlich viele Meetings und ein virtuellen Kickoff 2021
Gefreut: über ein tolles nachträgliches Weihnachtspaket
Geweint: nein
Geärgert: nein
Geklickt: auf Marina Weisband beeindruckende Rede zur Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag, auf Mai Thi Nguyen-Kims Video wie Corona enden wird, Why Kamala Harris election matters, auf die „Northlandscapes“ von Fotograf Jan Erik Waider, auf den TED Talk von Shaolin Meister Shi Heng Yi
Gestaunt: über den Krümelmonster Stein, über diese Eislauf-Strecke in Colorado, über diese Taschenuhr mit eingebauter Kamera, wie man im Weltall seine Haare wäscht, und über 20 Mio Jahre alte Riesenwürmer
Gelacht: hierüber und über diese Live Aufnahme von mir im Büro
Wer glaubt eine Pandemie würde mich von meiner dystopischen Leidenschaft heilen, irrt gewaltig. Diese drei Bücher waren die perfekte Begleitlektüre durch die Covid-19 bedingten Ausgangsbeschränkungen.
Die Wand ist eine Chronik des Lebens des letzten überlebenden Menschen auf der Erde, einer gewöhnlichen Frau mittleren Alters, die eines Morgens aufwacht und feststellt, dass alle anderen verschwunden sind. In der Annahme, ihre Isolation sei das Ergebnis eines schiefgelaufenen militärischen Experiments, beginnt sie die mit der Arbeit des Überlebens und ihrer eigenen Selbsterneuerung. Dieser Roman ist gleichzeitig eine einfache und bewegende Geschichte und eine verstörende Meditation über die Menschheit.
„Wenn ich heute an meine Kinder denke, sehe ich sie immer als Fünfjährige, und es ist mir, als wären sie schon damals aus meinem Leben gegangen. Wahrscheinlich fangen alle Kinder in diesem Alter an, aus dem Leben ihrer Eltern zu gehen; sie verwandeln sich ganz langsam in fremde Kostgänger. All dies vollzieht sich aber so unmerklich, daß man es fast nicht spürt. Es gab zwar Momente, in denen mir diese ungeheuerliche Möglichkeit dämmerte, aber wie jede andere Mutter verdrängte ich diesen Eindruck sehr rasch. Ich mußte ja leben, und welche Mutter könnte leben, wenn sie diesen Vorgang zur Kenntnis nähme?“
Das Buch ist der Bericht, den die Heldin einige Jahre später auf der Grundlage des skizzenhaften Tagebuchs schreibt, das sie geführt hat. Es vermischt Erinnerungen, Rekonstruktion vergangener Episoden, die verblasst sind, und Reflexionen aus der Gegenwart. Doch meistens handelt er von den Einzelheiten des täglichen Überlebenskampfes: wie sie mit ihrem kargen Kartoffelvorrat ein Kartoffelacker anlegt (hat mich sehr an den Martian von Andrew Weir erinnert), wie sie Heu mäht, um ihre Kuh zu füttern, wie sie Holz hackt, um sich in den bitteren Wintern warm zu halten und wie sie manchmal einen Hirsch schießt, um Fleisch zu bekommen.
Sie ist völlig kompromisslos: Die Erzählerin schreibt nur für sich selbst, es gibt sonst niemanden auf der Welt, und sie vermisst auch niemanden so richtig. Sie will die Dinge einfach nur erzählen wie sie sich zugetragen haben. Es ist erstaunlich, wie real ihre Welt wird und wie selten man einen dystopischen Roman ließt, in dem soviel Fürsorge zutage tritt.
Das Buch widersetzt sich einer einfachen Interpretation. Vielleicht ist das nicht einmal die eigentlich spannende Frage. Es ist ein grandioses Bild, das einem im Gedächtnis bleibt, die einsame Frau, die in ihrer unsichtbaren Blase gefangen ist, die fast alles verloren hat, sich aber immer weigert aufzugeben. Eine Frau, die all ihre Entschlossenheit, ihren Einfallsreichtum und ihr Können einsetzt, um noch ein weiteres Jahr zu überstehen, weil ihre kleine Tierfamilie sie braucht. Manchmal denkt sie an die Menschen, die diese unbegreifliche Waffe geschaffen haben, die alle außerhalb der Wand in Stein verwandelt hat, und sie fragt sich, wie sie das geschafft haben konnten. Diese Menschen müssen sich in einer Weise von ihr unterscheiden, die sie nicht in keinem Fall verstehen kann.
„Wer weiß, was die Gefangenschaft aus diesem unauffälligen Mann gemacht hätte. Auf jeden Fall war er körperlich stärker als ich, und ich wäre von ihm abhängig gewesen. Vielleicht würde er heute faul in der Hütte umherliegen und mich arbeiten schicken. Die Möglichkeit, Arbeit von sich abzuwälzen, muß für jeden Mann eine große Versuchung sein. Und warum sollte ein Mann, der keine Kritik zu befürchten hat, überhaupt noch arbeiten.“
„Die Wand“ ist der berühmteste Roman der 1920 im österreichischen Frauenstein geborenen Marlen Haushofer. Er wurde 2012 mit Martina Gedeck in der Hauptrolle verfilmt. „Die Wand“ wurde in den achtziger Jahren von der Frauen- und der Friedensbewegung wiederentdeckt, und die Geschichte lässt sich vielfältig interpretieren.
Als perfekten Soundtrack empfehle ich Chelsea Wolfes „Pain is Beauty“
Empfehlen kann ich auch die Verfilmung mit Martina Gedeck in der Hauptrolle:
Warum hört man eigentlich so gar nichts vom Haushofer Jahr, wo uns doch an jeder Ecke Hölderlin, Beethoven und Paul Celan Gedenktage und Veröffentlichungen begegnen? Sehr schade.
Daher feiere ich dieses Jahr Marlen Haushofer, Annette Kolb und Clarice Lispector 🙂
Und ihr so?
Winters Garten ist der Name der idyllischen Siedlung, in der alles üppig wächst und gedeiht und der Sehnsuchtsort von Anton der in der Stadt lebt und Vögel züchtet und der dort eine sehr glückliche Kindheit erlebte. Er wuchs mit anderen Kindern und den alten Menschen in einem riesigen Haus mit Winters Garten auf. Er erlebte die Welt und den Tod aus nächster Nähe, streifte durch Wiesen und Wälder, spielt verstecken genießt die Wärme und Liebe seiner geliebten Großmutter.
Als Erwachsener lebt er als Vogelzüchter in der Stadt. Schlaflos steht er nachts am Fenster und blickt auf die verwahrlosten Straßen. Alles ändert sich, nichts ist mehr wie es war. Häuser und Straßenzüge verfallen, die wilden Tiere dringen in die Vorgärten und Hinterhöfe ein, der Schlaf der Menschen ist schwer von Träumen und viele gehen hinunter ans Meer, um ihrem Leben ein Ende zu bereiten.
Inmitten dieser Hoffnungslosigkeit trifft Anton eine Frau, in die er sich auf den ersten Blick verliebt. Wortlos nimmt sie ihn bei der Hand, folgt ihm nach Hause und bleibt. Sie starren sich an oder lieben sich.
Anton hilft ihr in der Klinik, in der sie arbeitet, die in eine Entbindungsstation umgewandelt wurde. Friederike freundet sich mit der hochschwangeren Marta an. Nach der Geburt des Kindes, stellt sich heraus, dass der Vater Antons Bruder ist. Nach vielen Jahren kehrt Anton mit Friederike, seinem Bruder, dessen Frau und dem Baby in die Gartenkolonie zurück, um vor dem nahenden Ende der Welt zu fliehen. Sie verbringen die Tage damit, sich zu erinnern und auf das zu warten, was kommen mag.
„Ich habe so vieles vergessen, aber nicht, wie man von der Zukunft spricht. Es ist niemand da, der fragt, ob man leben will, und niemand, der fragt, ob man sterben will. Genauso wenig, wie man sich aussuchen kann, von wem man geliebt wird. Und selbst wenn man seine Tritte sorgfältig rückwärts in die eigenen Fußspuren setzt, heißt das nicht, dass man dort ankommt, wo man aufgebrochen ist. Wenn mich die Menschen fragen, ob ich die Welt gesehen habe, sage ich ihnen, dass sie nie still genug hält, um gesehen zu werden„
Was genau in der Welt passiert, wird nicht näher erläutert, aber das nahende Ende ist in deutlich spürbar. Es ist die Sprache, die eine dunkle Anziehungskraft entwickelt und die einen vom ersten Satz an in die wohlig-dunkle Atmosphäre des Romans hineinzieht.
Das ist kein Roman für Menschen, die einen rasanten Plot lieben mit vielen Wendungen. Denn es passiert nicht viel. Am Anfang und am Ende steht die Gartenkolonie, die voller Erinnerungen ist und den Menschen Heimat bietet in einer Welt die keine Zukunft mehr hat.
„Zu lieben ist die einzig angemessene Art zu existieren. Wenn man beginnt, einander zu lieben, weiß man nichts darüber, nichts über die Angst, den Mut, die Trauer, die Bedingungslosigkeit, oder man weiß alles und versteht die Liebe doch nicht, weil sie noch unbelastet ist von den Erfahrungen, die ihr folgen.“
Wortgewaltig, sinnlich, düster, tolle Atmosphäre.
Als passenden Soundtrack zum Buch habe ich Soap & Skin „Lovetune for Vacuum“ gehört.
The Memory Police von Yoko Ogawa ist ein hypnotischer, ruhiger Roman, der als Dystopie eines Überwachungsstaates beginnt und als etwas Existenzielleres endet: eine surreale und eindringliche Meditation über unser Selbstverständnis.
Dieser Roman, der vor 25 Jahren erstmals in Japan veröffentlicht wurde und jetzt in englischer Übersetzung vorliegt, ist gänzlich zeitlos. Die Bewohner einer namenlosen Insel, die unter einem repressiven Regime leben, erleben eine Form von kollektiver, allmählicher Amnesie. Beim Erwachen beginnt ein scheinbar zufälliger Gegenstand – Rosen, Vögel, Boote – aus ihren Köpfen zu verschwinden. Sie müssen die vollständige Auslöschung des Gegenstandes sicherstellen, indem sie alle Beweise für seine Existenz aus der Welt tilgen. Die Gedächtnispolizei ist dazu da, selbst den schwächsten Widerstand zu brechen, aber die meisten Menschen treiben in passiver Selbstgefälligkeit durch den Tag und Widerstand ist kaum spürbar. Welchen Sinn hat es, sich an etwas zu klammern, an das man sich nicht erinnern kann?
“It’s a shame that the people who live here haven’t been able to hold such marvelous things in their hearts and minds, but that’s just the way it is on this island. Things go on disappearing, one by one. It won’t be long now,” she added. “You’ll see for yourself. Something will disappear from your life.”
Eine kleine Zahl von Menschen ist gegen dieses Phänomen immun. Sie sind verflucht durch ihre vollständige Erinnerung an alles, was verloren gegangen ist, und stellen eine Bedrohung für das Regime dar. Daher müssen sie ihre Andersartigkeit um jeden Preis verbergen.
“Memories are a lot tougher than you might think. Just like the hearts that hold them.”
Im Roman geht es um eine junge Frau, die um ihre Karriere als Schriftstellerin kämpft, und die entdeckt, dass ihr Verleger durch die Gedächtnispolizei in Gefahr ist, schmiedet sie einen Plan, ihn in einem eigens dafür errichteten Anbau unter ihren Dielen zu verstecken, in einer Weise, die mich immens an „Das Tagebuch der Anne Frank“ erinnerte. Es handelt sich um eine geheime Kammer, die nur über eine Falltür in der Decke zugänglich ist. Unterdessen beschleunigt sich das „Vergessen“ und wird immer extremer.
Dies ist eine stille, melancholische Apokalypse, bei der die Widerstandsversuche gering sind und die in der völligen Zerstörung des Selbst gipfelt.
“I don’t know. Maybe there’s a place out there where people whose hearts aren’t empty can go on living.”
Der perfekte Soundtrack für diesen Roman ist „Nowhere Now Here“ von Mono.
Wie ist das bei euch? War euch in der letzten Zeit eher nach Kontrastprogramm oder habt ihr auch ganz bewusst nach eher dunklen, dystopischen Stoffen gegriffen?
Gesehen: „La belle saison“ (2015) von Catherine Corsini. Delphine und Carole finden den Feminismus und die Liebe in den 1970ern in Paris und auf dem Land. Sehr schöner Film.
„Drag me to Hell“ (2009) von Sam Raimi. Christine hat einen guten Job, einen netten Freund und eine strahlende Zukunft aber in drei Tagen wird sie in der Hölle landen. Solider Horror.
Gelesen: dieses Interview mit Linda Hamilton und dieses mit Margaret Atwood zu ihrem neuen Buch „The Testaments“, The tyranny of the ideal woman, How the prison economy works, why are there so many weird tech patents? A woman’s greatest enemy? A lack of time to herself
Getan: einen sehr schönen Abend mit Freunden in einer Weinbar verbracht, die lieben Schwiegereltern in Dortmund getroffen und den BVB gewinnen sehen und das Stadion angeschaut
Geplant: einen richtig guten Leadership Workshop durchführen und später noch lesen auf der Dachterrasse
Gelesen: Pride Week in Hellabrunn, diesen und diesen Bericht über Megan Rapinoe, this is how you come out in 2019, dieses Interview mit Woopi Goldberg, in Cairo the garbage collector knows everything
Getan: ein Video gedreht, eine Ian McEwan Lesung besucht, sowie eine Kuratoriumssitzung, mit dem Zug in den hohen Norden gefahren und im Geltinger Noor spazieren gegangen
Geplant: die Trauerfeier morgen gut hinter uns bringen
Gelesen: Losing Earth – the decade we almost stopped climate change, diese bisher unveröffentlichte Kurzgeschichte von Ernest Hemingway, über mangelnde Gleichberechtigung im Kino, Open offices make you less open, What if people were paid for their data ,
Getan: mit Chelsea Wolfe geschwitzt, geschwommen, mit Freunden auf dem Balkon gegrillt, an der Isar gepicknickt
Geplant: die Bingereader in den „Bilder vom Lesen“ im Franz Marc Museum bewundern
Gestaunt: BBC Earth 10 Hours of relaxing Oceanscapes
Gefunden: tolle Bücher im offenen Bücherschrank
Gedacht: „Das ist ein alter Konflikt in mir: der zwischen meiner gesellschaftspolitischen Liberalität und meiner ästhetischen Belastbarkeit“ (Silvia Bovenschen)
Gesehen: „Possession“ (1981) von Andrzej Zulawski mit Isabelle Adjani und Sam Neill. Wahnsinnig (im wahrsten Sinne des Wortes) gutes psychologisches Drama mit leichten Horror-Anteilen. Adjani ist dafür zu Recht mit Preisen überhäuft worden und die Bilder aus Berlin sind spannend. Unbedingt anschauen.
„Eyes Wide Shut“ (1999) von Stanley Kubrick mit Tom Cruise und Nicole Kidman. Verfilmung von Schnitzlers Traumnovelle. Wunderbare Bilder, toller Soundtrack, nach wie vor einer meiner Lieblingsfilme.
„Dancer in the Dark“ (2000) von Lars von Trier mit Björk, die mich in dem Film sehr beeindruckt hat, den Film selbst fand ich teilweise anstrengend.
Gelesen: Robots won’t take all your jobs, Maigret und seine Verleger, Transforming Capitalism, The lost art of stealing fruit, IQ and Genetics, Jennifer Doudna on Crisprs potential for good and evil
Getan: Car Seat Headset gesehen, MBTI Workshop gegeben, viel Zug gefahren, durch den Karlsfelder See geschwommen und mit Freunden die Nacht durchgequatscht und getrunken