Literatur-Blog für alle, die keine Angst vor heftigen Mischungen haben. Paul Auster, Margaret Atwood, Haruki Murakami treffen auf Simone de Beauvoir, Batman und Orphan Black. Dosenbier auf Oper und St. Pauli auf Crispr, Philosophie, Science und Sci-Fi.
Gesehen: Star Trek Picard – Season 3 (2022) mit Patrick Stewart, Jerri Ryan und eigentlich allen alten Bekannten aus TNG. So schön – schade, dass es die letzte Season ist. Gefällt mir sehr.
Moloch (2022) von Nico van den Brink mit Sallie Harmsen und Alexandre Willaume. Holländischer Folk Horror um ein uraltes Geheimnis im Moor. Sehr spannend.
Requiem (2021) von Emma J. Gilbertson mit Bella Ramsey und Safia Oakley-Green. Kurzfilm vor dem Hintergrund der Hexenprozesse. Evelyn läßt sich auf ein Katz- und Mausspiel mit ihrem Vater, Minister Gilbert ein, für ein paar gestohlene Augenblicke mit ihrer Liebsten.
Unterwegs in Schottland (2022) von Jeannine Apsel. Arte-Doku über die Fahrt mit dem „Royal Scotsman“ entlang an der Westküste Schottlands von Edinburgh bis Mallaig. Will sofort hin und irgendwann wieder da wohnen.
Gelesen: Patricia Lockwood went searching for Virginia Woolf on the isle of Skye, diesen Artikel über die Mathematikerin Mary Somerville, über die Vergiftungsfälle an iranischen Mädchenschulen, When witches were wise women
Getan: Pizza gegessen mit einer lieben Freundin, Date Night im Ukiyo, die Hausärztin besucht und ein paar erste Spaziergänge wieder draußen, die Bänder erlauben langsam meinen Lockdown zu lockern 😉
Gefreut: über eine Buchsendung vom Steidl Verlag und über tolle Fotos aus Los Angeles
Geweint: nein
Gegessen: Sushi und Pizza
Getrunken: Riesling
Geklickt: 10 great places to stay for Book lovers in UK, Mary Beard’s top 5 powerful women in ancient Greece and Rome, Is the Alpha wolfe idea a myth?
Gestaunt: über diese Fotos von der aktuellen Aurora Action am Himmel, the astonishing biodiversity of Funghi blooms
Der August hat mit einigen längeren Zugfahrten und zwei längeren Wochenenden für mehr Lesezeit gesorgt und mich mit überaus spannender und guter Lektüre versorgt. Hier wieder im Schnelldurchlauf von A-Z.
Rumaan Alam – Leave the world behind auf deutsch erschienen unter dem Titel „Inmitten der Nacht“ übersetzt von Eva Bonné, erschienen im Ecco Verlag.
Alam lässt in dieser apokalyptischen Geschichte über eine weiße Familie, die ein Haus auf Long Island von einem älteren schwarzen Ehepaar mietet vieles offen. Die Vermieter stehen nachts genau in dem Moment vor der Tür, als die Dinge eine wirklich seltsame Wendung finden. Wir erfahren nie genau, worum es sich bei der Katastrophe handelt und es ist einerseits eine recht typische Horrorgeschichte, bei der man als Leser*in immer wieder sagt: „Lasst euch nicht trennen“, aber trotz fehlender Erklärungen und vielleicht der einer oder anderen nicht ganz nachvollziehbaren Situation eines meiner Lese-Highlights dieses Jahr.
Ich mochte die Atmosphäre des Buches, das ständig jeden Moment etwas bedrohliches komplett unbekanntes passieren könnte.
Konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen. Wäre auf die Diskussion im Bookclub gespannt, denn im Hause Bingereader wurde der Roman einmal mit müden zwei und einmal mit fünf Sternen ausgezeichnet, leider findet die Diskussion während unseres Urlaubs statt – aber ich lasse mir berichten, könnte mir gut vorstellen, dass es recht kontrovers diskutiert wird.
Ich möchte es euch ans Herz legen, wenn euch Geschichten wie „Station Eleven“ gefallen, wobei bei Alam noch deutlich weniger klar ist, was genau passiert ist man ahnt nur dystopische Ausmaße.
You never know when a time is the last time, because if you did you could never go on with life.
Julia Armfield – Our Wives under the sea erschienen im Picador Verlag, aktuell noch nicht auf deutsch erschienen.
Mein Hörbuch diesen Monat und ebenfalls eines in dem es sehr atmosphärisch zugeht, aber man nur wenige Erklärungen bekommt. Wer gerne alles rational erklärt bekommt, sollte wahrscheinlich bei den ersten beiden Büchern direkt die Finger weglassen. Ich fand es richtig großartig, ein weiteres Lesehighlight dieses Jahr – der August war wirklich ein toller Lesermonat.
Miri glaubt, dass sie ihre Frau zurück hat, als Leah nach einer Tiefseemission, die in einer Katastrophe endete, endlich zurückkehrt. Es wird jedoch bald klar, dass Leah nicht mehr dieselbe ist. Was auch immer in dem Uboot passiert ist, was auch immer es war, das sie erforschen sollten, bevor sie auf dem Meeresgrund gestrandet sind, Leah hat einen Teil davon mit an Land und in ihr Haus gebracht.
Während sie sich durch etwas bewegt, das normalen Leben nur noch entfernt ähnelt, wird Miri klar, dass das Leben, das sie vorher hatten, wahrscheinlich nicht mehr da ist und eventuell auch nie wieder zurückkehren wird. Obwohl Leah äußerlich noch da ist, spürt Miri, wie die Frau, die sie liebt, ihr immer mehr entgleitet.
Our Wifes under the sea ist der Debütroman von Julia Armfield, die eine poetische, melancholische Geschichte über die Liebe, den Verlust, die Trauer und das Leben in den Tiefen des Meeres geschrieben hat.
I used to think there was such a thing as emptiness, that there were places in the world one could go and be alone. This, I think, is still true, but the error in my reasoning was to assume that alone was somewhere you could go, rather than somewhere you had to be left.
Oliver Burkeman – 4000 Weeks. Time Management for Mortals auf deutsch unter dem Titel „4000 Wochen. Das Leben ist zu kurz für Time Management“ übersetzt von Henning Dedekind und Heike Lutosch erschienen im Piper Verlag
Das Leben ist kurz, aber das ist kein Grund zur Sorge
Die Zeit reicht nicht aus – niemals. Gerade einmal 4000 Wochen haben wir auf der Erde, und das auch nur, wenn wir um die achtzig werden. Kein Wunder, dass wir unaufhörlich versuchen, möglichst viel in diese kurze Zeit hineinzupressen. Dabei verlieren wir genau die Dinge aus dem Blick, die uns wirklich wichtig sind und uns vor allem glücklich machen. Oliver Burkeman führt geistreich und kurzweilig vor, wie wir dem Zeit- und Effizienzdruck widerstehen – und damit der unerhörten Kürze und den schillernden Möglichkeiten unseres Lebens gerecht werden können.
Ein intelligentes, gut geschriebenes Buch das einem teilweise den Spiegel vorhält und den Finger in die Wunde und uns einlädt das Hamsterrad zu stoppen, mal durchzuatmen und einfach öfter mal in Ruhe durch die Natur zu laufen und nachzudenken.
Oliver Burkeman, schrieb jahrelang für den Guardian eine wöchentliche Kolumne woher ich ihn kenne, denn die habe ich immer sehr gerne gelesen. Seit einiger Zeit lese ich auch seinen wöchentlichen Newsletter und er ist einfach ein Mensch, der mich immer wieder ins Grübeln bringt. Seine Arbeiten sind darüber hinaus in der New York Times, dem Wall Street Journal, Psychologies und New Philosopher erschienen. Burkeman lebt in New York City.
Productivity is a trap. Becoming more efficient just makes you more rushed, and trying to clear the decks simply makes them fill up again faster. Nobody in the history of humanity has ever achieved “work-life balance,” whatever that might be, and you certainly won’t get there by copying the “six things successful people do before 7:00 a.m.” The day will never arrive when you finally have everything under control—when the flood of emails has been contained; when your to-do lists have stopped getting longer; when you’re meeting all your obligations at work and in your home life; when nobody’s angry with you for missing a deadline or dropping the ball; and when the fully optimized person you’ve become can turn, at long last, to the things life is really supposed to be about. Let’s start by admitting defeat: none of this is ever going to happen. But you know what? That’s excellent news.
Caroline Kebekus – Es kann nur eine geben erschienen im Kiwi-Verlag.
Ich bin ja wirklich nicht bekannt für mein Interesse an lustigen Themen, kann mit den allermeisten Comedians wenig bis gar nix anfangen, aber diese Frau hat mit ihrem Hörbuch dafür gesorgt, dass ich gelegentlich Angst hatte aus dem Bus zu fliegen, weil ich lauthals lachen musste.
Selten habe ich auf so witzige Art so derart viel gelernt und da sind einige Themen dabei, bei denen einem auch immer wieder das Lachen im Hals stecken bleibt.
Eigentlich klingt es ganz leicht: Frau ist begabt und klug, also kann sie es schaffen, ganz nach oben zu kommen. Aber oft genug ist der eine Platz schon besetzt, es scheint nämlich ein höchst dämliches Gesetz zu geben, das lautet: Eine Frau reicht, mehr brauchen wir nicht. Die große Komikerin, Sängerin, Schauspielerin und Feministin schreibt pointiert, unmissverständlich und gleichzeitig wahnsinnig komisch, dass die Zeit überreif ist, alte (Männer-)Gesetze auf den Müll zu werfen.
Wohin man auch schaut, immer ist es die eine Frau, die sich durchsetzt. In der Bibel ist es die jungfräuliche Maria, damit fing das Unheil an. Im Märchen gibt es immer die eine Prinzessin, sehr schön und sehr blöd. Die sündige Eva aus der Bibel und die böse Stiefmutter oder Hexe lassen wir mal hübsch beiseite, denn die sollen nur als Beispiele dafür dienen, was passiert, wenn Frauen nach Macht streben: Sie werden aus dem Paradies geworfen oder verbrannt. Mit dieser Prägung entlässt man Frauen ins Leben und wundert sich dann über die ständige Konkurrenz unter Frauen um diese begrenzten Plätze. Dann wird so getan, als wären Frauen von Natur aus eben stutenbissig und selbst schuld an dieser Rivalität. Carolin Kebekus kommt diesem bösen Spuk auf die Spur, sie untersucht alte und neue Geschichten, um zu zeigen, warum uns Frauen eingetrichtert wird, dass wir um den einen Platz – im Fernsehen, in der Firma, im Karneval usw. – konkurrieren müssten.
Ein Buch von höchster Wichtigkeit, das aufklärt und gleichzeitig unterhält.
Stanislaw Lem – Solaris übersetzt von Irmtraud Zimmermann-Göllheim, illustriert von Anna Stähler, erschienen in der Büchergilde Gutenberg
Solaris zählt zu den ganz großen Klassikern nicht nur der Science-Fiction, sondern der gesamten Literatur des 20. Jahrhunderts. Der Roman ist eine faszinierende Reise in die Weiten des Kosmos und in die Tiefen unserer Wünsche und Träume. Zum 100. Geburtstag von Stanisław Lem gibt die Büchergilde eine aufwendig gestaltete, illustrierte Neuausgabe heraus.
Über Solaris scheinen zwei Sonnen, eine rote und eine blaue. Die gesamte Oberfläche des Planeten ist von einem geheimnisvollen Ozean bedeckt, von dem viele sagen, er sei ein lebendiges Wesen. Kris Kelvin macht sich in einer Raumkapsel auf den weiten Weg von der Erde zu Solaris. Wie viele WissenschaftlerInnen vor ihm will er hinter das Geheimnis des Himmelskörpers kommen. Doch als er in der Forschungsstation eintrifft, warnen ihn seine Kollegen vor einer rätselhaften Gefahr.
Lems Schreiben zeichnet sich durch eine reiche literarische Sprache und philosophische Tiefe aus. Solaris ist ein faszinierender und ungewöhnlicher Roman über Leben auf fernen Planeten, das ganz anders ist als die typischen Darstellungen von Außerirdischen aus Literatur und Film, die oft Menschen oder Tiere zum Vorbild haben. Der Ozean auf Solaris sprengt die menschliche Vorstellungskraft. Er hat nichts mit dem gemein, was wir als Lebewesen kennen, und trotzdem spricht alles dafür, dass er eines ist. Lem interessiert vor allem, wie die Menschen auf dieses Phänomen reagieren, und thematisiert dabei ganz grundsätzliche Fragen: Wie nähern wir uns etwas, das uns fremd ist? Wie gehen wir mit dem um, was wir nicht verstehen?
Die rote Sonne war schon hinter dem Horizont verschwunden, und die schaumgekrönten Wellen verschwammen zu tintiger Wüste. Der Himmel loderte. Über dieser zweifarbigen, unbeschreiblich trostlosen Landschaft fluteten Wolken mit lilafarbenem Saum
Francesca Wade – Square Haunting erschienen im Faber Verlag, aktuell noch nicht auf deutsch erschienen.
Im Mittelpunkt dieses Buches stehen fünf Frauen, die alle zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen den Weltkriegen am Mecklenburgh Square in London lebten. Das Bindeglied (abgesehen von dem Platz und der Tatsache, dass sie alle der Mittelschicht angehören) ist das Thema der weiblichen Autonomie, und es zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Es gibt zwei Akademikerinnen: die Historikerin Eileen Power und die Klassizistin Jane Harrison. Die Dichterin und Romanautorin Hilda Doolittle (HD). Die Romanautorin und Schriftstellerin Dorothy L. Sayers. Und schließlich natürlich Ms Bloomsbury, her one and only Virginia Woolf.
Der Platz liegt in der Nähe des Britischen Museums, und sie alle nutzten zeitweise den dortigen Lesesaal. Der Titel ist einem Tagebucheintrag von Woolf aus dem Jahr 1925 entnommen.
‚I like this London life . . . the street-sauntering and square-haunting. –Virginia Woolf, diary, 1925
Ich hatte den Eindruck, dass der Abschnitt über Virginia Woolf zu viel von dem wiederholt, was bereits über sie geschrieben wurde. Die überzeugendsten Porträts waren für mich die von Hilda Doolittle, bekannt als HD, und Dorothy Sayers – und die Verbindungen zwischen ihnen sind faszinierend. Das Konzept des „eigenen Zimmers“ wird durchgehend verwendet, um die Kämpfe und Kosten der weiblichen Unabhängigkeit zu verdeutlichen, aber dieses Zimmer könnte wahrscheinlich genauso gut in einem Oxbridge-College wie in Bloomsbury sein.
Daher war ich von der Bloomsbury-Verbindung als Daseinsberechtigung für das Buch nicht komplett überzeugt – aber die Lebensläufe geben interessante Einblicke in das Leben der Frauen, die den Status quo ihrer Zeit herausforderten und umstürzten und ich habe es sehr gerne gelesen.
Youth is an unsatisfactory period, full of errors, uncertainties and distress. You will grow out of it. What’s more, you were meant to grow out of it, into something more mature and satisfactory. Don’t let middle-aged people get away with the story that this is the best time of your life and that after it there is nothing to look forward to … Go on doing the thing you think you ought, or want, to be doing at the moment, and at about 40 you may discover that you actually are doing it and settle down to enjoy it
Iris Wolff – So tun, als ob es regnet erschienen im Klett Cotta Verlag
Der Erste Weltkrieg bringt einen österreichischen Soldaten in ein Karpatendorf. Eine junge Frau besucht nachts die „Geheime Gesellschaft der Schlaflosen“. Ein Motorradfahrer ist überzeugt, dass er sterben und die Mondlandung der Amerikaner versäumen wird. Eine Frau beobachtet die Ausfahrt eines Fischerbootes, das nie mehr zurückkehren wird. – Über vier Generationen des 20. Jahrhunderts und vier Ländergrenzen hinweg erzählt Iris Wolff davon, wie historische Ereignisse die Lebenswege von Einzelnen prägen. Zwischen Freiheit und Anpassung, Zufall und freiem Willen erfahren ihre Protagonisten: Es gibt Dinge, die zu uns gehören, ohne dass wir wüssten, woher sie kommen. Und es gibt Entscheidungen, die etwas bedeuten, Wege, die unumkehrbar sind, auch wenn wir nie wissen werden, was von einem Leben und den Generationen vor ihm bleiben wird.
Ich habe das Buch gerne gelesen, die Sprache hat mir sehr gefallen, aber den einzelnen Personen bin ich nicht wirklich nahe gekommen. Es ist auch kein Buch das mir noch lange nachgegangen ist, dennoch eine gute kurzweilige Lektüre.
Lea Ypi – Frei übersetzt von Eva Bonné erschienen im Suhrkamp Verlag
Ich traue es mich gar nicht mehr zu schreiben, aber das war tatsächlich auch noch mal ein Lese-Highlight für mich. Was für ein großartiges, fesselndes Buch – das Porträt einer sehr außergewöhnlichen Frau, die einen bemerkenswerten Weg gegangen ist.
Albanien 1989: Der letzte stalinistische Außenposten in Europa, ein isoliertes Land, das man nur schwer besuchen und noch schwerer verlassen kann. Es herrschen Mangelwirtschaft, Geheimpolizei und das Proletariat. Der Kommunismus hat den Platz der Religion übernommen. Für die zehnjährige Lea Ypi ist dieses Land ihr Zuhause: ein Ort der Geborgenheit, des Lernens, der Hoffnung und der Freiheit.
Alles ändert sich, als in Berlin die Mauer fällt und in Tirana Enver Hoxhas Statue vom Sockel stürzt. Jetzt können die Menschen wählen, wen sie wollen, sich kleiden, wie sie wollen, anbeten, was sie wollen. Aber die neue Zeit zeigt bald ihr unfreundliches Gesicht: Skrupellose Geschäftemacher ruinieren die Wirtschaft, die Aussicht auf eine bessere Zukunft löst sich auf in Arbeitslosigkeit und Massenflucht. Als das Land im Chaos zu versinken droht und in ihrer Familie Geheimnisse ans Licht kommen, beginnt Lea sich zu fragen, was das eigentlich ist: Freiheit.
In hinreißender Prosa erzählt Lea Ypi von ihrem Erwachsenwerden im poststalinistischen Albanien und in einer schillernden Familie, deren Geschichte eng mit der des Landes verwoben ist. Frei ist ein fesselndes Memoir und eine scharfsinnige Reflexion über die Grenzen des Fortschritts und die Last der Vergangenheit, über glänzende Ideale und harte Realitäten. Vor allem aber über die Leben von Menschen, die vom Sturm der Geschichte erfasst werden.
For some, leaving was a necessity that went under the official name of ‘transition’. We were a society in transition, it was said, moving from socialism to liberalism, from one-party rule to pluralism, from one place to the other. Opportunities would never come to you, unless you went looking for them, like the half-cockerel in the old Albanian folk tale who travels far away, looking for his kismet, and in the end returns full of gold. For others, leaving the country was an adventure, a childhood dream come true or a way to please their parents. There were those who left and never returned. Those who went and came back soon after. Those who turned the organization of movement into a profession, who opened travel agencies or smuggled people on boats. Those who survived, and became rich. Those who survived, and continued to struggle. And those who died trying to cross the border
So geschafft – das war wie gesagt ein außergewöhnlich großartiger Lesemonat. War für euch was dabei? Welche kennt ihr schon? Welche mochtet ihr oder auch nicht oder auf welche konnte ich euch Lust machen?
Unser Ausflug nach London kürzlich wurde hier literarisch noch gar nicht thematisiert und das geht natürlich nicht. Das Schöne und Besondere an London ist, dass fast jede Ecke die man besucht schon das eine oder andere mal literarisch erwähnt wurde, so dass ich fast überall wo ich mich in der Stadt rumtreibe an das eine oder andere Buch denken muss.
Ich möchte euch daher literarisch an unserem letzten London Besuch teilhaben lassen und wir starten ganz klassisch am Tower of London, in dessen Nähe sich dieses Mal unser Hotel befand und bei dem ich umgehend an dieses Buch denken musste:
Wolf Hall – Hilary Mantelauf deutsch erschienen im Dumont Verlag unter dem Titel „Wölfe“ übersetzt von Christiane Trabant
England im Jahr 1520: Das Königreich ist nur einen Pulsschlag von der Katastrophe entfernt. Sollte der König ohne männlichen Erben sterben, würde das Land durch einen Bürgerkrieg verwüstet. Henry VIII. möchte seine Ehe annullieren lassen und Anne Boleyn heiraten. Der Papst und ganz Europa sind dagegen. Die Scheidungsabsichten des Königs schaffen ein Machtvakuum, in das Thomas Cromwell tritt: Die Werkzeuge dieses politischen Genies sind Bestechung, Einschüchterung und Charme. Aus der Asche persönlichen Unglücks steigt er auf und bahnt sich seinen Weg durch die Fallstricke des Hofes, an dem »der Mensch des Menschen Wolf« ist. Hilary Mantel hat mit ›Wölfe‹ etwas sehr Rares geschaffen: einen wahrhaft großen Roman, der seinem historischen Gewand zum Trotz höchst zeitgemäß ist. Auf einzigartige Weise erforscht er die Choreografie der Macht.
When you are writing laws you are testing words to find their utmost power. Like spells, they have to make things happen in the real world, and like spells, they only work if people believe in them.
Den ersten Tag habe ich in London noch alleine verbracht und es hat mich seit langem mal wieder ins Britische Museum verschlagen. Dort habe ich unter anderem die großartige Ausstellung „Feminine Power – From the devine to the demonic“ angeschaut. Das Museum liegt im Stadtteil Bloomsbury und somit ganz klar Virginia Woolfs „Hood“ – ich liebe die wunderbare Plätze, Gärten und Häuserreihen und habe vor vielen Jahren häufig in einem der ruhigen schattigen Gärten gesessen und gelesen. Besonders verbinde ich dieses Buch mit dieser Zeit und diesem Teil der Stadt:
Mrs Dalloway – Virginia Woolf auf deutsch unter dem gleichen Titel erschienen im Fischer Verlag übersetzt von Walter Boehlich
An einem sonnigen Junimorgen des Jahres 1923 beginnt die begüterte Clarissa Dalloway mit den Vorbereitungen für eine elegante Abendgesellschaft. Im Verlauf des geschäftigen Tages überlässt sie sich immer wieder ihren Erinnerungen und Gedanken, und während der Big Ben unbeirrt seine Stunden schlägt, wird sie sich der Vergänglichkeit aller Dinge und der Enge ihres Daseins schmerzlich bewusst.
Der Roman handelt von den Gedanken und sparsamen Handlungen eines kleinen Kreises von Personen in London im Verlauf eines Junimittwochs im Jahre 1923. Im Mittelpunkt stehen einerseits Clarissa Dalloway, ihre Bekannten und deren Dienstboten, andererseits der durch seine Kriegserlebnisse emotional erstarrte Septimus Warren Smith, seine Ehefrau und schließlich ein Nervenarzt, der am Ende des Tages die beiden Personenkreise verbindet.
She had the perpetual sense, as she watched the taxi cabs, of being out, out, far out to sea and alone; she always had the feeling that it was very, very, dangerous to live even one day.
Von Bloomsbury geht es jetzt direkt ins Herz der Stadt in die City of London. Meiner juristische Bingereader-Gattin musste ich auf jeden Fall einmal die Inns of Court und den Palace of Justice zeigen. Ein Ort der magischer nicht aussehen könnte und bei dem ich stets an Harry Potters Ministry of Magic denken muss oder aber auch an das folgende Buch, für das ich mich heute entschieden habe, um es euch als London Lektüre ans Herz zu legen:
Jonathan Strange & Mr. Norrell von Susanna Clarke auf deutsch unter dem gleichen Titel im Heyne Verlag erschienen übersetzt von Anette Grube
Wir schreiben das Jahr 1806. Seit Jahrhunderten gibt es keine Zauberei mehr in England. Doch während auf dem Festland der Krieg gegen Napoleon tobt, entdecken die Zaubereihistoriker, dass es noch einen praktizierenden Magier gibt: Mr. Norrell, ein Einzelgänger, der zurückgezogen in Hurtfew Abbey in Yorkshire lebt. Noch ehe sich Regierung und High Society von dieser Überraschung erholt haben, taucht ein zweiter Zauberer auf: der junge, charismatische Jonathan Strange. Die beiden Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, schließen sich im Dienste der Krone zusammen, um in den Krieg einzugreifen. Doch Strange wird von der dunklen, mysteriösen Magie des Rabenkönigs angezogen, des größten Zauberers aller Zeiten. Um mehr über ihn zu erfahren, riskiert er sogar die Freundschaft zu seinem Mentor. Doch Mr. Norrell hat ebenfalls ein magisches Geheimnis, das ihn und alles, was er sich aufgebaut hat, zerstören könnte, wenn es jemals ans Licht käme …
Can a magician kill a man by magic?” Lord Wellington asked Strange. Strange frowned. He seemed to dislike the question. “I suppose a magician might,” he admitted, “but a gentleman never could
Man kann natürlich auf keinen Fall durch London schlendern, ohne sich irgendwann in einem der vielen wunderbaren Pubs zu stärken. Im Blackfriars habe ich vor vielen Jahren Dr. Jeckyll & Mr. Hyde gelesen und es wird in diesem Herbst dringend Zeit für eine Wiederholung der Lektüre:
Dr. Jekyll and Mr. Hyde von R. L. Stevenson auf deutsch erschienen im Fischer Verlag übersetzt von Michael Adrian
Der erste Entwurf dieser unheimlichen Geschichte geht auf einen Traum Stevensons zurück. Der Arzt Dr. Jekyll ist sich von Jugend an seiner zwiespältigen Natur bewußt, versucht die dunkle Seite seines Charakters jedoch zu unterdrücken. Immer mehr ergreift der Gedanke Besitz von ihm, daß beide Veranlagungen in verschiedenen Körpern untergebracht werden könnten. Jekyll beginnt zu experimentieren …
„Stevensons makabre Studie vom menschlichen Doppel-Ich ist in erster Linie spannungsvolle, bildhafte Gestaltung seiner Einsicht von der Doppelnatur des Menschen, in dem das Böse, wenn es einmal bejaht wird, unweigerlich zur Macht drängt und seine guten Kräfte unterdrückt.“
Quiet minds cannot be perplexed or frightened but go on in fortune or misfortune at their own private pace, like a clock during a thunderstorm
Bei einem Glas Cider bleibt es in der Regel ja nicht, daher lasst uns ein wenig länger noch im Pub verweilen und ich lade euch ein mir hier demnächst auf den zweiten Teil unseres London Spaziergangs mit der jeweils passenden Lektüre zu folgen. Habt ihr noch Lust?
Auf welche Bücher bzw Ecken Londons konnte ich euch denn bisher schon Lust machen? Auf was seid ihr besonders gespannt?
Das war mal wieder eine tolle gemeinsame Leseaktion unter dem #Dickens2Cities auf Twitter mit meinen wunderbaren Mitstreiter:innen Miss Booleana (ihre großartige Rezension des Buches könnt ihr hier lesen), Jana vom Blog Wissenstagebuch sowie Matthias alias @_quoth_
It was the best of times, it was the worst of times, it was the age of wisdom, it was the age of foolishness, it was the epoch of belief, it was the epoch of incredulity, it was the season of light, it was the season of darkness, it was the spring of hope, it was the winter of despair.
Verbundensein – Kae Tempest, Suhrkamp Nova übersetzt von Conny Lösch
Kae Tempests erster großer Essay ist zugleich intimes Selbstporträt, hellsichtige Zeitdiagnose und mitreißendes Plädoyer für mehr Selbstsorge, Empathie und Gemeinsinn.
Mitgefühl ist, wenn man nicht vergisst, dass jede:r eine eigene Geschichte hat. Viele Geschichten. Und daran denkt, Raum zu schaffen, um sich die Geschichte anderer anzuhören, bevor man seine eigene erzählt.
A Gentleman in Moscow – Amor Towles, Windmill Booksauf deutsch erschienen unter dem Titel Ein Gentleman in Moskau im Ullstein Verlag
Moskau, 1922. Der genussfreudige Lebemann Graf Rostov wird verhaftet und zu lebenslangem Hausarrest verurteilt, ausgerechnet im Hotel Metropol, dem ersten Haus am Platz. Er muss alle bisher genossenen Privilegien aufgeben und eine Arbeit als Hilfskellner annehmen. Rostov mit seinen 30 Jahren ist ein äußerst liebenswürdiger, immer optimistischer Gentleman. Wurde im Bookclub fast einstimmig geliebt, hat mir sehr sehr gut gefallen.
If a man does not master his circumstances then he is bound to be mastered by them
Das Dorf der toten Seelen – Camilla Steen, Harper Collins, übersetzt von Nina Hoyer
Alice Lindstedt hat gerade die Filmhochschule in Stockholm abgeschlossen und plant, ihren ersten Dokumentarfilm zu drehen: über Silvertjärn, einen abgelegenen Grubenort im Wald von Norrland in dem vor 60 Jahrenunter ungeklärten Umständen alle Bewohner von einem Tag auf den anderen verschwinden. Tolle Atmosphäre, nicht wahnsinnig spannend, aber ich könnte es mir ganz gut als Film vorstellen.
A Haunted House – Virginia Woolf, Triad Grafton
A Haunted House ist eine 1944 erschienene Sammlung von 18 Kurzgeschichten von Virginia Woolf. Sie wurde von ihrem Ehemann Leonard Woolf nach ihrem Tod produziert, obwohl er im Vorwort erklärt, dass sie die Produktion gemeinsam besprochen hatten
Safe, safe, safe,” the heart of the house beats proudly. “Long years—” he sighs. “Again you found me.” “Here,” she murmurs, “sleeping; in the garden reading; laughing, rolling apples in the loft. Here we left our treasure—” Stooping, their light lifts the lids upon my eyes. “Safe! safe! safe!” the pulse of the house beats wildly. Waking, I cry “Oh, is this your buried treasure? The light in the heart.
Wie soll ich leben: oder das Leben Montaignes – Sarah Bakewell, Beck Verlag übers. von Rita Seuß
Lebe den Augenblick! – Philosophiere nur zufällig! – Bedenke alles, bereue nichts! – Mit diesen und anderen Antworten auf die eine Frage „Wie soll ich leben?“ führt Sarah Bakewell durch das ungewöhnliche Leben des Weingutbesitzers, Liebhabers, Essayisten, Bürgermeisters und Reisenden Michel de Montaigne. Dabei gelingt ihr das Kunststück, ihn ganz im 16. Jahrhundert, im Zeitalter der Religionskriege, zu verorten und gerade dadurch für unsere Zeit verständlich zu machen.
The trick is to maintain a kind of naïve amazement at each instant of experience – but, as Montaigne learned, one of the best techniques for doing this is to write about everything. Simply describing an object on your table, or the view from your window opens your eyes to how marvelous such ordinary things are. To look inside yourself is to open up an even more fantastical realm.
Tyrant: Shakespeare on Power – Stephen Greenblatt, The Bodley Headauf deutsch erschienen unter dem Titel Der Tyrann im Siedler Verlag
Wie kann es sein, dass eine große Nation in die Hände eines Tyrannen fällt? In seinen Dramen – von „Richard III.“ bis „Julius Cäsar“ – hat sich William Shakespeare immer wieder mit diesen Fragen beschäftigt und vom Aufstieg der Tyrannen, von ihrer Herrschaft und ihrem Niedergang erzählt. Stephen Greenblatt, einer der renommiertesten Shakespeare-Experten unserer Zeit, zeigt uns, wie präzise und anschaulich der Dichter aus Stratford das Wesen der Tyrannei eingefangen hat – und wie erschreckend aktuell uns dies heute erscheint.
Populism may look like an embrace of the have-nots, but in reality it is a form of cynical exploitation. The unscrupulous leader has no actual interest in bettering the lot of the poor. Surrounded from birth with great wealth, his tastes run to extravagant luxuries, and he finds nothing remotely appealing the lives of underclasses… But he sees that they can be made to further his ambition.
Will in the World – Stephen Greenblatt, Pimlicoauf deutsch erschienen unter dem Titel „Will in der Welt“ im Pantheon Verlag
Shakespeare ist wohl der bekannteste Dramatiker aller Zeiten, doch über sein Leben wissen wir so gut wie nichts. Kein Brief blieb von ihm erhalten, wir kennen nur ein paar dürre Lebensdaten, vereinzelte Schriftsätze aus Prozessen, die er betrieb – und ein überaus nüchternes Testament, in dem er seiner Frau sein zweitbestes Bett vermacht. In seiner hochgelobten Biographie versucht Stephen Greenblatt mit detektivischem Scharfsinn, die Lücken dieser Lebensgeschichte zu füllen und hinter das Geheimnis zu kommen, wie aus einem talentierten Jungen aus einer englischen Kleinstadt der größte Dramatiker aller Zeiten werden konnte, kurz: wie Shakespeare zu Shakespeare wurde.
The Elizabethan Renaissance – A. L. Rowse, Macmillan
Die elisabethanische Renaissance ist ein Beitrag zur Sozialgeschichte und porträtiert das Leben der einzelnen Klassen vom Hof abwärts – Adel, Adelige, Mittelstand, Landbevölkerung – und ihre bewusste oder unbewusste Mentalität, die ihre Lebensweise mit ihrer Folklore und ihrem Glauben, ihren Bräuchen und ihrem Sport prägte.
The Scotch ambassador, Melville, saw well enough that her (Elizbeth I) deepest passion was to rule and that she would never give herself a master – as any sixteenth-century woman did by marrying.
Die europäische Renaissance – Peter Burke, Beck Verlag, übersetzt von Klaus Kochmann
Von den Anfängen um 1330 bis zu den Ausläufern rund drei Jahrhunderte später erzählt dieses Buch die Geschichte der Renaissance. Peter Burke führt den Leser darin zu den großen Schauplätzen der Epoche von Italien bis in den europäischen Norden, er porträtiert ihre großen Protagonisten von Petrarca bis zu Kepler und Shakespeare, und er zeigt mit genauer Beobachtungsgabe Kräfte und Tendenzen einer einzigartigen kulturellen Bewegung.
Die Stellung der Frau wurde in der Renaissance weniger randständig als zuvor. Zwei italienische Anthologien aus der Mitte des 16. Jahrhunderts … widmeten sich ausschließlich den literarischen Arbeiten von Frauen.
Das Geheimnis von Shadowbrook – Susan Fletcher übersetzt von Marieke Heimburger, Insel Verlag
Im Sommer 1914 wird die junge Botanikerin Clara Waterfield von London nach Gloucestershire gerufen: Sie soll auf einem Landsitz namens Shadowbrook den Aufbau eines Gewächshauses mit exotischen Pflanzen aus den Kew Gardens betreuen. Doch das alte, mit Glyzinien bewachsene Wohnhaus wirkt seltsam abweisend, die meisten Räume stehen leer oder sind verschlossen, der Eigentümer Mr. Fox ist viel auf Reisen. Haushälterin und Dienstmädchen wirken verängstigt – denn nachts scheint es im Haus zu spuken.
Das waren zwei großartige Lesemonate. Ich habe die ruhige Zeit zwischen den Jahren sehr genossen. Kennt ihr etwas von den Büchern oder habt ihr vielleicht Lust bekommen auf das Eine oder das Andere?
Gesehen: Emma (2020) von Autumn de Wilde mit Anya Taylor-Joy. Austen Verfilmung mit tollen Bildern, die mir sehr gut gefallen hat.
The Black Hole (2008) Kurzfilm von Philip Sansom und Olly Williams. Ein Büroangestellter unter Schlafentzug, produziert versehentlich ein schwarzes Loch aus dem Kopiergerät – und dann wird er gierig…
Gehört: Atoms – Ludovico Einaudi, Ave Maria – Kings Return, Sisyphus – Foie Gras, Döda flickan rädda rösten – Fågelle, Mul – Lili Refrain, Fire in me – Julia Stone, Your body changes everything – Perfume Genius (Box Harsher Remix)
Gelesen: Burying Leni Riefenstahl: one woman’s lifelong crusade against Hitler’s favourite film-maker, Orwell’s Roses, Getting real about hybrid work, in praise of generalism
Getan: weiterhin hohe Meeting-Taktung, Glühwein im Biergärtchen nebenan getrunken und im Wohnzimmer das Tanzbein geschwungen
Geärgert: über mich – Lernen durch Schmerzen, jedem sage ich richte dir das Homeoffice vernünftig ein und ich mach mir das Genick kaputt nach 2 Jahren Küchentisch und muss zum Doc
Geklickt: auf Kaitlyn Changs Vortrag zu #Momtoo, Ella Anscheins Poetry-Slam zu Armut, 5 London pubs with literary histories
Gestaunt: Historic Photographer of the Year, über diese Lava Bilder, auf der ISS gabs Tacos mit selbstgezüchteten Chilis, A nightclub in Glasgow is trying out tech that will turn dancing into renewable energy
Gesehen: Sputnik (2020) von Egor Abramenko. Russischer Horror-SciFi der mich so gar nicht vom Hocker gehauen und sich irgendwie selbst viel zu ernst genommen hat.
Gehört: If you have Ghosts – Chelsea Wolfe, The Red Violin – Elina Vähälä, Sunlight – Max Richter, Songs for an empty world – Cryo Chamber, For the Light – Lea Porcelain
Gelesen: Building a more honest internet, dieses Interview mit der Physikerin Sabine Hossenfelder, Fast Food Arbeiter sprechen über Burnout
Getan: mit lieben Freundinnen getroffen und lecker gegessen, den Babybauch einer guten Freundin bewundert, mit dem kleinen Neffen im Zoo gewesen, ein Meetingtag im Büro und letzte Geburtstagsgeschenke in der Stadt gekauft
Gegessen: jede Menge leckere selbstgemacht Tapas
Gefreut: über den entzückenden kleinen Neffen
Geweint: nein
Geärgert: nein
Geklickt: das Straßennetz römischer Straßen als U-Bahn Karte
Gestaunt: über das Radl-Wunder das Anna Kiesenhofer in Tokio geschafft hat
Gelacht: Eleanor Morton als schottischer TourGuide
Gedacht: “Women have served all these centuries as looking glasses possessing the magic and delicious power of reflecting the figure of man at twice its natural size.” //Virginia Woolf
Gesehen: Twin Peaks: The Return (2017) von David Lynch mit Kyle MacLachlan. Nach monatelanger Unterbrechung weitergeschaut. Immer noch sehr verspult, für meinen Geschmack hätte es atmosphärisch/mysteriöser sein dürfen.
Wild Wild Country (2018) von Maclain und Chapman Way. Super spannende Doku über Osho und Sannyasins die in Oregon eine utopische Stadt aus dem Boden stampften und der Konflikt mit den Nachbarn irgendwann massiv eskalierte. Wusste so gut wie nichts vorher über diese Sekte. Kann diese Mini-Serie absolut empfehlen.
Gelesen: What Is The Internet Doing To Boomers’ Brains? Pippi and the Moomins, Pionierinnen der Raumfahrt, diesen Artikel über Guillermo del Toro, diesen Artikel über Virginia und Vanessa Woolf und diesen Artikel über die Sonnenaktivität in den nächsten 11 Jahren
Getan: im Homeoffice gearbeitet, ein paar berufliche Änderungen angeleiert, Freunde gesehen und ein letztes Mal essen gegangen
Gesehen: Hagazussa (2017) von Lukas Feigelfeld mit Aleksandra Cwen. Folk-Horror aus Österreich mit viel Atmosphäre und tollem Soundtrack. The Witch trifft auf die Alpen.
The Mare (2018) Horror-Short Film von Caspar Rudolf Emil Kjeldsen. Eindrucksvolle, beklemmende Bilder die stark an Ingmar Bergmann erinnern. Klasse.
Gelesen: diesen Artikel über die CRISPR-Forscherinnen und Nobelpreisgewinnerinnen Emmannuelle Charpentier und Jennifer Doudna dieses Interview mit Till Roenneberg zur inneren Uhr, Belinda Grasnick in „Dürfen die das“ zur Corona-Politik, diesen Artikel über eine Frau die in die sibirische Taiga auswanderte, Oliver Burkeman’s eight secrets to a (fairly) fulfilled life
Getan: viele Interviews und Meetings, Tapas gegessen mit einer neuen Kollegin, mit einer lieben Freundin getroffen, gelesen und ein Mini-Oktoberfest mit viel Abstand gefeiert
Gegessen: Linsen-Dal
Getrunken: Rotwein
Gefreut: über die Nobelpreis-Gewinnerinnen Charpentier/Doudna (Chemie) Andrea M Ghez (Physik) und Louise Glück (Literatur)
Getrauert: um Ruth Klüger
Geärgert: über meine momentan ständigen Kopfschmerzen
Geklickt: auf „The Book Trail“ ein literarisches Reisebüro das die Lektüre mit dem Reiseort matched, Jessy Kate Schinglers TED Talk zu „Civilizations on the Moon“ und Sabine Hossenfelder zu „You don’t have free will“
Gestaunt: über den Töpfer Rizü Takahashi und dieses Video zu ZEN und WABI-SABI
Gelacht: Patriotismus ist auf Kartografie basierende Esoterik
Nur weil die Pride-Veranstaltungen im echten Leben abgesagt wurden, heißt das nicht, dass wir nicht hier auf dem Blog ein bisschen feiern und die Community unterstützen können.
Ich stelle euch hier meine 10 liebsten LGBTQ Romane bzw Biografien vor und würde mich riesig freuen, wenn ich euch nicht nur Lust auf die vorgestellten Bücher machen würdet, sondern ihr vielleicht für die Organisation „Queer Refugees Deutschland“ spenden würdet, ein Projekt das queere Geflüchtete in Deutschland unterstützt.
Patricia Highsmiths dramatische Liebesgeschichte ist vielleicht einer der wichtigsten, Meilensteine in der queeren Literatur. Erstmals 1952 veröffentlicht und als „Roman einer Liebe, die die Gesellschaft verbietet“ angepriesen, wurde das Buch bald zu einem absoluten Kultklassiker.
Die Verfilmung aus dem Jahr 2016 mit Cate Blanchett und Roonie Mara machte das Buch dann auch dem Mainstream zugänglich.
Hier die ausführliche Rezension, die ich damals auf Birgits Blog „Sätze und Schätze“ in der Rubrik „Verschämte Lektüren“ veröffentlichte.
Virginia Woolfs Orlando „Der längste und charmanteste Liebesbrief der Literatur“ konstruiert auf spielerische Weise die Figur des Orlando als fiktive Verkörperung von Woolfs enger Freundin und Geliebten, Vita Sackville-West. Der Roman, der sich über drei Jahrhunderte erstreckt, beginnt damit, dass Orlando, ein junger Adliger im Elisabethianischen England, auf den Besuch der Königin wartet und seine Erfahrungen aufzeichnet.
In der Mitte des Romans erwacht Orlando, jetzt Botschafter in Konstantinopel, und stellt fest, dass er jetzt eine Frau ist. Der Roman schwelgt in Farce und Ironie, und beschäftigt sich mit der Rolle der Frau im 18. und 19. Jahrhundert. Der Roman endet im Jahr 1928, wo Orlando jetzt Ehefrau und Mutter, an der Schwelle zu einer Zukunft steht, die neue Hoffnungen und Möglichkeiten für Frauen birgt.
Baldwins eindringlicher und umstrittener zweiter Roman ist ein Klassiker der schwulen Literatur. Im Paris der 1950er Jahre, das von Expatriates wimmelt und durch gefährliche Liaisons und versteckte Gewalt gekennzeichnet ist, kann ein Amerikaner seine Homosexualität nicht länger unterdrücken, obwohl er fest entschlossen ist, ein konventionelles Leben zu führen. Obwohl er eine junge Frau kennengelernt und ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, gerät er in eine leidenschaftliche Affäre mit einem italienischen Barkeeper…
Lesbian Dickens – ein viktorianisches Murder-Mystery inklsuiver lesbischer Romanze – was will man mehr? 😉
London 1862. Sue Trinder, bei der Geburt verwaist, wächst unter Taschendieben und unter der rauen, aber liebevollen Fürsorge von Mrs. Sucksby und ihrer „Familie“ auf. Doch vom ersten Moment an, ist Sues Schicksal mit dem eines weiteren Waisenkindes verbunden, das in einer düsteren Villa nicht allzu weit entfernt aufwächst….
Bei der Lektüre fühlt man sich gelegentlich wie Alice, die in das Kaninchenloch fällt. Diese Geschichte hat mehr Drehungen und Wendungen als eine handelsübliche Schraube und ich konnte das Buch überhaupt nicht aus der Hand legen und habe die ganze Nacht durchgelesen bis es fertig war.
Alison Bechdel schildert in der Graphic Memoir ihre schwierige Beziehung zu ihrem verstorbenen Vater.
Bruce Bechdel war ein distanzierter und anspruchsvoller Englischlehrer und Direktor des städtischen Bestattungsinstituts, das Alison und ihre Familie als „Fun Home“ bezeichneten. Erst am College entdeckte Alison, die sich kürzlich als Lesbe geoutet hatte, dass ihr Vater ebenfalls schwul war. Wenige Wochen nach dieser Enthüllung war er tot und hinterließ seiner Tochter ein mysteriöses Vermächtnis, das es zu lösen gilt.
Warum glücklich sein, wenn man normal sein könnte? ist die hartnäckige Suche der Protagonistin nach Zugehörigkeit, nach Liebe, Identität, Heimat und einer Mutter.
Why Be Happy When You Could Be Normal? (Warum glücklich sein, wenn man normal sein könnte) ist eine Biografie über die Lebensaufgabe der Protagonistin ihr Glück zu finden. Das Buch erzählt davon wie sie aus ihrem Haus ausgesperrt wurde und die ganze Nacht auf der Türschwelle saß; es erzählt von einer Frau, die mehr religiöse Fundamentalistin als Mutter ist, mit falschen Zähnen und einem Revolver in der Kommode auf den Weltuntergang wartet und davon wie die schmerzliche Vergangenheit, von der Jeanette dachte, sie hätte sie längst überschrieben und verarbeitet immer wieder aufsteigt…
Fried Green Tomatoes at the Whistle Stop Cafe ist ein Roman über zwei Frauen: Evelyn, eine etwas unglückliche Frau in den Wechseljahren, und die grauhaarige Frau Threadgoode, die ihre Lebensgeschichte erzählt. Zu ihrer Lebensgeschichte gehören zwei weitere Frauen – der draufgängerische Wildfang Idgie und ihre Freundin Ruth -, die gemeinsam in den 1930 Jahren ein kleines Lokal in Whistle Stop, Alabama hatten in dem es neben gutem Kaffee, Barbecue und Whisky auch jede Menge Liebe und Leidenschaft gab – und sogar gelegentlichen einen Mord.
Ein Buch das man nicht lesen kann ohne gleich danach die wunderbare Verfilmung aus dem Jahr 1991 anzuschauen und Lust auf gegrillte grüne Tomaten zu bekommen.
Maggie & Me ist eine Biografie über das Überleben in im Arbeiterviertel einer schottischen Kleinstadt während der Thatcher-Jahre.
12. Oktober 1984. Eine IRA-Bombe sprengt das Grand Hotel in Brighton in die Luft. Wie durch ein Wunder überlebt Maggie Thatcher. In einer schottischen Kleinstadt sieht der achtjährige Damian Barr mit Schrecken zu, wie seine Mutter ihren Ehering abreißt und ihre Koffer packt. Er weiß, dass auch er überleben muss.
Damian, seine Schwester und seine Mutter ziehen mit ihrem gewalttätigen neuen Freund zusammen, während sein Vater mit der glamourösen Mary (the Canary) zusammenlebt. Je mehr Maggie Thatcher Fuß fasst, desto dramatischer wird das Leben für Damian: Maggie schafft die Schulmilch ab, zerschlägt die Gewerkschaften und sorgt dafür, dass Habgier als gute Eigenschaft gilt. Dem Rat von Maggie folgend, arbeitet Damian hart und plant seine Flucht aus Armut und Enge. Er entdeckt, dass Geschichten Leben retten können und schafft es Gewalt, Streiks, Aids und Homophobie zum Trotz – sich in Glasgows einzigem Schwulenclub zu verlieben…
Ein berauschender Roman über die alles verzehrende Liebesaffäre zwischen zwei Frauen in Paris…
Eine Lehrerin um die dreißig treibt durch ihr Leben in Paris, zieht eine Tochter allein auf und ist trotz ihres neuen Freundes einsam. Eines Abends, auf der der Silvesterparty eines Freundes, tritt Sarah – einem Tornado gleich ihr Leben. Die begabte junge Geigerin ist voller Energie – es ist der Beginn einer intensiven Beziehung, die das Leben beider Frauen komplett auf den Kopf stellt.
Djuna Barnes‘ seltsame Tour de Force, gehört laut dem TLS zu jener kleinen Klasse von Büchern, die irgendwie eine Zeit oder eine Epoche widerspiegeln“ Diese Zeit ist die zwischen den beiden Weltkriegen, und Barnes‘ Roman entfaltet sich im dekadenten Schatten der großen Städte Europas: Paris, Berlin und Wien.
Sie erzählt von einer Welt, in der die Grenzen von Klasse, Religion und Sexualität überraschend durchlässig sind. Nightwood ist der Klang von zerbrechenden Herzen, von fünf Menschen, die sich gegenseitig aussaugen und das Leben zur Hölle machen. Das Buch selbst macht es dem Leser schwer, es weigert sich förmlich seine Geheimnisse preiszugeben.
Man muss es sehr sehr langsam lesen, wird dann aber tatsächlich mit einer psychologischen Tiefe belohnt die verblüfft und es knistert noch immer mit derselben elektrischen Ladung, die es bei seiner ersten Veröffentlichung 1936 hatte.
Ein schwieriges, fiebriges, dunkles Juwel soll diese Reihe abschließen. Hier geht es zur Besprechung der Biografie von Djuna Barnes, für alle die sich noch ein bisschen mehr mit dieser spannenden Schriftstellerin beschäftigen möchten.
Ich hoffe es war etwas für euch dabei und ihr hattet Spaß an dieser Blog Pride. Vergesst bitte die Queer Refugees nicht – Happy Pride allerseits 🙂
Habt Ihr Empfehlungen für mich – möchte gerne mein Lesespektrum erweitern. Welche LGBTQ Bücher haben euch besonders gefallen?
Gesehen: Midsommar (2019) von Ari Aster mit Florence Pugh. Sonnendurchfluteter Horror in Schweden mit wunderschönen Bildern. Großartig.
Offret (1986) von Andrei Tarkovsky. Sein letzer Film, gedreht in Schweden. Ich hatte anscheinend schwedische Woche. Melancholisch, poetisch, seltsam – wunderschöne Bilder.
Dublin Murders (2019) von Sarah Phelps. Serie um ein ermordetes Kind das mit an ein ähnliches Verbrechen in den 1980er Jahren erinnert. Düster und verstörend. Sehr zu empfehlen.
Sex Education (2019) von Laurie Nunn mit Gillian Anderson und Asa Butterfield. Intelligent, witzig, warmherzig mit tollem Soundtrack. Mag ich sehr.
Gelesen: Yuval Noah Harari on the world after the virus, Ted Chiang on why never going back to normal might be a good thing, Inside Tove Jansson’s private universe, dieses Interview mit Thomas Piketty, Askers vs Guessers, Two extraordinary women (101 & 95) lived through the worst of the 20th century, Corona ist weiblich – eine Krise der Frauen
Getan: ersten Tag im Büro verbracht dann ab ins Homeoffice, viele virtuelle Meetings und Onboarding Sessions, Yoga und gelaufen, die von der Bingereader Gattin genähten Mundschutz-Masken verschickt
Geplant: die Kurzarbeit so gut wie nur möglich für alle zu organisieren
Gegessen: zuviel
Getrunken: Tee & Wein
Gefreut: über den tollen Teamspirit trotz Kurzarbei und Star Trek TNG hatten auch eine virtuelle Party
Geärgert: glaube nicht
Geklickt: auf das Bravo Archiv, auf die kostenlosen eBooks der NASA und die Kurse der Bürgerakademie