Meine Woche

Gesehen: If Beale Street could talk (2018) von Barry Jenkins. Drama basierend auf James Baldwins gleichnamigem Roman von 1974 mit KiKi Layne, Stephan James, Colman Domingo und Teyonah Parris. Der Film folgt einer jungen Frau, die mit Unterstützung ihrer Familie versucht, den Namen ihres zu Unrecht angeklagten Liebhabers reinzuwaschen und seine Unschuld zu beweisen. Heartbreaking.

But I’m a Cheerleader (1999) von Jamie Babbit mit Natasha Lyonne und Clea DuVall. Knallbunte ironische Komödie um ein junges Mädchen das in einem Conversion Summer Camp von ihrer Homosexualität geheilt werden soll. Klassiker.

Following (1998) von Christopher Nolan. Britischer Neo-Noir Thriller um einen jungen Mann, der Fremden durch die Straßen Londons folgt und in die kriminelle Unterwelt hineingezogen wird… Sehenswert.

The Queen’s Gambit (2020) von Scott Frank mit Anya Taylor-Joy. Coming-of-Age-Periodrama-Miniserie nach dem gleichnamigen Roman von Walter Tevis aus dem Jahr 1983. Verfilmung des fiktiven Lebens Beth Harmons, einem verwaisten Schach-Wunderkind auf ihrem Aufstieg an die Spitze der Schachwelt.

Gehört: Wir tanzen im Viereck und Schön von hinten – Stereo Total, If Beale Street could talk Soundtrack, Following Soundtrack – David Julyan, Foutre le bordel – La Femme, A projection – Darwin’s Eden, Ghost Tapes – God is an Astronaut

Gelesen: über die Mars Landung, diesen Artikel über den bizarren Tod russischer Bergwanderer 1959, über Twin Peaks‘ Dale Cooper Kaffee, Leadership Lessons men can learn from women, Why Do So Many Incompetent Men Become Leaders? Couple reunited after year apart under care home lockdown rules, dieses Interview mit John Carpenter

Getan: zwei schöne Zoom-Calls mit Blogger Kolleginnen, gelaufen, Yoga gemacht, zum Viktualienmarkt spaziert und den ersten Aperol Sprizz getrunken

Gegessen: Gebratener Catalogna mit Tomaten

Getrunken: Aperol Sprizz

Gefreut: über die ersten Frühlingstage

Geweint: um die viel zu früh verstorbene Stereo Total Sängerin Francoise Cactus und um die Opfer von Hanau von vor einem Jahr

Geärgert: nein

Geklickt: auf dieses Video zu Epigenetik, auf diese Rede von Toni Morrison anläßlich ihrer Nobelpreis-Verleihung, auf diesen TED Talk von Max Hawkins der 2 Jahre lang sein Leben von einem Zufallsgenerator bestimmen ließ

Gestaunt: 900 Meter unter Eis – Forscher entdecken überraschend Leben und über diese optische Täuschung

Gelacht: We are all brave until we realize Cockroaches can fly

Gewünscht: diesen Anzug, dieses Homeoffice, dieses Regal

Gefunden: nix

Gekauft: L-Word Generation Q auf DVD

Gedacht: The real problem is not a lack of competent females for leadership roles; it is too few obstacles for incompetent males, which explains the surplus of overconfident, narcissistic, and unethical people in charge. //Tomas Chamorro-Premuzic

The Man who Fell to Earth – Walter Tevis

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Auf den ersten Blick ist „The Man who Fell to Earth“ ein Science-Fiction Roman über den Außerirdischen Thomas Jerome Newton vom Planeten Anthea, der zur Erde geschickt wird, um seine sterbende Spezies zu retten, die sich durch Kriege und Umweltkatastrophen nahezu komplett vernichtet haben. Mit letzten Energiereserven haben sie ein Raumschiff mit Newton an Bord losgeschickt, um auf der Erde ein Rettungsraumschiff zu bauen und die restlichen Antheaner zur Erde zu bringen.

Unser erster Science-Fiction Roman im Bookclub ist dann aber doch kein ganz sortenreiner Science Fiction Roman, was der Geschichte aber in keinster Weise schadet. Es gibt keine Laserschwerter, keine Dreiphasendrehkonverter und auch keine intergalaktischen Luftkämpfe und auch, wenn ich an all diesen Dingen üblicherweise schwer interessiert bin und anfangs noch auf den einen oder anderen Einblick ins Raumschiff oder die Gesellschaftsstruktur der Antheanter zu erfahren hoffte, ist die eigentliche Geschichte eine der Entfremdung, der gnadenlosen Einsamkeit, die Newton empfindet und die Art und Weise wie unsere Welt ihn physisch und psychisch beeinflusst.

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Es ist eine ruhige melancholische Geschichte. Die Desillusionierung einer Person, auch wenn sie nicht humanoid ist, der so unendlich einsam ist, der die weitgehende Zerstörung seines Planeten erlebt hat und ahnt, dass auch dieser Planet dem Untergang geweiht ist.

Newton ist ein großer zerbrechlich wirkender Humanoid, sein Wissen über die Erde hat er sich durch Fernsehübertragungen angeeignet, die auf Anthea empfangen werden konnten. Was die Antheaner aus Werbeblöcken, TV Serien und Nachrichten zu erkennen glauben ist ein Planet, der wie ein grünes Paradies mit ausreichenden Wasser- und Energievorräten erscheint.

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Der Roman ist keine 200 Seiten lang und ich will nicht zu viel verraten, Newton entdeckt auf jeden Fall die dunklen Ecken der menschlichen Gesellschaft. Die Laster und Süchte, die Ignoranz, die Einsamkeit und das Mißtrauen der Menschen und so einiges anderes, was die Antheaner über das Fernsehen nicht mitbekommen konnten.

„The bartender had come over and when Bryce looked up the bartender said, „I’m afraid that fellow needs help.“ „Yes“, Bryce said. „Yes, I guess he does.“

Thomas Jerome Newton ist ein Protagonist, den man von Anfang an mag. Man leidet mit ihm und das Ende ist unglaublich traurig. Erstaunlich wie vorausschauend dieser Roman aus dem Jahr 1963 ist. Kulinarisch richten wir uns im Bookclub oft nach den Ess- und Trinkgewohnheiten der Protagonisten (nicht immer, aber oft) und in diesem Fall stand – wie bei Newton – bei unserer Diskussion der Gin im Mittelpunkt. Vielleicht hat der unserer Phantasie auf die Sprünge geholfen, als wir uns mit den Namen beschäftigt haben, die im Buch vorkommen.

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Thomas Jerome Newton könnte eine Referenz auf die beiden Wissenschaftler Thomas Edison und Sir Isaac Newton sein. Bei Jerome mussten wir ein wenig mehr um die Ecke denken, haben uns da mehr an Tevis‘ Biografie orientiert. Tevis soll in einem Interview gesagt haben, dass der Roman starke autobiographische Züge habe. Unsere Gin-geschwängerte Diskussionsrunde kam zur Überlegung, dass sich Jerome auf den Heiligen Sankt Jerome beziehen könnte, der der Schutzpatron der Bibliothekare, Gelehrten und eben auch der verlassener Kinder ist.

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Tavis wurde von seinen Eltern, als er 10 Jahre alt war, für ein Jahr in ein Erholungsheim geschickt, während sie ihren Umzug von San Francisco nach Kentucky durchführten. Nach dem Jahr reiste er alleine im Zug zurück zu seinen Eltern. Wie Newton in der Geschichte war auch Tavis immer ein kränkliches, zartes Kerlchen. Er litt unter Alkoholismus und starb mit nur 52 Jahren an Krebs.

Erstaunlich finde ich, dass drei von Tevis‘ sechs Romanen verfilmt wurden – neben „The Man who Fell to Earth“, „The Hustler“ von 1961 mit Paul Newman und „The Color of Money“ aus dem Jahr 1984 ebenfalls mit Paul Newman und Tom Cruise – kaum aber jemand kennt den Namen Walter Tevis.

Die Verfilmung mit David Bowie möchte ich unbedingt demnächst sehen, auch wenn der Film von der Romanvorlage stark abweicht. Den Roman fand ich grandios und kann ihn auch Leuten ans Herz legen, die üblicherweise nicht viel mit Science-Fiction am Hut haben.

Bowies Album „Low“ war ursprünglich als Filmmusik zu „The Man who Fell to Earth“ gedacht. Am Ende wurde die Musik aber nicht dafür verwendet, wie schade. Low ist ein phantastisches Album.

Das Buch erschien auf deutsch unter dem Titel „Der Mann der vom Himmel fiel“ im Ullstein Verlag.