Women – Charles Bukowski

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Bukowski lesen ist ein Kurztrip in die Hölle. Ein paar Seiten reichen und ich war einfach nur dankbar, dass ich es nur mit Bildern in meinem Kopf zu tun haben würde, nicht aber noch mit Gerüchen, die aus dem Buch kommen könnte. What a dirty smelly old man – krass!

Wer Bukowski lesen will, muss bereit sein, sich drauf einzulassen, prophylaktisch sollten alle etwaig vorhandenen Stöcke aus dem Hintern entfernt und jegliche ideologische, feministische oder moralische Weltsicht bis zum Ende der Lektüre sorgsam auf Seite deponiert werden.

„Women“ war meine erste Begegnung mit Bukowski und ganz erholt hab ich mich glaube ich noch nicht von der Erfahrung 😉 Auf Seite 15 etwa habe ich mich erst einmal verpisst und mich nach diesem Dialog seinen Gedichten gewidmet:

„Look“, I said, „I know your tragedy.“
„What?“
„I know your tragedy.“
„What do you mean?“
„Listen,“ I said, „just forget it.“
„I want to know.“
„I don’t want to hurt your feelings.“
„I want to know what the hell you’re talking about.“
„O.K., if you give me another drink I’ll tell you.“
„All right.“ Lydia took my empty glass and gave me half whiskey, half-water. I drank it down again.
„Well?“ she asked.
„Hell, you know.“
„Know what?“
„You’ve got a big pussy.“
„What?“
„It’s not uncommon. You’ve had two children.“

Jaaaa, nicht wirklich ein Absolvent der Wiener Charmeschule. Aber die Gedichte, zu denen ich mich dann vorübergehend geflüchtet habe, sind richtig gut. Auch Briefe wie dieser sind Seiten seiner Persönlichkeit,die zeigen, dass er mehr ist als einfach nur ein sexistischer, notgeiler Typ.

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Fast jeder, der „Women“ liest, macht eine ähnliche Erfahrung. Man ist abgestossen und kann es doch nicht weglegen, es ist wie einem Autounfall zuschauen. Nach der siebten oder achten Kotzorgie habe ich wieder mal gedroht, Chinaski in die Ecke zu treten, um dann, gerade als ich es zum Wurf bereit in der Hand hatte, mit einem weiteren kleinen Goldstückchen belohnt zu werden, das in einer Menge Unrat schwamm. Mehr als einmal habe ich mich gefragt „WTF – warum lese ich das?“ und hab dann weitergeblättert.

Wir haben das Buch im Bookclub gelesen (spannende Diskussion auf jeden Fall) und ein E-Reader machte interessante Statistik-Spielereien möglich. „Vomit“ kam nur schlappe 19 mal vor, gefühlt hat er sich für mich auf jeder Seite übergeben 😉 Dafür „Cunt“ glaube ich 38 mal, auch „mount“  und „dick“ waren recht vorn dabei. Hab leider vergessen, mir genaue Daten zu notieren.

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„I never pump up my vulgarity. I wait for it to arrive on its own terms.“

Bukowski beschönigt nichts. Er bezeichnet sich selbst als „dirty old man“ ich möchte ihm da nicht widersprechen. Ob wir wollen oder nicht, wir schauen ihm einfach fasziniert angeekelt zu, wie er sich nochmal übergibt, die nächste Frau besteigt, sich Vodka-Infusionen legt und nach und nach macht sich das Gefühl breit, Bukowski ist das beschissenste und gleichzeitig stellenweise Beste (Gedichte!) was man lesen kann.

„Love is alright for those who can handle the psychic overload. It’s like trying to carry a full garbage can on your back over a rushing river of piss.“

Für Absätze wie diese hat sich die Lektüre für mich definitv gelohnt. Die Gewalt, die Vergewaltigung, seine Lächerlichkeit haben mich oft ziemlich abgestossen. Wenn man weiß, woher er kommt, die tiefen Verletzungen erkennt, die er in der Kindheit erlitten hat, wird einem vieles klarer „Love is a Dog from Hell“.

Ist kein Freifahrtschein, aber ich habe einiges besser verstanden.

Das Buch erschien auf deutsch unter dem Titel „Das Liebesleben der Hyäne“ bei dtv.

5 Kommentare zu “Women – Charles Bukowski

  1. Oje, die erste Bukowski-Erfahrung 🙂 Da kann ich Deinen Beitrag sehr gut nachvollziehen…man weiß hinterher gar nicht, ob man selbst am besten gleich Abstinenzler wird, Verfechter der Prohibition, in eine Frauengruppe rennen soll usw…Gut: Es gibt die Perlen, die zarten Sätze in seinem Werk, die dann wieder alles gutmachen…aber man muss hart sein im nehmen, um die auszugraben. Für mich war die Buko-Phase dann irgendwann abgeschlossen, seine Bücher sind irgendwann so redudant in ihrem Inhalt wie die von Henry Miller. Aber seine Gedichte, die mag ich immer noch sehr…

    • Jaaa bin immer noch ein wenig benommen von dieser Erfahrung 😉 Deine Beschreibung trifft es ganz genau: Zwischen Vollsuff und Anmeldung bei den Prohibitionsanhängern und kurz vor der Gründung des Matriarchats oder so. Wow – what a ride! Vielleicht sollte ich etwas zarten Rilke lesen so als Antidot 😉

  2. Mal eine Meinung von einem „dirty (eher weniger) old (eher mehr) man“: In den späten 70igern/frühen 80igern war es wie eine Sucht Hank zu lesen, alles was zu bekommen war wurde von mir verschlungen. Vor einigen Jahren habe ich es mit einem Revival versucht – es ging nicht mehr. Alle Bücher wurden freigelassen. Bis auf ein paar Gedichtbände – da darf ich Birgit zustimmen – die lohnen sich immer noch und auch immer wieder.
    eab

  3. Volle Zustimmung, saetzebirgit.
    Neben Henry Miller erinnerten mich dieser Beitrag und auch Bukowsky an William S. Burroughs, insbesondere an „Naked Lunch“. Wohl dosiert ist die Lektüre erträglich, doch mit zunehmendem Alter und dem Abstreifen von Protest- und Revoluzzerhaltung verlieren diese Herren ihren Reiz.

    LG
    Midori

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