Skopje by the book – Kultur, Denkmäler und Kaffeekunst

Dieses Jahr fand unser jährliches People & Culture Europe Lead Meeting in Skopje statt, und ich habe mich sehr auf die Reise in die Hauptstadt Mazedoniens gefreut. Ich freute mich liebe Kolleg*innen wieder zu treffen und auf die Gelegenheit, eine Stadt und Literatur zu erkunden, von der ich bisher nur wenig wusste.

Skopje, eine Stadt, die nicht nur durch ihre Geschichte und Kultur fasziniert, sondern auch durch die starken Kontraste, die sich in ihren Straßen und ihrer Architektur widerspiegeln. Mazedonien ist ein Land, das mit finanziellen Herausforderungen kämpft, wie der Durchschnittslohn von etwa 600 Euro pro Monat zeigt. Doch trotz dieser wirtschaftlichen Schwierigkeiten strahlt Skopje eine besondere Energie aus.

Alexander wurde um 356 v. Chr. in Pella, der antiken Hauptstadt Makedoniens, geboren, die sich in der Nähe des heutigen Skopje befand. Sein Vater, König Philipp II. von Makedonien, hatte große Ambitionen für sein Reich, und Alexander setzte diese Ambitionen fort, als er nach dem Tod seines Vaters den Thron bestieg.

Alexander der Große war bekannt für seine militärischen Eroberungen, die das makedonische Reich zu einem der größten Imperien der antiken Welt machten. Seine Feldzüge erstreckten sich von Griechenland über den Nahen Osten bis nach Indien und hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf die Geschichte und Kultur der Regionen, die er eroberte.

In Bezug auf Skopje und Nordmazedonien bleibt Alexander der Große eine wichtige historische Figur, die die Identität und das kulturelle Erbe der Region prägt. Sein Erbe wird oft durch Denkmäler und Gedenkstätten in der Stadt gewürdigt, und sein Vermächtnis dient als Inspirationsquelle für die Bewohner und Besucher von Skopje.

Der Konflikt um den Namen „Mazedonien“ zwischen Griechenland und Nordmazedonien ist ein langjähriges und komplexes politisches Thema. Griechenland hat lange Zeit Einwände gegen die Verwendung des Namens „Mazedonien“ durch das ehemalige Jugoslawien und später durch die unabhängige Republik Mazedonien erhoben. Der Hauptstreitpunkt lag in der Befürchtung Griechenlands, dass die Verwendung dieses Namens durch einen Nachbarstaat implizieren könnte, dass dieses Gebiet historische Ansprüche auf die griechische Region Mazedonien erhebt.

Für Griechenland hat die Region Mazedonien eine tiefe historische Bedeutung, da sie die Heimat des antiken Königreichs Makedonien war, das von Alexander dem Großen regiert wurde. Griechenland befürchtete, dass die Verwendung des Namens „Mazedonien“ durch das Nachbarland Nordmazedonien territoriale Ansprüche oder revisionistische Bestrebungen signalisieren könnte.

Der Konflikt hat sich über Jahrzehnte hingezogen und hat zu diplomatischen Spannungen und politischen Hindernissen geführt. Erst 2018 wurde eine Einigung erzielt, als sich Nordmazedonien bereit erklärte, seinen Namen in „Republik Nordmazedonien“ zu ändern. Diese Vereinbarung öffnete den Weg für eine Annäherung zwischen den beiden Ländern und für Nordmazedonien, seine Beziehungen zur Europäischen Union und zur NATO zu stärken.

Trotz dieser Einigung bleibt der Konflikt um den Namen Mazedonien ein Beispiel für die komplexen politischen und historischen Dynamiken in der Region und verdeutlicht die Bedeutung von Diplomatie und Kompromissbereitschaft bei der Lösung solcher Streitigkeiten.

Unser Hotel lag direkt am Fluss – an der Vardar, der die Stadt in zwei Hälften teilt. Auf der linken Seite erstreckt sich die islamische Seite, wo während des Ramadans der Muezzin zum Gebet ruft und mit zunehmender Lautstärke zu provozieren versucht und wo gläubige Männer überall auf Gebetsteppischen auf den Straßen im Basar beten. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die mazedonisch-orthodoxe Seite, die mit überdimensionalen Kreuzen provoziert. Diese religiösen Spannungen erinnern an ein Pulverfass, das jederzeit explodieren könnte.

Beim Kaffee trinken in der Altstadt habe ich zufällig einen jungen Mann getroffen, der ursprünglich aus Skopje kommt, alle 2-3 Jahre wieder hinfährt um seine alten Freunde und Familie zu besuchen und der seit einigen Jahren in München lebt. Er war selbst komplett überrascht von der immer prominenteren Ausübung der Religion, was wohl vor Jahren noch eher selten war. Auch sind überall in der Altstadt riesige Plakate von Erdogan zu sehen.

Skopje ist auch bekannt für seine regelmäßigen Erdbeben, und das letzte große Beben ereignete sich 1963, das 90% der Stadt zerstörte. Die Stadt wurde danach schnell wieder aufgebaut, jedoch nicht ohne Kritik. Korrupte Politiker nutzten die Gelegenheit, um eine Art Kaufhauskatalog für den Wiederaufbau zu verwenden. Sie bestellten Brücken aus Prag, Nachbildungen des Arc de Triomphe aus Paris und sogar eine Miniaturausgabe des Weißen Hauses. Das Ergebnis ist eine Stadt, die von Denkmälern übersät ist, man könnte den Eindruck haben, es gibt mehr Denkmäler als Einwohner.

Doch trotz dieser Herausforderungen ist Skopje eine Stadt voller Leben und Energie. Die Menschen sind herzlich und einladend, und das Essen ist richtig lecker. Die mazedonische Küche ist reich an Geschmack und Vielfalt, und ich hatte das Glück, ein paar sehr feine Gerichte zu probieren. Überrascht war ich, dass in allen Restaurants stark geraucht wurde, meine Kolleginnen aus Skopje meinten, das das wieder der Fall sein. Einige Jahre lang wurde das Rauchverbot in Innenräumen beachtet und auch stark kontrolliert, aber seit einer Weile scheine sich niemand mehr um das Verbot zu kümmern.

Wer einem übrigens auch an jeder Ecke begegnet ist die wohl berühmteste Tochter der Stadt: Mutter Theresa. Ich hätte mich von Kopf bis Fuß mit ihrem Konterfei schmücken können 😉

Und dann ist da noch der Kaffee, der auf heißem Sand gekocht wird, eine Tradition, die mich wirklich faszinierte. Der türkische Kaffee wird traditionell in einer speziellen Kaffeekanne namens „Cezve“ oder „Ibrik“ zubereitet. Zuerst wird feiner Sand in einem speziellen Behälter erhitzt. In die Cezve werden gemahlene Kaffeebohnen, Wasser und gegebenenfalls Zucker oder Gewürze gegeben. Die Cezve wird dann in den heißen Sand gestellt, wodurch der Kaffee langsam erhitzt wird. Der Kaffee beginnt zu schäumen und aufzusteigen. Sobald er kurz vor dem Kochen steht, wird er vom Sand genommen und in kleine Tassen oder Gläser gegossen. Die langsame Zubereitung über dem heißen Sand verleiht dem Kaffee einen intensiven Geschmack und ein reiches Aroma.

Die Literatur durfte natürlich auch nicht zu kurz kommen: Nordmazedonien, insbesondere die Hauptstadt Skopje, hat eine reiche literarische Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. Ich habe ein paar sehr schöne Buchläden entdeckt und fliegende Händler die auf der Straße und auf Märkten mit Büchern handeln. Es war gar nicht so einfach ein Buch eines nordmazedonischen Autors zu finden, aber ich hatte dann doch Glück und habe ein wirklich interessantes und spannendes Buch von Luan Starova gelesen. Er ist ein bedeutender albanisch-mazedonischer Autor, der für seine literarischen Werke bekannt ist, die sich mit Themen Identität, Kultur und Geschichte auseinandersetzen. Seine Arbeiten, darunter Romane wie „Die Sterne in Bunker Nr. 3“ und „Die Reise nach Amerika“ oder auch das von mir gelesene „Zeit der Ziegen“ haben ihm sowohl national als auch international Anerkennung eingebracht. Starova hat sich als wichtige Stimme in der albanischen und mazedonischen Literatur etabliert und sein Werk trägt zur Förderung des kulturellen Verständnisses und des Dialogs bei.

Spannend fand ich auch das jährlich stattfindende Internationale Literaturfestival – eine bedeutende kulturelle Veranstaltung in Skopje, die Autor*innenn und Literaturliebhaber*innen aus der ganzen Welt zusammenbringt. In der Vergangenheit haben namhafte Teilnehmer*innen wie Orhan Pamuk, Herta Müller, Mario Vargas Llosa oder auch Salman Rushdie an diesem Festival teilgenommen. Es bietet eine Plattform für den interkulturellen Austausch, literarische Diskussionen und Lesungen und trägt zur Förderung der internationalen Literatur und des kulturellen Dialogs bei. Irgendwann würde ich da wirklich gerne mal dabei sein.

„Zeit der Ziegen“ ist ein Roman von Luan Starova, übersetzt von Roberto Mantovani, erschienen im Unionsverlag, der die Geschichte einer albanischen Familie im ehemaligen Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs und der kommunistischen Ära erzählt. Der Roman konzentriert sich auf das Leben der Familie Gjonbalaj, die sich mit den Herausforderungen und Veränderungen in ihrem Land während dieser turbulenten Zeiten auseinandersetzen muss. Dabei werden Themen wie Identität, politische Unterdrückung und die Suche nach Freiheit behandelt. „Zeit der Ziegen“ ist ein berührender und fesselnder Roman, der die Leser*innen durch die historischen Ereignisse und persönlichen Geschichten einer Familie führt, die um ihr Überleben und ihre Selbstbestimmung kämpft. Der Roman hat mir richtig gut gefallen, würde auf jeden Fall auch noch weitere Romane von Starova lesen.

Leider hatte ich keine Gelegenheit die Landschaft und die Natur in Nordmazedonien kennenzulernen. Außerhalb der Saison fahren wenige Busse und man hatte mich auch ein bißchen gewarnt alleine in die Wälder und zu den Seen zu fahren. Ich muss also auf jeden Fall noch mal hin irgendwann.
Seid ihr schon mal in Skopje oder Nordmazedonien gewesen, oder habt noch weitere Literaturempfehlungen für mich?

2 Kommentare zu “Skopje by the book – Kultur, Denkmäler und Kaffeekunst

  1. Ich muss gestehen, ich habe dieses Land und diese Stadt reisetechnisch gar nicht auf dem Schirm. Aber Dein wundervoller Bericht weckt das Interesse. Herrliche Fotos, spannende Infos. Tausend Dank dafür. Liebe Grüße

  2. Pingback: [Die Sonntagsleserin] April 2024 - Phantásienreisen

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