November Lektüre

Im November war mein Lesemonat besonders produktiv und abwechslungsreichAus irgendeinem Grund habe ich vergessen sowohl Sloan Wilsons „The Man in the Gray Flannel Suit“ als auch Jhumpa Lahiris „Roman Stories“ mit aufs Foto zu nehmen. Sowas.
Es war ein Monat mit zwei großen Highlights, ohne echte Enttäuschungen und vielen schönen Momenten, die ich hier mit euch teilen möchte.

Wie gewohnt in alphabetischer Reihenfolge:

Isabel Allende – Das Geisterhaus erschienen im Suhrkamp Verlag, übersetzt von Annelise Botond

Hierzu werde ich hier gar nicht viel schreiben, denn Chile war ja einer der Stops im November und ihr könnt hier alles über das Buch und über das Land nachlesen.

Diane Cook – The Wilderness auf deutsch unter dem Titel „Die neue Wildnis“ im Heyne Verlag erschienen, übersetzt von Astrid Finke

Diane Cook entführt uns in ihrem Roman der 2020 den Booker Prize gewonnen hat in eine erschreckende Dystopie. Die Welt, wie wir sie kennen, liegt in Trümmern, und der „Wilderness State“ ist die letzte Zuflucht für Mensch und Natur. Im Zentrum steht Bea, die sich dem Experiment anschließt, um ihrer Tochter Agnes ein Überleben fern der verpesteten Stadt zu ermöglichen.

Ich war fasziniert von der intensiven Darstellung dieser rauen Welt, die Cook mit präzisen, fast poetischen Beschreibungen zum Leben erweckt. Die Beziehung zwischen Bea und Agnes, geprägt von Konflikten und dem Versuch, Nähe in einer gnadenlosen Umgebung zu finden, bildet das emotionale Herz des Romans. Besonders beeindruckend fand ich, wie die unterschiedlichen Perspektiven der beiden Generationen herausgearbeitet werden – Bea, die noch Erinnerungen an die Stadt hat, und Agnes, die nur die Wildnis kennt.

She hated her mother’s fierce love. Because fierce love never lasted. Fierce love now meant that later, there would be no love, or at least that’s what it would feel like. Agnes wanted a mild mother, one who seemed to love her exactly the same every day. She thought, Mild mothers don’t run away.

Doch obwohl mich die Geschichte in vielerlei Hinsicht gefesselt hat, hätte ich mir an einigen Stellen mehr Hoffnung gewünscht. Die düstere Konsequenz, mit der die Figuren oft in ihrer Isolation verharren und die Menschheit insgesamt mit einem schonungslosen Blick betrachtet wird, verdüsterte mir ganz schön das Gemüt. Hoffnungsschimmer, die zeigen, wie Kooperation und Mitgefühl in einer so feindlichen Welt gedeihen könnten, hätten das Bild abgerundet.

Trotzdem ist The New Wilderness ein starker, nachdenklich stimmender Roman, der mich noch immer beschäftig. Cook stellt unbequeme Fragen: Was bleibt von unserer Menschlichkeit, wenn die Welt um uns herum zerbricht? Und wie können wir uns – oder überhaupt eine Zukunft – neu erfinden? Dieses Buch ist keine leichte Kost, aber eine Reise, die sich lohnt.
Traut ihr euch?

Louise Glück – Wilde Iris erschienen im Luchterhand Verlag, übersetzt von Ulrike Draesner

Momentan brauchen wir glaube ich unbedingt zwei Dinge: Glück und Poetry. Daher habe ich heute eine Portion von beidem für euch – verbunden mit einer großen Empfehlung für Louise Glücks zweisprachigen Gedichtband „Die Wilde Iris“, großartig übersetzt von Ulrike Draesner. In dieser einzigartigen Sammlung lässt Glück die Natur selbst sprechen: Pflanzen und Blumen werden zu Stimmen, die von Vergänglichkeit, Trauer und Hoffnung erzählen. Ihre Sprache ist klar und meditativ, voller leiser Kraft und Nachdenklichkeit, die tief in das Wesen der Existenz blicken lässt. Die Wilde Iris ist nicht nur ein poetisches Werk, es ist fast schon ein Gespräch mit der Natur, das uns die oft übersehene Weisheit des Einfachen und die Schönheit des Neuanfangs zeigt. Hier findet man Momente der Stille, der Reflexion und garantiert ein kleines Glück.

I don’t need your praise
to survive. I was here first,
before you were here, before
you ever planted a garden.
And I’ll be here when only the sun and moon
are left, and the sea, and the wide field.

I will constitute the field.

Mairi Hedderwick – An Eye on the Hebrides: An Illustrated Journey erschienen im Birlinn Verlag, bislang nicht auf deutsch erschienen

Ich habe diesen bezaubernden Bildband regelrecht verschlungen. Mairi Hedderwick nimmt uns mit auf eine Reise durch die Hebriden, die gleichzeitig eine Hommage an diese rauen, atemberaubenden Inseln ist. Besonders berührt haben mich ihre lebendigen Aquarelle und die witzigen Beobachtungen des Alltags – ein ästhetisches und literarisches Erlebnis gleichermaßen.

Da ich selbst einige der beschriebenen Inseln besucht habe, fühlte ich mich sofort zurückversetzt: Der salzige Wind, die Farben der Landschaft, die Einsamkeit der Strände – alles wurde durch Hedderwicks Skizzen und Beschreibungen lebendig. Ihr Buch macht Lust, die Taschen zu packen und direkt aufzubrechen. Vielleicht sogar auszuwandern? Wäre da nicht die allgegenwärtige Plage der Midges – könnten wir die nicht nach Texas exportieren?

„An Eye on the Hebrides“ ist mehr als ein Reisetagebuch; es ist ein Liebesbrief an die Hebriden und ein Weckruf, den Zauber des Einfachen zu entdecken.

Jhumpa Lahiri – Roman Stories auf deutsch unter dem Titel „Das Wiedersehen: Römische Geschichten“ im Rowohlt Verlag erschienen, übersetzt von Julika Brandestini

Diese Kurgeschichtensammlung haben wir bereits im Oktober im Bookclub gelesen, aber ich hatte sie tatsächlich bislang vergessen zu besprechen, hol ich also einfach im November nach.

Jhumpa Lahiris Kurzgeschichtensammlung Roman Stories hat mich mit ihrer atmosphärischen Dichte und sprachlichen Eleganz durchaus beeindruckt. Die neun Geschichten sind ein kaleidoskopischer Blick auf Rom und seine Bewohner – Einheimische wie Zugezogene –, die alle auf die eine oder andere Weise mit Entfremdung kämpfen. Lahiri fängt die Spannung zwischen Schönheit und Zerfall der Stadt mit meisterhaften Details ein, und ihre Figuren bleiben lange im Gedächtnis.

Einige Geschichtenhaben mich besonders berührt. Sie erforschen Themen wie Verlust, Schuld und die Suche nach einem Ort, den man Heimat nennen kann. Lahiris Fähigkeit, das Unsagbare in präzise und bewegende Worte zu fassen, ist hier klar zu spüren. Die Übersetzung aus dem Italienischen, teils von Lahiri selbst, ist dabei durchweg geschmeidig und elegant.

Certain stories are hard to bear, as are certain things we’ve lived or observed or fumbled or explored with great care. They transmit an energy that extends beyond the disposable day-to-day. Our deepest memories are like infinite roots reflected in the brook, a simulacrum without end. And yet every story, like every life, lasts only so long.

Trotzdem konnte die Sammlung für mich nicht an die emotionale Wucht von Lahiris Roman „The Lowlands“ heranreichen, den wir im Sommer im Bookclub gelesen haben. Roman Stories ist zurückhaltender, fragmentierter – mehr Skizze als Gemälde. Die Geschichten sind oft so knapp, dass ich mich nach mehr Tiefe und Kontext sehnte. Auch die durchgehende Melancholie, obwohl eindringlich, wirkte mitunter etwas überwältigend.

John Steinbeck – Von Mäusen und Menschen im dtv Verlag erschienen, übersetzt von Elisabeth Rotten

Ich war von John Steinbecks „Von Mäusen und Menschen“ sehr beeindruckt. In nur wenigen Seiten entfaltet sich eine intensive, oft schmerzvolle Geschichte über Freundschaft, Träume und die Härten des Lebens. Die Novelle spielt zur Zeit der Great Depression in Kalifornien und folgt den beiden Wanderarbeitern George und Lennie, die sich – trotz aller Widrigkeiten – gegenseitig unterstützen. George, der clevere und umsorgende Beschützer, und Lennie, dessen kindliche Naivität und enorme Kraft ihn in Schwierigkeiten bringt, träumen gemeinsam von einem kleinen Stück Land, das ihnen Sicherheit und Freiheit bieten soll. Doch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen, gepaart mit Lennies impulsivem Verhalten, führen unaufhaltsam zu einem tragischen Ende.

Steinbeck, selbst in Kalifornien geboren, erlebte die sozialen und wirtschaftlichen Kämpfe der einfachen Arbeiter hautnah, was seine Werke, wie auch „Of Mice and Men“, so glaubwürdig und mitfühlend macht. Er gehört zu den großen amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts und widmete sich immer wieder dem Schicksal der Arbeiterklasse.

Maybe ever’body in the whole damn world is scared of each other.

Obwohl ich die Geschichte mochte und sie mich emotional tief berührt hat, ist mir Steinbecks „Cannery Row“ dennoch etwas lieber. „Von Mäusen und Menschen“ endet mit einer solchen Tragik, die mich noch lange beschäftigte. „Cannery Row“ dagegen, ebenfalls tiefgründig, bietet doch einen wärmeren, versöhnlicheren Ausklang. Für mich zeigt Steinbeck hier nicht nur sein Talent, das harte Leben zu schildern, sondern auch, wie er Momente von Menschlichkeit und Gemeinschaft aufleben lassen kann.

Dennoch: Es ist ein Meisterwerk der amerikanischen Literatur, das ich unbedingt empfehlen würde. Steinbeck schafft es, in kurzer Form eine bleibende, intensive Geschichte zu erzählen, die definitiv lange nachwirkt.

Olga Tokarczuk – Empusion erschienen im Kampa Verlag, übersetzt von Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein

Das war der zweite Stopp diesen Monat bei der literarischen Weltreise und ich verweise für die Besprechung auf den Beitrag hier.

Sloan Wilson – The Man in the Gray Flannel Suit auf deutsch unter dem Titel „Der Mann im Grauen Flanell“ im Dumont Verlag erschienen, übersetzt von Eike Schönfeld

Sloan Wilsons „The Man in the Gray Flannel Suit“ (1955) ist ein zeitloses Porträt der amerikanischen Nachkriegs-gesellschaft und ein Klassiker, der heute genauso relevant ist wie vor fast 70 Jahren. Mit scharfsinniger Beobachtung und tiefem Mitgefühl schildert Wilson das Leben von Tom Rath, einem Kriegsveteranen und Familienvater, der sich in den Untiefen des amerikanischen Vorstadtlebens und der Businesswelt der 1950er Jahre zurechtfinden muss.

Tom Rath steht für eine Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen ihren Idealen und den Zwängen des modernen Lebens zerrieben wurde. Gefangen in einer Welt, die auf Erfolg, Status und Materialismus ausgerichtet ist, ringt er mit den großen Fragen: Was bedeutet es, ein gutes Leben zu führen? Wie kann man Integrität und Authentizität bewahren? Tom und seine Frau Betsy versuchen, ihre Ehe und ihre Werte zu wahren, während sie sich den Herausforderungen stellen, die der Aufstieg in der gesellschaftlichen Hierarchie mit sich bringt.

Eine der stärksten Nebenfiguren ist der Judge Bernstein. Er verkörpert eine Tugendhaftigkeit und moralische Klarheit, die in scharfem Kontrast zu der zynischen Geschäftswelt steht, in der sich Tom bewegt. Seine Weisheit machen ihn zu einer Art moralischem Kompass des Romans und ist damit ähnlich wie Betsy oder Tom sind Menschen voller Aufrichtigkeit und Mitgefühl, die sich die „MAGA“-Idioten zum Vorbild nehmen sollten, wenn sie davon quaken Amerika wieder great machen zu wollen. Dann verhaltet euch halt so. Das sind die Qualitäten, die heute überall dringend gebraucht werden.

Wilson zeigt, dass wahre Größe nicht im Streben nach Reichtum oder Status liegt, sondern im Streben nach einem Leben, das von Liebe, Pflichtbewusstsein und persönlichen Prinzipien geprägt ist. Es ist ein Plädoyer für die Rückbesinnung auf Werte, die jenseits von Egoismus und Gier liegen – eine Botschaft, die sich wunderbar als Antwort auf die Oberflächlichkeit und den Zynismus unserer Zeit eignet.

1956 wurde das Buch mit Gregory Peck und Jennifer Jones in den Hauptrollen verfilmt. Der Film fängt die Essenz des Romans gut ein. Das Buch erinnert stark an Mad Men und ich frage mich, ob die Serie sich an den Roman angelehnt hat. Auf jeden Fall wird ständig und dauernd getrunken. Martinis werden geshaked, Cocktails zu allen Tages- und Nachtzeiten getrunken. Das waren echt andere Zeiten.

How smoothly one becomes, not a cheat, exactly, not really a liar, just a man who’ll say anything for pay.

Sloan Wilson (1920–2003) war ein amerikanischer Schriftsteller, dessen Werke oft den Konflikt zwischen persönlicher Integrität und gesellschaftlichen Erwartungen thematisierten. Neben „The Man in the Gray Flannel Suit“ schrieb er zahlreiche weitere Bücher, darunter A Summer Place, ein ebenfalls berühmter Roman über gesellschaftlichen Wandel.

Ich würde mich sehr freuen, wenn der Roman wieder entdeckt würde. Seine große Positivität – geprägt von Hoffnung, Verantwortung und wichtigen Werten – macht ihn zu einer inspirierenden und zeitlosen Lektüre. Im Bookclub waren wir durch die Bank begeistert. Große Empfehlung!

Geschafft – bin ganz schön rumgekommen im November. Ich war in Chile, den USA, auf den Hebriden-Inseln, in Rom und in Polen. Nicht schlecht, oder?
Welche der vorgestellten Bücher kennt ihr und wie fandet ihr sie und was waren eure Highlights im November? Freue mich über eure Kommentare.

Read around the World: Chile

Wir haben knapp 15.000 km hinter uns gelassen und sind in Chile gelandet. Ich hatte mit 17,18 eine heftige Isabell Allende Phase und wenn mich damals jemand gefragt hätte, welche Länder ich einmal im Leben garantiert bereist haben werde, hätte ich sicherlich ohne Zögern Chile gesagt. Ich wollte da so unbedingt hin, fand es faszinierend, landschaftlich total reizvoll und einfach spannend. Was soll ich sagen? Bin viel gereist in meinem Leben, aber nach Südamerika habe ich es leider nie geschafft. Hätte ich echt nicht gedacht.

Daher auch hier eine etwas umfassendere Einführung in Geschichte, Geographie und Kultur bevor wir uns mit dem Buch beschäftigen, das ich für Chile ausgewählt habe.

Chile erstreckt sich entlang der Westküste Südamerikas über eine Länge von etwa 4.300 Kilometern, während es an seiner schmalsten Stelle nur etwa 90 Kilometer breit ist. Diese außergewöhnliche Geografie umfasst atemberaubende Kontraste, von der trockensten Wüste der Welt, der Atacama, im Norden, über die fruchtbaren Täler Zentralchiles bis hin zu den eisigen Fjorden und Gletschern Patagoniens im Süden. Chile grenzt im Osten an die Anden und im Westen an den Pazifik.

Die Hauptstadt Santiago liegt zentral und ist das wirtschaftliche, politische und kulturelle Herz des Landes. Chiles besondere Lage macht es zudem anfällig für Erdbeben und Vulkanausbrüche, da es entlang des sogenannten Pazifischen Feuerrings liegt.

Fotos: Pixabay

Chile war ursprünglich Heimat verschiedener indigener Völker, darunter die Mapuche, die auch heute noch eine bedeutende kulturelle und politische Rolle spielen. Mit der Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert begann die Kolonialisierung, und Chile wurde ein Teil des spanischen Kolonialreichs. 1818 erlangte das Land seine Unabhängigkeit.

Im 20. Jahrhundert erlebte Chile eine wechselvolle politische Geschichte. Besonders prägend war die Zeit um Salvador Allende, der 1970 als erster demokratisch gewählter marxistischer Präsident der Welt in sein Amt trat. Seine Regierung setzte auf umfassende Sozialreformen und eine verstaatlichte Wirtschaft, was auf erheblichen Widerstand sowohl innerhalb Chiles als auch international, insbesondere seitens der USA, stieß. Am 11. September 1973 wurde Allende durch einen von General Augusto Pinochet angeführten Militärputsch gestürzt. Allende beging während des Angriffs auf den Regierungspalast angeblich Suizid.

Die anschließende Diktatur unter Pinochet dauerte bis 1990 und war geprägt von brutaler Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen und wirtschaftlicher Liberalisierung nach neoliberalen Prinzipien. Heute ist Chile eine stabile Demokratie, wenngleich die Gesellschaft weiterhin mit den Nachwirkungen der Diktatur und sozialen Ungleichheiten ringt.

Chile besitzt eine reiche literarische Tradition und hat zwei Literaturnobelpreisträger hervorgebracht: Gabriela Mistral (1945) und Pablo Neruda (1971). Isabel Allende, die Nichte von Salvador Allende, ist eine der bekanntesten zeitgenössischen Autorinnen des Landes. Sie ist durch Werke wie Das Geisterhaus, Die Geschichten der Eva Luna oder Paula international berühmt geworden. Die meisten ihrer Werke sind stark autobiografisch gefärbt. Meine Ausgabe von „Das Geisterhaus“ ist noch die original DDR-Ausgabe vom Aufbau-Verlag aus dem Jahr 1986 oder 1987 glaube ich (es steht tatsächlich kein Erscheinungsjahr im Buch) und wurde von Anneliese Botond übersetzt.

Die chilenische Küche ist geprägt von ihrer geografischen Lage: Fisch und Meeresfrüchte sind zentrale Bestandteile. Weitere traditionelle Gerichte sind empanadas, curanto (ein Eintopf aus Fleisch, Fisch und Gemüse). Wir haben versucht Empanadas zu basteln, aber irgendwie wollte es nicht klappen – daher gibt es dieses Mal leider Fotos aus der Pixabay-Konserve und nix selbstgekochten – ich gelobe Besserung! Gibt auch wirklich sehr selten chilenische Restaurants, oder?

Hier noch ein paar Fakten zu Chile:

  • Fläche: Chile ist etwa 756.000 km² groß, fast doppelt so groß wie Deutschland mit 357.000 km².
  • Einwohnerzahl: Chile hat etwa 19,5 Millionen Einwohner (Stand: 2023), deutlich weniger als Deutschland mit etwa 84 Millionen.
  • Bevölkerungsdichte: Mit etwa 25 Einwohnern pro km² ist Chile sehr dünn besiedelt, während Deutschland eine Bevölkerungsdichte von rund 235 Einwohnern pro km² aufweist.

Jetzt aber zu einem der wohl berühmtesten Romane des Landes: Isabel Allendes „Roman „Das Geisterhaus „(La Casa de los Espíritus, 1982) ist ein Meisterwerk des magischen Realismus und erzählt die Geschichte der Familie Trueba über vier Generationen hinweg. Der Roman verknüpft die persönlichen Schicksale der Figuren mit den politischen und sozialen Umwälzungen in einem fiktiven Land, das an Chile angelehnt ist.

Im Zentrum steht Esteban Trueba, ein patriarchaler, ehrgeiziger Großgrundbesitzer, dessen Leben und Handeln die Entwicklung der Familie prägen. Seine Ehefrau Clara, die über spirituelle Fähigkeiten verfügt, repräsentiert das Herz der Familie und den Kontrast zu Estebans Materialismus. Die Geschichte verfolgt die Schicksale ihrer Kinder und Enkelkinder, insbesondere ihrer Enkelin Alba, die sich in einer von politischen Unruhen geprägten Zeit für Gerechtigkeit und Freiheit einsetzt.

Der Roman schildert die zunehmende Politisierung der Gesellschaft, den Aufstieg einer sozialistischen Regierung (die an Salvador Allendes Präsidentschaft erinnert) und den darauffolgenden Militärputsch, der von einem brutalen Regime geprägt ist. Alba wird während der Diktatur verhaftet und gefoltert, überlebt jedoch durch ihre innere Stärke und die Hilfe ihres Großvaters Esteban, der schließlich Einsicht in seine Fehler gewinnt.

Das zentrale Thema des Romans ist der Konflikt zwischen Tradition und Wandel, zwischen persönlicher Schuld und gesellschaftlicher Verantwortung. Gleichzeitig steht die Familie als Mikrokosmos für die chilenische Gesellschaft, die in dieser Zeit durch tiefe Spaltungen geprägt war.

Der Putsch von 1973 und die anschließende Militärdiktatur unter Augusto Pinochet hatten einen direkten Einfluss auf Isabel Allende und ihr Schreiben. Viele der brutalen Ereignisse, die im Roman geschildert werden, spiegeln die politische Realität in Chile während und nach Salvador Allendes Präsidentschaft wider. Die Verhaftung und Folter Albas steht symbolisch für das Leid vieler Oppositioneller während der Diktatur. Allendes magischer Realismus dient dazu, die Verbindung zwischen individueller Erfahrung und historischen Prozessen auf eine poetische Weise auszudrücken.

Das Geisterhaus ist somit nicht nur eine Familiengeschichte, sondern auch ein literarisches Monument, das die Herausforderungen und Traumata einer ganzen Nation einfängt. Ein paar Jahre lang habe ich nahezu fanatisch jeden Roman gelesen, den Isabel Allende herausbrachte, aber irgendwann bin ich nicht nur aus ihr, sondern allgemein aus den lateinamerikanischen Romanen und dem Magic Realism herausgewachsen. Frau Allende ist aber nach wie vor eine großartige, spannende Frau und ich folge ihr gerne auf Instagram.

Auch wenn „Das Geisterhaus“ 1993 mit großer Starbesetzung verfilmt wurde, ist mein Film-Tipp für euch das Drama „Una Mujer Fantástica/A fantastic woman“ (Sebastián Lelio) der 2018 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film erhielt und von Marina handelt, einer trans Frau, die nach dem plötzlichen Tod ihres Partners gegen Vorurteile und Diskriminierung kämpfen muss. Großartiger Film der einen ganz schön mit nimmt.

Musikalisch habe ich zwei Tipps für euch und zwar „Baikonur“ eine Post Rock Band aus Santiago die auch vor ein paar Jahren auf dem DUNK! Festival auftrat:

und die Trip Hop / Electronic Band Dënver, ein Duo das allerdings seit 2013 getrennt ist:

Kennt ihr das Geisterhaus oder andere Bücher von Isabel Allende? Habt ihr andere Lieblingsautor*innen aus Chile oder seid ihr vielleicht sogar schon mal dort gewesen? Könnt ihr es als Reiseland empfehlen? Was verbindet ihr mit dem Land? Bin sehr gespannt auf eure Rückmeldungen.

Danke schon mal für eure Rückmeldungen und ich werde auf die Kommentare auch noch separat eingehen. Fast hätte ich aber vergessen euch noch ein paar weitere Buchempfehlungen zu geben, denn ich habe ein paar richtig gute Bücher aus Chile gelesen. Hier meine Empfehlungen (außer dem Geisterhaus):

  • Maniac – Benjamin Labatut
  • When we cease to understand the world – Benjamin Labatut
  • Das Geisterhaus – Isabel Allende
  • Mit brennender Geduld – Antonio Skármeta