Hirngymnastik Chemie

Chemie ist ein unglaublich faszinierendes Studiengebiet. Weil sie für unsere Welt so grundlegend ist, spielt die Chemie im Leben eines jeden Menschen eine Rolle und berührt fast jeden Aspekt unserer Existenz in irgendeiner Weise. Die Chemie wird oft als die zentrale Wissenschaft bezeichnet (wobei das wahrscheinlich fast jede Wissenschaft von sich behauptet), weil sie Physik und Mathematik, Biologie und Medizin sowie die Erd- und Umweltwissenschaften miteinander verbindet.

Die Chemie hilft, die Welt um uns herum zu verstehen. Warum verfärben sich Blätter im Herbst? Warum sind Pflanzen grün? Wie wird Käse hergestellt? Was ist in Seife enthalten und wie wird sie gereinigt? All dies sind Fragen, die mit Hilfe der Chemie beantwortet werden können.

Grundkenntnisse in Chemie helfen auch, Produktetiketten zu lesen und zu verstehen. Funktioniert ein Produkt wie beworben oder ist es ein Betrug? Wer versteht, wie Chemie funktioniert, ist in der Lage, ver-nünftige Erwartungen von reiner Fiktion zu trennen.

Chemie ist außerdem das Herzstück des Kochens. Wer die chemischen Reaktionen versteht, die beim Aufgehen von Backwaren, beim Neutralisieren von Säure oder beim Eindicken von Saucen ablaufen, hat gute Chancen, ein besserer Koch werden.

Ein guter Grund, dieser spannenden Naturwissenschaft mal ein wenig in die Reagenzgläser zu schauen – willkommen zur Hirngymnastik Chemie:

Was eignet sich besser zum Einstieg, als ein Buch über die 50 wichtigsten chemischen Elemente im Periodensystem? Das Periodensystem war bei mir im Übrigen Auslöser für die erste Brille, die ich auch wirklich aufgesetzt habe. Ich saß soweit von dem Ding weg, das sich partout die Ordnungszahlen nicht erkennen ließen. Es musste also eine Brille her und zack klappte es auch mit der Chemie 🙂

Die Elemente in 30 Sekunden vermitteln die chemischen Grundkenntnisse zu den wichtigsten 50 Elementen. Jedem Element ist eine Doppelseite gewidmet, jede mit einer klaren Beschreibung, den wichtigsten Eckdaten und einer Illustration. Der Band ordnet sie in den Rahmen der übrigen 68 Elemente des Periodensystems ein und beschreibt deren Wechselbeziehungen. Biographien von Chemikern, die unser Wissen bereicherten und damit die Geheimnisse des Lebens weiter entschlüsselten, ergänzen die Darstellung. Die Illustrationen veranschaulichen die Unterschiede und Übereinstimmungen zwischen den einzelnen Elementen.

Die Reihe ist nicht nur optisch ein Leckerbissen, sie gibt auch wirklich in kürzester Zeit einen ersten Überblick über ein Thema und ermöglicht dem Leser dann bei Bedarf abzutauchen. Ich habe noch einige weitere Themen aus der Reihe auf dem Radar.

Herausgeber Eric Scerri ist Chemiker und Wissenschaftstheoretiker, der vor allem zur Geschichte und Systematik des Periodensystems publiziert. Er ist Gründer und Chefredakteur der internationalen Zeitschrift Fundation of Chemistry.

Im 19. Jahrhundert strömten die New Yorker in Scharen in Sammlungen seltsamer und grotesker Kuriositäten, die als „Kuriositätenkabinette“ bezeichnet wurden. Jetzt soll in Manhattan an der Stelle eines der alten Kabinette ein moderner Wohnturm entstehen. Doch als die Ausgräber in einen Keller einbrechen, entdecken sie eine Leichenkammer des Grauens: die Überreste von über dreißig Menschen, die vor über 130 Jahren von einem unbekannten Serienmörder ermordet und auf grausame Weise zerstückelt wurden.

In der Folge beginnen FBI-Sonderagent Pendergast und die Museumsarchäologin Nora Kelly mit einer Untersuchung, die einen mysteriösen Arzt zutage fördert, der einst durch die Stadt streifte und medizinische Experimente an lebenden Menschen durchführte. Doch gerade als Nora und Pendergast beginnen, die Hinweise auf die jahrhundertealten Morde zu entschlüsseln, bricht um sie herum eine neue Welle von Mord und chirurgischer Verstümmelung aus und New York City wird von Terror überflutet.

Der Krimi ist in der Zeit Wissenschafts-Krimireihe herausgebracht worden und enthält eine Chemie-Analyse des Buches. Im Roman geht es um einen Serienkiller, der auf der Suche nach der Geheimformel für das ewige Leben ist. Seit der Mensch denken kann, versucht er seine Sterblichkeit zu überwinden und ein Elixier zu finden, dass den Tod in seine Schranken weist.

Noch immer ist rätselhaft, was im Organismus dafür sorgt, dass das Leben zum Tode führt. Viele Fachleute sind aber überzeugt, dass die Dauer menschlichen Lebens verlängert werden kann und künftig auch wird. „Altern ist keine gottgegebene Unausweichlichkeit, man kann es kontrollieren und ändern“ behauptet der amerikanische Genetiker Michael Rose, ein Pionier der modernen Altersforschung.

In metabolischen Prozessen, und auch in den Gen-Netzwerken, haben die Forscher erste Triebkräfte des Alters aufgespürt. Bereits durch die Ausschaltung einzelner Gene für Wachstum und Energiestoffwechsel können die Genetiker dem natürlichen Tod Einhalt gebieten.

Das einfachste Zaubermittel zur Lebensverlängerung heißt Hungern. Kalorische Restriktion hilft Fliegen, Mäusen und Würmern, dem Tod zu trotzen. Die Ursache ist vermutlich, dass dabei der Energiestoffwechsel heruntergefahren wird. Dadurch enstehen weniger aggressive Stoffwechselprodukte im Körper – der sogenannte oxidative Stress im Organismus nimmt ab.

Aber ist es wirklich erstrebenswert, 100 Jahre zu hungern, um 100 Jahre alt zu werden?
Da genetische Manipulationen des menschlichen Erbgutes, mit denen altersfördernde Gene blockiert werden könnten, derzeit weder sicher durchgeführt werden können, noch erwünscht sind, ruhen die Hoffnungen der Altersforscher vor allem auf der Pharmazie. Grausige Verfahren wie das des Killers in Formula sind indessen nicht zu befürchten.

Ein spannender Krimi, der nicht nur chemische Einblicke gewährt, sondern auch gut unter der Rubrik Forensik hätte laufen können. Allerdings nichts für Zartbesaitete.

Perfekt hätte in diese Hirngymnastik natürlich Primo Levis „Das periodische System“ gepasst – das habe ich allerdings bereits gelesen und auch schon hier besprochen. Wer Lust hat, die Grande Dame der Chemie, Marie Curie, näher kennenzulernen, den verweise ich auf diesen Artikel hier in der Rubrik „Women in Science“.

Ansonsten habe ich erstaunlich wenige Nicht-Fachbücher zu dieser Hirngymnastik gefunden, falls ihr also noch weitere Tipps habt – jederzeit gerne.

Ich hoffe, ich konnte euch etwas Lust auf Chemie machen – wie war es bei euch in der Schule? Mochtet ihr das Fach, beschäftigt ihr euch heute noch hin und wieder damit oder macht ihr lieber einen großen Bogen um Reagenzgläser, Kolbenbrenner und Periodensystem?

Meine Woche

Gesehen: The Haunting of Bly Manor (2020) von Mike Flanagan. Kommt nicht ganz an Hill House dran, aber wieder eine sehr gelungene gruselige Horror-Serie passend zu Halloween.

I am not a serial killer (2016) von Billie O’Brien mit Max Records und Laura Fraser. Gelungene Verfilmung des gleichnamigen Buches – Serienkiller trifft Alien. Stellenweise war mir der echt zu krass, ist aber ein toller Film.

Pride and Prejudice and Zombies (2016) von Burr Steers mit Lily James und Sam Riley. Haben wir diesen Monat im Bookclub gelesen, die Verfilmung war durchaus unterhaltsam.

Das Geheimnis des 7. Weges (1982) von Karst van der Meulen. Habe die Serie als Kind geliebt und es war interessant sie als Erwachsene noch mal zu sehen. Hatte sie (natürlich) deutlich gruseliger in Erinnerung. War aber ein schönes Wiedersehen.

The Narrow World (2017) von Brent Bonacorso. Atmosphärischer SciFi Kurzfilm um einen Roboter der auf der Erde landet. Sehr sehr schön.

Gehört: Tebe poem – Sergei Rachmaninoff, Funny treats – Get well soon, Lifetime – Romy, Drift Ten – The Echelon Effect, Lesser Glasgow – Mogwai, Avatars – Diorama, Troi pièces – Nadia Boulanger

Gelesen: The haunted mind of Shirley Jackson, Warum die Fallzahlen trotz Maske so stark steigen, Hannah Arendt on why totalitarianism is rooted in loneliness, Me Too in Dänemark, The tenants who evicted their landlord, Unquiet spirits: the lost female ghost-story writers returning to haunt us

Getan: sehr viele Meetings und Interviews durchgeführt, den ersten Workshop in „Core Skills for Agility“ besucht, viel geradelt und spazieren gegangen

Gegessen: Rösti mit Paprikaquark

Getrunken: sehr viel Tee

Gefreut: über Buchpost

Getrauert: nein

Geärgert: über die steigenden Fallzahlen

Geklickt: Cynthia Nixon „Be a lady they said“, Hans Rosling „The magic washing machine“, Tova O’Briens erfrischend brutales Interview mit einem rechten neuseeländischen Politiker

Gestaunt: über den erdgroßen einsamen Wanderer, 9 Kurzfilme über die wundersamen Geheimnisse des Weltalls, Zen Brutalism und dieses Riesen-Gemüse

Gelacht: wie man mit Corona Leugnern umgeht

Gewünscht: dieser Konsolen-Tisch, diese Bettwäsche, diesen Power Tap

Gefunden: nix

Gekauft: Wein bei Mövenpick

Gedacht: “A country is considered the more civilised the more the wisdom and efficiency of its laws hinder a weak person from becoming too weak and a powerful one too powerful.” ― Primo Levi

Meine Woche

1552794574543

Shaun Yeo

Gesehen: „Marie Curie“ (2016) von Marie Noëlle mit Karolina Gruszka. Gelungene Bio-Pic über die zweifache Nobelpreisträgerin. Hat mir gut gefallen.

The 39 Steps“ (1935) von Alfred Hitchcock mit Robert Donat und Madeleine Carroll. Diesem Film merkt man seine knapp 85 Jahre nicht an. Spannend und gut gemacht.

The Handmaid’s Tale“ (2018) Season 2 von Bruce Miller mit Elisabeth Moss, Samira Wiley, Joseph Fiennes, Alexis Bledel. Auch die zweite Season ist unglaublich gut und mehr als eine Folge verkrafte ich pro Abend nicht. Erstklassig.

Gehört: „Apollo“ – Think up Anger, „Ocean“ – Goldfrapp, „For what it’s worth“ – Malia J., „I’m clean now“ – Grouper, „Go“ – Santigold & Karen O“, „Heyr Himnasmiður“ – Hildur Gudnadottir, „Amarante“ – Black Polygons, „#1 re: Cycles – Point B (B)“ – Barst, „Aviliai“ – Daina Dieva & Skeldos

Gelesen: dieses Interview mit Ferda Ataman, über diese Primo Levi Biografie, Women do ask for more money, they just don’t get it, My deep burning class rage, Why smart cities need to be inclusive cities, The servant economy, badass female librarians delivered books on horseback

Getan: einen erfolgreichen Workshop durchgeführt, Yoga, mit Freunden lecker gegessen und gute Gespräche geführt

Geplant: den Bookclub besuchen, am Panda Leadership Contest teilnehmen und Freunde treffen

Gegessen: leckere Dumplings im Le Du und Bohnenpüree mit geröstetem Gemüse

Gefreut: über sehr positives Feedback

Geweint: über den schrecklichen Terroranschlag in Neuseeland

Geklickt: wie man Ananas eigentlich essen sollte, auf diesen coolen Mathe Hack und auf diesen Travel Guide für Bibliotheken

Gelacht: Sometimes I wonder what happened to the people that ask me for directions

Gewünscht: diese Untersetzer, dieses 3D Kit für Tokyo, dieses Tshirt

Gestaunt: Hairworm eats a cricket alive and control its mind

Gekauft: einen Adapter für mein iPhone

Gefunden: tolle Bücher im offenen Bücherschrank

Gedacht: “I’ve come up with a set of rules that describe our reactions to technologies:
1. Anything that is in the world when you’re born is normal and ordinary and is just a natural part of the way the world works.
2. Anything that’s invented between when you’re fifteen and thirty-five is new and exciting and revolutionary and you can probably get a career in it.
3. Anything invented after you’re thirty-five is against the natural order of things.”
– Douglas Adams

The Periodic Table – Primo Levi

Review by Lucy IrwinIMG_4783

We are so lucky to have a real Chemist in the Bookclub who was the best ever person to be leading our discussion for Primo Levi’s „The Periodic Table“. She did such a wonderful job at it, that I asked her to do the review for my blog and very kindly she agreed to do it. Thanks a lot Lucy 🙂 Here we go:

The title of this book makes it sound like it should be a dusty old text book and not a first-hand account of the holocaust, the terrifying events leading up to it, and to a certain extent, its aftermath on a man trying to return to normal life.

It was only a matter of time before I’d stumble across Mr. Levi in the grand Venn diagram of interests and circumstances (studying chemistry, living in Germany, interested in modern history).  Thankfully book club also had confidence in the suggestion to read this book and voted to dedicate one of our evenings to it.

Despite its technical title, The Periodic Table is nothing of which a non-chemist (or indeed a non-scientist) should be afraid.  The title refers to a collection of short stories, mostly autobiographical, in which the characters and ideas share the properties of selected chemical elements.  A few are mentioned here.

Argon, an element that is so unreactive due to its happily complete outer “shell” of electrons, was not even discovered until 1894 when a bunch of chemists* wondered about the difference in reactivity of equivalent volumes of atmospheric and laboratory synthesised Nitrogen, the discrepancy in the atmospheric version lying in the presence of a few percent of Argon.  Argon is Greek for “lazy”, and the reference to the inert and lazy forefathers of Levi is not lost on the reader (as was made adequately clear in the bookclub discussion).  It was furthermore agreed that newcomers to the book should start with the chapter Hydrogen, and perhaps leave the chapter Argon until last.

IMG_4784

A recurring theme in the book is that of “impurity”.  Levi ponders (Zinc) that it is

„impurity that gives rise to changes, in other words, to life“

The majority of the stories take place within the backdrop of the Third Reich and the Fascist doctrine of the 1930s onward from which, Levi, being an Italian Jew, was lucky to come away from alive.  Levi analyses the politics of the time with his chemist’s understanding of impurities and matter.  From a chemist’s view it is often all about the “impurity”.  Many brilliant scientific discoveries have arisen serendipitously from the presence of an impurity or two.  Were it not for the fact that the discoverers of Argon did not dismiss this “impurity” in the atmospheric Nitrogen, box 18 of the periodic table would have remained any empty mystery for much longer.  And we’d not have any fluorescent signs.  The book is strewn with references to the control of nature and the definition of “impurity” with its natural importance and the consequences of man’s attempt to remove it.

In today’s fashion for ignoring facts and experts, especially scientists, one of the most prominent passages of the book for me was from the chapter Iron 

 „And finally, and fundamentally, an honest and open boy, did he not smell the stench of Fascist truths which tainted the sky? Did he not perceive it an ignominy that a thinking man should be asked to believe without thinking? Was he not filled with disgust at all the dogmas, all the improved affirmations, all the imperatives? He did feel it; so then, how could he not feel a new dignity and majesty in our study, how could he ignore the fact that the chemistry and physics on which we fed, besides being in themselves nourishments vital in themselves, were the antidote to Fascism which he and I were seeking, because they were clear and distinct and verifiable at every step, and not a tissue of lies and emptiness, like the radio and newspapers?“

 It would seem that Primo Levi’s words are just a relevant today as they were back in the 1930s.

Chapters Cerium and Vanadium are possibly historically the most important.  The first covers life in the Auschwitz camp and the second is Levi’s search for the German chemist in whose laboratory he was made to work for while there.  It was Levi’s training as a chemist that saved his life.  Not only did his skills make it possible for him to make a living selling things on the black market inside the camp and thus make his time there marginally more bearable, it was the fact that he could work in the laboratory that saved him from more back-breaking labour outside in the cold.  After the war, Levi was employed by SIVA, where he became a Technical Director.  Whenever he made trips to Germany, he would meet German businessmen and scientists, furthermore making sure to wear short-sleeved shirts, so that they saw his prison camp number, 174517, tattooed on his arm.

A final word to the themes of Urstoff, matter and transformation primarily covered in the chapters Iron, Nitrogen and Carbon.

„I was just beginning to read German words and was enchanted by the work Urstoff (which means “element”: literally “primal substance”) and by the prefix Ur which appeared in it and which in fact expresses ancient origin, remote distance in space and time).  This Urstoff, however, remains unchangeable: matter is matter, neither noble nor vile, infinitely transformable, and its proximate origin is of no importance whatsoever.  Nitrogen is nitrogen, it passes miraculously from the air into plants, from these into animals, and from animals to us; when its function in our body is exhausted, we eliminate it, but it still remains Nitrogen, aseptic, innocent.“

PrimoLeviArchives-e1476838042960

Picture: Primo Levi Archive

 This concept is no better illustrated in Nitrogen which recounts a story whereby Levi has been assigned to producing cosmetics from the scrapings off the floor of a hen house: atoms are being transformed by the chemist from something awful to something representing beauty.

The life and indestructibility of matter, and its eternal transformation is more beautifully described in the final chapter, Carbon, which tells the story of a single atom over a period of time.  The atom being first released from the limestone rock that contains it, and goes on a journey of transformation through a plant, the air, a person; a beautiful finale to the book with which this same atom of carbon is responsible for the firing of the synapse in the author’s mind that:

„guides this hand of mine to impress on the paper this dot, here, this one.“

*Rayleigh and Ramsay.  Existence of this further atmospheric gas first suspected by Cavendish in 1785

These notes are taken either directly from the English translation of the book (Penguin) and with help from Wikipedia on historical context.

Das Buch ist auf deutsch unter dem Titel „Das periodische System“ bei dtv erschienen.