Habt Ihr Lust auf eine Weltreise? In meiner neuen Reihe werde ich ein Buch aus jedem Land der Erde lesen und vorstellen, ein Projekt auf das ich schon lange Lust habe. Mithilfe eines Zufallsgenerators lose ich die jeweils nächsten drei Länder aus, sodass ich genügend Zeit habe, die passende Lektüre zu besorgen. Wo immer möglich ein Buch eine*r Autor*in aus dem jeweiligen Land. Da ich aber außerdem meinen SUB (Stapel ungelesener Bücher) abarbeiten möchte, werde ich in wenigen Ausnahmefällen ein Buch wählen dass sich bereits in meinem Regal befindet, auch wenn der/die Autor*in nicht ursprünglich aus dem Land kommt. Darüber hinaus werde ich auch zu jedem Land weitere kulturelle Elemente einbauen: ein Film, eine lokale Band, ein typisches Gericht zum Nachkochen sowie – wenn möglich – persönliche Erfahrungen und Fotos. Im Fall von Vietnam füge ich Bilder unserer Reise 2011 hinzu, als wir dieses faszinierende Land erkundeten. Alles klar? Dann kann es ja losgehen:
Wandering Souls – Cecile Pin auf deutsch unter dem gleichnamigen Titel im Atlantik Verlag erschienen, übersetzt von Maria Hummitzsch
Cecile Pins Debütroman Wandering Souls ist ein bewegender Roman, der die vietnamesische Flüchtlingserfahrung und die psychischen Belastungen der Assimilation einfängt. Es war mir in der Buchhandlung ins Auge gefallen, habe kurz reingelesen und konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen. Pin nimmt uns mit auf die Reise der 16-jährigen Anh und ihrer jüngeren Brüder Minh und Thanh, die sich nach dem Vietnamkrieg auf die gefährliche Flucht nach Hongkong begeben. Die Familie ist gezwungen, auf zwei verschiedenen Booten zu reisen, und nur die drei älteren Geschwister erreichen ihr Ziel. Ihre Eltern und vier weitere Geschwister kommen auf tragische Weise ums Leben.
Die Geschichte setzt drei Jahre nach dem Abzug der US-Truppen ein, als Vietnam in politischem und wirtschaftlichem Chaos versinkt. Anh, Minh und Thanh landen nach vielen Stationen – darunter Flüchtlingslager und Ablehnung durch die US-Einwanderungsbehörde – in London. Dort kämpfen sie in den 1980er Jahren mit den Herausforderungen des Lebens in einer neuen, oft feindseligen Umgebung. Besonders Anh trägt als älteste Schwester die Last der Verantwortung, während Minh in Schwierigkeiten gerät und Thanh versucht, sich in der neuen Kultur zurechtzufinden.
Der Roman schafft es, sowohl die emotionalen Wunden der Flucht als auch die Herausforderungen der Assimilation in einer neuen Gesellschaft eindrucksvoll darzustellen. Dabei setzt Pin nicht nur auf emotionale Tiefe, sondern auch auf historische Genauigkeit. Man merkt wie sehr sie für diesen Roman recherchiert hat. Es gibt Momente großen Schmerzes, schrecklicher Grausamkeiten und der Verzweiflung, aber auch Zusammenhalt, Liebe und Hoffnung.
Die Vietnamesen haben diese Tradition“, sagte er. „Sie glauben, dass man die Toten angemessen in ihrem Heimatort beerdigen muss. Tut man das nicht, sind Ihre Seelen dazu verdammt, als Geister auf der Erde herumzuirren.
Ich mochte Pins präzisen ungeschnörkelten Stil. Es ist eine vielschichtige Erzählung, die sowohl das persönliche Schicksal der Charaktere als auch die größere historische Tragödie des Vietnamkriegs und seiner Nachwirkungen umfasst. Es ist ein beeindruckendes Debüt das 2023 auf der Longlist des Women’s Prize for Fiction landete, das auf sensible Weise den Verlust und die Anpassung an eine neue Realität beleuchtet.
Cecile Pin ist eine britisch-vietnamesische Autorin, die in Paris geboren und in London aufgewachsen ist. Sie studierte Philosophie und Politik und arbeitete in der Verlagsbranche, bevor sie sich dem Schreiben widmete.
Mir hat der „Wandering Souls“ richtig gut gefallen und freue mich schon auf weitere Romane von Cecile Pin.





Vietnam wird für uns immer einen besonderen Platz im Herzen haben, da wir dort 2011 unsere Hochzeitsreise verbracht haben. Unsere Reise begann in Hanoi, einer faszinierenden Stadt, die wie ein lebendiger Bienenstock summt. Besonders die Altstadt mit ihren labyrinthartigen Gassen hat uns beeindruckt, und das Gedränge aus Fahrrädern und Mopeds machte selbst einen einfachen Straßenspaziergang zu einem kleinen Abenteuer. Wir standen am ersten Tag gefühlt 15 Minuten am Straßenrand bis wir uns trauten uns einfach todesmutig in den Verkehr zu stürzen und irgendwie zwischen all den Millionen Fahrzeugen auf die andere Straßenseite zu gelangen.
Von Hanoi aus fuhren wir zur Halong-Bucht, wo wir eine traumhafte dreitägige Bootstour auf einer traditionellen Dschunke unternahmen. Die zerklüfteten Kalksteinfelsen und die mystische Atmosphäre der Bucht gehören zu den schönsten Erinnerungen, die wir von dieser Reise mitgenommen haben. Zum Programm gehörte auch eine Kanufahrt, bei der wir uns nicht wirklich talentiert anstellten. Wir hatten Sorge wir machen die Halong Bay kaputt, als wir ziemlich heftig an einen der ikonischen Felsen rammten und die Vietnames*innen in den Booten um uns rum die auf dem Weg zum floating Market waren, haben glaube ich um ihr Leben gebangt und einen großen Bogen um unser Kanu-from-Hell gemacht.





Die Halong Bay war wirklich eine einzigartige Erfahrung, eines der schönsten Erlebnisse unserer Reisen war wirklich diese Bootstour, danach ging es weiter nach Hoi An, einer wirklich hübschen Stadt, die für ihre gut erhaltene Altstadt und die bunten Lampions bekannt ist. Dort nahmen wir an einem Kochkurs teil und entdeckten einen sehr charmanten Second-Hand-Buchladen, bei dem wir Reiselektüre nachkaufen konnten.
Die letzte Etappe unserer Reise führte uns nach Saigon (Ho-Chi-Minh-Stadt), das uns leider weniger begeisterte. Nach zwei bis drei Tagen waren wir froh, auf die Insel Phu Quoc zu reisen, wo wir in einer malerischen kleinen Hütte am Strand übernachteten. Es war fast perfekt – wenn nicht eine Ratte nachts ins Zimmer gekommen wäre!

Die Geschichte Vietnams ist geprägt von Kriegen und Kolonialismus, besonders durch die französische Kolonialzeit und den verheerenden Vietnamkrieg. Nach der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1954 wurde Vietnam in einen kommunistischen Norden und einen kapitalistischen Süden geteilt. Der Vietnamkrieg (1955–1975) brachte großes Leid und Zerstörung, und nach dem Sieg der kommunistischen Kräfte wurde das Land wiedervereinigt. Heute ist Vietnam eine sozialistische Republik, die sich wirtschaftlich öffnet und einen bemerkenswerten Wandel erlebt hat.
Die vietnamesische Küche ist bekannt für ihre frischen Zutaten und ihre zarten Aromen. Im Gegensatz zur thailändischen Küche beispielsweise wird in Vietnam in der Regel nicht übermässig scharf gegessen. Wir haben stets phänomenal gegessen, oft am besten an den winzig kleinen Straßenständchen in denen ein riesiger Topf über offenem Feuer hing und wo es Phở, eine herzhafte Nudelsuppe mit Rind- oder Hühnerfleisch gab, ein Klassiker der vietnamesischen Küche der traditionell zum Frühstück gegessen wird. Das war überhaupt mein Highlight für mich alte Suppentante. Suppe zum Frühstück ist für mich der perfekte Start in den Tag.
Zu den weiteren bekanntesten Gerichten gehört Bánh Mì, ein knuspriges Baguette, gefüllt mit Fleisch oder Tofu, eingelegtem Gemüse, Kräutern und einer pikanten Sauce oder auch Wasserspinat (Rau Muống) den wir auch sehr sehr gerne gegessen haben. Ein weiteres Highlight ist der vietnamesische Kaffee (Cà Phê), der mit süßer Kondensmilch serviert wird – ein perfekter Abschluss für eigentlich jede Mahlzeit.



Filmempfehlung: The Scent of Green Papaya (1993)
Für Vietnam möchte ich den Film The Scent of Green Papaya von Regisseur Tran Anh Hung empfehlen. Der Film spielt im Saigon der 1950er Jahre und erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens namens Mùi, das als Dienerin in einer wohlhabenden Familie arbeitet. Der Film besticht weniger durch eine komplexe Handlung, sondern durch seine visuelle Poesie und die subtile Darstellung des Alltagslebens in Vietnam. Die Sinnlichkeit des Films liegt in den alltäglichen Details: das Schälen der grünen Papaya, das leise Geräusch des Regens und die ruhigen, fast meditativen Bilder. Ich habe den Film vor ein paar Tagen gerade wieder geschaut und er ist und bleibt einer meiner allerliebsten Filme – ich kann ihn euch nur ans Herz legen.
Musiktipp: Timekeeper
Vietnam hat eine dynamische und vielfältige Musikszene, die weit über traditionelle Töne hinausgeht. Eine spannende Band, die ich vorstellen möchte, ist Timekeeper. Diese Post-Rock-Band aus Ho-Chi-Minh-Stadt erschafft atmosphärische Klanglandschaften die eine ganz besondere Stimmung erzeugen. Nicht nur für Post-Rock-Fans ein echter Leckerbissen. Hört mal rein:
https://timekeeper.bandcamp.com/album/2014
Wer jetzt Lust hast noch ein bißchen länger in Vietnam zu verweilen bzw mehr von vietnamesischen Autor*innen zu lesen, dem empfehle ich:
Monique Truong – Das Buch vom Salz
Ocean Vuong – On Earth we are briefly gorgeous„
Mai Phan Que – Nguyen – Der Gesang der Berge„
Noch ein paar Fakten über Vietnam:
Vietnam ist etwa 8% kleiner als Deutschland, hat dabei aber knapp 20% mehr Einwohner*innen. Das bedeutet, die Bevölkerungsdichte in Vietnam ist auch höher, besonders in städtischen Gebieten wie Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt.
OK – das war der erste Beitrag meiner Reihe „Read Around the World“. Habt ihr Lust auf die Reihe? Fehlt euch was? War es zu lang, zu kurz und möchtet ihr vorab wissen wohin es als nächstes geht, oder wollt ihr euch überraschen lassen?
Freu mich auf euer Feedback!

