New York by the Book – Part II

Oops jetzt habe ich euch aber länger auf die Fortsetzung unserer New York Reise warten lassen als geplant. Es ist einfach zu heiß – für alles. Zum schreiben, zum denken, zum Bilder sortieren. Aber done is better than perfect – also auf geht’s, ich nehme euch mit ins brütend heiße New York, allerdings haben wir immer wieder gut gekühlte Ecken gefunden.

Zum Beispiel direkt neben dem Chelsea Hotel – wo wir uns zur Premiere von Kristen Stewarts neuestem Film „Crimes of the Future“ in ein eisgekühltes Kino begaben. Das war eine recht tragische Entscheidung wie sich später rausstellen sollte. Zwar war es fantastisch das Chelsea Hotel zu erleben, in dem Patti Smith so lange lebte, allerdings hätten wir nur wenige Straßen entfernt die echte Kristen Stewart an der Premierenfeier des Films erleben können, was die Bingereader-Gattin als weltgrößtes Fangirl in tiefste Verzweiflung stürzen sollte, als wir unseren Fehler ein paar Tage später bemerkten.

Jetzt aber erst mal zur nächsten Buchempfehlung für New York – natürlich „Just Kids“ von Patti Smith

NYC ist eine Stadt, die sich für mich eigentlich nur zu Fuß so richtig begreifen läßt. Auch wenn die Subway bei den tropischen Temperaturen mit ihren eisgekühlten Wagen oft verlockend schien, haben wir die meisten Strecken zu Fuß oder im Taxi zurückgelegt, um möglichst viel von der Stadt zu sehen. Was mich bei den gelegentlichen Subway Fahrten überraschte waren die Ratten, die es immer schon gab, die aber mittlerweile so derart ihre Scheu verloren haben, dass sie selbst tagsüber auf vollbesetzten Bahnsteigen den Leuten über die Füße laufen.

Wir haben jeden Tag so einige Kilometer abgelaufen, hier ein paar Impressionen unserer Touren:

Ich empfehle dringend einen Spaziergang durch den Big Apple. Gehen ist die beste Form der Fortbewegung und Bewegung tut gut. Die Stadt ist relativ eben, mit wenigen Höhen und Tiefen in Midtown gang im Gegensatz zu „Manahata“ wie die Delawaren Manhatten nannten, was so viel wie „Insel der vielen Hügel“ bedeutet.

Die Bürgersteige in New York City können von Touristen und Einheimischen verstopft sein. Touristen, die meist im Gegensatz zu den Einheimischen Schwierigkeiten haben sich auf den überfüllten Bürgersteigen zurechtzufinden.

Die Fifth Avenue ist der Mittelpunkt des 1811 eingeführten Straßenrasters von Manhattan. Von diesem Mittelpunkt aus verlaufen die nummerierten Straßen in Ost-West-Richtung. Der Verkehr auf der Fifth Avenue fließt in Richtung Innenstadt.

Wir sind an einem Vormittag auf Wunsch unserer enthusiastischsten Lauf-Freundin 1,5 Std quer durch die Stadt gelaufen um in einem bestimmten Diner zu frühstücken. Der Magen hing dann auf halb 8, aber es war eine tolle Tour und selten hatten wir uns eine warme Mahlzeit mehr verdient als an diesem Morgen.

Die perfekte Lektüre für Spaziergänge durch New York die ich euch hier ans Herz legen möchte, sind Teju Coles „Open City“ und Miles Davis „If Beale Street could talk“

Aber ich hatte euch ja einen Boots-Trip versprochen, der uns auch tatsächlich etwas Abkühlung brachte, wenngleich für einen deutlich kürzeren Zeitraum, als vermutet.

Wir hatten uns von AirBnB Experiences dazu verführen lassen eine Bootstour zu machen die im Brooklyn Harbour am frühen Nachmittag starten sollte. Wir warfen uns in unsere segeltauglichsten Klamotten und begaben und mit einem türkischen Pärchen als einzige weitere Passagiere gemeinsam mit dem Skipper an Bord. Der Sekt war kaltgestellt, die Segel gesetzt – allerdings gingen dem Skipper schon nach den ersten paar Hundert Metern das Diesel aus, wir wurden in die Kabine hinunter geschickt, wo wir sechs verzweifelt versuchten bei gefühlten 200 Grad, den einströmenden Diesel-Dämpfen die beim Nachtanken entstanden und dem mächtigen Seegang nicht die Fische zu füttern.

Nach etwa 15 Minuten gab der Skipper dann auf. Der Motor wollte partout nicht wieder anspringen, wir wurden an Land zurückgebracht. Es war zwar ein kurzer Trip, aber wir haben immerhin ein paar hübsche Fotos von der Skyline und der Brooklyn Bridge gemacht, ein sehr nettes Pärchen kennengelernt und den Sekt haben wir dann einfach später auf der Hotelterrasse getrunken.

Auch wenn mir hier der passende Übergang fehlt, möchte ich euch Sylvia Plaths „The Bell Jar“ ans Herz legen, der Roman beschreibt das Leben von Esther Greenwood, einer College-Studentin, die davon träumt, Schriftstellerin zu werden. Sie wird für ein einmonatiges Sommerpraktikum als Gastredakteurin des Magazins Ladies‘ Day ausgewählt, aber ihre Zeit in New York City ist schwierig, da sie gegen gesellschaftliche Normen ankämpft und nach einem Selbstmordversuch in der Psychiatrie landet.

Es gäbe noch so viel zu erzählen, wir haben Sarah Jessica Parker am Broadway in „Plaza Suite“ gesehen, sind die Highline vom Angang bis zum Ende lang gelaufen, haben Buchläden gestürmt, einen lieben Freund nach vielen Jahren zum Dinner in Chinatown getroffen, viele leckere Cocktails getrunken und überaus gut gegessen.

Das kulturelle Highlight war für mich aber der Besuch der New York Library und die Dinos im Natural History Museum

Mein abschließender New York Buchtipp ist ein ziemlicher Ziegelstein und daher wahrscheinlich eher in der ebook-Version als Reiselektüre zu empfehlen: Donna Tartts „The Goldfinch“ ein Roman bei dem zwar ein Museum eine große Rolle spielt, allerdings das Metropolitan Museum – dahin haben wir es dieses Mal nicht geschafft.

Das war ganz sicher nicht unser letzter Besuch im Big Apple. Ich liebe die Stadt, auch wenn ich mir mittlerweile nicht mehr so gut vorstellen kann dort zu leben, für einen Besuch ist sie immer wieder gut. Samuel Pepys Zitat „If you are tired of London, you are tired of life“ kann man absolut genauso auf New York beziehen. Eine Stadt die nie schläft, die oft stinkt, schmutzig ist und einem das Geld aus der Tasche zieht und die dennoch die aufregendste und anregendste Metropole der Welt ist.

Ich hoffe ihr hattet etwas Spaß und Lust auf das eine oder andere Buch bekommen, dass entweder euren nächsten New York Trip begleiten könnte oder mit dem ihr einfach auf dem Sofa durch die Stadt reist, auf jeden Fall die umweltschonendere Methode.

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Vielleicht nicht das Buch, das einem zu aller erst in den Kopf kommt, wenn man an sorgenloses Cocktailtrinken und Wochenendendspannung denkt. In Sylvia Plaths „Die Glasglocke“ trifft die junge Collegestudentin Esther Greenwood im Sommer 1953 aus der ländlichen Provinz in New York ein, nachdem sie einen Schreibwettbewerb bei einer Modezeitschrift gewonnen hat. Zusammen mit 11 anderen jungen Mädchen hat sie einen Monat lang Gelegenheit, in der Redaktion als Trainee zu arbeiten. Der Anfang – und der ist es sicherlich, der uns bei diesem Cocktail an das Buch denken lässt – liest sich wie der Vorläufer einer Sex and the City Episode. Es geht um Männer, Drinks, Mode und Sex. Doch Esther kann in dieser Glitzerwelt nicht bestehen und rutscht sukzessive in eine existentielle Depression. Es ist die Entzauberung eines Mythos und das Buch packt, ist zornig, tieftraurig und doch empfehle ich es immer, immer wieder und insbesondere mit einem tröstenden Cocktail in der Hand.

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Begebt Euch mit dem Himbeer-Gin Sprizzer auf eine Coktailparty im New York der 50er Jahre, doch vorsicht, was heiter beginnt, geht heftig weiter und zum Ende hin möchte man das Buch vielleicht eher mit einem starken Whisky in der Hand beenden. Hier die heutige Cocktailempfehlung der Münchner Küchenexperimente:

Für den Cocktail braucht ihr pro Glas:

4 cl Gin – wir haben Siegfried genommen

2 cl Himbeersirup

Soda

ein paar Himbeeren

Eiswürfel

Die Himbeeren etwas anstoßen, mit den übrigen Zutaten vermengen und shaken. Wenn man nicht die Hälfte gleich beim Öffnen des Shakers über den Boden verschüttet, bekommt man auch ein volles Glas raus.

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Chocolates for Breakfast – Pamela Moore

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Pamela Moore hat nicht einfach nur ein großartiges Buch geschrieben, sondern ein außergewöhnliches, seinerzeit verpöntes, feministisches und äußerst freizügiges – und das mit gerade einmal 18 Jahren, in den ziemlich verklemmten 50er Jahren des voherigen Jahrhunderts. Das ist eine echte Leistung und ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich bis vor Kurzem nichts über dieses Buch wusste.Erwartungsgemäss landete das Buch damals auch auf dem Index, aber das spricht meistens ja eher für die dort gelandeten Bücher.

Ich wurde durch die Rezension von Frau Klappentexterin auf das Buch aufmerksam (hier nachzulesen) und bin so froh, diese Entdeckung gemacht zu haben. Ich habe ohnehin eine Schwäche für „Coming-of-Age“-Romane und hier wäre mir wirklich etwas durch die Lappen gegangen. „Chocolates for Breakfast“ mag vom Titel her an Bridget Jones erinnern, die beiden könnten jedoch nicht weniger miteinander zu tun haben. „Chocolates for Breakfast“ ist ein melancholisch-dunkler, fieberhafter, eleganter Roman, der deutlich macht, wie furchtbar diese Jahre zwischen Kindheit und Erwachsensein eigentlich sein können.

Das Buch spielt im Jahr 1956 und wir lernen  die 15jährige Courtney Farrell in ihrem noblen Internat in Connecticut kennen, wo sie versucht, sich von einer unglücklichen eventuell gegenseitigen Verliebtheit in ihre Lehrerin zu erholen. Sie versinkt immer tiefer in ihrer Depression und die Schule informiert Cournteys Eltern entsprechend.

„How we deceive our parents, she thought as she propped the note beside the telephone. But it’s kinder this way; it would hurt them to know us better.“

Ihre Eltern kümmern sich recht wenig um Courtney, beide schieben sich die Verantwortung für sie gegenseitig zu und hoffen stet, der jeweils andere nimmt sie zu sich in den Ferien. Courtneys Mutter, Sondra, eine Schauspielerin auf dem absteigenden Ast, nimmt ihre Tochter dennoch zu sich nach Hollywood. Sie wohnen im Hotel „Garden of Allah“ wo sich Hollywoods Schauspieler die Klinke in die Hand geben. War Courtney im Internat unter dem Einfluß ihres Lehrerinnen-Schwarms noch ein überwiegend braves, intellektuelles Mädchen, beschließt sie, sich in Hollywood zum Mini-Vamp zu entwickeln. Schnell lernt sie, Alkohol schon tagsüber zu trinken, zu rauchen und es dauert auch nicht lange, bis sie einen ersten Liebhaber gefunden hat. Schokolade wird im Übrigen nicht gegessen, weder zum Frühstück noch zu einer anderen Tageszeit. Aber ziemlich viel getrunken.

“Oh, Al, shut up! Stop criticizing me! First I’m criticized for being a prude and sounding like a social worker or something, then I’m criticized for looking like a cheap broad. How am I supposed to live? Under the water or something, coming up only to say ‚I beg your pardon if I disturb you by coming up for air. I’ll do my best to remain submerged.”

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Obwohl wir es mit einem verträumten melancholischen Teenager zu tun haben, ist der Erzählstil recht flott. Man spürt an der einen oder anderen Ecke, dass es sich um das Erstlingswerk eines sehr jungen Menschen handelt, aber mich hat Pamela Moore immer wieder geplättet mir ihrer Reife, ihren treffenden scharfen Analysen, den wunderbaren Sätzen, ihren Reflektionen zum Erwachsenwerden, Verantwortung und der Suche nach Glück. Das hat nichts mit einfacher „Jugendliteratur“ zu tun. Das ist Literatur – und fertig.

„Last night, when I got back here, I realized that I couldn’t ever be different from what I had been brought up be. Maybe if I’d been farmed out to somebody like you when I was six or so, I could have been different. Now, I’m just stuck with cocktails at eleven and breakfast at noon.“

„Courtney was like her mother. If she were drowning, she would wave off the rescuers, in a last gesture of defiance, because they were fishermen in a rowboat and she wanted to be saved by a yacht.“

Vergleiche mit Sylvia Plaths „The Bell Jar“ kommen unweigerlich und dieser Roman muß sich nicht verstecken. Aber ähnlich wie bei der Lektüre von „The Bell Jar“ kann man auch „Chocolates for Breakfast“ nicht lesen, ohne die Protagonistin stets mit der Autorin zu vergleichen und natürlich auch ohne den Selbstmord Pamela Moores mit nur 26 Jahren auszublenden. Ähnlich wie Plath kämpfte auch Moore über Jahre mit Depressionen und Selbstmordgedanken.

Die Wiederentdeckung des Romans ist im Übrigen fast genauso spannend wie der Roman. Die Autorin Emma Straub bekam bei einer Lesung ihres ersten Romans eine Ausgabe von ihrem ehemaligen Französischlehrer geschenkt, der Sohn der Autorin. Straub war so derart begeistert von dem Roman, dass sie diesen an ihren Agenten weitergab und tatsächlich kam es dadurch zu einer Wiederveröffentlichung.

Im Anhang des Romans findet sich neben Informationen über die Autorin,  einem Essay von Moores Sohn, Kevin Kanarek, unter anderem auch ein Vergleich der amerikanischen mit der französischen Ausgabe, die sehr viel deutlichere lesbische Bezüge hat.
Moore hat 5 weitere Romane geschrieben, die aber nicht an den Erfolg ihres Erstlings anknüpfen können. Vielleicht kann ich den einen oder anderen davon ja auftreiben, ich hätte große Lust, mehr von ihr zu lesen.

Dieser Dialog in der französischen Ausgabe, der in der englischen fehlt, in der die Lehrerin Ms Rosen Courtney eine Existentialismus-Einführung, gibt ist mein liebstes Zitat im Buch:

„You know this kind of love, then?“
„Yes I do.“
„How did you find it?“
„I didn’t find it, I created it. I didn’t discover myself, I created myself. I did not „meet“ my destiny, I forged it for myself. You must understand that, in order to understand what I represent, and why my Love is linked to Truth.“

Der perfekte Roman für einen launisch-sonnigen Frühlingstag, am Besten mit einem gut gemixten Martini zu genießen. Ich versuche in der Zwischenzeit, Todd Hayes mal zu einer Verfilmung zu überreden.

Das Buch erschien auf deutsch unter dem Titel „Cocktails“ im Piper Verlag.