September Lektüre

Der September ist einer meiner Lieblingsmonate – und auch literarisch war er in diesem Jahr ein voller Erfolg. Besonders geprägt war er vom Erlanger Poetinnenfest, wo ich gleich mehreren der Autor*innen meiner diesmonatigen Lektüren begegnet bin: Ulrike Draesner, Fikri Anıl Altıntaş und Dimitrij Kapitelman. Insgesamt habe ich neun Bücher gelesen – ein wahrer literarischer Roadtrip.

Meine Lektürereise führte mich quer durch Zeiten und Kontinente: nach Mexiko, durch die USA an der Seite von John Steinbeck und seinem Königspudel Charley, bis hinaus aufs Meer, wo Penelope vor Ithaka in See sticht – und ich gleich dortgeblieben bin, denn auch Richard Powers’ „Das große Spiel“ spielt zu weiten Teilen im Ozean. Mit Dimitrij Kapitelman und Fikri Anıl Altıntaş habe ich zudem zwei besondere Familiengeschichten gelesen, die auf sehr unterschiedliche, aber gleichermaßen berührende Weise von Herkunft und Identität erzählen.

Ein wirklich guter Monat also – vielfältig, nachdenklich, manchmal melancholisch, oft überraschend. Hier kommt nun meine Septemberlektüre im Detail: Bücher, die ich euch wärmstens ans Herz legen möchte.

Ulrike Drasener – penelopes sch()iff erschienen im Penguin Verlag

Dieser Roman in Versform hat mich sehr begeistert und ich habe ihn hier vor Kurzem bereits besprochen.

Travels with Charley – John Steinbeck auf deutsch unter dem Titel „Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika“ in dtv Verlag erschienen, übersetzt von Burkhart Kroeber

Dieses Buch wurde mir von einer lieben Freundin schon vor einer ganzen Weile empfohlen und endlich komme ich dazu, ihrem guten Tipp zu folgen: Selten hat mich ein Buch so sehr dazu gebracht, sofort den Koffer zu packen und einfach loszufahren. Dieses Buch hat in mir ein Fernweh geweckt, das zugleich Freiheit, Abenteuer und Lust auf stille Begegnungen macht. Ganz ohne großes Pathos, ganz ohne literarische Verrenkungen – einfach durch Steinbecks Blick, seine Sprache, seinen Ton.

Worum geht es? 1960, schon ein berühmter und reifer Autor, macht sich Steinbeck auf, sein eigenes Land noch einmal neu zu erkunden. Er will die Vereinigten Staaten nicht aus der Distanz der Zeitungen und Fernseher sehen, sondern mit eigenen Augen und Ohren erleben. Dazu lässt er sich ein Gefährt bauen, das er liebevoll Rocinante nennt, nach Don Quijotes klapprigem Pferd. Mit an Bord: Charley, ein französischer Pudel, der nicht nur Begleiter, sondern fast so etwas wie Gesprächspartner und Spiegel ist. Gemeinsam ziehen sie los, durch Neuengland, den Mittleren Westen, die Weiten Montanas, die Städte und Sümpfe des Südens.

I have always lived violently, drunk hugely, eaten too much or not at all, slept around the clock or missed two nights of sleeping, worked too hard and too long in glory, or slobbed for a time in utter laziness. I’ve lifted, pulled, chopped, climbed, made love with joy and taken my hangovers as a consequence, not as a punishment

Es ist eine Reise voller kleiner Begegnungen: Tankwarte, Farmer, Verkäuferinnen, Städter. Steinbeck hört zu, fragt nach, beobachtet – und hat ein unglaubliches Talent, die Geschichten dieser Menschen in ein paar Seiten lebendig werden zu lassen. Dabei klingt er nie gönnerhaft, nie belehrend. Er schaut hin, er beschreibt, und man spürt seine große Zuneigung zu den Menschen, so unterschiedlich sie auch sind.
Genauso eindringlich sind seine Naturbeschreibungen. Wenn Steinbeck durch die Wälder von Maine fährt oder die Ebenen der Dakotas durchquert, dann spürt man diese Landschaften beim Lesen. Er schreibt klar, ungekünstelt, aber immer poetisch – so, dass man glaubt, man säße selbst auf dem Beifahrersitz, mit Charley im Rückspiegel.

Natürlich hat die Reise auch dunkle Seiten. Besonders im Süden stößt Steinbeck auf offene Rassentrennung und Proteste gegen die Integration. Seine Notizen dazu sind von einer Schärfe, der man seine Wut dagegen anmerkt. Er will nicht einfach nur reisen, er will verstehen. Er konfrontiert sich mit dem, was weh tut, und genau darin liegt die Ehrlichkeit dieses Buches.

Travels with Charley ist nicht nur eine Reise durch Amerika, sondern auch eine Reise ins Innere – ein Buch über Begegnungen, Landschaften, Politik, Alltag, über die Sehnsucht nach Freiheit und das Bedürfnis nach Nähe. Vor allem aber ist es ein stilles, wunderschönes Plädoyer dafür, sich immer wieder neu aufzumachen, mit offenen Augen und offenen Ohren.
Ein Buch, dass es auf Rezept geben sollte, da es garantiert Blutdruck senkende und stressmindernde Qualitäten hat. Vertraut mir und lest dieses Buch 😊

The Illiac Crest – Cristina Rivera Garza erschienen im Verlag And Other stories, übersetzt von Sarah Booker (eine deutsche Übersetzung gibt es bislang nicht) und Die Schwerelosen – Valeria Luiselli erschienen im Kunstmann Verlag, übersetzt von Dagmar Ploetz

Diese beiden Bücher habe ich für meine Mexiko Stopp auf der literarischen Weltreise gelesen und meinen Eindruck dazu könnt ihr hier nachlesen.

Zwischen uns liegt August – Fikri Anıl Altıntaş erschienen im C. H. Beck Verlag


Noch ein Autor den ich auf dem Poetinnenfest endeckt habe und ein Roman bei dem ich schon nach wenigen Sätzen dachte: hier jemand schreibt, der genau hinhört – in die Zwischenräume von Sätzen, in die stillen Bewegungen zwischen Mutter und Sohn. Dank an C. H. Beck für das Rezensionsexemplar.

Altıntaş erzählt von den letzten Monaten einer an Krebs erkrankten Mutter und ihres Sohnes – und er tut das ohne Pathos, ohne jedes überflüssige Wort. Während die Krankheit das Ende unausweichlich erscheinen lässt, bleibt der Alltag seltsam standhaft: Krankenhausflure, Fahrten zum Supermarkt, das gemeinsame Kochen, kleine Gesten, die plötzlich mehr Gewicht tragen als große Erklärungen. Diese Alltäglichkeit verleiht dem Buch seine besondere Stärke – es ist kein Roman über das Sterben, sondern über das Weiterleben, bis zuletzt.

Parallel entfaltet sich die Vergangenheit der Mutter: ihre Kindheit in der Türkei, das Aufbrechen nach Deutschland, das Leben zwischen Sprachen, zwischen Erwartungen und Eigenwillen. Der Sohn versucht, zu verstehen, was sie geprägt hat, was sie weitergegeben hat – und was unausgesprochen blieb. Altıntaş beschreibt all das mit großer Empathie und einem genauen Blick für die leisen Brüche, die Generationen und Kulturen voneinander trennen und zugleich verbinden.

Es tut weh, darüber nachzudenken, dass sich Routinen verschieben

Mich hat dieses Buch sehr berührt, vielleicht gerade weil es sich nie übermässig in Emotionen verliert. Es bleibt leise, und gerade darin liegt seine Eindringlichkeit. Zwischen den Zeilen spürt man die Zärtlichkeit dieser Beziehung, aber auch die unausgesprochenen Spannungen, die Scham, die Müdigkeit, das zähe Ringen um Nähe. Besonders stark fand ich den Moment, in dem die Mutter – unerwartet und klar – für sich selbst einsteht, für ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse, die sie so lange zurückgestellt hatte. Dieser Augenblick wirkt wie ein kleines Aufleuchten inmitten des Abschieds.

Altıntaş schreibt ohne große Dramatik, aber mit einem tiefen Wissen um das, was zwischen Menschen unausgesprochen bleibt. Eine eindringliche, zärtliche und zugleich schmerzlich ehrliche Geschichte – und für mich eines der bewegendsten Bücher des Jahres.

Liebe in Zeiten des Hasses – Florian Illies erschienen im S. Fischer Verlag

Florian Illies’ Liebe in Zeiten des Hasses ist ein Buch, das man nicht einfach liest, sondern in das man hineingezogen wird wie in eine Chronik des taumelnden 20. Jahrhunderts. Diese kurzen, vignetteartigen Miniaturen über Künstler, Dichterinnen, Denker und Verirrte der Zwischenkriegszeit entfalten eine eigentümliche Mischung aus Eleganz, Schmerz und Ironie. Illies beherrscht die Kunst, das Schicksal einer ganzen Epoche in einem einzigen Augenblick, in einer Geste, in einem Blick zwischen zwei Liebenden oder einem Satz aus einem Brief zu verdichten. So entsteht ein Mosaik aus schillernden, verletzlichen Fragmenten, in dem sich die Jahre 1930 bis 1939 wie ein langsames, unausweichliches Abrutschen anfühlen – von der fiebrigen Kreativität der Avantgarde hinein in den Abgrund der Gewalt.

Beim Lesen überkommt einen immer wieder dieses „uncanny“ Gefühl, dass Geschichte keine lineare Bewegung ist, sondern ein Kreisen – dass sich die Gespenster jener Zeit längst wieder in unserer Gegenwart einnisten. Man liest von den Intellektuellen, die sich noch über politische Extreme mokieren, während sie sich schon in deren Bannkreis befinden, und man denkt unwillkürlich an die Rhetorik unserer Tage, an die neuen Fronten, die wieder gezogen werden. Illies’ Stil – halb distanziert, halb zärtlich – verstärkt diese Beklemmung. Er kommentiert kaum, er beobachtet, lässt uns die Ahnung des Kommenden mitempfinden, als säßen wir mit ihm am Rande eines brennenden Jahrzehnts und wüssten, dass der Rauch schon zu uns herüberzieht.

Manchmal ist mir da aber auch zu viel Hektik bei all der Spannung zwischen Schönheit und Entsetzen. Da ist eine fast voyeuristische Lust, in die Salons und Ateliers jener Zeit zu blicken, wo noch getanzt, geliebt, gestritten wird – wissend, dass all das bald zerstört sein wird. Illies zeichnet diese Welt mit feiner Ironie, aber ohne Spott; man spürt seine Melancholie über das, was unwiederbringlich verloren ging, und seine stille Wut darüber, wie blind viele damals in ihr eigenes Verderben liefen.

Man kann kein Licht entdecken, solange man nur die Dunkelheit analysiert.

So liest sich Liebe in Zeiten des Hasses letztlich wie ein Spiegel – ein historischer, aber auch ein existenzieller. Die Figuren dieser Jahre sind uns näher, als wir glauben: in ihrem Wunsch nach Bedeutung, nach Liebe, nach Schönheit trotz der Dunkelheit. Und während man Seite um Seite in diese Welt eintaucht, stellt sich unweigerlich die Frage, ob wir gerade wieder in einer solchen Zwischenzeit leben – in einem Moment, in dem alles noch möglich scheint, aber längst kippt.

Russische Spezialitäten – Dimitrij Kapitelman erschienen im Hanser Verlag

Ich habe Dimitrij Kapitelmans „Russische Spezialitäten“ zuerst gehört, dann erst gelesen – bei seiner Lesung in Erlangen. Kapitelman hat für mich in seiner Stimme schon den Rhythmus seines Schreibens mitschwingen zu lassen: eine Mischung aus Schärfe, Witz und stiller Melancholie. Ich hatte das Buch für einen Bekannten mitgebracht, der unbedingt eine Widmung seines Lieblingsautors wollte – und in der Aufregung zwischen Publikum, Signiertisch und Smalltalk habe ich dann völlig vergessen, ein schönes Cover-Bild für den Artikel hier zu machen.

Gelesen habe ich Russische Spezialitäten schließlich auf der Rückfahrt vom Poetinnenfest, in einer Reihe von Nahverkehrszügen mit reichlich Verspätung und somit genügend Zeit, mich ganz in diese Geschichte zu versenken. Es war die perfekte Lektüre für eine solche Reise: ein Buch über das Unterwegssein, über Herkunft und Zugehörigkeit, über das, was bleibt, wenn man ständig zwischen Welten pendelt.

Kapitelman erzählt von seiner ukrainisch-jüdischen Familie, von Eltern, die sich in der Fremde neu erfinden müssen, und von einem Sohn, der versucht, ihre Vergangenheit zu verstehen, ohne sich darin zu verlieren. Das klingt nach schwerem Stoff, ist es aber nicht. Sein Ton ist leicht, fast tänzerisch. Humor und Schmerz stehen nebeneinander, oft in einem Satz. Er schreibt mit Zärtlichkeit, aber ohne Sentimentalität, mit Ironie, aber ohne Distanz. Gerade diese Balance macht das Buch so besonders – es ist persönlich, politisch und poetisch zugleich. Da ich vor Kurzem erst seinen Roman „Eine Formalie in Kiew“ gelesen habe, kam mir das ganze Setting und seine Protagonist*innen wunderbar vertraut vor.

Seit der Invasion habe ich das Gefühl, kein richtiger Mensch mehr zu sein. Die unerträgliche und unerträglich sinnlose Tragödie, die Russland in mein Geburtsland gebracht hat. Ich blende sie aus, um in meinem friedlichen, vom dummen Glück okkupierten Leben zu funktionieren.

Ich war ehrlich überrascht, Russische Spezialitäten nicht auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises zu finden. (Genauso wenig wie meine absolute Favoritin Annett Gröschner mit „Schwere Lasten“ – grrrr) Für mich ist der Roman Literatur, die wirkt, weil sie vertraut klingt – wie ein Gespräch, das man auf einer langen Zugstrecke zufällig beginnt und ungern beendet. Vielleicht war das für die Juror*innen nicht experimentell genug.

Kapitelman schreibt mit einer Wärme, die ich sehr schätze: aufmerksam, witzig, verletzlich. „Russische Spezialitäten“ ist ein Buch, das sich leise entfaltet, das nachwirkt und Lust macht auch weitere Bücher des Autors zu lesen.

Sommer in Lesmona – Marga Berck erschienen im Rowohlt Verlag

Ich wollte mich mit „Sommer in Lesmona“ vom Sommer verabschieden und erwartete eine leichte, nostalgische Geschichte mit Lindenblütenduft und Sonnenschein. Doch schon nach den ersten Seiten merkte ich, dass unter dieser heiteren Oberfläche etwas anderes schwingt: eine Ahnung von Vergänglichkeit, die das ganze Buch durchzieht. Marga Berck – hinter diesem Pseudonym steht Magdalene Pauli, geborene Melchers, Bremer Kaufmannstochter und spätere Frau des Kunsthistorikers Gustav Pauli – hat in „Sommer in Lesmona“ weit mehr hinterlassen als eine charmante Folge von Backfischbriefen die sie mit ihrer besten Freundin austauscht. Sie hat Zeugnis abgelegt über Jugend und Freiheit im Schatten einer Zeit, die noch gar nicht weiß, dass sie vergeht.

Der Roman, der auf einem echten Briefwechsel aus den 1890er Jahren basiert, beginnt als scheinbar harmlose Sommergeschichte: Ein junges Mädchen schreibt ihrer Freundin von Reisen, Festen, Spaziergängen und einer verbotenen Liebe. Diese Briefe atmen eine Unschuld, die von einer leisen Melancholie überlagert sind und eine unerwartete dramatische Wendung nehmen. Denn alles, was Marga erlebt, scheint so hell, so lebendig, und doch weiß man als Leserin: Diese Welt wird verschwinden – nicht nur für sie, sondern für ganz Europa.

Die Eltern trafen viele Bekannte, darunter sehr viele elegante Leute aus Frankfurt und London. Angesichts dieser Welt entdeckte Mama, daß ich angezogen wäre wie ein Mistkäfer. Sie selbst sieht ja immer so vornehm aus. Aber nun sah sie ein, daß ich aussah, als käme ich aus Gröpelingen. Abends waren beide Eltern furchbar zärtlich zu mir und sagten, es wäre doch so nett, daß Du und ich so wenig Wert auf teure Kleider gelegt hätten. Du hättest ja nun als Braut schon sehr schöne Sachen aus Hannover bekommen, und ich sollte jetzt in Wiesbaden ganz neu ausgesteuert werden! Wir haben wirklich beide wenig an unsere Kleider gedacht, und für Bremen hat es ja noch immer genügt.

Hinter dem hellen Licht von Lesmona liegt der Schatten einer Biografie, die fast symbolisch für den Verlust einer ganzen Epoche steht. Magdalene Pauli, die Verfasserin dieser Briefe, führt später ein Leben, das kaum gegensätzlicher sein könnte: aus der Geborgenheit des großbürgerlichen Bremen hinaus in eine Welt der Brüche. Sie heiratet einen Kunsthändler, erlebt die kulturelle Blüte Europas – und wird zugleich Zeugin seines Untergangs. Zwei Weltkriege, wirtschaftliche Krisen, gesellschaftliche Umwälzungen. Sie überlebt all ihre Kinder – und wird zum Glück im hohem Alter überredet diese Jugendbriefe herauszugeben.

Ich habe dieses Buch mit einer zunehmenden Wehmut gelesen. Pauli hat mit Sommer in Lesmona ein Denkmal gesetzt für die Zerbrechlichkeit des Glücks. Ein leises, kluges, vollkommen zeitloses Buch – und, wenn man die Tragik der Autorin kennt, auch ein sehr bewegenden Zeitzeugnis Wer sich mit Sommer in Lesmona vom Sommer verabschiedet, verabschiedet sich zugleich von einer Welt, die es so nie wieder geben wird.

Das große Spiel – Richard Powers erschienen im Penguin Verlag, übersetzt von Eva Bonné

Kennt ihr das? Autorinnen, Bands, Künstlerinnen, die eigentlich komplett eurem Beuteschema entsprechen, alles klingt, als müsse es definitiv passen – aber es wird irgendwie nix. Musikalisch denke ich da gerade an Nine Inch Nails, literarisch ist das bei mir Richard Powers. Schon durch „The Overstory“ habe ich mich sehr gequält, obwohl ich mich auf das Buch gefreut hatte. Mit „Das große Spiel“ ging es mir definitiv besse, denn gequält habe ich mich absolut nicht, ich habe es durchaus flott gelesen, konnte aber trotzdem keine wirkliche Verbindung zu der Geschichte aufbauen.

Inhaltlich erzählt Powers die Geschichte von mehreren Menschen, deren Leben auf komplexe Weise miteinander verwoben sind. Evie, Meeresbiologin, erforscht die Tiefen des Ozeans; Todd, Programmierer, arbeitet an einem Spiel, das Realität und Simulation verschwimmen lässt; Rafi, Künstler, sucht nach neuen Ausdrucksformen in einer zunehmend digitalen Welt. Ihre Wege kreuzen sich auf überraschende und teilweise geheimnisvolle Weise, wobei die Insel Makatea als eine Art Brennpunkt für Neubeginn, Begegnung und persönliche Reflexion dient. Powers verwebt darin Themen wie Wissenschaft, Kunst, menschliche Beziehungen und die Suche nach Sinn in einer komplexen, globalisierten Welt.

Jeder Tanz ist ein Spiel, und jedes Spiel erklärt sich am besten selbst. Denn was tun alle Geschöpfe anderes, als auf dem Erdkreis zu spielen, im Angesicht eines spielenden Gottes?

Evie fand ich als Protagonistin durchaus faszinierend, aber ihre Geschichte verendet irgendwann im Belanglosen, und das Ende des Buches wirkte auf mich merkwürdig. Die erzählerische Struktur, das Verweben der unterschiedlichen Perspektiven und die fast kaleidoskopische Breite des Romans haben mich zeitweise an die letzte Folge von Lost erinnert 😉

Das Bild vom Leben als Spiel fasst die Grundidee des Romans treffend zusammen: eine poetische Reflexion über die Verflochtenheit von Menschen, Handlungen und der Welt, ohne dass Powers dabei versucht ist einfache Antworten zu geben.

Für mich bleibt „Das große Spiel“ ein solides Buch – gut zu lesen, klug und auch ambitioniert, aber insgesamt funkt es einfach nicht zwischen mir und Powers.

Jetzt bin ich gespannt – was waren eure Highlights im September und konnte ich euch vielleicht auf das eine oder andere Buch neugierig machen?

penelopes schi()ff – Ulrike Draesner

Was für ein Erlebnis! Ein Roman in Versform, in dem Penelope, endlich mehr sein darf als die ewig Webende und Wartende, eine die tatsächlich handelt – klug, entschlossen, regierend und schließlich aufbrechend. Ulrike Draesner hat dafür Altgriechisch gelernt, um die Quellen im Original zu lesen, und zeigt, wie sehr spätere Übersetzungen das Frauenbild des 19. Jahrhunderts mittransportierten. Die vermeintlich „treue“ Penelope, die tags webt und nachts ribbelt, ist nur eine Verengung – in der ursprünglichen Überlieferung aber regiert sie Ithaka, fördert Landwirtschaft, hält klug Verwaltung und Menschen im Gleichgewicht. Draesner lässt dieses verschüttete Bild wieder aufscheinen: Penelope als weise Herrscherin, als gestaltende Kraft.

Penelope – lange gesehen als Inbegriff der treuen Gattin – wird hier in all ihrer Vielschichtigkeit lebendig: klug, freiheitsliebend, leidenschaftlich. Als deutlich wird, dass Odysseus, traumatisiert und brutalisiert, als Herrscher nicht mehr tragbar ist, übernimmt sie das Ruder. Mit List – und in Begleitung von Sirenen, ehemaligen Sklavinnen, Großmüttern und Homer als Schildkröte – entkommen sie den Verfolgern.

Versklavte, freie, junge, alte – die Unterschiede verlieren sich nach und nach, denn auf dem Schiff zählt nur noch, was jede beitragen kann. Keine Titel, keine alten Rollen, sondern Zusammenarbeit. Natürlich ist die Reise kein Honigschlecken: Stürme, Verluste, Zweifel gehören dazu. Manche bleiben unterwegs zurück, andere halten durch. Und am Ende? Gemeinsam gründen sie eine neue Stadt – Venedig, das bis heute keinen richtigen Gründungsmythos hatte. Was für ein Einfall!

nur wer keine geradeausherkunft hat wird eine neue heimat erzähle

Das gemeinsame Treffen mit Ulrike Draesner beim Poet*innenfest in Erlangen, erst beim Mittagessen mit Bloggerinnen und später bei ihrer Lesung, war für mich ein Höhepunkt – denn penelopes sch()iff muss man hören. Die Verse entfalten ihre ganze Kraft im Klang, man schließt die Augen, spürt den Wind und wi Ich fragte mich sofort: Welche Rolle hätte ich auf diesem Schiff übernommen? So begegnet man einem der größten Mythen der abendländischen Kulturgeschichte angemessen: indem man ihn neu verpackt, transportabel macht und uns als notwendige Utopie überlässt.

Das Schiff ist mehr als ein Fortbewegungsmittel, es ist Medium und Metapher, eine Gemeinschaft in der Schwebe, eine Form demokratischer Neugründung.

Alles in allem: Dieses Buch hat mich nicht nur beeindruckt, es hat mich bewegt. Poetisch, wild, witzig, manchmal auch sperrig – ein Roman den man sich ein bißchen erarbeiten muss, der aber soviel zurückgibt. Ein Versroman, der einen mitnimmt aufs Meer und zeigt, dass man alte Mythen wirklich neu erzählen kann.

Und ehrlich gesagt wünsche ich mir jetzt nur noch ein Hörbuch – gelesen von Ulrike Draesner selbst, damit ich mir penelopes sch()iff jederzeit wieder in See stechen kann.

Ich danke dem Penguin Verlag für das Rezensionsexemplar.

Meine Woche

Gesehen: Hotel (2004) von Jessica Hausner mit Franziska Weisz. Atmosphärischer Folk-Horror aus Österreich, schöne Bilder aber wenig gruselig.

Inspiration (1949) von Karel Zeman. Ganz bezaubernder poetischer Kurzfilm über die Tagträumereien eines Glasbläsers.

Gehört: Red Storm – Dorit Chrysler & Galina Ozeran, The whole woman – Anna von Hausswolff ft Iggy Popp, Vostok – 65daysofstatic, Obsession – Oliver Sim, die Fuck ICE Playlist von Rage against the machine

Gelesen: dieses Interview von Lea Ypi und Elif Shafak, How did Deutsche Bahn go off the rails?, die Moomins erobern Amerika, What is required to save our democracy?

Getan: das Poet*innenfest besucht und wunderbare Autor*innen und andere Buchverrückte getroffen, den Augenarzt besucht, gelaufen und beim Treffen der Adoptierten-Gruppe gewesen

Gefreut: über die Abschiedsworte von Robert Habeck (auch wenn ich ihn sehr vermissen werde)

Geärgert: nö

Getrauert: nein

Gelacht: über Penelope

Gegessen: sehr leckere griechische Tapas

Getrunken: Fränkischen Silvaner

Geklickt: Books recommended on the Ezra Klein show, Aubrey Plaza hanging out with Amy Poehler

Gestaunt: wie viel ich immer bei der Maus lerne – heute übers MRT

Geschockt: nein

Gewünscht: diese Kerze, mit dem Orient Express durch Italien fahren, diese Lese-Ecke

Geplant: mit dem kleinen Neffen in den Zoo gehen

Gefunden: eine Lederhose und Bücher

Gekauft: Bücher

Gedacht: nur wer keine geradeausherkunft hat wird eine neue heimat erzählen //Ulrike Draesner – penelopes sch()iff

November Lektüre

Im November war mein Lesemonat besonders produktiv und abwechslungsreichAus irgendeinem Grund habe ich vergessen sowohl Sloan Wilsons „The Man in the Gray Flannel Suit“ als auch Jhumpa Lahiris „Roman Stories“ mit aufs Foto zu nehmen. Sowas.
Es war ein Monat mit zwei großen Highlights, ohne echte Enttäuschungen und vielen schönen Momenten, die ich hier mit euch teilen möchte.

Wie gewohnt in alphabetischer Reihenfolge:

Isabel Allende – Das Geisterhaus erschienen im Suhrkamp Verlag, übersetzt von Annelise Botond

Hierzu werde ich hier gar nicht viel schreiben, denn Chile war ja einer der Stops im November und ihr könnt hier alles über das Buch und über das Land nachlesen.

Diane Cook – The Wilderness auf deutsch unter dem Titel „Die neue Wildnis“ im Heyne Verlag erschienen, übersetzt von Astrid Finke

Diane Cook entführt uns in ihrem Roman der 2020 den Booker Prize gewonnen hat in eine erschreckende Dystopie. Die Welt, wie wir sie kennen, liegt in Trümmern, und der „Wilderness State“ ist die letzte Zuflucht für Mensch und Natur. Im Zentrum steht Bea, die sich dem Experiment anschließt, um ihrer Tochter Agnes ein Überleben fern der verpesteten Stadt zu ermöglichen.

Ich war fasziniert von der intensiven Darstellung dieser rauen Welt, die Cook mit präzisen, fast poetischen Beschreibungen zum Leben erweckt. Die Beziehung zwischen Bea und Agnes, geprägt von Konflikten und dem Versuch, Nähe in einer gnadenlosen Umgebung zu finden, bildet das emotionale Herz des Romans. Besonders beeindruckend fand ich, wie die unterschiedlichen Perspektiven der beiden Generationen herausgearbeitet werden – Bea, die noch Erinnerungen an die Stadt hat, und Agnes, die nur die Wildnis kennt.

She hated her mother’s fierce love. Because fierce love never lasted. Fierce love now meant that later, there would be no love, or at least that’s what it would feel like. Agnes wanted a mild mother, one who seemed to love her exactly the same every day. She thought, Mild mothers don’t run away.

Doch obwohl mich die Geschichte in vielerlei Hinsicht gefesselt hat, hätte ich mir an einigen Stellen mehr Hoffnung gewünscht. Die düstere Konsequenz, mit der die Figuren oft in ihrer Isolation verharren und die Menschheit insgesamt mit einem schonungslosen Blick betrachtet wird, verdüsterte mir ganz schön das Gemüt. Hoffnungsschimmer, die zeigen, wie Kooperation und Mitgefühl in einer so feindlichen Welt gedeihen könnten, hätten das Bild abgerundet.

Trotzdem ist The New Wilderness ein starker, nachdenklich stimmender Roman, der mich noch immer beschäftig. Cook stellt unbequeme Fragen: Was bleibt von unserer Menschlichkeit, wenn die Welt um uns herum zerbricht? Und wie können wir uns – oder überhaupt eine Zukunft – neu erfinden? Dieses Buch ist keine leichte Kost, aber eine Reise, die sich lohnt.
Traut ihr euch?

Louise Glück – Wilde Iris erschienen im Luchterhand Verlag, übersetzt von Ulrike Draesner

Momentan brauchen wir glaube ich unbedingt zwei Dinge: Glück und Poetry. Daher habe ich heute eine Portion von beidem für euch – verbunden mit einer großen Empfehlung für Louise Glücks zweisprachigen Gedichtband „Die Wilde Iris“, großartig übersetzt von Ulrike Draesner. In dieser einzigartigen Sammlung lässt Glück die Natur selbst sprechen: Pflanzen und Blumen werden zu Stimmen, die von Vergänglichkeit, Trauer und Hoffnung erzählen. Ihre Sprache ist klar und meditativ, voller leiser Kraft und Nachdenklichkeit, die tief in das Wesen der Existenz blicken lässt. Die Wilde Iris ist nicht nur ein poetisches Werk, es ist fast schon ein Gespräch mit der Natur, das uns die oft übersehene Weisheit des Einfachen und die Schönheit des Neuanfangs zeigt. Hier findet man Momente der Stille, der Reflexion und garantiert ein kleines Glück.

I don’t need your praise
to survive. I was here first,
before you were here, before
you ever planted a garden.
And I’ll be here when only the sun and moon
are left, and the sea, and the wide field.

I will constitute the field.

Mairi Hedderwick – An Eye on the Hebrides: An Illustrated Journey erschienen im Birlinn Verlag, bislang nicht auf deutsch erschienen

Ich habe diesen bezaubernden Bildband regelrecht verschlungen. Mairi Hedderwick nimmt uns mit auf eine Reise durch die Hebriden, die gleichzeitig eine Hommage an diese rauen, atemberaubenden Inseln ist. Besonders berührt haben mich ihre lebendigen Aquarelle und die witzigen Beobachtungen des Alltags – ein ästhetisches und literarisches Erlebnis gleichermaßen.

Da ich selbst einige der beschriebenen Inseln besucht habe, fühlte ich mich sofort zurückversetzt: Der salzige Wind, die Farben der Landschaft, die Einsamkeit der Strände – alles wurde durch Hedderwicks Skizzen und Beschreibungen lebendig. Ihr Buch macht Lust, die Taschen zu packen und direkt aufzubrechen. Vielleicht sogar auszuwandern? Wäre da nicht die allgegenwärtige Plage der Midges – könnten wir die nicht nach Texas exportieren?

„An Eye on the Hebrides“ ist mehr als ein Reisetagebuch; es ist ein Liebesbrief an die Hebriden und ein Weckruf, den Zauber des Einfachen zu entdecken.

Jhumpa Lahiri – Roman Stories auf deutsch unter dem Titel „Das Wiedersehen: Römische Geschichten“ im Rowohlt Verlag erschienen, übersetzt von Julika Brandestini

Diese Kurgeschichtensammlung haben wir bereits im Oktober im Bookclub gelesen, aber ich hatte sie tatsächlich bislang vergessen zu besprechen, hol ich also einfach im November nach.

Jhumpa Lahiris Kurzgeschichtensammlung Roman Stories hat mich mit ihrer atmosphärischen Dichte und sprachlichen Eleganz durchaus beeindruckt. Die neun Geschichten sind ein kaleidoskopischer Blick auf Rom und seine Bewohner – Einheimische wie Zugezogene –, die alle auf die eine oder andere Weise mit Entfremdung kämpfen. Lahiri fängt die Spannung zwischen Schönheit und Zerfall der Stadt mit meisterhaften Details ein, und ihre Figuren bleiben lange im Gedächtnis.

Einige Geschichtenhaben mich besonders berührt. Sie erforschen Themen wie Verlust, Schuld und die Suche nach einem Ort, den man Heimat nennen kann. Lahiris Fähigkeit, das Unsagbare in präzise und bewegende Worte zu fassen, ist hier klar zu spüren. Die Übersetzung aus dem Italienischen, teils von Lahiri selbst, ist dabei durchweg geschmeidig und elegant.

Certain stories are hard to bear, as are certain things we’ve lived or observed or fumbled or explored with great care. They transmit an energy that extends beyond the disposable day-to-day. Our deepest memories are like infinite roots reflected in the brook, a simulacrum without end. And yet every story, like every life, lasts only so long.

Trotzdem konnte die Sammlung für mich nicht an die emotionale Wucht von Lahiris Roman „The Lowlands“ heranreichen, den wir im Sommer im Bookclub gelesen haben. Roman Stories ist zurückhaltender, fragmentierter – mehr Skizze als Gemälde. Die Geschichten sind oft so knapp, dass ich mich nach mehr Tiefe und Kontext sehnte. Auch die durchgehende Melancholie, obwohl eindringlich, wirkte mitunter etwas überwältigend.

John Steinbeck – Von Mäusen und Menschen im dtv Verlag erschienen, übersetzt von Elisabeth Rotten

Ich war von John Steinbecks „Von Mäusen und Menschen“ sehr beeindruckt. In nur wenigen Seiten entfaltet sich eine intensive, oft schmerzvolle Geschichte über Freundschaft, Träume und die Härten des Lebens. Die Novelle spielt zur Zeit der Great Depression in Kalifornien und folgt den beiden Wanderarbeitern George und Lennie, die sich – trotz aller Widrigkeiten – gegenseitig unterstützen. George, der clevere und umsorgende Beschützer, und Lennie, dessen kindliche Naivität und enorme Kraft ihn in Schwierigkeiten bringt, träumen gemeinsam von einem kleinen Stück Land, das ihnen Sicherheit und Freiheit bieten soll. Doch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen, gepaart mit Lennies impulsivem Verhalten, führen unaufhaltsam zu einem tragischen Ende.

Steinbeck, selbst in Kalifornien geboren, erlebte die sozialen und wirtschaftlichen Kämpfe der einfachen Arbeiter hautnah, was seine Werke, wie auch „Of Mice and Men“, so glaubwürdig und mitfühlend macht. Er gehört zu den großen amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts und widmete sich immer wieder dem Schicksal der Arbeiterklasse.

Maybe ever’body in the whole damn world is scared of each other.

Obwohl ich die Geschichte mochte und sie mich emotional tief berührt hat, ist mir Steinbecks „Cannery Row“ dennoch etwas lieber. „Von Mäusen und Menschen“ endet mit einer solchen Tragik, die mich noch lange beschäftigte. „Cannery Row“ dagegen, ebenfalls tiefgründig, bietet doch einen wärmeren, versöhnlicheren Ausklang. Für mich zeigt Steinbeck hier nicht nur sein Talent, das harte Leben zu schildern, sondern auch, wie er Momente von Menschlichkeit und Gemeinschaft aufleben lassen kann.

Dennoch: Es ist ein Meisterwerk der amerikanischen Literatur, das ich unbedingt empfehlen würde. Steinbeck schafft es, in kurzer Form eine bleibende, intensive Geschichte zu erzählen, die definitiv lange nachwirkt.

Olga Tokarczuk – Empusion erschienen im Kampa Verlag, übersetzt von Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein

Das war der zweite Stopp diesen Monat bei der literarischen Weltreise und ich verweise für die Besprechung auf den Beitrag hier.

Sloan Wilson – The Man in the Gray Flannel Suit auf deutsch unter dem Titel „Der Mann im Grauen Flanell“ im Dumont Verlag erschienen, übersetzt von Eike Schönfeld

Sloan Wilsons „The Man in the Gray Flannel Suit“ (1955) ist ein zeitloses Porträt der amerikanischen Nachkriegs-gesellschaft und ein Klassiker, der heute genauso relevant ist wie vor fast 70 Jahren. Mit scharfsinniger Beobachtung und tiefem Mitgefühl schildert Wilson das Leben von Tom Rath, einem Kriegsveteranen und Familienvater, der sich in den Untiefen des amerikanischen Vorstadtlebens und der Businesswelt der 1950er Jahre zurechtfinden muss.

Tom Rath steht für eine Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen ihren Idealen und den Zwängen des modernen Lebens zerrieben wurde. Gefangen in einer Welt, die auf Erfolg, Status und Materialismus ausgerichtet ist, ringt er mit den großen Fragen: Was bedeutet es, ein gutes Leben zu führen? Wie kann man Integrität und Authentizität bewahren? Tom und seine Frau Betsy versuchen, ihre Ehe und ihre Werte zu wahren, während sie sich den Herausforderungen stellen, die der Aufstieg in der gesellschaftlichen Hierarchie mit sich bringt.

Eine der stärksten Nebenfiguren ist der Judge Bernstein. Er verkörpert eine Tugendhaftigkeit und moralische Klarheit, die in scharfem Kontrast zu der zynischen Geschäftswelt steht, in der sich Tom bewegt. Seine Weisheit machen ihn zu einer Art moralischem Kompass des Romans und ist damit ähnlich wie Betsy oder Tom sind Menschen voller Aufrichtigkeit und Mitgefühl, die sich die „MAGA“-Idioten zum Vorbild nehmen sollten, wenn sie davon quaken Amerika wieder great machen zu wollen. Dann verhaltet euch halt so. Das sind die Qualitäten, die heute überall dringend gebraucht werden.

Wilson zeigt, dass wahre Größe nicht im Streben nach Reichtum oder Status liegt, sondern im Streben nach einem Leben, das von Liebe, Pflichtbewusstsein und persönlichen Prinzipien geprägt ist. Es ist ein Plädoyer für die Rückbesinnung auf Werte, die jenseits von Egoismus und Gier liegen – eine Botschaft, die sich wunderbar als Antwort auf die Oberflächlichkeit und den Zynismus unserer Zeit eignet.

1956 wurde das Buch mit Gregory Peck und Jennifer Jones in den Hauptrollen verfilmt. Der Film fängt die Essenz des Romans gut ein. Das Buch erinnert stark an Mad Men und ich frage mich, ob die Serie sich an den Roman angelehnt hat. Auf jeden Fall wird ständig und dauernd getrunken. Martinis werden geshaked, Cocktails zu allen Tages- und Nachtzeiten getrunken. Das waren echt andere Zeiten.

How smoothly one becomes, not a cheat, exactly, not really a liar, just a man who’ll say anything for pay.

Sloan Wilson (1920–2003) war ein amerikanischer Schriftsteller, dessen Werke oft den Konflikt zwischen persönlicher Integrität und gesellschaftlichen Erwartungen thematisierten. Neben „The Man in the Gray Flannel Suit“ schrieb er zahlreiche weitere Bücher, darunter A Summer Place, ein ebenfalls berühmter Roman über gesellschaftlichen Wandel.

Ich würde mich sehr freuen, wenn der Roman wieder entdeckt würde. Seine große Positivität – geprägt von Hoffnung, Verantwortung und wichtigen Werten – macht ihn zu einer inspirierenden und zeitlosen Lektüre. Im Bookclub waren wir durch die Bank begeistert. Große Empfehlung!

Geschafft – bin ganz schön rumgekommen im November. Ich war in Chile, den USA, auf den Hebriden-Inseln, in Rom und in Polen. Nicht schlecht, oder?
Welche der vorgestellten Bücher kennt ihr und wie fandet ihr sie und was waren eure Highlights im November? Freue mich über eure Kommentare.