November by the Book

Der November war eine gelungene Mischung aus Vorbereitung aufs Reading Weekend in Paris mit Werken von und über Hemingway, herbstlichem Grusel, einem Abstecher ins viktorianische London zum Auftakt meines Sherlock Holmes Marathons und einem spannenden Sachbuch über die Evolution des weiblichen Körpers. Hier dürfte dieses Mal wirklich für fast jeden was dabei sein 😉 Wie immer geht es direkt los in alphabetischer Reiheinfolge.

Cat Bohannon – Eve: How the female Body drove 200 Million Years of Human Evolution auf deutsch erschienen im C. Bertelsmann Verlag

Eine Mythen entlarvende, aufschlussreiche Darstellung darüber, wie sich der Mensch entwickelt hat, die eine Paradigmenverschiebung in unserem Denken darüber bietet, was der weibliche Körper ist, wie er entstanden ist und wie diese Evolution immer noch unser aller Leben beeinflusst.

Wie hat der weibliche Körper 200 Millionen Jahre menschlicher Evolution vorangetrieben? • Warum leben Frauen länger als Männer? • Warum neigen Frauen eher zu Alzheimer? • Warum schneiden Mädchen in jedem schulischen Fach besser ab als Jungen, bis ihre Noten plötzlich in der Pubertät abfallen? • Ist Sexismus für die Evolution nützlich? • Und warum müssen Frauen jede Nacht wie verrückt schwitzen, wenn sie in die Menopause kommen?

Diese Fragen behandelt Cat Bohannon mit grenzenloser Neugier und scharfem Witz die letzten 200 Millionen Jahre, um die spezifische Wissenschaft hinter der Entwicklung des weiblichen Geschlechts zu erklären: „Wir brauchen eine Art Bedienungsanleitung für das weibliche Säugetier. Einen sachlichen, treffenden, ernsthaft erforschten (aber lesbaren) Bericht darüber, was wir sind. Wie sich weibliche Körper entwickelt haben, wie sie funktionieren, was es wirklich bedeutet, biologisch eine Frau zu sein. Etwas, das die Geschichte der Weiblichkeit neu schreiben würde. Dieses Buch ist diese Geschichte. Wir müssen den weiblichen Körper ins Bild rücken. Wenn wir das nicht tun, ist nicht nur der Feminismus beeinträchtigt. Moderne Medizin, Neurobiologie, Paläoanthropologie, sogar Evolutionsbiologie nehmen Schaden, wenn wir die Tatsache ignorieren, dass die Hälfte von uns Brüste hat. Also wird es Zeit, über Brüste zu sprechen. Brüste, und Blut, und Fett, und Vaginas, und Gebärmütter – alles. Wie sie entstanden sind und wie wir heute mit ihnen leben, ganz gleich, wie seltsam oder amüsant die Wahrheit ist.“

No other mammals on the planet have been observed regularly helping one another through birth. Or at least, none we know of. Two monkey species have been observed assisting in a birth, but each case seems incredibly rare. One was a black-and-white snub-nosed monkey in 2013, but it was hard to draw conclusions since it was a daytime birth and usually they occur at night. The second, involving a langur monkey, was recorded in 2014—and if it hadn’t been recorded, no one would have believed it. Chinese primatologists had observed this group of langurs for years and saw that the females generally gave birth alone. But not this time. On a rocky outcropping, an older female monkey hung around a younger mother who was clearly struggling in active labor. The newborn came out halfway. The older monkey quickly pulled the baby out of the mother’s vagina, held the kid for a minute, licked it, and then handed it to its mother. This may be the first clear evidence of active birth assistance in any mammal besides humans.”

Hab irre viel bei der Lektüre dieses Buches gelernt. Macht sich als Weihnachtsgeschenk wahrscheinlich richtig gut.

Arthur Conan Doyle – Eine Studie in Scharlachrot auf deutsch erschienen im Deutschen Bücherbund übersetzt von Gisbert Haefs

„Eine Studie in Scharlachrot“ ist der erste Roman von Sir Arthur Conan Doyles berühmter Sherlock-Holmes-Reihe. Die Geschichte beginnt damit, dass der Arzt Dr. John Watson einen Mitbewohner sucht und sich mit dem exzentrischen Detektiv Sherlock Holmes zusammentut. Die beiden werden in den Fall eines mysteriösen Mordes hineingezogen, bei dem ein Mann in einem verlassenen Haus in London tot aufgefunden wird. Das Opfer trägt einen scharlachroten Faden um das Handgelenk. Während Holmes mit seinen genialen deduktiven Fähigkeiten den Täter aufspürt, enthüllt die Erzählung auch die Hintergrundgeschichte des Mörders, die mit einem fanatischen religiösen Kult im amerikanischen Westen in Verbindung steht. „Eine Studie in Scharlachrot“ präsentiert die brillante Kombination von Holmes‘ Logik und Watsons Erzählkunst und markiert den Beginn einer faszinierenden Reihe von Kriminalgeschichten.

“To a great mind, nothing is little,‘ remarked Holmes, sententiously.”

Bin voll ins Sherlock Holmes Fieber geraten. Auch wenn ich die Romane und Erzählungen wahrscheinlich fast alle schon mal gelesen haben, macht es unfassbar viel Spaß die ganzen wunderschönen Bände jetzt noch einmal der Reihe nach zu lesen und dabei meine Book Nook zu bewundern, die ganz eindeutig das Arbeitszimmer von Sherlock darstellt.

Elizabeth Hand – A Haunting on the Hill erschienen bei Mulholland Books, bisher noch nicht auf deutsch übersetzt

Von der mehrfach ausgezeichneten Autorin Elizabeth Hand, kommt der allererste autorisierte Roman, der in die Welt von Shirley Jacksons „Spuk in Hill House“ zurückkehrt: eine spannende, zeitgenössische und beängstigende Geschichte von Sehnsucht und Isolation, die ganz für sich steht.

Holly Sherwin ist seit Jahren eine kämpfende Dramatikerin, aber jetzt, nachdem sie ein Stipendium erhalten hat, um ihr Stück „Die Hexe von Edmonton“ zu entwickeln, könnte sie endlich kurz vor ihrem großen Durchbruch stehen. Alles, was sie braucht, ist Zeit und Raum, um ihre Vision zum Leben zu erwecken. Als sie bei einem Wochenendausflug in den Norden auf Hill House stößt, ist sie sofort von dem opulenten, wenn auch verfallenden, gotischen Herrenhaus fasziniert, das fast versteckt außerhalb eines abgelegenen Dorfes liegt. Es ist riesig, alt und unheimlich – der perfekte Ort, um ihr Stück zu entwickeln und zu proben.

Trotz ihrer eigenen Bedenken stimmt Hollys Freundin Nisa zu, sich Holly anzuschließen und das Haus für einen Monat zu mieten, und bald darauf kommt eine Gruppe Schauspieler, jeder mit seinen eigenen Geistern, an. Doch während sie sich einrichten, werden die Eigenheiten des Hauses bekannt: Seltsame Kreaturen streifen über das Gelände, störende Geräusche hallen durch die Gänge, und die Zeit selbst scheint sich zu verschieben. Zu schnell finden sich Holly und ihre Freunde nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Haus selbst im Konflikt. Es scheint, als ob etwas all die Jahre in Hill House gewartet hat und nicht mehr alleine gehen will…

“Some call me witch, and through their hatred they’ve taught me how to be one…”

War etwas skeptisch vorab, aber Elizabeth Hand ist wunderbar gruseliger, wohliger Horror gelungen für alle Fans von Shirley Jacksons Klassiker.

Matt Haig – Die Radleys erschienen im Rowohlt Verlag, übersetzt von Friederike Levin

Gestatten: die Radleys. Eine ganz normale Familie. Bishopthorpe, ein kleines Städtchen im Herzen Englands: Hier leben die Radleys. Vater Peter ist Arzt, Mutter Helen mit Leib und Seele Hausfrau und engagiertes Lesezirkel-Mitglied. Ihre Kinder Rowan und Clara besuchen das örtliche College. Eine Bilderbuchfamilie, geachtet bei Nachbarn und Freunden. Doch warum muss Rowan selbst im Winter Sonnenschutzfaktor 60 auflegen? Warum ist Clara Veganerin und hat dennoch nicht das Gefühl, sich gesund zu ernähren? Warum schmilzt der treue Ehemann Peter beim Anblick fremder weiblicher Nacken dahin? Warum verstummen alle Vögel, sobald ein Radley vor die Tür tritt? Und warum ist plötzlich alles voller Blut?

“That is what the taste of blood does. It takes away the gap between thought and action.To think is to do. There is no unlived life inside you as the air speeds past your body, as you look down at the dreary villages and market towns…”

Wem „richtige“ Vampir Romane zu düster oder blutig sind, für den bieten sich die Radleys als perfekte Einstiegslektüre an. Keine große Literatur aber ich habe den Roman gerne gelesen, Matt Haig ist einfach eine sichere Bank wenn man nach leichter gut geschriebener Literatur sucht.

Ernest Hemingway – Paris: Ein Fest fürs Leben erschienen im Rowohlt Verlag übersetzt von Werner Schmitz

Paris – ein Fest fürs Leben“ von Ernest Hemingway ist eine autobiografische Erzählung, die die Erfahrungen des Autors und seiner Frau Hadley während ihrer Zeit in Paris in den 1920er Jahren dokumentiert. Der Roman bietet einen Einblick in das künstlerische und kulturelle Leben der Stadt, insbesondere in den Kreisen der damaligen literarischen Größen wie Gertrude Stein, F. Scott Fitzgerald und Ezra Pound.

“We would be together and have our books and at night be warm in bed together with the windows open and the stars bright.”

Hemingway beschreibt die Atmosphäre von Paris als vital und inspirierend, und er teilt seine persönlichen Erlebnisse, darunter auch seine Beziehung zu seiner ersten Frau Hadley. Der Titel „Paris – ein Fest fürs Leben“ spiegelt die lebendige und leidenschaftliche Stimmung wider, die Hemingway mit der Stadt verbindet. Die Erzählung vermittelt nicht nur die Freuden und Herausforderungen des Schriftstellerlebens, sondern auch die Dynamik der zwischenmenschlichen Beziehungen in dieser künstlerisch aufgeladenen Umgebung. Hemingways prägnanter Schreibstil und seine Fähigkeit, lebendige Bilder zu malen, machen das Buch zu einem fesselnden Zeugnis seiner Zeit in Paris und seines persönlichen Wachstums als Schriftsteller.

Er kann wirklich gut schreiben der Herr Hemingway und es macht auch durchaus Spaß das Buch zu lesen insbesondere wenn man dann kurz drauf durch Paris stromert im Rahmen eines Reading Weekends, aber er ist echt eine ganz fürchterliche Lästerbacke. Jede und jeder der ihn mal unterstützt hat und dem er eigentlich vielleicht ein bisschen dankbar sein sollte bekommt sein Fett weg. Krass!

Paula McLain – Hemingway & Ich erschienen im Aufbau Verlag, übersetzt von Yasemin Dinçer


„Love & Ruin“ von Paula McLain ist ein historischer Roman, der sich auf das Leben von Martha Gellhorn konzentriert, einer amerikanischen Journalistin und Schriftstellerin, die auch die dritte Ehefrau von Ernest Hemingway war. Die Geschichte spielt in den 1930er und 1940er Jahren und führt die Leser durch Gellhorns faszinierendes Leben, ihre Arbeit als Kriegsberichterstatterin während des Spanischen Bürgerkriegs und des Zweiten Weltkriegs.

“Real writing, I was beginning to realize, was more like laying bricks than waiting for lightning to strike. It was painstaking. It was manual labor. And sometimes, sometimes if you kept putting the bricks down and let your hands just go on bleeding, and didn’t look up and didn’t stop for anything, the lightning came. Not when you prayed for it, but when you did your work.”

Der Roman erforscht ihre komplizierte Beziehung zu Hemingway, während beide versuchen, ihren Platz in der Welt des Journalismus und der Literatur zu finden. McLain beschreibt die Herausforderungen, denen Gellhorn als Frau und Kriegsreporterin gegenübersteht, sowie die intensiven Emotionen und Spannungen in ihrer Ehe mit Hemingway. „Love & Ruin“ bietet einen Einblick in die turbulenten politischen und persönlichen Zeiten, in denen Gellhorn lebte, und zeigt die Opfer und Hingabe einer Frau, die nach ihrer eigenen Identität strebte, während sie sich in einer von Männern dominierten Welt behauptete.

Habe schon den Band „The Paris Wife“ sehr gerne gelesen und auch dieser Roman um Martha Gellhorn ist klasse. Was für eine spannende Frau. Gegen sie sieht Hemingway stellenweise ganz schön blaß aus. Dieses Interview mit Martha Gellhorn fand ich unfassbar spannend:

Cathy Rentzenbrink – Dear Reader erschienen im Picardor Verlag, bislang nicht ins Deutsche übersetzt


Solange sie sich erinnern kann, hat sich Cathy Rentzenbrink in Geschichten verloren und wieder gefunden. Schon in ihrer Kindheit wurde sie selten ohne ein Buch gesehen und las heimlich noch lange, nachdem das Licht ausgeschaltet war. Als das Unglück zuschlug, hielten Bücher sie über Wasser. Schließlich wiesen sie ihr den Weg zu einem neuen Pfad, zuerst als Buchhändlerin und dann als Schriftstellerin. Egal, was die Zukunft bereithält, das Lesen wird immer helfen.

„Dear Reader“ ist eine bewegende, humorvolle und freudige Erkundung darüber, wie Bücher den Verlauf des Lebens verändern können, randvoll mit Empfehlungen von einer Leserin an eine andere.

Dies ist wirklich das ultimative Buch für Buchliebhaber. Cathy Rentzenbrink führt den Leser durch ein Labyrinth von Büchern von der Kindheit bis zur Mutterschaft und dem Verlust, wobei sie auf dem Weg einige ihrer liebsten und unvergesslichsten Geschichten empfiehlt. Es ist wirklich ein eigenartiges Buch zu kategorisieren – teilweise Memoiren, aber auch einfach ein Teil allgemeiner Plauderei über Bücher. Es fühlt sich an, als würde der Leser mit einer Freundin sprechen, die zufällig dieselbe Leidenschaft fürs Lesen teilt und viele Bücher liest.

“Don’t allow anything to dent your reading pleasure. Don’t let anyone tell you that what you like isn’t proper, that what brings comfort and ease to your soul isn’t good enough.”

Es ist wirklich spannend, wie transformativ Bücher wirklich sein können. In schweren Zeiten sind sie immer da – der stille Freund, der helfen kann, den Kopf frei zu bekommen und einen für eine Weile aus der realen Welt zu entführen. Sie können auch dazu beitragen, wie man die Welt sieht, die eigenen Horizonte erweitern und die Sicht auf das Leben verändern, direkt von Ihrem gemütlichen Lesesessel aus.

Hervé Le Tellier – Die Anomalie erschienen im Rowohlt Verlag, übersetzt von Romy & Jürgen Ritte

„Die Anomalie“ von Hervé Le Tellier ist ein Roman, der verschiedene Genres und Perspektiven geschickt miteinander verwebt. Die Geschichte beginnt mit dem mysteriösen Vorfall eines Flugzeugs, das während eines Transatlantikflugs für wenige Minuten in der Zeit verschwindet und dann sicher am Zielort landet. Der Roman beleuchtet die Auswirkungen dieses Ereignisses auf das Leben der Passagiere, die nach ihrer Rückkehr mit unerklärlichen Veränderungen und Konflikten konfrontiert sind.

“Es gibt ein Leben nach dem Tod, besonders nach dem der anderen.”

Der Plot entwickelt sich durch die Augen verschiedener Charaktere, darunter ein Schriftsteller, ein Bodyguard, eine Finanzmanagerin und andere, die alle an diesem ungewöhnlichen Ereignis beteiligt sind. Die Geschichte erkundet die Komplexität von Identität, Realität und den Auswirkungen von Entscheidungen. Mit Elementen von Science-Fiction, Thriller und Drama bietet „Die Anomalie“ eine fesselnde und tiefgründige Reflexion über das menschliche Dasein und die möglichen Verzweigungen, die durch eine solche Anomalie entstehen können.

Denke immer noch darüber nach was ich machen würde wenn ich auf einmal der Bingereaderin gegenüberstehen würde und über all die Implikationen. Eines meiner Bücher 2023 – große Empfehlung!

Das war der November meine Lieben! Und – war etwas dabei für euch? Welches kennt ihr, welches mochtet ihr oder vielleicht auch nicht? Freue mich wie immer sehr auf eure Rückmeldungen und verspreche auf jeden Fall mehr Sherlock Holmes in den kommenden Monaten.

Women in Science (18) Cordelia Fine

Geschlechterdiskriminierung möchten uns viele glauben machen, ist ja ein Ding der Vergangenheit. Heute ist ja alles absolut ausgeglichen und wenn Mädchen Prinzessinnen werden wollen und Jungs sich beim Spielen dreckig machen, dann ist das halt biologisch schon so vorgesehen, das sind halt die unveränderlichen Unterschiede zwischen dem weiblichen und dem männlichen Gehirn. Jede Menge Artikel erscheinen auch heute noch, die wissenschaftlich erklären wollen, warum es so wenig Frauen in der Naturwissenschaft oder in technischen Berufen gibt.

Cordelia Fine ist eine kanadisch-britische Wissenschaftsautorin, Forscherin und Journalistin. 2001 promovierte Fine im Fach Psychologie am Institut für kognitive Neurowissenschaften des University College London. Sie ist Research Associate im Centre for Value, Agency & Ethics der Macquarie University in Australien und Ehrenmitglied in der Fakultät der psychologischen Wissenschaften der Universität Melbourne.

Basierend auf neuesten Forschungsergebnissen aus der Entwicklungspsychologie, den Neurowissenschaften und der sozialen Psychologie, räumt Cordelia Fine mit diesen Mythen auf und zeigt, wie hier alter Wein in neue angeblich wissenschaftliche Schläuche gefüllt wurde, um den geschlechterdiskriminierenden Status Quo zu erhalten.

Fines Buch bietet eine Fülle an spannenden Informationen, besonders spannend fand ich diesen Punkt:

Wir haben wahrscheinlich alle (mehrfach) die folgende Geschichte gehört: „Ich wollte meine Kinder wirklich geschlechtsneutral erziehen, aber an einem bestimmten Punkt hat der Bub einfach ganz natürlich angefangen, mit den Autos zu spielen und die Mädchen haben sich in rosafarbene Prinzessinnen verwandelt. Obwohl ich doch alles dafür getan habe, dass die Mädchen Autos spielen und die Jungs mit Puppen. Das muss also biologisch sein, an meiner Erziehung lag es jeden Falls nicht.“ Dieses Phänomen ist unter Soziologen als „biology as fallback“ bekannt.

„The frustration of the naively nonsexist parent has become a staple joke. An all but obligatory paragraph in contemporary books and articles about hardwired gender differences gleefully describes a parent’s valiant, but always comically hopeless, attempts at gender-neutral parenting“

Fine berichtet dann über über das Experiment von Sandra und Daryl Bem (Bem Sex-role inventory), die in den 1970er versuchten, Kinder geschlechtsneutral zu erziehen – und was sie dabei alles beachten mussten. Sie bearbeiteten sämtliche Kinderbücher, in dem sie Bärte wegretuschierten, die Haarlänge anglichen und Brüste hinzufügten oder übermalten (übrigens selbst heute ist sind Männer mit einer Ratio von 2:1 gegenüber Frauen repräsentiert). Sie überarbeiteten die Texte die Männer und Frauen in geschlechterspezifischen Stereotypen beschrieben und so weiter und so fort.

Foto: Wikipedia

Das zeigt, wie schwer es ist, ein Kind geschlechterneutral erziehen zu wollen. Fine erklärt, dass die Vergeschlechtlichung (manchmal wünschte ich, ich hätte diesen Artikel auf Englisch geschrieben und könnte einfach gendern schreiben 😉 ) so omnipräsent in unserer Kultur vorhanden ist und unglaublich intensiv. Nicht einmal die Kinder der Bems konnten sich dem komplett entziehen. Und Kinder reagieren unglaublich sensibel auf die unterschiedlichen Anleitungen, die sie bekommen, mit Blick darauf, wie sie sich ihrem Geschlecht entsprechend verhalten sollen.

Children randomly assigned at preschool to a ‘red’ group or a ‘blue’ group, and wearing the appropriate colored T-shirts to school each day, after three weeks, with no further reinforcement, will find themselves conforming to what they take to be the norms for their respective groups. One needs little imagination to see how much more intrusive the pressures on gender conformity will be, even if the parents are like the Bems.“

Fines Angriffsziel im Buch ist das, was sie mit „Neurosexismus“ bezeichnet – die Misinterpretation der modernen Neurowissenschaften, die bestehende Stereotypen bekräftigen und Diskriminierungen weiter aufrechterhalten. Frauen sind angeblich emphatischer, Männer analytischer, Frauen können nicht führen und Männer keine Kinder erziehen etc. etc.

Die Wurzeln dieser Überzeugungen finden sich aber nicht in inhärenten biologischen Limitationen, sondern in kulturellen Vorurteilen, in der Erziehung, der Bildung und darin, wie wir unsere Kinder prägen.

Wissenschaft existiert nicht in einem Vakuum. Fine zeigt jede Menge Fehler auf, in der grundlegenden Methodologie wie Experimente durchgeführt werden oder zeigt wilde Extrapolationen auf die auf dem Verhalten von Säuglingen basieren. Auch wenn Ergebnisse auf solidem Wege generiert wurden, werden die Interpretationen oft so hingebogen, wie man sie gerne hätte.

Cordelia Fine ist aber keine Dogmatin, sie akzeptiert, dass es medizinische Forschungsergebnisse gibt, die bestimmte biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen erkennen lassen (zum Beispiel im Vergleich von Lupus oder Haarausfall) aber es wäre völliger Unsinn zu behaupten, dass diese erkennbaren Unterschiede eine Basis bieten würden, um stereotypes Verhalten und gesellschaftliche Rollenverteilungen zu rechtfertigen.

Große Empfehlung für alle, die sich für Feminismus, Neurowissenschaften, Psychologie und Gender Studies interessieren.

Auf deutsch erschien das Buch unter dem Titel: „Die Geschlechterlüge: Die Macht der Vorurteile über Mann und Frau“ im Klett Cotta Verlag.

Untenrum frei – Margarete Stokowski

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Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir mehr wünsche, ich hätte dieses Buch schon mit Anfang 20 gelesen oder lieber selbst geschrieben. Ich denke, man muss sich nur mal die Kommentare unter Stokowskis Spiegel Kolumne anschauen um zu begreifen, wie wichtig und immer noch notwendig ihr Buch ist.

Sie schreibt darüber, wie Mädchen von klein auf lernen, dass ihre Körper per se nicht in Ordnung sind, dass man an ständig herumoptimieren und verbessern muss.

Ihr geht es nicht darum, Haarentfernung oder Schminke zu verdammen, sondern viel mehr ganz unaufgeregt den schmalen Grat zwischen dem eigenen Schönheitsempfinden und der internalisierten sozialen Erwartungshaltung an einen Frauenkörper zu untersuchen.

„Alles ist schöner, wenn es freiwillig ist und bewusst selber gewählt, und dazu muss man die Alternativen zumindest kennen“

Kleine Mädchen, die in ihrem Leben nie etwas anderes als eine permanent Diät haltende Mutter erlebt haben, werden ganz selbstverständlich selbst ihr Leben lang hungern und tief davon überzeugt sein, dass das nichts mit gesellschaftlichem Druck, sondern nur mit dem eigenen Schönheitsempfinden zu tun hat.

Untenrum frei bezieht sich auf ihre zentrale These: „Wir können untenrum nicht frei sein, wenn wir obenrum nicht frei sind.“ Es geht ihr nicht nur um strukturelle Machtfragen, sondern auch über die „kleinen schmutzigen Dinge“ untenrum, über die man auch nicht spricht.

„Wir haben die Fesseln des Patriarchats nicht gesprengt, sondern sind mit ihnen shoppen gegangen.“

Margarete Stokowski beleuchtet diese Zusammenhänge durch persönliche Rückblicke und gesellschaftspolitische Beobachtungen. Sie klingt so, wie man sie aus ihren Spiegelkolumnen kennt: lässig, ohne flapsig zu wirken, sie schreibt klar mit viel Tiefe und großem Respekt vor Menschen und Gefühlen.

Stokowski liefert Argumente für die Freiheit von Geschlechterklischees, Stereotypen und Mythen. Es ist ein sehr persönliches Buch über Feminismus, Esstörungen, Sexualität, Machtstrukturen und Katholizismus.

Stokowski hat ein kluges Buch geschrieben, dem man bei aller Lässigkeit deutlich die philosophische Ausbildung der Autorin anmerkt und das für mich am Stärksten ist durch die Fusion von autobiographischem Erleben und theoretischem Erlesen.

Hier noch ein Link zu ihrem Servicetext: „Wie können Männer Feministen sein“ und das spannende Gespräch zwischen Margarete Stokowski und der Herausgeberin des Philosophie-Magazins, Svenja Flaßpöhler, zum Thema: „Perspektiven des heutigen Feminismus“:

„Untenrum frei“ erschien im Rowohlt Verlag.

Kick-Ass Women – Mackenzie Lee

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Das es in der Weltgeschichte keine Heldinnen gegeben hat, ist natürlich Quatsch. Aber immer wieder hört man nur von den immer Gleichen, die alibimässig in überwiegend männerlastigen Listen auftauchen.

Mackenzie Liee hat in dieser herausragenden Sammlung 52 Frauen vorgestellt, die es verdienen, deutlich berühmter zu sein, als sie es tatsächlich sind. Frauen aus der ganzen Welt, aus unterschiedlichen Rassen und Klassen, die Krankheiten geheilt haben, Diktatoren überworfen, Unterdrückung widerstanden und sich erdrückenden Geschlechtsvorurteilen einer männlich dominierten Welt widersetzt haben.

Lee schreibt knapp und witzig, manchmal etwas flach, aber immer packend. Sie baut aus den kurzen umfassenden Biografien spannende Geschichten von Frauen die Heldinnen, Anführerinnen, Athletinnen oder auch Kriminelle sind. Die Frauen sind intelligent, gefährlich, mutig, verführerisch und vor allen Dingen durchbrechen sie die gläserne Decke aus Patriarchie und Vorurteilen.

Die 52 Frauen sind alle großartig, aber hier sind ein paar meiner Favoritinnen:

Hatschepsut, die erste Pharaonin, die nach dem Tod ihres Mannes den Thron bestieg, weil sie es konnte und die ihre Untertanen 22 Jahr erfolgreich führte.

Agnodike, die Frau, die sich als Mann verkleiden musste, um im antiken Athen Medizin studieren zu können.

Arawelo, die legendäre Königin von Somalia, die jegliche Stereotype über den Haufen warf und eine Regierung schuf ,die komplett aus Frauen bestand. Sie und ihr Kabinett zeigten den Männern was es tatsächlich heißt, den Haushalt eines Landes zu übernehmen.

Königin Christina von Schweden, die Beschützerin der Künste. Gelehrt und insbesondere an Naturwissenschaften interessiert. Sie befürwortete Religionsfreiheit und hatte keinerlei Interesse an der Ehe.

Irena Sendler war eine polnische Krankenschwester, die wahnsinnig mutig war und während des 2. Weltkriegs unter Einsatz ihres Lebens mehr als 2500 jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto rettete.

Das sind nur ein paar Beispiele der 52 wundervollen Portraits, jede der Frauen großartig farbenprächtig illustriert von Petra Eriksson.

Ich glaube, man merkt wie sehr mir dieses Buch gefallen hat. Kauft es euch, verschenkt es und gebt ihm einen besonders schönen Platz in eurem Regal. Dieses kleine Schatzkästchen voller Mut und Empowerment ist ein Denkmal für alle Frauen, die nach ihren eigenen Spielregeln spielen und die Pionierinnen waren in ihren jeweiligen Bereichen.

Aus dem Englischen von Jenny Merling erschienen im Suhrkamp Verlag, dem ich für dieses Rezensionsexemplar herzlich danke.

100 Jahre Frauenwahlrecht

100 Jahre dürfen Frauen in Deutschland wählen. Eine Selbstverständlichkeit, das jeder Mensch wählen kann, sollte man meinen und doch hat es ewig gedauert, bis Frauen wählen durften und es gingen jahrezehntelange ermüdende Kämpfe voraus. Deutschland liegt mit der Einführung des Wahlrechts für Frauen im Jahr 1919 im guten Mittelfeld. Eines der ersten Länder war Finnland, wo Frauen ab 1906 wählen durften, Länder wie Griechenland (1952) oder gar die Schweiz (1971) waren ziemliche Spätzünder. Liechtenstein ist gar erst im Jahr 1984 aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Unfassbar.

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Foto: AddF

Überhaupt spannend, dass sich häufig gerade die Länder, die alte bestehende Männerdemokratien waren, mit der Einführung des Frauenwahlrechts besonders schwer taten, siehe Griechenland oder auch Frankreich, das mit 1948 auch nicht gerade bei der ersten Welle dabei war. Nur in wenigen Ländern wurde das allgemeine Wahlrecht für beide Geschlechter zum selben Zeitpunkt eingeführt. Liberale Parteien sympatisierten am ehesten mit der Idee des Frauenwahlrechts, aber für sie war politische Beteiligung vom sozialen Stand abhängig. Das fand sich auch entsprechend in der Frauenbewegung wieder, wo sich bürgerliche Frauen vehement für ihr Wahlrecht einsetzten, dies aber durchaus auf bürgerliche Frauen beschränkt wissen wollten.

Die Parteien jeglicher Couleur fürchteten negative Konsequenzen. Soziale und Liberale fürchteten, die Stimmen der Frauen würden überwiegend zu den Konservativen wandern, die Konservativen glaubten, Frauen würden überwiegend Linke und Liberale stützen. Einig waren sich die Herren der unterschiedlichen Parteien auch, dass das Wahlrecht der erste Schritt zu einer vollständigen Emanzipation sei und das wollte keiner. Die Aufhebung der Klassenbarriere ließ sich daher einfacher und schneller durchsetzen als das Frauenwahlrecht.

Eine der bekanntesten deutschen Frauenrechtlerinnen, der wir nicht nur mit Blick auf das Wahlrecht viel verdanken, war die erste deutsche Juristin, Anita Augspurg. Sie gründete 1902 in Hamburg gemeinsam mit anderen Aktivistinnen den Deutschen Verein für Frauenstimmrecht.

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„Im Ersten Weltkrieg nahmen Augspurg und Heymann an internationalen Frauen-Friedenskonferenzen teil und hielten illegale Versammlungen in ihrer Münchner Wohnung ab und verteilten Flugschriften gegen den Krieg. Anita Augspurg kooperierte mit Kurt Eisner und wurde nach der Proklamation der Bayerischen Republik 1918 in München Mitglied des provisorischen bayerischen Parlaments. Bei den bald folgenden Wahlen kandidierte sie auf Listen der sozialistischen USPD, erlangte aber kein Mandat.

Während der Machtübernahme der NSDAP weilten Augspurg und Heymann auf einer Auslandsreise, von der sie nicht nach Deutschland zurückkehrten. Der Grund war, dass sie Repressalien befürchteten, da sie unter anderem 1923 beim bayerischen Innenminister die Ausweisung des Österreichers Adolf Hitler wegen Volksverhetzung beantragt hatten. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt; ihre Bibliothek und alle Aufzeichnungen aus ihrer jahrzehntelangen Arbeit in der nationalen und internationalen Frauenbewegung gingen verloren“ (Zitat Wikipedia)

Eine Menge spannender Informationen zur Geschichte des Frauenwahlrechts findet ihr im Übrigen hier.

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Foto: Wikipedia

Bei meinem letzten London Besuch entdeckte ich dieses spannende Buch, das ich euch in diesem Zusammenhang ans Herz legen möchte:

„The Periodic Table of Feminism“ – Marisa Bate

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Kurze Biografien über entscheidende Figuren im Feminismus angelehnt an das Periodische System. Aufgeteilt in die 4 Wellen des Feminismus gibt es folgende Aufschlüsselung:

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Precious Metals: the leaders, the face of the movements
Catalysts: pioneers, fire-starters
Conductors: bringing people together, the organisers
Diatomic: women working together
Stabalizers: peaceful, pacificsts
Explosives: radicals, anarchists, violent

Es liest sich leicht, ist ein guter Einstieg in das Thema und bietet eine Übersicht über weiterführende Literatur. Das Büchlein macht Spaß und man bleibt leicht hängen, wenn man eigentlich nur mal kurz reinblättern möchte. Allerdings hätte ich dem Buch einen besseren (oder überhaupt einen) Korrekturleser gegönnt, es sind schon einige Tippfehler im Buch. Mir hat das die Freude am Entdecken und Wiederentdecken nicht genommen. Es ist etwas angloamerikanisch geprägt, Anita Augspurg war aber ebenfalls vertreten. Bislang gibt es das Buch nur in Englisch und ich weiß nicht, ob eine Übersetzung geplant ist, falls ja würde es sicherlich Sinn machen, es dann etwas stärker zu europäisieren.

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Vieles, was wir heute für selbstverständlich halten, musste von tapferen Menschen hart erkämpft werden. Wir dürfen das nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen. Ich bin dankbar, dass es so mutige Frauen wie  Frauen wie Anita Augspurg, Emmeline Pankhurst und Chimamanda Adichie gibt und gegeben hat, die Herzblut, Kraft und viel Verstand in den Feminismus investiert haben und geholfen haben, die Welt etwas gleichberechtigter zu machen.

Es bleibt noch viel zu tun und wir brauchen Feminismus heute mehr denn je!

 

Homegoing – Yaa Gyasi

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Ohne Frage eine der anspruchsvollsten Familiengeschichten, die ich bislang gelesen habe. Yaa Gyasi verfolgt ihre Geschichte über 7 Generationen, schreibt aus 14 unterschiedlichen Perspektiven – normalerweise etwas, wo ich vor lauter Stammbaum schnell den Überblick verliere und schnell die Flinte ins Korn werfe.

Unglaublich, wie sie es schafft, jede Person auf ein paar Seiten so derart individuell, einzigartig und klar rüber zu bringen. Wow. Die Geschichte beginnt mit zwei Halbschwestern: Effia und Esi – die sich niemals kennenlernen. Die eine verschlägt es als Sklavin in die USA, die andere bleibt als Frau eines Sklavenhändlers in Ghana und an den jeweiligen zwei Standorten entwickeln sich die beiden Familienlinien weiter.

“We believe the one who has power. He is the one who gets to write the story. So when you study history, you must ask yourself, Whose story am I missing? Whose voice was suppressed so that this voice could come forth? Once you have figured that out, you must find that story too. From there you get a clearer, yet still imperfect, picture.”

“This is the problem of history. We cannot know that which we were not there to see and hear and experience for ourselves. We must rely upon the words of others. Those who were there in the olden days, they told stories to the children so that the children would know, so that the children could tell stories to their children. And so on, and so on.” 

Jedes Kapitel ist aus der Sicht eines neuen Charakters geschrieben. Erst Effia und Essi, dann jeweils 6 ihrer Nachkommen. Auf diese Weise werden nicht nur die Schicksale der beiden Familien, sondern auch die historischen Ereignisse in Ghana und den USA miteinander verwoben. Durch die Augen der Protagonisten erleben wir die Stammeskonflikte in Ghana im 18. Jahrhundert, den absoluten Horror des transatlantischen Sklavenhandels, der unter amerikanischen und britischen Sklavenhändlern aufblühte.

Was mir bis dato nicht bewusst war, dass es Sklaverei auch vorher in Afrika gab. Bei Stammeskonflikten wurden oft Angehörige des unterlegenen Stammes als Hausmädchen, Ehefrauen, Dienstboten, als Sklaven mitgenommen und die westlichen Sklavenhändler waren eifrig dabei, Öl ins Feuer dieser Konflikte zu gießen und die Stämme dazu zu bringen, ihnen die Verlierer aus solchen Konflikten zu verkaufen.

“You want to know what weakness is? Weakness is treating someone as though they belong to you. Strength is knowing that everyone belongs to themselves.” 

Auf gerade einmal 300 Seiten wird so derart viel an geschichtlichem Wissen und Charakterstudien übermittelt, dass mein Hirn wohl noch eine Weile mit diesem Thema beschäftigt sein wird. Es war spannend, dieses Buch im Bookclub direkt nach Zora Neale Hurstons „Their Eyes were watching God“ zu lesen. Die passende Anschlusslektüre wäre wohl Colson Whiteheads „The Underground Railroad“, das auch schon eine Weile in meinem Regal steht. Wir waren uns bei der Diskussion im Übrigen so einig wie selten. Ich glaube fast jede hat dem Roman 5 Sterne gegeben.

Das Buch ist, wie zu erwarten, keine einfache Lektüre. Brutalität, Blut, Auspeitschungen, Rassismus, die unerträgliche Überlegenheit der Sklavenhändler, die fürchterliche Angst, die der „Fugitive Slave Act“ von 1850 brachte, etc.
Gyasi behandelt diese Themen mit viel Sensibilität, sie schafft ein ehrliches und realistisches Porträt der Gewalt, ohne voyeuristisch zu wirken.

Eine mutige, ungeschminkte Geschichte über die noch immer anhaltenden Effekte der Kolonisation Afrikas und des Sklavenhandels. Unglaublich, dass es sich bei diesem Buch um ein Debüt handelt, was für ein Talent. Ich bin sehr gespannt auf das nächste Buch dieser großartigen Autorin, die ihrem Vorbild Toni Morrison alle Ehre macht.

Danke an Leila, für die Übersendung dieser spannenden Artikel über die Autorin:

und

https://www.theguardian.com/books/2017/oct/28/yaa-gyasi-my-writing-day

sowie dieses spannende Interview/Lesung mit ihr:

Auf deutsch erschien der Roman unter dem Titel „Heimkehren“ im Dumont Verlag.

Schmale Schönheiten II

Als ich kürzlich krankheitsbedingt mein Regal auf der Sache nach etwas schmaleren Bänden absuchte, bin ich auf den Geschmack gekommen und habe mich weiter durch den Stapel schmaler Werke gefräst, auch nachdem ich längst wieder fit war. Eines, das mich in dieser Zeit im Briefkasten überraschte, war das vielbesprochene aber auch wirklich großartige

Rattatatam, Mein Herz von Franziska Seyboldt

Seyboldt

Mit dem Thema Angst kenne ich mich leider besser aus, als ich es jemals wollte. Ein paar Jahre lang war das ein Thema, das mein Leben so bestimmt hat, dass eine Zeit lang für wenig anderes in meinem Leben Platz war.

Ich habe mich so derart geschämt – auch vor mir selbst – dass ich von dem Thema absolut nichts hören, lesen oder gar darüber sprechen wollte. Ich hatte Angst vor der Angst und wollte nichts mit ihr zu tun haben, wollte sie einfach nur loswerden, zu allen Schwierigkeiten, die ich im Leben so hatte, mich nicht auch noch mit Psycho-Scheiß rumschlagen. Das war etwas für Leute, die Zeit und Geld für sowas hatten und sich mit sowas beschäftigen konnten.

Irgendwann habe ich mich zum Glück damit beschäftigt, ich habe keine Angst mehr vor der Angst, sie ist weg und ich habe auch keine Angst mehr davor, dass sie wiederkommt, denn selbst wenn, ich biete ihr dann einen Stuhl an und frage sie, was sie mir mitteilen möchte und dann schauen wir mal.

Sarah Kuttners „Mängelexemplar“ war das einzige Buch bislang, das mir zu dem Thema gefiel, mit dem ich mich einigermassen identifizieren konnte. Als „Rattatatam“ im Briefkasten lag, wollte ich nur kurz reinlesen, dachte es wäre sicherlich nichts für mich und bin dann heftig hängengeblieben.

„Ist man schwach, wenn man Schwäche zeigt, oder holt man sich gerade so die Kontrolle zurück?“

Spätestens mit diesem Satz hatte sie mich. Die Journalistin und Autorin Franziska Seyboldt schreibt ohne Pseudonym, stellt gleich von Anfang an die richtigen Fragen „Warum spricht niemand darüber? Warum ist Angststörung nicht so »normal« wie Depressionen oder Burn-out?

Die Angst schleicht sich früh in ihr Leben, „allgemeine Angststörung“ wird diagnostiziert und Seyboldt beschreibt wie sie versucht, ihren beruflichen Alltag zu meistern ohne aufzufliegen, immer stark sein, nur keine Schwäche zeigen. Das ist so anstrengend, dass kann sich glaube ich niemand vorstellen, der das nicht selbst einmal erlebt hat.

Dr. Goldberg wird das später eine „depressive Episode“ nennen; es ist die erste von dreien, immer im Abstand von einer Woche. Er erklärt mir, dass mein Körper mich schützt, wenn die Ängste zu groß werden. Oder die Ansprüche an mich selbst. Wie bei einem Stromausfall: Überhitzung, zack, dunkel. Man könnte auch sagen: Ich bin ein Stern, der in einer Supernova explodiert und seine äußeren Schichten abwirft. Der Rest kollabiert und wird auf winzigstem Raum zusammengepresst, woraufhin ein schwarzes Loch ensteht, das kein Licht mehr entkommen lässt. Abblende.“

Ich bin absolut beeindruckt, wie klar, poetisch und schön Seyboldt über ein Tabu-Thema schreibt. Ich wünschte mir, jemand hätte dieses Buch vor vielen Jahren in die Hand gedrückt, aber auch ohne Angst ist das ein wunderbares und wichtiges Buch.

Ich danke dem Kiepenheuer & Witsch Verlag für das Rezensionsexemplar.

Als ich mir kürzlich am Bahnhof etwas Zeit vertreiben musste, fiel mir dieses Buch in die Hand, das ich schon länger auf dem Radar habe:

„Dear Ijeawele. A Feminist Manifesto in Fifteen Suggestions“ – Chimamanda Ngozi Adichie

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Because social norms are created by human beings…there is no social norm that cannot be changed.
Adichie ist eine Autorin, die wie keine andere Essays schreibt, die den Nagel nicht nur direkt auf den Kopf trifft, sondern auch so derart schön und dennoch zugänglich. Ihre Bücher sind Pageturner, denen man sich nicht entziehen kann. Definitiv eine Autorin, von der ich unbedingt das Gesamtwerk lesen möchte.

Bei diesem Essay hier handelt es sich um einen Brief, den Adichie schreibt, als eine Freundin sie um Rat darum bittet, wie sie ihre Tochter zu einer Feministin erziehen kann.

Der Text ist eloquent und sehr bewegend. Adichies Stil ist einfach und zugänglich und sie kritisiert die häufige Tendenz von Feministinnen, unnötigen Jargon zu verwenden wie    z. B. „patriarchy“, ohne diesen im Kontext zu erklären.

Sie schreibt über Feminismus, Liebe, Ehe, Gender Rollen, Rassismus, Sexismus, die Privilegien der Weißen, Gleichberechtigung, weibliche Sexualität, die Probleme, die Frauen häufig mit ihrem Körper haben, Unterdrückung etc.

Ein revolutionärer Text mit so viel spannenden treffenden Zitaten, dass ich das halbe Buch hier markieren könnte:

“Teach her that if you criticize X in women but do not criticize X in men, then you do not have a problem with X, you have a problem with women.”

“Your feminist premise should be: I matter. I matter equally. Not ‘if only’. Not ‘as long as’. I matter equally. Full stop.”

„Because you are a girl“ is never a reason for anything. Ever.“

Ein Buch, das sich wunderbar verschenken läßt und dem ich jede Menge Leser und Leserinnen wünsche.

Einmal um die halbe Welt ging es dann, um mich mit Oscar Niemeyer in einer kleinern Bar in Rio de Janeiro zum Gespräch zu treffen (zumindest in Gedanken war ich beim Lesen dort)

„Wir müssen die Welt verändern“ – Oscar Niemeyer

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Als Oscar Niemeyer 2012 nur wenige Tage vor seinem 105. Geburtstag starb, galt er weltweit als einer der letzten der großen Architekten des 20. Jahrhunderts. Sein bekanntestes Werk ist Brasilia, der Höhepunkt des utopischen modernen Urbanismus. Die Erschaffung dieses sozialen Experiments und logistischen Abenteuers dauerte nur 3,5 Jahre von der Konzeption bis zur Fertigstellung.

„Wenn man mich fragt, was für mich die Fantasie bedeutet, antworte ich: Fantasie ist die Suche nach einer besseren Welt“

Niemeyers Stil wird oft mit brasilianischer Musik verglichen – die sich wiegenden Linien und anschwellenden Konturen seiner Gebäude lassen an Samba, sinnliche Tänze, schwülen Sex und den Schmelztiegel der unterschiedlichen Nationalitäten in Brasilien denken.

Dieses kleine Büchlein ist das Resümee seines Lebens, in dem er über die Gesellschaft reflektiert, die Rolle der Fantasie und der Freundschaft, über das Alter, Politik, Kunst und seine Begegnungen mit prägenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts wie Sartre, Le Corbusier und Fidel Castro.

„Die Architektur ist nur ein Vorwand. Wichtig ist das Leben, wichtig ist der Mensch, dieses merkwürdige Wesen mit Seele und Gefühl, das nach Gerechtigkeit und Schönheit hungert“

Niemeyer ist einer meiner liebsten Architekten und ich würde sofort in die Casa das Canoas einziehen, irgendwann werde ich mir seine Gebäude mal vor Ort ansehen und dann auf jeden Fall dieses Büchlein im Gepäck haben.

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Ob Niemeyer in seinem langen Leben Psychedelika zur Hilfe nahm um seine Architektur-Visionen zu unterstützen, weiß ich nicht, Aldous Huxley hätte ihm auf jeden Fall dazu geraten. Von einem Utopisten zum nächsten, wo Niemeyer die Welt durch schönere Gebäude verbessern wollte, experimentierte Huxley mit Drogen um sich dadurch neue Einblicke und Perspektiven auf die Welt zu ermöglichen:

Psychedelics – Aldous Huxley

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In seinem Roman „Brave New World“ experimentiert Huxley mit der Idee, wie eine Droge namens Soma genutzt wird, um soziale Gleichheit herzustellen. In diesem Auszug aus seinem Essay „The Doors of Perception“ beschreibt er sein einmaliges Erlebnis nach der Einnahme von Mescalin (eine psychedelisch und halluzinogen wirkende Droge, die sich in mittelamerikanischen Kakteen befindet und seit Jahrhunderten von den amerikanischen Ureinwohnern bei heiligen Zeremonien verwendet wurde). Durch die Einnahme von Mescalin versuchte er, den Geheimnissen des Universums auf die Spur zu kommen.

Er beschreibt seine Empfindungen zum Beispiel beim Anblick von Blumen in einer Vase:

„a bundle of minute, unique particulars in which, by some unspeakable and yet self-evident paradox, was to be seen the divine source of all existence.“

oder das Wunder, das sich vor seinen Augen vollzieht beim Betrachten seines Bambus-Stuhls:

„I spent several minutes – or was it several centuries? – not merely gazing at those bamboo legs, but actually being them – or rather being myself in them; or, to be still more accurate (for „I“ was not involved in the case, nor in a certain sense were „they“), being my Not-self in the Not-self which was the chair.“

Huxley beschreibt seinen Trip, der etwa 8 Stunden dauert, als vollständige Auflösung des Ichs, ein Experiment, das ihm das Gefühl gab, unendlich viel Zeit zu besitzen, sich in einer Art immerwährendem Moment zu befinden und in einer Art „Über-Achtsamkeit und Aufmerksamkeits“-Taumel, völlig losgelöst von seinem Hirn zu sein.

Das Buch war sicherlich sehr einflußreich in den 1960er Jahren und es macht einem bewusst, dass das, was wir als Realität empfinden, wohl nur die Spitze des Eisberges ist. Eine immense Verlockung für Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle, sich der immerwährenden Tyrannei der Logik und Realität zu entziehen und sich auf ein sensorischen Abenteuer einzulassen, das im wahrsten Sinne des Worte die Türen der Wahrnehmung weit öffnet.

Ein faszinierendes Büchlein, dass durchaus Lust auf einen kleinen Mescalin-Trip macht vielleicht während der Lektüre des nächsten Murakami? 😉

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„Die seligen Jahre der Züchtigung“ – Fleur Jaeggy

Ein Buch, das ich schon vor längerer Zeit aus dem Regal meines Bruders entliehen habe und das auf dem Weg in die Berge kürzlich die perfekte Zuglektüre war.

Jaeggys seltsam schönen, beklemmenden Novelle spielt in der Nachkriegs-Schweiz, die recht unschuldig beginnt und schon im zweiten Satz mit Robert Walser aufwarten kann:

„Mit vierzehn war ich Zögling in einem Internat im Appenzell. In einer Gegend, in der Robert Walser viel spazieren ging, während er in Herisau, nicht weit von unserem Institut, in der Nervenheilanstalt war.“

Eve, die Erzählerin der Geschichte, berichtet von ihrem Leben als Zögling der Schule und ihre Versuche, die Zuneigung der neuen interessanten und perfekt wirkenden Schülerin Fréderique zu gewinnen. Während sie entsprechende Pläne schmiedet, sie über die Kontrolle, Wahnsinn und Liebe nachdenkt, nimmt das Büchlein ordentlich an Fahrt auf. Die Geschichte ist kurz aber von beunruhigender Energie.

Die Erinnerungen der Erzählerin fokussieren sich auf Disziplin, Zwang und verfehlte Ausbrüche aus der Enge und einem unbändigen Freiheitswunsch. Diese Extreme werden durch die beiden Mädchen repräsentiert, zwischen denen sich Eve hin- und hergerissen fühlt: Fréderique, die Nihilistin, die nahezu perfekt für Kontrolle und Gehorsam steht, und die fröhliche extrovertierte Michelle, deren Zukunftsträume sich um Parties, Freiheit und ihren Daddy drehen.

Jaeggys Novelle ist hypnotisch, man fühlt sich wie in einem dunklen Strudel, aus dem es kein Entrinnen gibt. Die unschuldige Zeit der Jugend zeigt sich als alles andere als unschuldig, der schmale Grat zwischen Disziplin und Wahnsinn verschwimmt immer mehr und nichts scheint die Charaktere der Freiheit näher zu bringen.

Das New York Times Literary Supplement wählte es 1992 zu einem der Bücher des Jahres und meiner Meinung nach durchaus zu Recht.

Hier die Bücher nochmal im Überblick:

  • Rattatatam mein Herz von Franziska Seyboldt erschienen im Kiepenheuer und Witsch Verlag
  • A Feminist Manifesto in Fifteen Suggestions“ – Chimamanda Ngozi Adichie auf deutsch erschienen unter dem Titel „Liebe Ijeawele: Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden erschienen im Fischer Verlag
  • Wir müssen die Welt verändern von Oscar Niemeyer schienen im Kunstmann Verlag
  • Psychedelics von Aldous Huxley auf deutsch in dem Band „Die Pforten der Wahrnehmung“ im Piper Verlag erschienen
  • Die seligen Jahre der Züchtigung von Fleur Jaeggy erschien im Berlin Verlag

Elif Shafak @International Literature Festival Berlin

“There is no such thing as a well-meaning dictatorship. Nor is there any such thing as an undemocratic nation that is stable.”

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Fotos: Aslihan Kuscu

Die türkische Autorin Elif Shafak eröffnete am 06.09.17 das 17. Internationale Literaturfestival. Ihre Eröffnungsrede beschäftigt sich mit der Krise, in der sich die Demokratie weltweit befindet und ermuntert insbesondere ihre Schrifsteller-Kollegen, sich stärker für den Erhalt und Ausbau der Demokratie einzusetzen.

Shafak ist die bekannteste Schriftstellerin der Türkei und hat dort immer wieder aufgrund ihrer politischen Äußerungen mit Morddrohungen, Beschimpfungen und anderen Repressalien zu kämpfen. Sie wuchs bei ihrer Mutter und ihrer Großmutter auf, zwei Frauen, die sie und ihr Schreiben weitgehend beeinflussen. Ihre Mutter war lange Jahre als Diplomatin tätig und Elif Shafak hat daher einen ausgesprochen kosmopolitischen Hintergrund. Ihren Wohnsitz hatte sie lange Jahre sowohl in London als auch in Istanbul, eine Pendlerin zwischen den Welten.

So wie ihre Großmutter für Glaube und Tradition und ihre Mutter für Moderne und Säkularität steht, so spiegeln auch London und Istanbul die zwei Pole wider, zwischen denen sie sich bewegt.

Die Demokratie ist nicht nur in der Türkei den Bach runtergegangen, wenn wir uns umschauen, müssen wir mit Schrecken feststellen, wie brüchig dieses Modell in vielen anderen Ländern ist, wie selbstverständlich wir die Demokratie genommen haben und erst jetzt, wo mehr und mehr Autokraten sie unterwandern, wachen wir langsam auf.

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Die Regierung in der Türkei ist seit über 14 Jahren an der Macht und fassungslos muss man beobachten, wie Meinungsfreiheit und Pressefreiheit eliminiert werden, Gewalt gegen Frauen wächst, Islamismus und Angriffe auf Intellektuelle um sich greifen. Mittlerweile sitzen mehr Journalisten und Schriftsteller in der Türkei im Gefängnis als in China.

Viele Jahre lang hat sich die Türkei Europa zugehörig gefühlt. Es wurde englische, französische, italienische Literatur gelesen und übersetzt. Erst in den letzten Jahren wurden Autoren aus dem mittleren Osten übersetzt, eine Tatsache die sicherlich schon früher hätte geschehen sollen, die aber zeigt, wie sehr die türkische Gesellschaft Europa zugewandt war und wie sehr sie jetzt die Nähe zum Mittleren Osten sucht.

In der Türkei wie auch in anderen Ländern polarisiert sich die Gesellschaft immer mehr. Die Menschen werden gespalten in „die“ und „wir“. Gläubige gegen Ungläubige, Stadtbewohner gegen Landbewohner, Kompromisse sind immer seltener möglich. Und wir sollten uns auf keinen Fall entspannt zurücklehnen und das ganze als typisches „Muddle East“ Verhalten einordnen. Diese Spaltungen gibt es genauso in der westeuropäischen Welt und die Gräben werden immer tiefer. Eine gefährliche Entwicklung, die knappen Wahlerfolge in Frankreich, Österreich und den Niederlanden sind nur ein kurzes Aufatmen.

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Es gibt mehr und mehr Menschen, die die Demokratie in Frage stellen, die sie definitiv nicht für ein zukunftsfähiges Modell halten. Die den Menschen einreden wollen, man müsse sich zwischen Stabilität und Demokratie entscheiden. Es gibt aber keine langfristige Stabilität in nicht-demokratischen Ländern. Länder ohne Demokratie sind unglückliche Länder und das führt kurz oder lang zu Problemen.

Die Sehnsucht nach dem „starken Führer“ ist momentan in der Welt verbreitet wie noch nie. Progressiver Liberalismus wird angegriffen, eingeschüchtert und aufgeweicht. Man sehnt sich nach vermeintlich goldenen alten Zeiten und der Lieblingsspruch der Despoten ist „make Turkey/Hungary/Poland/Russia/US … great again“

Leider konnte ich den Vortrag von Elif Shafak auf dem Literaturfestival in Berlin nicht online finden, allerdings habe ich einen recht ähnlichen gefunden, den sie auf dem Oslo Friedens Forum gehalten hat:

„We all need to become activists. We need to become activists for empathy, for diversity, for pluralistic democracy, and very importantly, for a global solidarity“

In ihrem Heimatland ist die Erdogan-Kritikerin sehr wahrscheinlich gefährdet. Sie sagt „Ich war es gewöhnt, bei internationalen Konferenzen zu den eher düsteren, deprimiert Vortragenden zu gehören. Und ich glaube, dass es viele türkische Autoren gibt, die ziemlich deprimiert und demoralisiert sind. Aber dann waren da gewöhnlich auch Autoren aus anderen Ländern, aus Ländern wie Pakistan, Ägypten, Venezuela, Nigeria, den Philippinen, die auch deprimiert waren. Wir hörten uns gegenseitig zu, lächelten uns an, aber gefühlsmäßig gab es da immer noch ein Unterschied zwischen denen von uns, die aus wackeligen oder verwundeten Demokratien, und denen, die aus stabilen Demokratien kamen.

Im letzten Jahr habe sich das geändert, immer mehr Autoren treten dem Team der Deprimierten bei und diese kommen jetzt Europa: aus Ungarn, Polen, selbst aus Österreich, Holland und Frankreich. Und sogar Schriftsteller aus dem Vereinigten Königreich, wo ich lebe – plötzlich waren da immer mehr von uns, die sich um das Schicksal ihrer Länder und das der Welt Sorgen machten“, sagt Shafak.

Eigentlich hätten wir die Gelegenheit haben sollen, ein persönliches Interview mit Elif Shafak zu führen, doch leider hatte ihr Flug zwei Stunden Verspätung und daher hat es leider nicht geklappt. Ich bin mit meiner Freundin Aslihan nach Berlin geflogen, die der vermutlich weltgrößte Fan von Elif Shafak ist und die auch die ganzen wunderbaren Fotos hier aufgenommen hat.

Elif Shafak hat nach sich Abschluss ihrer Rede wahnsinnig viel Zeit für all die Menschen genommen, die sich ein (oder mehrere) ihrer Bücher signieren oder ein Foto mit ihr machen lassen wollten. Die Schlange war ewig lang, sehr sehr viele junge Türkinnen und Türken, die Elif Shafak aufs Höchste verehren.

Ein kurzer Austausch war uns möglich mit Elif Shafak und auch wenn ich vorher schon Symphatien hatte für diese unglaublich kluge und interessante Autorin, nach dieser Rede und dem kurzen Kennenlernen bin ich noch einmal mehr Fan.

In ihrem neuesten Roman „Three Daughters of Eve“ geht es um drei Frauen, die in Oxford studieren und sich anfreunden. Shirin, Mona und Peri : The sinner, the believer and the confused.

Der Roman nimmt Bezug auf die aktuelle tiefe Zerrissenheit der türkischen Gesellschaft. Wenn unterschiedliche Gruppen von der absoluten Richtigkeit ihrer Meinungen überzeugt sind, ist Konflikt unausweichlich. Religion ist auch weiterhin im Zentrum der meisten dieser Debatten. Elif Shafak erschafft in ihrem Roman die Figur von Azur, einem kontroversen Oxforder Professor, der seine Studenten ermuntert, in seinem Seminar über unterschiedliche Glaubenssysteme zu debatieren, um der Unsitte der „Malady of Certainty“ Einhalt zu gebieten. Zu seinem Seminar kann man sich nicht einfach anmelden, man wird von ihm eingeladen und ausgewählt, die philosophische Bedeutung Gottes zu diskutieren.

Neben der Protagonistin Peri, die mit einem sekulären Kemalisten als Vater und einer tiefgläubigen Mutter aufwächst und mit Bezug auf Gott eher verwirrt ist, nimmt ihre politisch aktive und gläubige Muslimin Mona und die freizügige, bisexuelle atheistische Shirin teil, eine Iranerin.

Teile des Buches spielen im heutigen Istanbul und insbesondere während der Dinnerparty gibt es wahnsinnig gute Passagen und ich kam aus dem Unterstreichen kaum heraus.

„Frankly, I don’t believe in democracy“, said an architect with a crew cut and perfectly groomed goatee… Take Singapore, success without democracy. China. Same. It’s a fast-moving world. Decisions must be implemented like lightning. Europe wastes time with petty debates while Singapore gallops ahead. Why? Because they are focused. Democracy is a loss of time and money“.

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Teile des Buches haben mir sehr gefallen, andere fand ich ein wenig zu konstruiert und für eine, die auch ein bisschen zu sehr davon überzeugt ist, zu wissen was sie glaubt, war die pausenlose Auseinandersetzung mit Religion ein bisschen viel.

Vor der Eröffnungsrede gab es im Foyer der Berliner Festspiele eine Inszenierung in der die Darstellerin Zoran Volantes im Käfig sitzend, Texte der inhaftierten Autorin Aslihan Erdogan und anderen inhaftierten oder gefährdeten türkischen Autoren vorlesend.

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Mich hat das Treffen mit Elif Shafak sehr beeindruckt und ihre Rede hat mich sehr bewegt. Wie fragil die Demokratie momentan ist, ist mir danach noch einmal mehr bewusst geworden und wie wichtig es ist, sie nicht als etwas selbstverständliches zu sehen, sondern um sie zu kämpfen und sich mit den progressiven liberalen Menschen weltweit noch viel stärker zu solidarisieren.

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Elif Shafaks TED Talk „The revolutionary power of diverse thought“:

„Three Daughters of Eve“ erschien auf deutsch unter dem Titel „Der Geruch des Paradieses“ im Kein & Aber Verlag.

Short but sweet – Damenwahl

Heute stelle ich euch in „Short but Sweet“ vier Ladies vor, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ich liebe die Vorstellung, die vier könnten gemeinsam in einer Hotelbar sitzen und sich miteinander unterhalten und trinken. Madame de Salm serviere ich ein Glas Champagner, Ms Mitford einen Gin & Tonic, Andreas Burnier vielleicht ein Heineken und Caitlin Moran bekommt einen Cider von mir. Los geht’s in chronologischer Order

Constance de Salm – 24 Stunden im Leben einer empfindsamen Frau

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Ich merke, dass ich Briefromane überaus faszinierend finde. Egal ob es ein tatsächlich stattgefundener oder ein fiktiver ist – ich lese einfach gerne Briefe und noch einmal mehr, wenn es sich um ein sprachlich so kunstfertiges und poetisches Büchlein handelt.

Der Inhalt ist schnell erzählt und wird jedem, der einmal unglücklich verliebt war oder vor Eifersucht brannte, ganz und gar bekannt vorkommen. Auch wenn es heute vielleicht keine Briefe sind, die von Dienern und Boten hin und hergeschickt werden, ist die Situation doch absolut die gleiche und wer hat nicht schon ungeduldig aufs Handy-Display gestarrt, um endlich die ersehnte Antwort zu bekommen.

Madame de xxx schreibt ihrem Geliebten, nachdem sie zu Hause angekommen ist. Er hat sich nach einem gemeinsamen Theaterbesuch flüchtig von ihr verabschiedet und ist mit einer anderen Dame verschwunden. Die Eifersucht bringt sie fast zum Durchdrehen und sie versucht alles, um Klarheit zu bekommen, selbst vor einem Einbruch in sein Haus schreckt sie nicht zurück.

Das ist komplett egal, dass die Dame vor 200 Jahren lebte, ihre Gedanken und Gefühle sind so aktuell wie eh und je und daher kann ich diesen Briefroman uneingeschränkt empfehlen. Eine Frau, die trotz ihrer verliebten, eifersüchtigen Art nie unterwürfig wird, sondern ihren Schmerz und ihre Sorge zeigt, ohne sich zu erniedrigen.

„Guten Morgen, mein Freund; da bin ich, und meine Nacht war Grauen. Dein Bild und das ihre standen allzeit vor meinen Augen. Ich sah dich, hörte dich; sprach mit dir, geliebter, grausamer Freund; und wohl zwanzigmal erwachte ich mit schweißbedeckter Stirn und in schrecklicher Beklommenheit, ich wollte, ich könnte sie für dich malen. Soll ich es versuchen? Ich weiß nicht: Wir Frauen haben doch in unserer Seele unendlich viele Empfindungen, die auch der zärtlichste Geliebte kaum verstehen kann: für ihn gleichen sie einem Delirium; aber wäre selbst dieses Delirium der eigentliche Fehler der Liebe, ist es doch gleichwohl etwas Heiliges.“

Constance Marie zu Salm-Reifferscheidt-Dyck (1767 – 1845) war eine französische Dichterin und Schriftstellerin. Sie genoss eine für Frauen ihrer Zeit exzellente Ausbildung und und leitete einen angesehenen literarischen Salon, in dem u. a. Alexander von Humboldt, Stendhal und Alexandre Dumas verkehrten. “ 24 Stunden im Leben einer empfindsamen Frau “ war ihr einziger Roman und zugleich größter Erfolg ansonsten schrieb sie noch die Tragödie Sappho. Sie engagierte sich leidenschaftlich für die Emanzipation der Frau und wurde erstes weibliches Mitglied in einer der Pariser Akademien.

Mich hat der Roman an Marcelle Sauvageots „Ganz die Deine“ erinnert, die Rezension findet ihr hier. Da sind schon Parallelen, oder ?

Hier findet ihr bei Sätze und Schätze eine weitere Rezension.

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Nancy Mitford – The Pursuit of Love

Was für eine Familie! Die Oktober-Lektüre unseres Bookclubs hat uns einen sehr unterhaltsamen Roman präsentiert, über den wir wunderbar diskutieren konnten und der ausnahmslos jedem in unserer Runde gefallen hat. Eine Satire auf die  „NOCD“ (Not our class dear)-Flausen, die englische Upper Class und Familienmitglieder, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Britsh Humour at its best. Habe selten so häufig gekichert beim Lesen, seitenweise Sätze unterstrichen und mich einfach bestens amüsiert. Mitford schafft es ,in ihrer nahezu-Biografie selbst tragische Momente humorvoll zu verpacken. Viel interessanter jedoch als der Roman (der durchaus interessant ist) ist die Familie Mitford an sich.

“Always either on a peak of happiness or drowning in black waters of despair they loved or they loathed, they lived in a world of superlatives”

“My dear Lady Kroesig, I have only read one book in my life, and that is ‘White Fang.’ It’s so frightfully good I’ve never bothered to read another.” 

“Linda’s presentation of the ‚facts‘ had been so gruesome that the children left Alconleigh howling dismally, their nerves permanently impaired, their future chances of a sane and happy sex life much reduced.” 

Wir fragten uns, ob sie das damalige Äquivalent zu den heutigen Kardashians waren in deutlich intellektueller, aber vermutlich ist, wenn überhaupt ein Vergleich zur Familie Mann passender. Nancy Mitford war die älteste von 6 Schwestern und einem Bruder und fast jeder aus dieser Familie ist nahezu einen eigenen Roman wert. Besondere Aufmerksamkeit finden dabei Unity. Sie wurde 1914 geboren und von ihren Eltern zu Ehren des beendeten 1. Weltkriegs so optimistisch benannt. Sie verfällt noch in England in jüngsten Jahren dem Nationalsozialismus und reist mit gerade einmal 18 Jahren nach München, in der Hoffnung auf ihr Idol Hitler zu treffen. Sie schafft das sogar sehr schnell, die beiden freunden sich an, sie verfällt ihm ziemlich und schießt sich aus Kummer aufgrund der Kriegserklärung an England im englischen Garten eine Kugel in den Kopf – mit einer Pistole, die Hitler ihr geschenkt hatte. Aufgrund des kleinen Kalibers überlebt sie allerdings, geht zurück nach England und verstirbt nur wenige Jahre später an den Spätfolgen des Schusses. Peng.

Eine weitere Schwester, Diana, heiratet einen englischen Faschisten-Führer, Jessica wird Kommunistin, Nancy und Deborah wurden bekannte Schriftstellerinnen, einzig Pamela schien ein relativ aufsehensfreies Leben zu führen. Der Bruder, Tom, stirbt 1945 in Burma.

Ich kann die Lektüre von Nancy Mitfords Büchern nur empfehlen. Vor einer Weile las ich „Wigs on the Green“ ebenfalls richtig gut und es gibt eine sehr interessante Biografie von Susanne Kippenberger über die Familie, die ich unbedingt noch einmal lesen möchte.

Eine Bookclub-Freundin fand noch diese beiden interessanten Dokumentationen einmal über Unity,  https://youtu.be/Z9kBH47Ohlg sowie ein Interview mit der jüngsten Mitford Tochter Deborah. https://youtu.be/25IO32AxGq4

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Andreas Burnier – Knabenzeit

Bin gar nicht sicher, ob Andreas Burnier eigentlich glücklich wäre, hier als Frau genannt zu werden, geboren wurde sie als Catharina Irma Dessaur, sie nahm das Pseudonym Andreas Burnier an und wurde unter diesem Namen in den Niederlanden auch recht bekannt. Pünktlich zum Buchmessen-Schwerpunkt habe ich das kurze nur 112 Seiten lange Büchlein von Birgit von Sätze und Schätze erhalten und habe am gleichen Abend noch begonnen es zu lesen.

Der Titel „Knabenzeit“ bezieht sich auf die getrennten Schwimmzeiten für Mädchen und Jungen in öffentlichen Schwimmbädern. Die Protagonistin Simone musste sich mit 9 Jahren als Kind jüdischer Eltern verstecken. Die Geschichte wird chronologisch rückwärts erzählt und wir erleben Simone an den verschiedenen Stationen an denen sie für eine Weile unterkommen konnte. Das Mädchen ist häufig isoliert, ängstlich und alleine und beschäftigt sich neben den großen Themen wie Krieg, Verfolgung, Sorge um die Eltern auch noch mit ihrer eigenen Transsexualität/Homosexualität. Immer wieder werden ihr die Unterschiede und Ungerechtigkeiten zwischen Jungen und Mädchen / Männern und Frauen bewusst.

Die Sprache ist karg und realistisch, ich hatte das Gefühl als würde sich Burnier an ein jugendliches Publikum wenden. Eine dunkle melancholische Geschichte, deren stellenweiser Sarkasmus vielleicht nicht für jeden etwas ist.

  „Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, gleich als Junge zur Welt zu kommen. Man würde sich nicht darüber wundern. Es wäre selbstverständlich, daß mit dem Körper alles in Ordnung war. Daß man Fußball spielen konnte, abends durch die Stadt gehen und Mädchen ansprechen, schwimmen, wenn Knabenzeit war. Einen Beruf wählen und in diesem Beruf weiter arbeiten, wenn man heiratete und Kinder bekam. Daß man keine öden Sachen zu tun brauchte wie Handarbeiten oder Tischdecken. Daß man zu den Menschen gehörte, die im Leben etwas leisteten: Soldaten, Wissenschaftler, Minister, Entdeckungsreisende , Ingenieure, Direktoren, und nicht zu der unbedarften Hälfte, die, ob arm oder reich, die gleiche Hausarbeit verrichten mußte. Zu denen, die selbst kein Geld verdienten und sich wie Pfauen aufputzen mußten, um der anderen Hälfte zu gefallen.“

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Caitlin Moran – How to be a Woman

Witzig wie Nancy Mitford, aber deutlich unterschiedlichen Klassen angehörig. Auch Moran kommt aus einem Haushalt mit einer unüberschaubaren Anzahl an Geschwistern, aber statt in einem Schloss wohnen sie in einem Sozialbau und auch sonst gibt es im Alltag von Nancy und Caitlin vermutlich wenig überschneidende Elemente.

Mich hat an dem Buch etwas irritiert, dass es sich als feministisches Buch präsentierte „Feminism–now with jokes!“ tatsächlich ist es ist aber eigentlich vielmehr eine Biografie und man erfährt eine Menge über Caitlin Moran. Was gar nicht so schlimm ist, wenn man weiß, worauf man sich einläßt. Ich kenne Caitlin Moran aus meiner Zeit in London in den späten 90ern /Anfang 2000 und ich glaube, je besser man sie kennt, oder selbst in den 90ern in Großbritannien aufgewachsen ist, desto eher kann man mit ihrer Biografie etwas anfangen, denke ich. Sie ist unglaublich witzig und stellenweise fremdschämend ehrlich. Es geht ihr weniger um theoretische Implikationen des Feminismus, sondern sie schaut dem Feminismus knallhart unter den Rock und ins Gesicht.

Sie berichtet von ihrer Teenagerzeit, ihrem Übergewicht, stört sich an Haaren die an den immer falschen Stellen wachsen und im späteren Teil des Buches mit dem Verlieben, Kinderkriegen, Abtreibungen und warum es auch für Feministinnen vollkommen in Ordnung ist, sich eine Putzfrau zu engagieren.

“It’s difficult to see the glass ceiling because it’s made of glass. Virtually invisible. What we need is for more birds to fly above it and shit all over it, so we can see it properly.” 

Viele interessante Gedanken in dem Buch, die es für mich insgesamt zu einer witzigen und interessanten Lektüre machten, würde es aber wohl in meinem Bekanntenkreis eher British Natives empfehlen.
“No one has ever claimed for a moment that childless men have missed out on a vital aspect of their existence, and were the poorer, and crippled by it. Da Vinci, Van Gough, Newton, Faraday, Plato, Aquinas, Beethoven, Handel, Kant, Hume, Jesus. They all seem to have managed childlessness quite well.”

Sehr cool fand ich ihren Test mit dem man herausfinden kann, ob man eine Feministin ist: “Put your hand in your underpants. a. Do you have a vagina? and b. Do you want to be in charge of it? If you said ‚yes‘ to both, then congratulations! You’re a feminist“

Und eine Erklärung dafür, was Feminismus eigentlich bedeutet hat sie auch: “What is feminism? Simply the belief that women should be as free as men, however nuts, dim, deluded, badly dressed, fat, receding, lazy and smug they might be. Are you a feminist? Hahaha. Of course you are.” 

Konnte ich Euch jetzt auf eines der Bücher Lust machen ? Mit welcher Autorin würdet ihr am ehesten was trinken gehen?

Constance de Salm – „24 Stunden im Leben einer empfindsamen Frau“ erschienen im Hoffmann & Campe Verlag
Nancy Mitford – „Englische Liebschaften“ erschienen im Ullstein Verlag
Andreas Burnier – „Knabenzeit“ erschienen im Wagenbach Verlag
Caitlin Moran – „How to be a Woman: Wie ich lernte eine Frau zu sein“ erschienen im Ullstein Verlag