The English Riviera by the Book

Als großer Fan von Agatha Christie, Literatur im Allgemeinen und atemberaubenden Landschaften war ich ganz besonders gespannt auf diese Ecke Großbritanniens. Schon die Anreise nach Devon war ein Highlight für sich. Mit dem Zug fuhren wir entlang der Küste, wobei die Gleise stellenweise so nah am Meer verliefen, dass man den Strandspaziergängern fast die Hand geben konnte. Die Aussicht aus dem Fenster war atemberaubend – so eine Zugfahrt hatten wir tatsächlich noch nie erlebt!

Torquay selbst ist zwar ein Ort, der seine besten Tage hinter sich hat. Einst ein elegantes Seebad, wo die Londoner ihre Sommer verbrachten, hat sich das Bild seit den 80er und 90er Jahren stark gewandelt. Heute ist Torquay eher ein Ziel für englische Touristen, die auf der Suche nach günstigen Partys sind. Stag- und Hen-Night-Tourismus prägen das Stadtbild, was leider viel vom alten Charme der Stadt überdeckt. Dennoch gibt es in Torquay viel zu entdecken, besonders für Fans von Agatha Christie. Wir haben uns die paar Tage in unserer kleinen Ferienwohnung sehr wohl gefühlt und die Landschaft um den Ort herum hat alles wett gemacht.

Agatha Christie wurde 1890 in Torquay geboren als Agatha Mary Clarissa Miller. Sie ist nach wie vor ist eine der bekanntesten und meistgelesenen Autorinnen der Kriminalliteratur weltweit. Sie wurde in eine wohlhabende und behütete Familie hineingeboren. Ihre Kindheit in Torquay war geprägt von einer engen Beziehung zu ihrer Mutter, Clara Miller. Clara spielte eine entscheidende Rolle in Agathas Leben und Entwicklung. Sie förderte die Vorstellungskraft ihrer Tochter und erzählte ihr oft fantasievolle Geschichten, was Agathas Kreativität anregte und sie dazu inspirierte, selbst Geschichten zu schreiben. Clara glaubte fest daran, dass Kinder nicht zu früh lesen lernen sollten, und ließ Agatha deshalb weitgehend ohne formelle Ausbildung aufwachsen, was ihr reichlich Zeit zum Spielen und Träumen ließ.

Die enge Bindung zu ihrer Mutter zeigte sich auch später im Leben. Nach dem Tod von Agathas Vater übernahm Clara die Rolle der Hauptverantwortlichen und Unterstützerin in der Familie. Diese starke Mutter-Tochter-Bindung war eine Quelle der Stabilität und Ermutigung für Agatha, insbesondere während der schwierigen Phasen ihres Lebens und ihrer Karriere.

Agathas frühe Jahre waren geprägt von vielen Reisen, darunter längere Aufenthalte in Frankreich, wo sie eine Internatsschule besuchte. Diese Erfahrungen machten sie früh zu einer Kosmopolitin und fanden später ihren Weg in viele ihrer Romane.

Christie begann ihre schriftstellerische Karriere während des Ersten Weltkriegs, als sie in einem Krankenhaus und einer Apotheke arbeitete, was ihr umfangreiches Wissen über Gifte vermittelte – ein wiederkehrendes Thema in ihren Romanen. Ihr erster Roman, „Das fehlende Glied in der Kette“ (The Mysterious Affair at Styles), erschien 1920 und führte den legendären Detektiv Hercule Poirot ein.

Sie schrieb insgesamt 66 Kriminalromane und 14 Kurzgeschichtensammlungen. Darüber hinaus verfasste sie 6 Romane unter dem Pseudonym Mary Westmacott. Ihre bekanntesten Figuren sind Hercule Poirot und Miss Marple, die wir überraschend händchenhaltend in Torquay trafen!

Gleich am ersten Morgen ging es auf zu unserer vorab gebuchten privaten Agatha Christie Tour durch Torquay. Unsere Tour begann am Grand Hotel, wo Agatha Christie 1914 ihre Flitterwochen verbrachte. Weiter ging es zur Torre Abbey, einem historischen Gebäude, das im 1. Weltkrieg zur Unterbringung belgischer Kriegsgefangener genutzt wurde und ihr dort die Idee zur Figur des Hercule Poirot kam. Besonders beeindruckend ist der langgestreckte Princess Pier, wo die junge Agatha oft spazieren ging oder mit ihren Freundinnen Rollschuh fuhr und die vornehmen Bad-Besucher*innen nervte 😉 Meadfoot Beach war ein weiterer wichtiger Ort in ihrem Leben, ein Strand an dem sie regelmässig schwimmen ging, während ihr Vater im Segelclub oberhalb des Strandes saß, einen kleinen Cocktail trank oder zwei und dabei von oben auf Agatha beim Schwimmen „aufpasste“. Anfangs ging Agatha noch mittels einer „Bathing Machine“ ins Wasser; sie war eine immens sportliche Frau und es gibt tolle Bilder von ihr die sie zB beim Surfen zeigen. Sie war insgesamt eine sehr mutige, unkonventionelle wenn auch teilweise ziemlich konservative Frau – wer mehr über sie erfahren möchte, dem würde ich auf jeden Fall die Biografie von Barbara Sichtermann ans Herz legen.

Torquay und die umliegende Region haben nicht nur Agatha Christie inspiriert. Viele andere große Autoren haben hier Zeit verbracht und ihre Spuren hinterlassen. Mary Shelley, die Autorin von „Frankenstein“, verbrachte einige Zeit in Torquay, ebenso wie James Joyce, der berühmte irische Schriftsteller. Elisabeth Barrett-Browning erholte sich in der milden Seeluft von Torquay, und Oscar Wilde fand hier Inspiration für einige seiner Werke. Die Englische Riviera war und ist ein Magnet für kreative Köpfe.

Einer der Höhepunkte unserer Reise war die Wanderung entlang des South West Coast Path von Torquay nach Babbacombe. Die Strecke bot uns einige der schönsten Ausblicke, die wir je gesehen haben. Die steilen Klippen und das tiefblaue Meer erinnerten uns an die Küstenlandschaften Griechenlands. Während unserer Wanderung konnten wir auch einige Manöver der jährlich in Paignton stattfindenden Flugshow sehen. Die Flugakrobatik über unseren Köpfen war ziemlich spektakulär und wir haben so manches Mal die Luft angehalten. Unsere Fotos sind leider nix geworden, bei Interesse kann man mal hier vorbeiklicken.

Von Torquay aus unternahmen wir einen Tagesausflug nach Dartmouth, einem putzigen kleinen Ort, bei dem ich permanent das Gefühl hatte, gleich kommen die 5 Freunde samt Timmy um die Ecke. Die Anreise mit dem Dampfzug war phänomenal! Ich liebe Züge und Dampfzüge noch mal mehr. Ich fühlte mich wie Agatha Christie im Orientexpress, es war der perfekte nostalgische Rahmen für unseren Devon Trip.

Nicht weit von Dartmouth entfernt liegt Greenway, Agatha Christies Sommerresidenz. Leider konnten wir die Villa nicht besichtigen, die Anreise geht nur per Boot und Fußweg und es war uns alles doch einen Hauch zu aufwendig, so dass ich hier nur ein Wikipedia-Bild zeigen kann und zur Webseite von Greenway verlinke. Angeschaut hätte ich mir das natürlich schon sehr gerne.

Den Tag ließen wir in einer kleinen italienischen Bar am Hafen ausklingen. Bei einem Glas Wein und mit Blick auf die anmutigen Segelboote war es leicht zu verstehen, warum dieser Ort so viele Schriftsteller inspiriert hat.

Die Englische Riviera/Devon ist ein Reiseziel, das ich wärmstens empfehlen kann – man sollten in jedem Fall ein Stück des South West Coast Path’s gehen – das war einer unserer absoluten Highlights im Urlaub. Die literarische Reiselektüre liegt hier klar auf der Hand denke ich 😉

Der nächste Stop ist dann Cornwall und ich hoffe, ihr habt weiterhin Lust dabei zu sein?

Dezember by the Book

Ich muss mein Lesen ändern. Pünktlich zur Weihnachtszeit habe ich mich nicht an Plätzchen, Lebkuchen oder Weihnachtsstollen überfressen sondern an spooky cozy Gothic Literatur. Habe davon in den letzten Monaten einfach ein bißchen viel gelesen. Die waren alle ganz gut, ich habe sie auch gern gelesen, aber jetzt ist einfach dieses leicht üble Gefühl da, wenn man einfach zu viel Junk Food hatte und ich brauche jetzt erst mal wieder was literarisch gesundes in den nächsten Wochen 😉

Aber ich will auch nicht zu streng sein mit mir. Die letzten Wochen waren wirklich fordernd für mich, vielleicht ist das dann der Ausgleich gewesen, dass es mich eher zu wohliger Wohlfühl-Grusel-Lektüre zog. Am Januar wird alles anders, da wird nur literarisch hochwertiges gelesen – ich schwör!

Ich hoffe, ich kann euch dennoch Lust auf das eine oder andere Buch machen und ich habe euch mit meinem Intro nicht gleich alle vertrieben 😉

Marple – inspiriert von Agatha Christie, neu erzählt von 12 Autorinnen erschienen bei Harper Collins, bislang noch nicht ins deutsche übersetzt

Wie bei wahrscheinlich fast jeder Compilation haben mir hier nicht alle Geschichten gleich gut gefallen, aber ich habe die Geschichten insgesamt alle sehr gerne gelesen. Naomi Alderman, Leigh Bardugo, Alyssa Cole, Lucy Foley, Elly Griffiths, Natalie Hayes, Jean Kwok, Val McDermid, Karen M. McManus, Dreda Say Mitchell, Kate Mosse und Ruth Ware hauchen der wohl berühmtesten Detektivin der Welt frischen Wind ein und lassen Miss Marple in gleich mehreren Geschichten um die Welt düsen. Miss Marple ermittelt außerhalb ihres Heimatdörfchens St. Mary Mead auch in der Karibik, in New York, in Hong Kong, London und an der Amalfi Küste. Die Dame kommt rum. Sie hat auch deutlich moderne Ansichten was ich als erfrischend empfand.

Jede Autorin und jeder Autor stellt Agatha Christies Marple aus ihrer ganz eigenen Perspektive dar und bleibt dabei den Merkmalen des Cozy Crime treu.

“Ah, my dear,” Aunt Jane smiles kindly, “the problem with that, you see, is that no one is ever the murdering sort until they are.”

Miss Marple wurde den Lesern zum ersten Mal in einer Geschichte vorgestellt, die Christie 1927 für das Royal Magazine schrieb, und hatte ihren ersten Auftritt in einem kompletten Roman in „The Murder at the Vicarage“ von 1930. Es ist 45 Jahre her, dass Agatha Christies letzter Marple-Roman, „Sleeping Murder“, 1976 posthum veröffentlicht wurde, zum Glück haben die zwölf Autorinnen alles dafür getan uns daran zu erinnern warum Jane Marple die berühmteste Detektivin aller Zeiten bleiben wird.

This House is haunted – John Boyne auf deutsch unter dem Titel „Haus der Geister“ im Piper Verlag erschienen, übersetzt von Sonja Finck

England 1867. Die junge Eliza Caine reist in die Grafschaft Norfolk, um eine Stellung als Gouvernante anzutreten. Als sie an einem nebeligen Novemberabend müde und durchgefroren die Empfangshalle von Gaudlin Hall betritt, wird sie von ihren beiden Schützlingen Isabella und Eustace begrüßt. Überrascht stellt Eliza fest, dass die beiden offenbar allein in dem viktorianischen Anwesen leben. Von den Eltern und anderen Angestellten fehlt jede Spur. Da sie die Kinder unmöglich ihrem Schicksal überlassen kann, bleibt sie – und stellt schon bald fest, dass sie doch nicht allein sind …

Before we learn to feel afraid of things, our bodies know how to do them anyway. It’s one of the more disappointing aspects of growing older. We fear more so we can do less.

So richtig warm geworden bin ich nicht mit dem Buch. Es war alles ein bißchen zu vorhersehbar aber vielleicht hat er ja auch eine Persiflage auf den Gothic Roman schreiben wollen und ich habe das nur nicht gemerkt? Falls das der Fall ist und einige Menschen auf Goodreads glauben das durchaus, dann hat das Jane Austen mit „Northanger Abbey“ etwas besser gemacht. Das ist ordentliche Unterhaltung, kann man gut lesen – aber schlaflose Nächte macht es nicht.

The Dark is rising – Susan Cooper auf deutsch unter dem Titel „Wintersonnenwende“ im CBT Verlag, übersetzt von Annemarie Böll

Habe ich nicht gelesen, sondern bei der BBC als Audio Drama gehört (gesprochen von Robert Mcfarlane unter anderem) – das war ein sehr großes Vergnügen und ich schicke noch mal einen lieben Dank an die liebe Bookclub Freundin die mich darauf aufmerksam machte. Die Fantasy Reihe die aus fünf Bänden besteht, kennt in UK jedes Kind – ob das hier in Deutschland auch der Fall ist weiß ich gar nicht. Auf TikTok ist es auf jeden Fall seit einer Weile Trend das Buch jedes Jahr am 20. Dezember (dem Tag vor Wills 11. Geburtstag) zu lesen, zwölf Tage lang jeweils ein Kapitel. Ein sehr schönes Ritual und das Buch ist perfekt dafür. Es spielt genau zu dieser Zeit, es gibt jede Menge Schnee, Weihnachten ist vor der Tür und die Geschichte selbst nimmt einen innerhalb kürzester Zeit gefangen.

In Cornwall, wo die Mythen um König Artus wurzeln, schrecken die Kräfte der Finsternis vor nichts zurück, um die Mächte des Lichts für immer zu besiegen. Gemeinsam mit den Mächten des Lichts und ihren Gefährten Will und Bran nehmen die Geschwister Jane, Barney und Simon den Kampf gegen das Böse auf.

“The strange white world lay stroked by silence. No birds sang. The garden was no longer there, in this forested land. Nor were the out-buildings nor the old crumbling walls. There lay only a narrow clearing round the house now, hummocked with unbroken snowdrifts, before the trees began, with a narrow path leading away.”

Will Stanton erfährt an seinem elften Geburtstag, dass er zu den Uralten gehört. Als Letzter einer langen Reihe von Auserwählten muss er den entscheidenden Kampf gegen das Böse ausfechten. Ohne zu zögern stellt er sich dieser Aufgabe. In der entscheidenden Nacht, während eines Schneesturms, holen die Mächte der Dunkelheit zu ihrem finsteren Schlag aus …

Große Leseempfehlung oder hört euch das an – das geht sicherlich auch jetzt gleich Anfang des Jahres noch gut, wenn alles noch ruhiger und gelassener ist als später im Jahr. Oder ihr wartet eben auch auf den 20. Dezember.

The Haunting Season – Ghostly Tales for long Winter Nights auf deutsch unter dem Titel „Schaurige Nächte“ im Dumont Verlag erschienen, übersetzt von Werner Löcher-Lawrence

Lange bevor Charles Dickens und Henry James die Tradition des übernatürlichen Horrors populär machten, waren die dunklen Winternächte eine Zeit, in der sich die Menschen bei flackerndem Kerzenlicht versammelten und sich voller Nervenkitzel gruselige Geschichte erzählten.

Acht Autor*innen erfinden diese Tradition neu und nehmen uns mit in frostige Sümpfe, dunkle Häuser, auf tief verschneite Anwesen oder auf einen Londoner Weihnachtsmarkt – das Gruselige ist immer und überall. Bridget Collins, Imogen Hermes Gowar, Natasha Pulley, Jess Kidd, Laura Purcell, Andrew Michael Hurley, Kiran Millwood Hargrave und Elizabeth Macneal sind mit jeweils einer Geschichte vertreten. Am besten hat mir „The Chillingham Chair“ von Laura Purcell gefallen.

Fires blazed merrily in every hearth. Delicious scents of cinnamon and roast meat drifted up from the kitchen, and all the windows were laced with frost. It seemed impossible to believe that this house, this very chair, had appeared so menacing by night.

Die Spukgeschichten in der Sammlung haben mir gut gefallen. Die Atmosphäre ist wunderbar wohlig gruselig, am besten liest man die am Kaminfeuer und Kerzenlicht in einem alten Gebäude in dem es immer an der richtigen Stelle zu knacken und zu knarzen beginnt. Kann ich absolut empfehlen, die Geschichten sind auch wunderbar zum Vorlesen geeignet und was gibt es Schöneres als vorzulesen oder vorgelesen zu bekommen?

The Animals at Lockwood Manor – Jane Healey auf deutsch erschienen unter dem Titel „Die stummen Wächter von Lockwood Manor“ im Hanser Verlag, übersetzt von Susanne Keller

Hetty Cartwright muss eine Sammlung des Londoner Natural History Museum vor dem heraufziehenden Krieg in Sicherheit bringen – ins verfallene Herrenhaus Lockwood Manor. Doch das Haus wirkt auf Hetty wie verflucht: Ihre geliebten Exponate, der ausgestopfte Panther, die Kolibris und der Eisbär, verschwinden, werden zerstört und scheinen nachts umherzuwandern. Zusammen mit der Tochter des tyrannischen Hausherrn, Lucy Lockwood, versucht Hetty, die nächtlichen Geschehnisse zu ergründen, und bringt ein tragisches Geheimnis ans Licht. Eine fesselnde und betörende Geschichte über eine große Liebe und den Wahnsinn einer Familie, ihre lang vergrabenen Geheimnisse und versteckten Sehnsüchte.

Perhaps I could be like some desert plant, and these months together could be the rarest of summer rainstorms, could be all the water I would ever need to survive, to live on—but I knew that could not be true, for I was a creature of flesh and blood.

Hatte mich sehr auf das Buch gefreut. Ein großes Herrenhaus in dem es vielleicht spukt, dunkle Geheimnisse und eine queere Liebesgeschichte, das klang so perfekt – aber leider ging es mir hier wie mit dem Buch von John Boyne – ich wurde einfach nicht richtig warm mit der Geschichte. Das war mir alles viel zu an den Haaren herbeigezogen, die Stimmen der Protagonistinnen waren sich für meinen Geschmack zu ähnlich und mir gingen die ausgestopften Tiere auf die Nerven.

Muss man nicht lesen – das schnulzige Cover hätte mir eine Warnung sein sollen.

The Mistletoe Murder and other stories – P. D. James auf deutsch unter dem Titel „Der Mistelzweig-Mord: Weihnachtliche Kriminalgeschichten“ im Droemer Knaur Verlag erschienen

Mit PD James kann man ja nicht viel falsch machen. In diesem hübschen Bändchen finden wir vier bisher unveröffentlichte Kurzgeschichten, die alle mehr oder weniger mit Weihnachten zu tun haben und perfekte kleine Krimihappen sind, die man wunderbar unterm Weihnachtsbaum lesen kann.

Der Mistelzweig-Mord«, die titelgebende Story, handelt von einer Weihnachtsfeier im Landhaus, die unter keinem guten Stern steht. In »A Very Commonplace Murder« geht es um eine illegale Affäre, die mit Mord endet und »The Boxdale Inheritance« und »The Twelve Clues of Christmas« sind neue Fälle für P. D. Jamesʼ Kult-Ermittler Commander Adam Dalgliesh, der längst in die Krimi-Literaturgeschichte eingegangen ist.

Bereavement is like a serious illness. One dies or one survives, and the medicine is time, not a change of scene.

Diese vier Weihnachts-Krimis zeigen das ganze Können der englischen Bestseller-Autorin P. D. James, von ihrem eleganten Stil über ihre Akribie bis zum unbestechlichen Blick hinter alle Fassaden

Wo die Wölfe sind – Charlotte McConaghy erschienen im S. Fischer Verlag, übersetzt von Tanja Handels

Juhuuuu – endlich mal kein Grusel, keine Herrenhäuser, keine Dienstboten! Hier geht es um Wölfe die in Schottland wieder ausgewildert werden sollen. „Wo die Wölfe sind“ von Charlotte McConaghy dreht sich um die Inti Flynn, eine Biologin, die sich für die Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands einsetzt. In der Geschichte geht es um die Beziehungen zwischen Mensch und Tier, Umweltschutz und die Folgen unseres Handelns für die Natur. Bei der Bewältigung ihrer anspruchsvollen Mission muss Inti auch mit persönlichen Dämonen fertig werden und sich mit der Komplexität der menschlichen Natur auseinandersetzen.

Der Roman ist sehr vielschichtig. Da sind zum einen die Herausforderungen der Gegenwart, denen sich Inti bei ihrer Arbeit mit den Wölfen stellen muss, und der Versuch, die Menschen in der Gegend, die Ackerbau und Viehzucht betreiben und Angst vor den Wölfen haben, davon zu überzeugen, dass die Wiederansiedlung eine gute Sache ist. Sie kümmert sich auch um ihre Zwillingsschwester, die ein Trauma erlitten hat.

Wir erhalten einen Einblick in die Vergangenheit der Schwestern, in der sie abwechselnd bei ihrer pragmatischen Mutter, einer Polizeidetektivin in Australien, und ihrem Vater, einem ehemaligen Holzfäller, einem Einsiedler, einem „fast verrückten“ Umweltschützer in Kanada, lebten.

“My father used to say the world turned wrong when we started separating ourselves from the wild, when we stopped being one with the rest of nature, and sat apart.”

Die Stärke des Romans ist für mich der Schreibstil, die klaren und schönen Beschreibungen der Wölfe, der Natur. Ich habe jede Menge Sätze rausgeschrieben, die ich großartig fand. Mein vielleicht einziger Kritikpunkt ist, dass ich erhofft hatte noch mehr über Wölfe zu erfahren. Vielleicht muß ich mir dafür mal ein Sachbuch besorgen, auf jeden Fall hat die Autorin mir diese Tiere immens nahe gebracht.

Charlotte McConaghy ist eine sehr talentierte Autorin und ich freue mich schon sehr darauf demnächst „Migrations“ zu lesen

Bellman & Black – Diane Setterfield auf deutsch erschienen im Karl Blessing Verlag unter dem Titel „Aufstieg und Fall des Wollspinners William Bellman“ übersetzt von Anke und Eberhard Kreutzner

Dark, atmospheric … utterly riveting sagt die Daily Mail und ich frage mich, ob ich eventuell ein anderes Buch gelesen habe. Ich fand Bellman & Black einfach nur sterbenslangweilig. Ich habe gelesen und gelesen und mich permanent gefragt wann jetzt mal irgendwas Bemerkenswertes passiert und dann war das Buch fertig. Vielleicht hätte der deutsche Titel mir eine Warnung sein können, hätte ich ihn vorher gewußt, denn nach der Lektüre weiß ich jetzt soviel mehr über das Wollspinnen als ich jemals wissen wollte und die großzügigen drei Sterne die ich vergeben habe auf Goodreads liegen einzig an ein paar schön geschriebenen Szenen.

“He felt something move in his chest, as though an organ had been removed and something unfamiliar left in its place. A sentiment he had never suspected the existence of bloomed in him. It traveled from his chest along his veins to every limb. It swelled in his head, muffled his ears, stilled his voice, and collected in his feet and fingers. Having no language for it, he remained silent, but felt it root, become permanent.”

William Bellman tötet als Kind eine Krähe, um seinen drei besten Freunden zu beweisen, wie gut er mit der Steinschleuder umgehen kann. Am Abend nach der Tat glaubt er, unter dem Baum, auf dem die Krähe saß, einen schwarz gekleideten Jungen zu sehen. Zunächst scheint dies kein schlechtes Omen zu sein: Als Jugendlicher beginnt William in der Wollspinnerei seines Großvaters zu arbeiten, sein Onkel ernennt ihn bald zum Teilhaber, und als die beiden plötzlich sterben, übernimmt William die Spinnerei und macht daraus ein Erfolgsunternehmen. Doch dann häufen sich die mysteriösen Todesfälle in seiner Umgebung, seine Frau und seine Kinder erkranken schwer. Und William begegnet immer wieder einer dunklen Gestalt, die ihm schließlich einen verhängnisvollen Pakt anbietet, um seine Existenz und sein Glück zu retten …

Habe hier noch „The Thirteenth Tale“ von der Autorin liegen, werde ich so schnell nicht lesen – laut der Kritiken soll es aber deutlich besser sein.

Ich hoffe euch ist mein Schauer-Grusel-Krimi-Marathon nicht auch auf den Magen geschlagen. Konnte ich euch für das eine oder andere Buch interessieren? Welche kanntet ihr, zu welchen hattet ihr ggf ganz andere Meinungen als ich?

Ich freue mich auf das neue Lesejahr mit euch und verspreche – es wird auch wieder etwas gehaltvoller.

Meine Woche

Gesehen: Emily (2022) von Frances O’Connor mit Emma Mackey, Alexandra Dowling, Gemma Jones und Fionn Whitehead. Wunderschöne Verfilmung des viel zu kurzen Leben von Emily Brontë. Noch nie einen Film gesehen in dem es so viel regnet.

A Haunting in Venice (2023) von und mit Kenneth Brannagh mit Tina Fey, Michelle Yeoh und Jamie Dornan. Man möchte sofort wieder nach Venedig reisen, bin aber nicht sicher, ob ich dann auch in einem Palazzo wohnen möchte. Stylish.

Braveheart (1995) von und mit Mel Gibson, Catherine McCormack und Sophie Marceau. Historisch nicht sehr akkurat, aber ein Film den man sich vor Ort gut mal wieder anschauen konnte.

Sex Education Season 4 (2023) von Laurie Nunn mit Asa Butterfield, Emma Mackey, Gillian Anderson und Ncuti Gatwa. Finale season und ich werde die Charaktere sicherlich vermissen, aber glaube es war die richtige Entscheidung der Serie nach 4 Staffeln ein würdiges Ende zu geben.

Gehört: Satanic Suicide Death Cult – Lesbian Bed Death, Flick it up and catch it – Jim Sutherland, Hug Air a‘ Bhonaid Mhoir – Julie Fowlis

Gelesen: How Agatha Christie created the modern murder mystery.

Getan: ca 225 km durch die Highlands gewandert, Edinburgh – Perth – Inverness und Portree besucht, viel Bus und Zug gefahren, Castles besichtigt, Pubs besucht, im Kino gewesen und nach der Rückkehr mit lieben Freund*innen gegessen und gewählt.

Gefreut: über einen der allerschönsten Urlaube ever

Getrauert: um Dumbledore

Gegessen: Scones, Fish & Chips, Haggis, Porridge und ne Menge Salt & Vinegar Crisps

Getrunken: Whisky und IPAs

Gelernt: über die Highland Clearances und wie sehr diese noch heute in Schottland im Alltag zu spüre sind

Geklickt: auf die schönsten Buchläden Schottlands

Gestaunt: über den Kronleuchter den wir mitten in den Highlands gefunden haben

Gelacht: Rudeness – someone who keeps talking while your are trying to interrupt.

Gewünscht: diesen Whisky, diesen Pullover und diese Jacke

Geplant: mein altes Job Rad verkaufen

Gefunden: siehe Gestaunt

Gekauft: diesen Whisky, Bücher, Schal und Wollmütze

Gedacht: “Today’s rain is tomorrow’s whisky“

Meine Woche

Gesehen: Crimes of the Future (2022) von David Cronenberg mit Kristen Stewart, Léa Seydoux und Viggo Mortensen. Dystopischer Body Horror und die Bingereader-Gattin wird nie darüber hinwegkommen, dass KStew nur wenige Blocks entfernt in einem anderen Kino zur Premiere war und wir das zu spät mitbekommen haben.

The Last Duel (2021) von Ridley Scott mit Jodie Comer, Matt Damon und Adam Driver. Eine wahre Geschichte um Verrat, Rache und Rivalität im brutalen Frankreich des 14. Jahrhunderts.

Nightmare Alley (2021) von Guillermo del Toro mit Cate Blanchett, Rooney Mara und Bradley Cooper. Tolle Bilder, wirkte wie eine Fortsetzung von Carol nur mit deutlich zu wenig screen time für die beiden Damen.

Death on the Nile (2022) von Kenneth Branagh mit Gal Gadot, Emma Mackay, Arnie Hammer, Annette Bening. Schöne Bilder, ganz unterhaltsam aber kein wirklich guter Film.

Moonfall (2022) von Roland Emmerich mit Hale Berry und Patrick Wilson. Der Mond ist eine super structure und das Drehbuch hier hätte auch etwas Struktur gebraucht. Wow war der schlecht.

Gehört: Crimes of the Future Soundtrack

Gelesen: New York Times

Getan: einen Geburtstags-Überraschungsflug nach New York, mit sehr lieben Freund*innen ein überraschendes NYC Revival gefeiert, Boot gefahren, auf Dachterrassen Cocktails getrunken, die Füße platt gelaufen (Highline!), KStew nur auf der Leinwand gesehen, viel und lecker gegessen…

Gefreut: über diesen wahnsinnig wunderbar geplanten Trip nach New York und ich habe insgesamt die besten Freund*innen der Welt

Geweint: nein

Gegessen: im Print, Freemans, Pepe Giallo, Hwa Yuan, im Iris, bei Miznon und im San Carlo Osteria Piemonte

Geklickt: nope

Gestaunt: was für ne Schissbüx ich on THE EDGE war, über die mega coolen Dinosaurier im National History Museum und die mega Buchläden

Gelacht: über unseren abgebrochenen Segeltörn

Gewünscht: ein Apartment hier oder hier oder hier oder irgendwo in NYC 😉

Gefunden: einen Gedichtband in einer free little library mit einer spannenden Geschichte

Gekauft: Bücher, Tshirts, Jeans

Gedacht: I miss New York. Take me home //Carrie Bradshaw

Meine Woche

Gesehen: Ouija – Origin of Evil (2016) von Mike Flanagan mit Elizabeth Reaser, Lulu Wilson, Annalise Basso. Ein Ouija Brett weckt die bösen Geister eines Hauses. Durchaus unterhaltsam.

100 Years of Poirot & Miss Marple (2020) von Sean Davidson. Doku über das Leben der wohl berühmtesten Krimiautorin aller Zeiten. Danach sind so einige ihrer Romane und Filme auf meiner Wunschliste gelandet.

M. C. Escher: Journey to Infinity (2018) von Robin Lutz. Doku über Arbeit und Leben eines besonderen Künstlers.

Invaders (2018) von Daniel Prince. Sci-Fi Short Film um ein kleines Ufo das seinen Platz im Universum sucht und Weihnachte mit zwei Kumpels in ein Haus eindringt und da so einiges anstellt.

Gehört: Scarlet Holliday – Mono, Seabird – Marissa Nadler, Comforting sounds – Birdy, Zærtinágose – SiJ, Champion – Warpaint, Give me a reason und Lesser Man – Boy Harsher, Won’t stand down – Muse, HYbr:ID oval asimoo – Alva Noto, The one that you love – LP, Porcelain – Principe Valiente

Gelesen: dieses Margaret Atwood Porträt im Gentlewoman Magazin, Why we all need quiet days, Is confidence a cult?, 125 Mit­ar­bei­te­r:in­nen der katholischen Kirche outen sich als queer – und riskieren ihre Jobs, The housing theory of everything, How do squirrels bulk up while hibernating?

Getan: den größten Teil der Tool Implementierungen abgeschlossen, den Bookclub besucht, spaziert, bissl Yoga, viel gelesen

Gefreut: über die ersten spürbaren Arbeitserleichterungen

Geärgert: nö

Gegessen: Kohlrabi-Mango-Carpaccio

Geklickt: All the Books Carrie Bradshaw and Co. Have Been Reading in And Just Like That…, auf die Fotos der Polarbären in leerstehenden Gebäuden, The 20 Internet Giants that rule the web 1998 – heute

Gestaunt: At least 70 free-floating planets found in the Milky Way, Scientists Regrow Frog’s Lost Leg, darüber wie Nervenenden aussehen

Gelacht: Why science teachers should not be given playground duty

Geweint: nein

Gewünscht: den Tagesablauf von Thomas Mann, dieses Tshirt, dieser Schrank

Gefunden: Bücher im Bücherschrank

Gekauft: Bücher

Gedacht: When working with people, assume good intentions.
When listening to people, interpret their words in a generous way.
You will occasionally get burned and mistreated by always assuming the best in others, but it is a far better way to live than the opposite.

Türchen 24: Midwinter Murder – Agatha Christie

Heute empfehle ich euch tatsächlich ein Buch, dass ich noch nicht (zu Ende) gelesen habe. Damit hab ich mich heute nacht ins Weihnachtsfest hineingelesen. Es gibt einfach nix schöneres als ein kuscheliger „Whodunit“ Krimi bei dem es viel knisterndes Kaminfeuer, sinistre Morde und kluge Ermittler*innen – am besten noch in tief verschneiten Herrschaftshäusern.

Der Band enthält folgende Kurzgeschichten:

– The Chocolate Box
– A Christmas Tragedy
– The Coming of Mr Quin
– The Mystery of the Baghdad Chest
– The Clergyman’s Daughter
– The Plymouth Express
– Problem at Pollensa Bay
– Sanctuary
– The Mystery of Hunter’s Lodge
– The World’s End
– The Manhood of Edward Robinson
– Christmas Adventure

Meine Lieben – macht euch einen Hot Toddy, legt die Füße hoch, schnappt euch ein Buch, werft den Kamin an – so ihr einen habt (mein Neid ist euch gewiss), ich wünsche euch erholsame, glückliche, lesereiche Weihnachtsfeiertage und rutscht gut ins neue Jahr.

Verratet mir gerne welche Bücher ihr unter dem Weihnachtsbaum gefunden habt…

Leben und Schreiben

Sylvia Plath und Ted Hughes, das berühmteste Liebespaar der Literatur, waren komplexe, nur schwer durchschaubare Menschen. Sie waren überzeugt davon, dass ihre Beziehung vom Schicksal vorherbestimmt war und vielleicht war das ja tatsächlich der Fall. Sie motivierten sich zum Schreiben, konkurrierten miteinander, aber vor allem trieben sie sich gegenseitig dazu an, Texte zu verfassen, die besser und einzigartiger waren als alles, was zu dieser Zeit sonst geschrieben wurde. Das Ende ihrer Ehe war der Auslöser für Plaths letzte Gedichte, die ihr Unsterblichkeit garantieren sollten.

„Ich liebte sie, ich habe nie aufgehört sie zu lieben. Wenn ihr Selbstmord die Falle war, in der sie mich fangen wollte, um mich zu verschlingen, in sich aufzunehmen, zu einem Körper zu werden, ist ihr das gelungen. Ein Bräutigam, der Geisel des Todes ist, in einer posthumen Ehe auf ewig mit seiner Braut verbunden, so unzertrennlich von ihr, wie sie es wollte.
Ihr Name ist mein Name. Ihr Tod ist mein Tod.“

Es ist schwer zu sagen, was man von Ted Hughes halten soll. Nach der Lektüre dieses Buches habe ich definitiv mehr Interesse an ihm und seinem Werk. Eines glaube ich – er ist vielleicht der einzige Mann, der das Leben im Schatten von Sylvia Plath hätte ertragen können. Ein Jäger, ein Schöpfer von Mythen, dessen forschende, hinterfragende Natur zumindest zeitweise ihrer Energie standhalten konnte.

„In einer Liebe kann man nie nur einem die Schuld geben“

Frau Palmen scheint es wirklich gelungen zu sein, in das Bewußtsein des Dichters Ted Hughes einzutauchen und uns die tiefe, komplexe, symbiotische und empathische Beziehung der beiden Literaturgiganten miterleben zu lassen. Die Liebesgeschichte, die verwoben ist mit Jungscher Symbolik, psychoanalytischen und philosophischen Überlegungen und dann wieder brutal banal. Zwei brilliante junge Menschen, egoistisch, teilweise fehlgeleitet und beide auf ihre Art tragisch.

Schon beeindruckend, wie Palmer aus den Worten des Dichters, aus Tagebucheinträgen und Briefen eine brillante Momentaufnahme ihres gemeinsamen Lebens gemacht hat. Gelegentlich hat sie zu viel Partei ergriffen für Hughes, aber ich habe das Buch dennoch sehr gerne gelesen und es hat mir auf jeden Fall Lust gemacht, Plaths Gedichte wieder einmal vorzuholen.

Wer jetzt mehr Lust auf Sylvia Plaths Werk bekommen hat, der findet hier etwas zu ihrem Roman „The Bell Jar“ und hier zu ihrem Gedichtband „Übers Wasser“ sowie zu ihren autobiografischen Schriften „Zungen aus Stein

Kaum ein anderer Autor hat die Literatur der Moderne so essentiell geprägt wie Franz Kafka. Sein Leben wird vom ebenfalls jüdischen Schriftsteller mit juristischem Hintergrund, Louis Begley beleuchtet, der sich kritisch mit dem Leben des Autors und seinen häufig rätselhafte Texten beschäftigt.

Begley stützte sich bei seiner Recherche auf die Tagebücher und Briefe Kafkas, sowie die Erinnerungen und Briefe seiner Wegbegleiter und Zeitgenossen. Spannend immer wieder die Frage, wie man selbst an Max Brods Stelle reagiert hätte, der von Kafka mit der Vernichtung sämtlicher Briefe, Tagebücher und nicht explizit zur Veröffentlichung freigegebenen Unterlagen beauftragt war. Brod widersetzte sich bekanntermaßen diesem Wunsch. Schwierig, aber wahrscheinlich hätte ich doch genauso gehandelt.

Die Biografie enthält auch einige Fotos von Kafka und Personen aus seinem Leben, was hilft den Autor vom Podest ins normale Leben herunterzuholen und ihm näher zu kommen.

Meine eigentliche Furcht – es kann wohl nichts schlimmeres gesagt und angehört werden – ist die, daß ich Dich niemals werde besitzen können. Daß ich im günstigsten Fall darauf beschränkt bleiben werde, wie ein besinnungslos treuer Hund Deine zerstreute mir überlassene Hand zu küssen, was kein Liebeszeichen sein wird, sondern nur ein Zeichen der Verzweifelung des zur Stummheit und ewigen Entfernung verurteilten Tieres…“

Begleys Biografie ist sehr zugänglich und verschafft einen guten Überblick über Kafka. Wer tief gehende Werkanalysen erwartet, wird vermutlich noch das Eine oder Andere vermissen.

Wer möchte kann sich auf hier auf einen Rundgang durch Kafkas Prag begeben, bitte einfach hier entlang.

Zum Zeitpunkt ihres Todes am 12. Januar 1976 war Agatha Christie in der ganzen Welt als Königin des Verbrechens bekannt, konkurrenzlos als meistverkaufte Romanautorin aller Zeiten mit zwei Milliarden verkauften Büchern in mehr als 100 Sprachen.

Von der frühen Kindheit Ende des 19. Jahrhunderts, über zwei Ehen und zwei Weltkriege, bis hin zu ihren Erfahrungen als Schriftstellerin und auf archäologischen Expeditionen mit ihrem zweiten Ehemann Max Mallowan enthüllt dieses Buch mit viel Leidenschaft und Offenheit das wahre Genie Christies und geht dem Grundstein ihres legendären Erfolgs auf den Grund.

Die Geschichte beginnt mit ihrer Kindheit und erzählt von ihren beiden Ehen, eine mit Archie Christie und die andere mit Max Mallowan. Sie überlebte zwei Weltkriege und lernte nebenbei einige Fähigkeiten als Krankenschwester und Apothekerin. Sie nahm Gesangsunterricht, ging leidenschaftlich gern schwimmen und war sogar eine richtig gute Surferin. Eine Sache die ich mir vor der Lektüre partout nicht habe vorstellen können: die Queen of Crime auf einem Surfbrett!

„Wie ich schon sagte, begrüßte ich neue Ideen; tatsächlich hätte mein Motto damals lauten können: ‚Probiere alles einmal aus‘.“

Was ich besonders mochte, waren die bildhaften Beschreibungen ihrer Reisen um die Welt. Sie reiste ziemlich viel, vor allem in den Nahen Osten und es machte mir riesigen Spaß, ihre Reisen im Atlas mitzuverfolgen. Ihr zweiter Ehemann, Max Mallowan, war Archäologe, und nachdem sie ihn dort bei einer Ausgrabung kennengelernt hatte, begleitete sie ihn später noch oft zu anderen Ausgrabungsstätten in der Region. Eine Gemeinsamkeit haben wir: auch sie zog das Reisen mit der Eisenbahn jedem anderen Transportmittel vor.

„Züge sind wunderbar; ich liebe sie immer noch. Mit dem Zug zu reisen bedeutet, die Natur und die Menschen, Städte und Kirchen und Flüsse zu sehen – eigentlich das Leben.“

Ich fand es sehr interessant, dass sie das Schreiben nicht wirklich als ihren Beruf betrachtete, sondern eher als eine Art Hobby, mit dem sie praktischerweise ihre Rechnungen bezahlen konnte. Sie war nicht sofort und über Nacht erfolgreich. Die Verlagswelt war eine, die sie langsam zu erobern lernte, nachdem sie einige Male anfangs auch auf die Nase gefallen war.

Heutzutage schreiben mir ständig Leute, die vorschlagen, dass Miss Marple und Hercule Poirot sich treffen sollten – aber warum sollten sie? Ich bin sicher, es würde ihnen überhaupt keinen Spaß machen. Hercule Poirot, der totale Egoist, würde es nicht mögen, von einer älteren Jungfer in seine Angelegenheiten eingewiesen zu werden.“

Das ist eine Biografie, für die man nicht einmal ein großer Fan ihrer Krimis sein muss, um dieses Buch zu genießen. Ein großartiges Buch, bei dem man literweise Tee trinkt und idealerweise Scones mit clotted cream im Haus haben sollte, man wird Lust darauf bekommen.

Ich möchte auf jeden Fall bald mal wieder einen ihrer Krimis lesen und/oder Miss Marple im Fernsehen sehen.

Kurzgeschichten für lange Nächte


Ich bin kein großer Kurzgeschichten-Fan, ich glaube das ist – wie bei Gedichten auch – so ein „aquired taste“ wie Rotwein, Whisky, Blauschimmel-Käse. Kurzgeschichten haben es nicht leicht bei mir, drohen immer mal wieder in die Ecke zu fliegen, wenn ich in die Geschichten nicht reinkomme (wie kürzlich beispielsweise bei George Saunders), daher wiegen die hier aufgelisteten für mich um so mehr, denn die haben mich in der Regel von der ersten Zeile nicht mehr losgelassen.

Eine liebe Freundin hat mir vor kurzem einen Kurzgeschichten Band zugeschickt: Victoria Hislops Sammlung mit Kurgeschichten von Frauen und zu meinem Entzücken fand ich dort meine Lieblingsgeschichte „The Lottery“ wieder, was mich auf den Gedanken brachte, meine Bibliothek zu durchforsten, um meine persönliche Sammlung aus den für mich besten Kurzgeschichten der Welt hier zu präsentieren.

Einige kann man im Internet finden, da habe ich den link ensprechend angehängt und bin jetzt sehr gespannt, ob Euch meine Sammlung gefällt, welche ihr davon kennt und vielleicht auch mögt oder eben auch nicht. Fehlt euch etwas? Freue mich sehr auf Eure Kommentare und etwaigen Ergänzungen. So long äh short 😉

Isaac Asimov – The Martian Way
Margaret Atwood – Torching the Dusties
Margaret Atwood – Death by Landscape
Margaret Atwood – The Martians claim Canada
Paul Auster – Augie Wren’s Christmas Story
James Baldwin – The Outing
Karen Blixen – The Monkey
Wolfgang Borchert – Nachts schlafen die Ratten doch
Jorge Luis Borges – Die Bibliothek von Babel
Octavia Butler – The Morning, and the evening and the night
TC Boyle – Dogology
Ray Bradbury – The Veldt
Ray Bradbury – A sound of Thunder
Ray Bradbury – The Million-Year Picnic
Albert Camus – The Artist at Work
Truman Capote – Handcarved Coffins
Truman Capote – Miriam
Raymond Carver – Neighbors
Angela Carter – The Bloody Chamber
Ted Chiang – Story of Your Life
Roald Dahl – Lamb to the Slaughter
Philip K Dick – The Golden Man
Philip K Dick – The Minority Report
Charles Dickens – The Signal-Man
Charles Dickens – A Christmas Carol
Denis Diderot – Gründe meinem alten Nachtrock nachzutrauern
Joan Didion – On Self-Respect
Emma Donoghue – Words for Things
Fjodor Dostojewski – Weihnachtsbaum und Hochzeit
Fjordor Dostojewski – Weiße Nächte
Arthur Conan Doyle – The Adventure of the Blue Carbuncle
Agatha Christie – The Witness for the Prosecution
Jennifer Egan – Safari
Harlan Ellison – I have no mouth and I must scream
Sheridan Le Fanu – Green Tea
William Faulkner – A Rose for Emily
F Scott Fitzgerald – The Curious Case of Benjamin Button
Gillian Flynn – The Grownup
EM Forster – The Machine Stops
Neil Gaiman – Der Fluch der Spindel
Neil Gaiman – Snow, Glass, Apples
Ursula LeGuin – Coming of Age in Karhide
Ursula LeGuin – The ones who walk away from Omelas
Graham Greene – The Third Man
Ernest Hemingway – The Snows of Kilimanjaro
Ernest Hemingway – A clean well-lighted place
O. Henry – The Robe of Peacej
Patricia Highsmith – The stuff of Madness
Aldous Huxley – Young Archimedes
Washington Irving – The Legend of Sleepy Hollow
Mary Gaitskill – The Other Place
Charlotte Perkins Gilman – The Yellow Wallpaper
Maria Dahvana Headley – See the Unseeable, Know the Unknowable
Judith Hermann – Kaltblau
Siri Hustvedt – Mr. Morning
Henry James – The Turn of the Screw
Shirley Jackson – The Lottery
Franz Kafka – Die Verwandlung
Franz Kafka – In der Strafkolonie
Stephen King – Rita Hayworth and Shawshank Redemption
Stephen King – Children of the Corn
Stephen King – The eerie aftermath of a mass exit
Stephen King – The Road Virus heads north
Heinrich Kleist – Die Marquise von O
Lautréamont – Die Gesänge des Maldoror
Stanislaw Lem – Test
Hengtee Lim – The Girl at the Bar
Jack London – The Red One
HP Lovecraft – Cool Air
HP Lovecraft – The Dunwich Horror
Guy de Maupassant – Der Horla
Herman Melville – Bartleby, the Scrivener
Laurie Moore – How to become a writer
Daphne Du Maurier – Don’t look back
Daphne Du Maurier – The Birds
Haruki Murakami – Kinos Bar
Haruki Murakami – Yesterday
Haruki Murakami – The Elephant Vanishes
Vladimir Nabokov – Terra Incognita
Joyce Carol Oates – Where are you going, where have you been?
Dorothy Parker – Sentiment, A Telephone Call
Sylvia Plath – Johnny Panic and the Bible of Dreams
Edgar Allan Poe – The Tell-Tale Heart
Edgar Allan Poe – The Pit and the Pendulum
Annie Proulx – Brokeback Mountain
Karen Russell – Vampires in the Lemon Grove
Karen Russell – Reeling for the Empire
JD Salinger – For Esme
JD Salinger –  A Perfect Day for a Banana-Fish
Oliver Sacks – Altered States
Jean-Paul Sartre – The Room
Jean-Paul Sartre – The Wall
Arthur Schnitzler – Traumnovelle
Ali Smith – Free Love
Robert Louis Stevenson – The Body Snatcher
Bram Stoker – Dracula’s Guest
Donna Tartt – The Ambush
James Tiptree Jr – And I awoke and found me here on the Cold Hill’s side
Mark Twain – Cannibalism in cars
Jules Verne – Der ewige Adam
Kurt Vonnegut – Harrison Bergeron
Kurt Vonnegut – The Drone King
HG Wells – Empire of the Ants
Jeanette Winterson – Days like this
Virginia Woolf – A mark on the wall
Richard Yates – Saying Goodbye to Sally
Banana Yoshimoto – Lizard
Stefan Zweig – Die Schachnovelle
Stefan Zweig – Brief einer Unbekannten

The Murder of Roger Ackroyd – Agatha Christie

christie

Mord in der Bibliothek 😉

Früher habe ich tonnenweise Agatha Christie’s verschlungen und bin eigentlich nie so ganz sicher, welche ich schon gelesen habe und welche nicht. Deutsche Titel, Englische Titel, Verfilmungen, Miss Marple und M Poirot – alles durcheinander. Aber eigentlich ist das auch ganz egal. So wirklich geht es doch bei einem Agatha Christie Krimi um das Feeling. Cozy Krimis nennt man sie auch oder Häkelkrimi.

Idealerweise liest man diese Krimis an einem verregneten Sonntag, einen Pott Tee neben sich auf dem Sofa liegend und sich bei einbrechender Dunkelheit so ein ganz ganz klein wenig wohlig schauernd rekelt, während man die kleinen grauen Zellen mit der Lösung des Kriminalfalls betätigt.

Diesen speziellen Krimi habe ich vorgekramt, weil er als einziger Christie-Roman auf der berühmten Liste der 1001 Bücher gelandet war und ich mehrfach gelesen habe, der sei nun Christie’s Meisterwerk gewesen und ein Meilenstein der Kriminalliteratur.

Der Inhalt ist einigermaßen schnell erzählt und er enthält so die typischen Zutaten eines guten Häkelkrimis. Die Geschichte spielt in einem fiktiven englischen Ort und wir treffen hier im Laufe der Geschichte zum allerersten Mal auf Hercule Poirot, der sich als Frührentner zum Gemüseziehen in selbigen Ort zurückgezogen hat, aber beim ersten Anzeichen eines Verbrechens natürlich auf den Plan gerufen wird. Dr. Sheppard, der Dorfarzt, erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive und er agiert wie sein berühmter Kollege Dr. Watson als Poirot’s Assistent. Eine Rolle, die in späteren Krimis zumeist Arthur Hastings übernimmt. Alles beginnt mit dem Selbstmord einer reichen Witwe, die Dr. Sheppard’s Patientin war. Über sie wird gemunkelt ihren gewalttätigen Ehemann vergiftet zu haben. Sie war mit dem reichen Witwer Roger Ackroyd verlobt, der kurz nachdem er den Abschiedsbrief der Verstorbenen in den Händen hält, der ihn davon in Kenntnis setzt, sie sei aufgrund dieses Giftmordes erpresst worden, halte es nicht mehr aus und scheide daher aus dem Leben, ebenfalls ermordet wird.

Der Brief scheint den Erpresser zu nennen, doch bevor Ackroyd diesen publik machen kann wird auch er ermordet, man findet ihn erdolcht in seiner Bibliothek. Nun gibt es einen ganzen Reigen an Verdächtigen: eine neurotische und verschuldete Schwägerin, einen Großwildjäger (die Captains und Majors aus ehemals Indien, die immer unverheiratet sind und aus irgendwelchen Gründen stets und ständig bei irgendwelchen Familien mithausen, ohne mit denen verwandt zu sein – seltsames Konzept – die gibts echt in jedem ihrer Krimis), snobistische Butler und schlitzorige Sekretäre, ebenfalls verschuldete Stiefsöhne und undurchsichtige Hausmädchen – ach seufz – alles so schön wie immer 🙂
Ein jeder verbirgt etwas und fast jeder hat eigentlich auch ein Motiv aber ein Hercule Poirot lässt sich nicht beirren und findet am ende natürlich die Lösung.

Dr. Sheppard hat eine wahnsinnig neugierige jungfernhafte Schwester namens Caroline Sheppard, die M Poirot in kriminalistischen Dingen annähernd das Wasser reichen kann. Eine sehr spannende, witzige Figur und man bekommt den Eindruck, hier taucht der Prototyp der späteren Miss Marple auf.

Der Plot ist gut, das Ende absolut überraschend und ich kann den Krimi nur jedem ans Herz legen, der Lust auf gute, einfache Unterhaltung hat, die sich anfühlt wie eine Spritztour ins England der 20er Jahre.

Als der Roman 1926 erschien hat er für ziemliches Aufsehen gesorgt, aufgrund seines sehr ungewöhnlichen Endes. Die Leser liebten oder hassten den Roman dafür. Frau Christie hat damit aber auf jeden Fall eine literarische Spezialität zumindest miterfunden.

Das Ms Christie der Todesstrafe nicht abgeneigt war, zeigt sich häufig in ihren Krimis, wo man es den überführten Tätern am Ende gerne überläßt, sich doch bitte fein säuberlich selbst aus dem Weg zu räumen. Diskret und ohne Aufssehen und natürlich mit einer stiff upper lipp 😉

Poirot’s allererster Auftritt ist einfach so wunderschön beschrieben:

„I demand of you a thousand pardons, monsieur. I am without defense. For some months now I cultivate the marrows. This morning suddenly I enrage myself with the marrows. I send them to promenade themselves – alas! not only mentally but physically. I seize the biggest. I hurl him over the wall. Monsieur, I am ashamed. I prostrate myself.“

Und noch ein schönes Zitat:

“The truth, however ugly in itself, is always curious and beautiful to the seeker after it.”

Auf deutsch erschien das Buch unter dem Titel „Alibi“ im Atlantik Verlag.