Cornwall by the Book

Cornwall – wild, ungezähmt, und ehrlich gesagt hatten wir uns in Sachen Wetter auf so ziemlich alles eingestellt. Aber das, was dann kam, war so viel besser als erwartet: Bis auf einen Tag strahlender Sonnenschein! Doch selbst die wenigen Wolken konnten unsere Stimmung nicht trüben – was auch daran liegen könnte, dass wir uns in einer sehr hübschen Ferienwohnung in Penzance einquartiert hatten. Der perfekte Ausgangspunkt für unsere täglichen Erkundungstouren.

Penzance hat einen rustikalen Charme, und die an Piraten reiche Geschichte Cornwalls konnte man nur ein paar Häuser weiter von unserer Unterkunft im sehr urigen seit 1695 bestehenden Admiral Bentow Pub bestens erkunden. Unser kulinarisches Highlight der Reise erlebten wir allerdings im „Cork & Fork“, wo wir eine richtig gute Seezunge gegessen haben. Empfehlenswert!

Ein anderer schöner Ort war der „The Edge of the World Bookshop“. Allein der Name verspricht schon ein kleines Abenteuer. Und genau so fühlt es sich an, wenn man erstmal durch die Tür tritt. Gemütlich, einladend, und – Achtung – unglaublich schwer, ohne mindestens drei Bücher unter dem Arm wieder rauszugehen. Sogar der Duft der Seiten hatte etwas Magisches. Man möchte fast glauben, dass ein paar dieser Bücher direkt aus Narnia stammen.

Kleine Anekdote am Rande: In Penzance haben wir auch die Morrab Library entdeckt. Ein echter Geheimtipp! Die Bibliothek befindet sich in einem alten Landhaus, das aussieht, als sei es einem Jane-Austen-Roman entsprungen. Über 70.000 Bücher, und das Beste: Die werden alle noch mit Papier-Karteikarten verwaltet! Ich fühlte mich sofort in die öffentliche Bibliothek meiner Kindheit zurückversetzt – wir wurden mit einem Lächeln empfangen, wir durften jeden Räum erkunden und sie haben sogar ein Foto mit uns gemacht, weil sie sich sehr über internationale Besucher freuen 🙂

Im Treppenhaus hängt ein großes Porträt von John le Carré Er lebte lange in Cornwall und war ein großer Fan der Morrab Library und unterstütze sie auch großzügig. Le Carré, der eigentlich David Cornwell hieß, fand in Cornwall nicht nur ein Refugium, sondern auch Inspiration. Seine Liebe zur Region und ihre Verbindung zur Natur spiegeln sich in vielen seiner Werke wider. Es wird gesagt, dass er sich von den Küsten Cornwalls ebenso zu seinen Spionageromanen inspirieren ließ wie von den politischen Spannungen seiner Zeit. Ein Mann voller Widersprüche – einerseits mit der Welt der Geheimdienste vertraut, andererseits mit einem Rückzugsort, der idyllischer nicht sein könnte. Cornwall und le Carré – das ist eine Verbindung von Kontrast und Harmonie und ich muss endlich mal meinen Le Carré Roman aus dem Bücherregal vorholen und endlich lesen.

Es ist übrigens überhaupt kein Problem ohne Auto in Cornwall unterwegs zu sein. Wahrscheinlich ist es sogar die bequemere Variante, denn die Single Track Roads sind tückisch und bei unseren Busfahrten haben wir so manche Autofahrer*in rückwärts manövrierend fast im Graben landen. Das Busnetz ist gut ausgebaut und sehr günstig – 2 GBP pro Strecke, und für 7 GBP gab’s ein Tagesticket, mit dem man sich kreuz und quer durch die Landschaft bewegen konnte.


Einer unserer ersten Ausflüge führte uns zu einem Treffen mit Freundinnen ins schöne St Ives, die dort zufällig auch gerade urlaubten. St. Ives ist ein wirklich niedliches Fischerstädtchen berühmt für sein gutes Licht und daher seit Jahrhunderten Anziehungspunkt für eine Menge Maler*innen. Wir schlenderten durch die Gassen, aßen abends richtig guten Chowder – diese fabelhafte, cremige Fischsuppe, die man in Cornwall überall findet – und genossen am Nachmittag einen richtig guten Cornish Cream Tea. Scones, clotted cream und Marmelade – da der Tag in St. Ives auch gleichzeitig der kühlste und regnerischste unserer Reise war, waren heißer Tee und süße Scones die perfekte Antidote dafür.


Ein weiteres Highlight unserer Reise war Mousehole. Nein, das ist kein Tippfehler. Mousehole (ausgesprochen „Mauzl“) ist ein winziges Fischerdorf, das wirklich charmant und zauberhaft ist. Die Häuser kleben an den Klippen, und die Boote im kleinen Hafen schaukeln gemütlich in der Sonne. Kein Wunder, dass Dylan Thomas, der walisische Dichter, Mousehole als „das schönste Dorf Englands“ bezeichnet hat. Finde ich total nachvollziehbar. Nach einem guten Mittagessen mit Blick auf den Hafen, packten wir uns mit unseren Büchern an den kleinen Strand im Ort und ließen uns die Sonne auf den gut gefüllten Bauch brennen.


Dann war da noch Mount St. Michael – diese märchenhafte Inselburg, die bei Ebbe zu Fuß erreichbar ist. Allein die Überquerung über den trockengelegten Meeresboden fühlte sich an, als ob wir Teil eines Fantasy-Abenteuers wären. Ein bisschen wie „Der Herr der Ringe“, nur ohne Orks, dafür mit einer imposanten Burg. Besonders angetan hatte es uns der riesige Blumengarten, soooo schön und der Ausblick – mir fehlen wirklich ein bißchen die Worte. Man hatte an dem Tag definitiv das Gefühl irgendwo im Süden zu sein.

Natürlich stand auch ein Besuch bei Lands End, dem westlichsten Punkt Englands, auf dem Plan. Die Klippen dort sind der Hammer! Das tosende Meer, das gegen die Felsen schlägt, und der Wind, der einem die Haare zerzaust – Cornwall in seiner wildesten und schönsten Form. Ich hätte stundenlang da sitzen und einfach nur aufs Wasser starren können. Oder Rebecca lesen. Was mich jetzt auch langsam aber sicher zum „by the Book“-Teil der Reise bringt. Da ich zwar eine ganze Menge du Mauriers zu Hause habe, mir die alle aber zu schade waren im Rucksack durch die Gegend geschlörrt zu werden, entschied ich mich für ein Hörbuch und zwar die Biografie von Daphne du Maurier.

Ein bisschen wehmütig wurden wir jedoch, als uns klar wurde, dass wir Manderley nicht besuchen konnten. Warum? Weil es nur in unserer Fantasie existiert! Aber auch das echte Vorbild, Menabilly House, konnten wir nicht besichtigen, da es sich in Privatbesitz befindet. Via Hörbuch tauchte ich ein in ihr du Mauriers faszinierendes Leben und insbesondere ihre mehrwöchtigen Wanderungen zu dem nahezu verfallenen Menabilly House und wie sie die damaligen Besitzer dazu überreden konnte es ihr zu vermieten. Maurier verbrachte einen Großteil ihres Lebens in Cornwall, und viele ihrer Bücher sind von dieser dramatischen Landschaft geprägt. Mit ihren düsteren Geschichten und mysteriösen Figuren hat sie Cornwall auf die literarische Landkarte gesetzt. Jeder noch so kleine Buchladen und Souvenirshop hat ihr gesamtes Angebot stets in verschiedensten Ausgaben im Angebot. Bei unserem nächsten Besuch in Cornwall wollen wir unbedingt den Jamaica Inn Pub besuchen, den sie in ihrem Roman unsterblich gemacht hat.

Ein Filmtipp den ich noch unterbringen möchte ist der sehr atmosphärisch-verstörende Film „Enys Men“ der wunderschöne Bilder hat und am Rande auf die Bergwerks-Vergangenheit Cornwalls eingeht. Sehr sehenswert!


Cornwall war früher ein Hotspot für Schmuggler. Die zerklüfteten Küsten und versteckten Buchten waren ideal für den illegalen Handel mit Brandy, Tabak und anderen Schmuggelwaren. Parallel dazu war Cornwall auch ein Zentrum des Bergbaus, besonders für Zinn und Kupfer. Heute? Heute ist der Bergbau weitestgehend Geschichte, aber der Tourismus boomt, wobei es höchstens in St. Ives für meinen Geschmack ein wenig überlaufen war.

Cornwall ist eine wunderschöne Gegend, wir kommen wieder und dank des „The Edge of the World Bookshops“ bin ich jetzt auch mit einer langen Liste von spannenden Büchern ausgestattet die dort spielen und die mal nicht von Daphne du Maurier geschrieben wurden.

Es gibt jetzt noch einen finalen Stopp – dann kommt unsere literarische Englandreise aus dem Frühsommer dieses Jahres zu seinem Ende. Kommt ihr mit nach Oxford? Habt ihr eine Idee was ich dafür an Literatur im Gepäck hatte und wie hat euch mein Cornwall Bericht gefallen? Seid ihr schon dort gewesen? Mögt ihr Daphne du Maurier – ich freue mich sehr von euch zu hören.


Meine Woche

Gesehen: A Murder at the End of the World (2023) von Brit Marling und Zal Batmanglij mit Emma Corrin, Brit Marling und Clive Owen. Großartige und von mir sehnsüchtig erwartete Serie von den OA Machern. Murder Mystery in Island mit Hackern, Serienkillern und tollem Soundtrack.

Rebecca (2020) von Ben Wheatley mit Lily James und Arnie Hammer. Neu-Verfilmung des Gothic Klassikers von Daphne du Maurier. Der Film bekam ziemlich schlechte Kritiken, ich mochte ihn.

The Curse of Audrey Earnshaw (2020) von Thomas Robert Lee mit Catherine Walker und Jared Abrahamson. Folk Horror mit hübschen Bildern – nicht sehr gruselig, aber ganz nett.

Gehört: You’re still the one – boygenius, Tunnel Lights – Chelsea Wolfe, She’s on my mind – Romy, Karen’s Theme – Austra, Two queens in a king sized bed – girl in red, Virus Meadow – And Also the Trees

Gelesen: Mary Beard on politicians as performers, über Stress, Weihnachtsmärkte in Deutschland: Helle Lichter, dunkle Geschichte, warum es auch eine Arschlochvermutung geben kann und The case for mediocrity

Getan: die Beerdigung hinter mich gebracht, liebe Freund*innen getroffen in Mainz und in München, Arzttermine ausgemacht und wahrgenommen, viel Zug gefahren, den Bookclub zu Besuch gehabt und trotz Sturm gut im Norden angekommen

Gefreut: über den erneuten Kontakt mit meiner Tante und Kusine und wie schön unser Bücherzimmer geworden ist und mein toller Adventskalender

Geweint: um die Mutter die ich nie hatte

Geärgert: nein

Gegessen: Labadidl-Suppe

Getrunken: den weltbesten Weihnachts Cocktail

Geklickt: Architect Breaks Down Why All American Diners Look Like That, so wird der neue Münchner Hauptbahnhof aussehen

Gestaunt: TIMEs und National Geografic Top 100 Photos of 2023 und the best Science Photos 2023,

Gewünscht: diese Lampe, diese Tapete, diesen Beutel

Geplant: mal wieder ausschlafen

Gefunden: ein tolles Buch im Bücherschrank

Gekauft: Weihnachtsgeschenke für die Bingereader Gattin

Gedacht: Best voting advice: Voting isn’t marriage. It’s public transport. You’re not waiting for ‘the one’. You’re getting on the bus. And if there isn’t one going exactly to your destination, you don’t stay home and sulk. You take the one that’s going closest to where you want to be.

Lektüre März 2022

Mich wieder vermehrt in Bücher verkrochen, um den Nachrichten weitestgehend zu entkommen. Ein guter Lesemonat mit einigen großartigen Büchern. Ich hoffe, ich kann Euch Lust auf das eine oder andere Buch machen.

Lighthousekeeping – Jeanette Winterson auf deutsch unter dem Titel „Der Leuchtturmwärter“ im Berlin Verlag erschienen, übersetzt von Monika Schmalz

Habe bislang jedes ihrer Bücher sehr sehr gerne gelesen. Lighthousekeeping war da keine Ausnahme. Was für eine schöne poetische, spannende Geschichte um die tutter- und ankerlose Silver, die vom „zeitlosen“ Mr. Pew, dem Wärter des Leuchtturms von Cape Wrath, aufgenommen wird. Pew erzählt Silver uralte Geschichten von Sehnsucht und Wurzellosigkeit, von Bindungen, die bleiben und von Entgleisungen, die jedes Leben mit sich bringt.

As for myself, I am splintered by great waves. I am coloured glass from a church window long since shattered. I find pieces of myself everywhere, and I cut myself handling them.

Plötzlich an jenem Abend – Daphne Du Maurier

Obwohl sie oft als romantische Autorin eingestuft wird, sind ihre Kurzgeschichten durchweg stimmungsvoll, düster und voller paranormaler Untertönen. Ihre Bestseller wurden von den Kritikern zunächst nicht ernst genommen, haben sich aber inzwischen einen bleibenden Ruf für ihr erzählerisches Handwerk erworben. Viele von ihnen wurden erfolgreich verfilmt, darunter die Romane Rebecca, Frenchman’s Creek, My Cousin Rachel und Jamaica Inn sowie die Kurzgeschichten „The Birds“ und „Don’t Look Now“.

Du Maurier verbrachte einen Großteil ihres Lebens in Cornwall, wo auch die meisten ihrer Werke spielen. Ich kann diese Kurzgeschichtensammlung nur jedem ans Herz legen, einfach unfassbar gut. Muss jetzt unbedingt Hitchcocks „Die Vögel“ nochmal ansehen, obwohl ich gemerkt habe, wie sehr du Mauriers Kurzgeschichte und die Verfilmung voneinander abweichen.

Nat listened to the tearing sound of splintering wood, and wondered how many million years of memory were stored in those little brains, behind the stabbing beaks, the piercing eyes, now giving them this instinct to destroy mankind with all the deft precision of machines.” (The Birds)

The Darkening Age – Catherine Nixey übersetzt von Cornelius Hartz unter dem Titel „Heiliger Zorn. Wie die frühen Christen die Antike zerstörten“. Deutsche Verlags-Anstalt

„The darkening age“ ist die weitgehend unbekannte Geschichte, wie eine militante Religion die Lehren der klassischen Welt umfassend und voller Absicht auslöschte und Jahrhunderte des bedingungslosen Festhaltens an dem „einen wahren Glauben“ einleitete.

Trotz der seit langem vorherrschenden Vorstellung, dass die frühen Christen sanftmütig und mild waren und in den Märtyrertod gingen, indem sie Hymnen der Liebe und des Lobes sangen, sieht die Wahrheit, wie Catherine Nixey zeigt, ganz anders aus. Sie waren alles andere als sanftmütig und mild, sondern gewalttätig, rücksichtslos und von Grund auf intolerant. Anders als in der polytheistischen Welt, in der die Hinzufügung einer neuen Religion keinen grundlegenden Unterschied zu den alten machte, erklärte diese neue Ideologie nicht nur, dass sie der Weg, die Wahrheit und das Licht sei, sondern auch, dass jeder andere Weg falsch sei und zerstört werden müsse. Vom 1. bis zum 6. Jahrhundert wurden diejenigen, die nicht mit ihren Überzeugungen konform gingen, auf jede erdenkliche Weise verfolgt: sozial, rechtlich, finanziell und physisch. Ihre Altäre wurden umgestürzt und ihre Tempel zerstört, ihre Statuen zerhackt und ihre Priester getötet. Es war komplette Auslöschung.

Anschaulich geschrieben und äußerst fesselnd – das bemerkenswerte Debüt einer brillanten jungen Historikerin.

It wasn’t just the fact that Christians were ignorant about philosophical theories that annoyed Celsus; it was that Christians actually reveled in their ignorance.

Sprache und Sein – Kübra Gümüşay erschienen im Hanser Verlag

Kübra Gümüşay beschreibt wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. Dieses Buch folgt einer Sehnsucht: nach einer Sprache, die Menschen nicht auf Kategorien reduziert. Nach einem Sprechen, das sie in ihrem Facettenreichtum existieren lässt. Nach wirklich gemeinschaftlichem Denken in einer sich polarisierenden Welt. Kübra Gümüşay setzt sich seit langem für Gleichberechtigung und Diskurse auf Augenhöhe ein. In ihrem ersten Buch geht sie der Frage nach, wie Sprache unser Denken prägt und unsere Politik bestimmt. Sie zeigt, wie Menschen als Individuen unsichtbar werden, wenn sie immer als Teil einer Gruppe gesehen werden – und sich nur als solche äußern dürfen.

Wer also trotz der Auseinandersetzung mit einer gerechteren Sprache auf der Verwendung ächtender Sprache beharrt, der bekennt sich zur Ächtung von Menschen und positioniert sich bewusst gegen Gerechtigkeit, gegen die Gleichstellung der Geschlechter – für rassistische, sexistische, menschenfeindliche Sprachnutzung.

Civilisations: How do we look – Mary Beard

Die renommierte Klassizistin Mary Beard hat diesen eleganten Band über die Art und Weise, wie wir Kunst betrachten, als prachtvoll illustriertes Begleitbuch zu den berühmten TV-Sendungen „How Do We Look“ und „The Eye of Faith“ konzipiert. In Teil I konzentriert sich Beard auf die Olmekenköpfe des frühen Mesoamerikas, die kolossalen Statuen des Pharaos Amenhotep III. und die Akte des klassischen Griechenlands.

In Teil II stellt Beard einige der atemberaubendsten religiösen Bilder vor, die je geschaffen wurden – ob in Angkor Wat, Ravenna, Venedig oder in der Kunst jüdischer und islamischer Kalligraphen -, um zu zeigen, dass alle Religionen, ob alt oder modern, bei dem Versuch, das Göttliche darzustellen, vor unlösbaren Problemen standen.

One of its (civilisations) most powerful weapons has always been ‚barbarity‘: ‚we‘ know that ‚we‘ are civilised by contrasting ourselves with those we deem to be uncivilised, with those who do not -or cannot be trusted to – share our values. Civilisation is a process of exclusion as well as inclusion. The boundary between ‚us‘ and ‚them‘ may be an internal one (for much of world history the idea of a ‚civilised woman‘ has been a contradiction in terms), or an external one, as the word ‚barbarian‘ suggests; it was originally a derogatory and ethnocentric ancient Greek term for foreigners you could not understand, because they spoke in an incomprehensible babble: ‚bar-bar-bar …‘ The inconvenient truth, of course, is that so-called ‚barbarians‘ may be no more than those with a different view from ourselves of what it is to be civilised, and of what matters in human culture. In the end, one person’s barbarity is another person’s civilisation.

The Origins of Species – Charles Darwin

OK – an dem Band habe ich schon eine ganze Weile lang hingelesen, aber es war jede Minute wert. Ein Buch das so viel einfacher und angenehmer zu lesen war, als ich es mir jemals hätte träumen lassen.

Darwins hervorragend lesbare Erforschung des Evolutionsprozesses gilt noch immer als eines der wichtigsten und bahnbrechendsten wissenschaftlichen Werke aller Zeiten und stellte die meisten festen Überzeugungen der westlichen Welt in Frage. Jahrhunderts wurden die Leser gezwungen, die Idee eines Schöpfers in Frage zu stellen, und sahen sich mit Darwins Theorien über die Gesetze der natürlichen Selektion und den Zufall der Evolution konfrontiert, was zu jener Zeit zu massiven Kontroversen führte. Darwins Theorien bilden jedoch auch heute noch das Rückgrat der modernen Biologie.

I think it inevitably follows, that as new species in the course of time are formed through natural selection, others will become rarer and rarer, and finally extinct. The forms which stand in closest competition with those undergoing modification and improvement will naturally suffer most.

Lilith’s Brood – Octavia E. Butler erschienen im Heyne Verlag „Die Genhändler“ Übersetzt von Barbara Heidkamp

Octavia Buttler veröffentlichte ihre Xenogenesis-Trilogie (später unter dem Titel Lilith’s Brood zusammengefasst) nachdem sie in den 1980er Jahren wichtige SciFi Preise wie den Hugo Award gewonnen hatte. In der Trilogie geht es um die Rettung der Menschheit nach einem verheerenden Krieg; die Überlebenden treffen auf eine Alien-Rasse, die ein drittes Geschlecht besitzt, welches nicht nur die anderen beiden Geschlechter mental miteinander verknüpfen, sondern sie auch genetisch verändern kann.

In der Xenogenesis-Trilogie werden die Themen Sexualität, Geschlecht, Rasse und Spezies erforscht. Die Oankali glauben, dass die menschliche Spezies einen unausweichlichen selbstzerstörerischen „Widerspruch“ zwischen ihrer hohen Intelligenz und ihrer hierarchischen Natur hat.

Eine der ungewöhnlichsten SciFi Stories die ich je gelesen habe.

Intelligence is relatively new to life on Earth, but your hierarchical tendencies are ancient.

Das Seelenhaus – Hannah Kent erschienen im Droemer Verlag übersetzt von: Leonie Reppert-Bismarck

Island 1828. Agnes ist eine selbstbewusste und verschlossene Frau. Sie wird als hart ­arbeitende Magd respektiert, was sie denkt und fühlt, behält sie für sich. Als sie des Mordes an zwei Männern angeklagt wird, ist sie allein. Die Zeit bis zur Hinrichtung soll sie auf dem Hof eines Beamten verbringen. Die Familie ist außer sich, eine Mörderin beherbergen zu müssen – bis Agnes Stück um Stück die Geschichte ihres Lebens preisgibt.

Atmosphärische düstere Geschichte, die noch lange nachklingt – habe ich sehr gerne gelesen. Eine ausführliche Besprechung findet ihr hier bei Constanze von Zeichen und Zeiten.

… Aber die Leute merken, daß ich denken kann, und sie finden, dass man einer denkenden Frau nicht trauen kann. Da ist für Unschuld kein Platz. So sieht’s aus, das ist die Wahrheit, Herr Pfarrer, ob´s Ihnen passt oder nicht. ….

Und – war diesen Monat etwas dabei worauf ihr Lust bekommen habt, oder habt ihr eventuell schon eines oder mehrere der Bücher gelesen? Bin gespannt auf Eure Rückmeldungen.

#WomeninSciFi (23) Ein Tropfen Zeit – Daphne Du Maurier

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Daphne du Maurier, der Meisterin des dunklen Suspense und tiefer seelischer Abgründe, wird in dieser Ausgabe mit Illustrationen von Kristina Andres ein wundervolles Denkmal gesetzt. Hitchcocks „Die Vögel“, „Rebecca“ sowie Nicolas Roegs „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ gehen auf ihre Erzählungen zurück und auch „Ein Tropfen Zeit“ hätte durchaus Verfilmungs-Potential.

„Ein Tropfen Zeit“ erschien bereits 1969 und wurde jetzt von der Büchergilde Gutenberg neu aufgelegt. Der Protagonist Dick Young (von du Maurier als sehr unsympathischer Zeitgenosse angelegt – ein echter Dick, sorry for the pun) läßt sich von seinem alten Studienfreund Magnus, in dessen Cornwaller Strandhaus er seine Ferien verbringt, dazu überreden eine Zeitdroge zu testen, die dieser entwickelt hat.

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Natürlich hat diese Droge auch so ihre Nebenwirkungen. Er landet immer wieder im 14. Jahrhundert, stets in naher Umgebung des Strandhauses, in dem er für einige Zeit lebt. Er beobachtet die Geschehnisse, Intrigen, Geheimnisse um Isolda Carminowe, ihren heimlichen Liebhaber Otto Bodrugan, dessen böse Schwester Joanna und den Verwalter Roger Kylmerth. Allerdings kann er weder den genauen Zeitpunkt bestimmen, an den er transportiert wird, noch kann er die Geschehnisse in irgendeiner Weise beeinflussen. Berührungen, auch zufällige mit den Personen im 14. Jahrundert, haben heftige Nachwirkungen. Er wird sofort in seine Zeit zurückgeschleudert und Übelkeit, Desorientierung und zeitweilige Paralyse sind die unangenehmen Folgen.

Während er auf der Droge ist, bewegt er sich benommen durch die Gegend und ist für die äußeren Bedingungen des 20. Jahrhunderts nicht mehr zugänglich, was durch Züge, Autos etc. durchaus gefährlich werden kann. Zudem macht die Droge natürlich auch noch süchtig und Dick wird der Gegenwart und auch seiner Familie gegenüber immer gleichgültiger. Der nächste Zeitreisetrip ist alles, was ihn noch interessiert, und dass das alles nicht gut enden wird, wird einem ziemlich bald klar.

Die beiden Erzählstränge waren für mich jetzt keine absoluten „page-turner“. Ich habe nicht vor lauter Spannung und Atemlosigkeit ins Kopfkissen gebissen, aber die Atmosphäre und die Stimmung des Buches haben mich voll und ganz eingefangen.

Neben den in du Mauriers Werk immer wiederkehrenden Themen Wahnsinn, Manie, Besessenheit, Sucht und wissenschaftliche Experimente, spürt man auch den Einfluß Carl Jungs, den sie sehr schätzte, und der sich stark mit dem „kollektiven Unbewussten“ beschäftigt hat.

 

Man spürt in „Ein Tropfen Zeit“ du Mauriers große Liebe zu Cornwall, der Landschaft, der Geschichte und den Menschen dieser Region. Der Roman heißt im englischen „The House on the Strand“. Die Vorlage für Magnus‘ Haus „Kilmarth“ war ihr eigenes, in dem sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte, nachdem sie gezwungen war, ihr geliebtes „Menabilly“ 1967 zu verlassen.

Diese Ausgabe ist bei der Büchergilde Gutenberg erschienen. Im englischen Original heißt das Buch: „The House on the Strand“.

Her mit den schönen Büchern

Schönheit liegt ja immer im Auge des Betrachters, aber bei diesen kleinen Schmuckstücken kann man nicht anders als schwach zu werden und zuzugreifen. Ich hatte schon immer eine Schwäche für schöne Bücher, damit hat mich die Büchergilde schon vor gefühlten 100 Jahren zur Mitgliedschaft überzeugen können.

Ich habe hier schon des Öfteren Bücher vorgestellt, die nicht nur inhaltlich schön waren, sondern die auch optisch etwas Besonderes waren, deswegen wurde es höchste Zeit für eine eigene Rubrik auf dem Blog, die ich hiermit feierlich eröffne und in meinem gewohnten Anglizismus-Wahn „Bookporn“ nenne.

Als ich kürzlich (zum ersten Mal im Übrigen) in der Buchhandlung Perthel am Gasteig in München war, wollte ich eigentlich nur ein Geburtstagsgeschenk für eine Freundin kaufen (zu stepanini winkt) und konnte mich dann absolut nicht mehr von gleich mehreren Schmuckstücken trennen und schwer bepackt verließ ich einen neuen „Liebling“. Die Ausbeute möchte ich euch hier kurz vorstellen.

Anfangen möchte ich aber mit dem Buch, das ich vorab schon zum Geburtstag bekam, Franz Kafkas „Ein Landarzt“ mit Illustrationen von Kat Menschik, zu der ich glaube ich nicht mehr viel sagen muss. Der Band erhält ein paar sehr schön ausgewählte kleine Erzählungen von Kafka, wobei nur die erste, „Der neue Advokat“, neu für mich war, vielleicht habe ich sie deshalb zu meinem Favoriten in dieser Ausgabe erklärt.

Galliani ist ein Verlag, der immer wieder wunderschöne Bücher herausbringt und bei diesem Bändchen und der Zusammenarbeit mit der wunderbaren Kat Menschik handelt es sich um ein ganz besonderes Schmuckstück, das in keiner Sammlung fehlen sollte.

Hier eine Übersicht der Erzählungen:

  • Der neue Advokat
  • Ein Landarzt
  • Auf der Galerie
  • Ein altes Blatt
  • Vor dem Gesetz
  • Schakale und Araber
  • Ein Besuch im Bergwerk
  • Das nächste Dorf
  • Eine kaiserliche Botschaft
  • Die Sorge des Hausvaters
  • Elf Söhne
  • Ein Brudermord
  • Ein Traum
  • Ein Bericht für eine Akademie

Bei der übrigen Beute aus dem Buchladen handelte es sich um drei Bände aus der Insel-Bücherei.

Mario Vargas Llosa: „Sonntag“

Vargas Llosa erzählt in dieser kleinen Novelle von den typischen „Rites of Passage“, die junge Peruaner der Oberklasse durchlaufen, bevor sie zum Mann werden. Miguel, der Protagonist der Geschichte, erlebt seinen Männlichkeitstest, wenn er mit einem Rivalen um das Herz seiner Angebeteten Flora um die Wette schwimmt. Es ist eine zarte melancholische Geschichte voll beklommener Langeweile um jugendliche Unsicherheit, Verzweiflung und Mutproben, die Llosa erzählt und die wiederum von Kat Menschik wunderbar illustriert wurde.

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In Stanislaw Lems „Professor A. Donda“ geht um einen Wissenschaftler der vermutet, es gäbe eine Äquivalzenz zwischen Information und Materie ähnlich der von Energie und Materie. Information ist ein Ordnungszustand von Materie und um diese zu ordnen braucht man Energie.

Das ganze wird in einer atemlos durchgeknallten Geschichte erzählt, perfekt für Freunde satirischer Sci-Fi. Der Illustrator Benjamin Courtault hat mich sehr beeindruckt, den behalte ich mal auf dem Radar, seine Arbeiten gefallen mir sehr:

Max Frischs „Questionnaire“ kann zwar nicht mit Illustrationen aufwarten, aber mit schlichtem Design und vor allen Dingen einfach die unglaublich guten Fragen. Ich liebe Fragen. Ich war immer schon deutlich mehr an Fragen als an Antworten interessiert und diese 10 Fragebogen kreisen jeweils um ein konkretes Thema: Ehe, Frauen, Humor, Geld, Freundschaft, Vatersein, Heimat, Eigentum und die Erhaltung des Menschengeschlechts.

Meine Lieblingsfrage war: „Are you disconcerted by an intelligent Lesbian“ ?!?

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Natürlich geht Inhalt vor Optik, aber es gibt keinen Grund, warum gute Bücher nicht auch schön sein sollten und diese vier sind ein paar wunderbare Beispiele dafür.

Ein paar weitere besonders schöne Bücher findet ihr hier auf meinem Blog:

 

Welche Eurer Bücher findet ihr am schönsten oder welches hättet ihr noch gerne?

 

Kurzgeschichten für lange Nächte


Ich bin kein großer Kurzgeschichten-Fan, ich glaube das ist – wie bei Gedichten auch – so ein „aquired taste“ wie Rotwein, Whisky, Blauschimmel-Käse. Kurzgeschichten haben es nicht leicht bei mir, drohen immer mal wieder in die Ecke zu fliegen, wenn ich in die Geschichten nicht reinkomme (wie kürzlich beispielsweise bei George Saunders), daher wiegen die hier aufgelisteten für mich um so mehr, denn die haben mich in der Regel von der ersten Zeile nicht mehr losgelassen.

Eine liebe Freundin hat mir vor kurzem einen Kurzgeschichten Band zugeschickt: Victoria Hislops Sammlung mit Kurgeschichten von Frauen und zu meinem Entzücken fand ich dort meine Lieblingsgeschichte „The Lottery“ wieder, was mich auf den Gedanken brachte, meine Bibliothek zu durchforsten, um meine persönliche Sammlung aus den für mich besten Kurzgeschichten der Welt hier zu präsentieren.

Einige kann man im Internet finden, da habe ich den link ensprechend angehängt und bin jetzt sehr gespannt, ob Euch meine Sammlung gefällt, welche ihr davon kennt und vielleicht auch mögt oder eben auch nicht. Fehlt euch etwas? Freue mich sehr auf Eure Kommentare und etwaigen Ergänzungen. So long äh short 😉

Isaac Asimov – The Martian Way
Margaret Atwood – Torching the Dusties
Margaret Atwood – Death by Landscape
Margaret Atwood – The Martians claim Canada
Paul Auster – Augie Wren’s Christmas Story
James Baldwin – The Outing
Karen Blixen – The Monkey
Wolfgang Borchert – Nachts schlafen die Ratten doch
Jorge Luis Borges – Die Bibliothek von Babel
Octavia Butler – The Morning, and the evening and the night
TC Boyle – Dogology
Ray Bradbury – The Veldt
Ray Bradbury – A sound of Thunder
Ray Bradbury – The Million-Year Picnic
Albert Camus – The Artist at Work
Truman Capote – Handcarved Coffins
Truman Capote – Miriam
Raymond Carver – Neighbors
Angela Carter – The Bloody Chamber
Ted Chiang – Story of Your Life
Roald Dahl – Lamb to the Slaughter
Philip K Dick – The Golden Man
Philip K Dick – The Minority Report
Charles Dickens – The Signal-Man
Charles Dickens – A Christmas Carol
Denis Diderot – Gründe meinem alten Nachtrock nachzutrauern
Joan Didion – On Self-Respect
Emma Donoghue – Words for Things
Fjodor Dostojewski – Weihnachtsbaum und Hochzeit
Fjordor Dostojewski – Weiße Nächte
Arthur Conan Doyle – The Adventure of the Blue Carbuncle
Agatha Christie – The Witness for the Prosecution
Jennifer Egan – Safari
Harlan Ellison – I have no mouth and I must scream
Sheridan Le Fanu – Green Tea
William Faulkner – A Rose for Emily
F Scott Fitzgerald – The Curious Case of Benjamin Button
Gillian Flynn – The Grownup
EM Forster – The Machine Stops
Neil Gaiman – Der Fluch der Spindel
Neil Gaiman – Snow, Glass, Apples
Ursula LeGuin – Coming of Age in Karhide
Ursula LeGuin – The ones who walk away from Omelas
Graham Greene – The Third Man
Ernest Hemingway – The Snows of Kilimanjaro
Ernest Hemingway – A clean well-lighted place
O. Henry – The Robe of Peacej
Patricia Highsmith – The stuff of Madness
Aldous Huxley – Young Archimedes
Washington Irving – The Legend of Sleepy Hollow
Mary Gaitskill – The Other Place
Charlotte Perkins Gilman – The Yellow Wallpaper
Maria Dahvana Headley – See the Unseeable, Know the Unknowable
Judith Hermann – Kaltblau
Siri Hustvedt – Mr. Morning
Henry James – The Turn of the Screw
Shirley Jackson – The Lottery
Franz Kafka – Die Verwandlung
Franz Kafka – In der Strafkolonie
Stephen King – Rita Hayworth and Shawshank Redemption
Stephen King – Children of the Corn
Stephen King – The eerie aftermath of a mass exit
Stephen King – The Road Virus heads north
Heinrich Kleist – Die Marquise von O
Lautréamont – Die Gesänge des Maldoror
Stanislaw Lem – Test
Hengtee Lim – The Girl at the Bar
Jack London – The Red One
HP Lovecraft – Cool Air
HP Lovecraft – The Dunwich Horror
Guy de Maupassant – Der Horla
Herman Melville – Bartleby, the Scrivener
Laurie Moore – How to become a writer
Daphne Du Maurier – Don’t look back
Daphne Du Maurier – The Birds
Haruki Murakami – Kinos Bar
Haruki Murakami – Yesterday
Haruki Murakami – The Elephant Vanishes
Vladimir Nabokov – Terra Incognita
Joyce Carol Oates – Where are you going, where have you been?
Dorothy Parker – Sentiment, A Telephone Call
Sylvia Plath – Johnny Panic and the Bible of Dreams
Edgar Allan Poe – The Tell-Tale Heart
Edgar Allan Poe – The Pit and the Pendulum
Annie Proulx – Brokeback Mountain
Karen Russell – Vampires in the Lemon Grove
Karen Russell – Reeling for the Empire
JD Salinger – For Esme
JD Salinger –  A Perfect Day for a Banana-Fish
Oliver Sacks – Altered States
Jean-Paul Sartre – The Room
Jean-Paul Sartre – The Wall
Arthur Schnitzler – Traumnovelle
Ali Smith – Free Love
Robert Louis Stevenson – The Body Snatcher
Bram Stoker – Dracula’s Guest
Donna Tartt – The Ambush
James Tiptree Jr – And I awoke and found me here on the Cold Hill’s side
Mark Twain – Cannibalism in cars
Jules Verne – Der ewige Adam
Kurt Vonnegut – Harrison Bergeron
Kurt Vonnegut – The Drone King
HG Wells – Empire of the Ants
Jeanette Winterson – Days like this
Virginia Woolf – A mark on the wall
Richard Yates – Saying Goodbye to Sally
Banana Yoshimoto – Lizard
Stefan Zweig – Die Schachnovelle
Stefan Zweig – Brief einer Unbekannten