Literatur-Blog für alle, die keine Angst vor heftigen Mischungen haben. Paul Auster, Margaret Atwood, Haruki Murakami treffen auf Simone de Beauvoir, Batman und Orphan Black. Dosenbier auf Oper und St. Pauli auf Crispr, Philosophie, Science und Sci-Fi.
One of the most beautiful books I own but then all of Judith Schalanky’s books are incredibly well made and astoningishly beautiful.
Like the author I loved world atlases and globes as a kid (and still do) and constantly travelled the world flicking through or spinning them whilst lying on the living room floor.
Schalansky grew up in East Germany during the late 80’s and early 90’s, so her atlases were filled with a world that was unavailable to most East German citizens. She went on imaginary trips like probably many of us. When the wall fell, she was faced with infinite possibilities to travel to these strange lands that had filled her imagination.
Judith Schalansky has produced a wonderful atlas that combines everything that us atlas-nerds love in maps combined with history and interesting stories. I’m also a sucker for good introductions, something I miss too often in German books. Her introduction really gets you into the mood and then we are treated to a multitude of islands arranged by ocean.
Each island has two pages dedicated to it, the right hand page a map at the 1:125000 scale and the left hand page shows the nearest other land and a timeline of discovery and significant events that happened on or around the island.
The stories are really interesting and range from whale hunting, Robinson Crusoes, idyllic atolls, atomic bombs, murder and Penguins to cannibalism.
It is amazing to know that there are still places on earth that are unknown. Visually stunning and perfectly designed, this wondrous book is the perfect gift for yourself or any fellow armchair-traveller that whizzes you off to the far ends of the world in no time.
And I nearly forgot to mention – I have been to one of the Islands in real life *looking very proud“ I visited St. Kilda’s some years ago a tiny island off the Outer Hebrides that had a tiny post office because they have their own stamps. I’m still looking everywhere for them now, I hope I still have my St. Kilda stamps somewhere. You could walk around this little place in no time, it’s always windy and the air tastes of salt. Would love to go back and maybe stay a night or two…
Check out Judith Schalansky’s other books „Der Hals der Giraffe“ and „Verzeichnis einiger Verluste“ and make sure you come by here again when I introduce another beautiful book of maps to you: The atlas of literature – coming soon 🙂
Gesehen: „Roma“ (2018) von Alfonso Cuaron. Der Hype hatte mich etwas skeptisch gemacht, aber das ist wirklich ein großartiger Film mit beeindruckenden Bildern und zurecht ein Oscar-Anwärter.
„Dreaming Murakami“ (2018) von Nithesh Anjaan. Einblicke in die Arbeit der Murakami-Übersetzerin Mette Holm mit surrealistischen Versatzstücken aus Murakamis Welt. Sehr interessant.
Gelesen: Über die perfide Kampagne gegen George Soros, Wie eine Selbstverständlichkeit wie „Nazis Raus“ von Journalisten zerschrieben wird, über diese 10 Feministinnen die man kennen sollte, Yuval Noah Hararis on why humans dominate earth, Ellen Page on why she’s not afraid to speak the truth, die Toilette als Innovationstreiber, Power causes Brain damage, What really happens after the Apocalypse
Getan: einen tollen Workshop in Berlin absolviert mit großartigen, inspirierenden Menschen, ein schönes Dinner mit Freunden und mir von Judith Schalansky vorlesen lassen.
Geplant: einen tollen Workshop in Dortmund abliefern
Gegessen: Schwarze Bohnen mit geröstetem Blumenkohl und eine sehr leckere Seezunge im Limani
Gekauft: Shirts bei H&M die dann leider durchsichtig waren und Sweatpants
Gefunden: nix
Gedacht: “The past is beautiful because one never realises an emotion at the time. It expands later, & thus we don’t have complete emotions about the present, only about the past.” —Virginia Woolf
Gesehen: „Burning“ (2018) von Lee Chang-dong mit Steven Yeun. Koreanische Verfilmung der Murakami Kurzgeschichte „Barn Burning„. Interessant fand es aber einen Ticken lang.
„The Fall“ Britisch-Irische Krimiserie von Jakob Verbruggen um einen Serienkiller mit Gillian Anderson und unter anderem Archie Panjabi. Tolle Serie mit großartigen Protagonistinnen.
Gelesen: How Millenials became the burnout generation, Die Frau wird immer über den Mann erzählt, How Alan Turing deciphered shark skin, dieses Interview mit Judith Schalansky, Michelle Obama in conversation with Chimamanda Ngozi Adichie, what movies taught me about being a woman
Getan: Nicht die Lust der Täuschung gesehen stattdessen „Florenz und seine Maler“ und das Phantasy Filmfest besucht
Geplant: endlich die Christoph Niemann Ausstellung im Literaturhaus sehen und den Bookclub bekochen
Gegessen: sehr leckeren Flammkuchen bei lieben Freunden und feine Auberginen-Pide
Gefreut: über unseren Ausflug in die ESO Supernova in Garching, ein schönes Telefonat und über den Schnee
Geärgert: über die langen Schlangen bei der Ausstellung „Lust der Täuschung“
Geklickt: auf den TED Talk von Cameron Russell „Looks aren’t everything“ und den von Kate Raworth „A healthy economy should be designed to thrive, not grow“
2018 endete mit drei großartigen Damen und so ging erfreulicherweise das neue Jahr gleich weiter. Drei richtig gute Bücher, so lasse ich mir frisch begonnene Literaturjahre gefallen.
Den Anfang machte Judith Schalansky, auf die ich besonders gespannt war. Ich kenne bislang nur „Der Hals der Giraffe“, das ich sehr mochte und in dem ich Unmengen an Sätzen unterstrichen hatte. Die Latte hing also recht hoch…
In zwölf Geschichten brausen wir mit ihr durch die Weltgeschichte und erfahren von ganz unterschiedlichen Verlusten, auf jeweils 16 Seiten jeweils getrennt durch eine schwarze Seite. Diese sollte man sich etwas genauer ansehen, denn wer genau schaut, der erkennt die jeweiligen Verluste. Den kaspischen Tiger, die Liebeslieder der Sappho, verlorene Gebäude und Gemälde.
„Wo Sapphos Worte lesbar sind, sind sie so unmissverständlich und klar, wie Worte nur sein können. Besonnen und leidenschaftlich zugleich erzählen sie in einer untergegangenen Sprache, die mit jeder Übersetzung erst zum Leben erweckt werden muss, von einer Himmelsmacht, die auch sechsundzwanzig Jahrhunderte später nichts von ihrer Gewaltigkeit eingebüßt hat: Die plötzliche, ebenso wundersame Verwandlung eines Menschen in ein Objekt des Begehrens, das einen wehrlos macht und Eltern, Ehegatten und Kinder verlassen lässt.“
Die Geschichten sind ganz unterschiedlicher Natur. Die gründlich recherchierten Fakten werden in poetisch knapper Sprache zu melancholischen kleinen Kunstwerken gesponnen. Ich kam aus dem Unterstreichen wieder kaum heraus. Es geht mit Captain Cook vom Atoll Tuanakai, das bei einem Seebeben verschwand, dem letzten Kampf des kaspischen Tigers im Kolosseum in Rom, einem Spaziergang einer nölenden Greta Garbo durch Manhattan, über die attische Lyrikerin Sappho hin zu einem ganz besonderen Kapitel deutscher Naturbeschreibung in Greifswald. Diese Form des „Nature Writing“ habe ich bislang in Deutschland noch nicht gelesen (was aber sicherlich meinem beschränken Lesehorizont zuzuschreiben ist, sicherlich gibt es das noch häufiger – kennt jemand Beispiele?)
Die Geschichten gehen mir noch immer nach und es hat mir riesigen Spaß gemacht, meine eigenen Recherchen zu den Geschichten zu betreiben und mich auf die Suche nach weiteren Verlusten zu begeben. Dieses Buch hätte für mich gerne noch einige weitere sechszehnseitige Verlustanzeigen enthalten dürfen. Für mich ein ganz feines Juwel und ich freue mich schon sehr auf die Lesung mit Judith Schalansky in München am 23. Januar.
Auch Maggie Nelson hat ein erstaunliches, besonderes, kleines blaues Kunstwerk geschaffen. In 240 durchnummerierten Absätzen, die kurzen Gedichten ähneln, philosophiert die Autorin über ihre unbeschreibbare Liebe zur Farbe Blau. Es ist eine Liebes- und Leidensgeschichte. Sie trauert um ihren blauen Prinzen und beschreibt gleichzeitig die Leidensgeschichte ihrer querschnittsgelähmten Freundin.
Frei, und ohne sich um irgendwelche Formbeschränkungen zu scheren, reflektiert sie über die verschiedenen Formen des Blaus in Literatur, Philosophie, Musik und Poesie. Es geht in diesen Miniatur-Essays ums Begehren, das Loslassen, das Versinken im Leid aber Nelson verfasst das nicht ohne Selbstironie, einen Hauch Sentimentalität und feministischer Intellektualität.
Ein Buch, das man auf jeder Seite aufschlagen und loslesen kann, und mit dem man bestens prokrastinieren kann. Ein paar Absätze lesen, ein passendes Musikstück raussuchen, die erwähnten Personen nachschlagen und einfach ein bisschen blau-schwermütig aus dem Fenster schauen…
Meine letzte Empfehlung passt bestens zu den aktuellen Wetterbedingungen.
Hanna befindet sich mit einem Forscherteam in der Antarktis, als sie von ihrem Bruder eine Email mit den Worten „Scott ist tot“ erhält. Vollkommen überrascht und erschüttert versucht sie, die Nachricht vom Tod ihrer ehemals besten Freundin Fido zu verarbeiten. Die ungeklärten Fragen und immer wieder hochkommenden Erinnerungen drohen Hanna und die Expedition in Gefahr zu bringen.
Es geht nicht nur um eine Forschungsexpedition ins ewige Eis, sondern auch und vor allem um Erinnerungen und an die erste, große Liebe. Nüchtern legt Anna von Canal das Beziehungsgeflecht zwischen Hanna, ihrem Bruder Jan und Fido unter das Mikroskop. Ein spannendes poetisches Buch über die Kindheit, die Macht der Erinnerung und den eisigen Schmerz, den „Ghosting“ verursacht, das bewusste Verschwinden eines Menschen ohne jede Erklärung.
„Du bist seit zwanzig Jahren eingefroren in diesem Bild. Festgehalten in meiner letzten Erinnerung an dich. In dem Moment, bevor unsere Freundschaft endete.“
Mir gefiel dieser kurze Roman mit seiner klaren schnörkellosen Sprache und mit einem letzten Satz, über den ich noch immer nachdenken muss.
Aufmerksam wurde ich darauf durch Constanze, die auf ihrem Blog „Zeichen und Zeiten“ vor einiger Zeit schon darüber berichtete.
Schönheit liegt ja immer im Auge des Betrachters, aber bei diesen kleinen Schmuckstücken kann man nicht anders als schwach zu werden und zuzugreifen. Ich hatte schon immer eine Schwäche für schöne Bücher, damit hat mich die Büchergilde schon vor gefühlten 100 Jahren zur Mitgliedschaft überzeugen können.
Ich habe hier schon des Öfteren Bücher vorgestellt, die nicht nur inhaltlich schön waren, sondern die auch optisch etwas Besonderes waren, deswegen wurde es höchste Zeit für eine eigene Rubrik auf dem Blog, die ich hiermit feierlich eröffne und in meinem gewohnten Anglizismus-Wahn „Bookporn“ nenne.
Als ich kürzlich (zum ersten Mal im Übrigen) in der Buchhandlung Perthel am Gasteig in München war, wollte ich eigentlich nur ein Geburtstagsgeschenk für eine Freundin kaufen (zu stepanini winkt) und konnte mich dann absolut nicht mehr von gleich mehreren Schmuckstücken trennen und schwer bepackt verließ ich einen neuen „Liebling“. Die Ausbeute möchte ich euch hier kurz vorstellen.
Anfangen möchte ich aber mit dem Buch, das ich vorab schon zum Geburtstag bekam, Franz Kafkas „Ein Landarzt“ mit Illustrationen von Kat Menschik, zu der ich glaube ich nicht mehr viel sagen muss. Der Band erhält ein paar sehr schön ausgewählte kleine Erzählungen von Kafka, wobei nur die erste, „Der neue Advokat“, neu für mich war, vielleicht habe ich sie deshalb zu meinem Favoriten in dieser Ausgabe erklärt.
Galliani ist ein Verlag, der immer wieder wunderschöne Bücher herausbringt und bei diesem Bändchen und der Zusammenarbeit mit der wunderbaren Kat Menschik handelt es sich um ein ganz besonderes Schmuckstück, das in keiner Sammlung fehlen sollte.
Hier eine Übersicht der Erzählungen:
Der neue Advokat
Ein Landarzt
Auf der Galerie
Ein altes Blatt
Vor dem Gesetz
Schakale und Araber
Ein Besuch im Bergwerk
Das nächste Dorf
Eine kaiserliche Botschaft
Die Sorge des Hausvaters
Elf Söhne
Ein Brudermord
Ein Traum
Ein Bericht für eine Akademie
Bei der übrigen Beute aus dem Buchladen handelte es sich um drei Bände aus der Insel-Bücherei.
Mario Vargas Llosa: „Sonntag“
Vargas Llosa erzählt in dieser kleinen Novelle von den typischen „Rites of Passage“, die junge Peruaner der Oberklasse durchlaufen, bevor sie zum Mann werden. Miguel, der Protagonist der Geschichte, erlebt seinen Männlichkeitstest, wenn er mit einem Rivalen um das Herz seiner Angebeteten Flora um die Wette schwimmt. Es ist eine zarte melancholische Geschichte voll beklommener Langeweile um jugendliche Unsicherheit, Verzweiflung und Mutproben, die Llosa erzählt und die wiederum von Kat Menschik wunderbar illustriert wurde.
In Stanislaw Lems „Professor A. Donda“ geht um einen Wissenschaftler der vermutet, es gäbe eine Äquivalzenz zwischen Information und Materie ähnlich der von Energie und Materie. Information ist ein Ordnungszustand von Materie und um diese zu ordnen braucht man Energie.
Das ganze wird in einer atemlos durchgeknallten Geschichte erzählt, perfekt für Freunde satirischer Sci-Fi. Der Illustrator Benjamin Courtault hat mich sehr beeindruckt, den behalte ich mal auf dem Radar, seine Arbeiten gefallen mir sehr:
Max Frischs „Questionnaire“ kann zwar nicht mit Illustrationen aufwarten, aber mit schlichtem Design und vor allen Dingen einfach die unglaublich guten Fragen. Ich liebe Fragen. Ich war immer schon deutlich mehr an Fragen als an Antworten interessiert und diese 10 Fragebogen kreisen jeweils um ein konkretes Thema: Ehe, Frauen, Humor, Geld, Freundschaft, Vatersein, Heimat, Eigentum und die Erhaltung des Menschengeschlechts.
Meine Lieblingsfrage war: „Are you disconcerted by an intelligent Lesbian“ ?!?
Natürlich geht Inhalt vor Optik, aber es gibt keinen Grund, warum gute Bücher nicht auch schön sein sollten und diese vier sind ein paar wunderbare Beispiele dafür.
Ein paar weitere besonders schöne Bücher findet ihr hier auf meinem Blog:
Good riddance you motherf*** of a Year – hoffen wir das nächste wird besser. Meine Oma sagte immer 7 ist eine Glückszahl, von daher stehen die Chancen gut.
Ein Jahresrückblick ist ja immer eine gute Ausrede für eine weitere Liste und das ich die liebe hat man ja sicherlich schon gemerkt.
Meine Goodreads Bücher-Challenge hatte ich bewusst recht hoch gesteckt und zwar auf 110 Bücher. Habe ich nicht ganz geschafft, aber 107 ist trotzdem gut, sind aber auch einige Comics, Graphic Novels und recht dünne Bücher dabei. Geschrieben habe ich über nahzu jedes Buch das ich gelesen habe. Jetzt zum Ende hin ist es knapp geworden und daher werde ich eine Rezension zu diesen Büchern hier leider nicht mehr schaffen:
„Gefahren des Lesens“ ist ein großartiges Buch – das perfekte Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk für alle Leseratten, Bücherwürmer, Bibliophile und ähnliche Verrückte. Habe es mit großem Vergnügen auf der langen Zugfahrt in den hohen Norden gelesen – ganz ohne Vollrausch, versprochen. Unbedingt kaufen eines für euch und eines zum Verschenken.
Dafür brauchts das hier nicht unbedingt. Hatte mich sehr drauf gefreut, ich mag die Reihe von Reclam eigentlich sehr. Nur hier wurde ich nicht warm. Es klang so bemüht intellektuell, ging so in Verteidigungshaltung. Wäre ich Herr Scheck hätte ich das jetzt in die Tonne geworfen, sorry.
Hier noch eine literarische Überraschung. Hatte das Buch nicht auf dem Schirm, aber die Bingereader-Gattin hat mir fast körperlich gedroht, wenn ich nicht sofort und auf der Stelle dieses Buch lese … Und es hat mir wirklich sehr gefallen. Spielt in der Kunstszene der 80er Jahre in New York und ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen. Unbedingte Empfehlung für:
OK – aber jetzt kommt sie wirklich die Liste. Versprochen. Habe meine Best Books 2016 ein bisserl nach Genre sortiert. Ist ja immer ganz schön schwierig die Auswahl zu treffen. So viele die ganz knapp nicht genannt werden konnten.
OK Top 12 Belletristik (eines für jeden Monat sozusagen) 😉
Kein Ranking – zufällige Anordnung wie auf dem Bild von oben links im Uhrzeigersinn, die Mitte zuletzt.
Was sagt ihr zu meiner Auswahl ? Lob, Kritik – fehlt euch was oder gabs Überraschungen? Freue mich von Euch zu hören.
Morgen gibt es dann die Konzerte und Filme 2016 – juhuuu mehr Listen.
Ich wünsche Euch allen ein wunderbares 2017 – habt einen guten Rutsch und lasst es krachen 🙂
Facebook ist schon ein gefährlicher Ort. Da gibt man nichtsahnend zu, ein bestimmtes Buch noch nicht gelesen zu haben und schon gehts los. Schande aufs Haupt, Asche aufs Brot und geht ja nicht und jetzt aber mal zack. Hält ja keiner aus so ein „Bullying“ 😉 ich trabte daher brav zum Regal, lies den SUB SUB sein und nahm mir den „Hals der Giraffe“ von Judith Schalansky vor. Wollte ich ja schon immer mal lesen, aber irgendwie kam bislang immer was dazwischen. Notgedrungen, und wer will sich schon Ärger mit den Facebook-Freunden, so oder so es wurde Zeit and this is how I met Inge:
In einem kleinen Dorf in der ehemaligen DDR lebt Inge Lohmark. Sie ist streng, zynisch und Biologielehrerin und die letzte ihrer Art. Die Schule wird mangels Nachwuchs demnächst geschlossen, sie lehrt jedoch stoisch und unerschrocken ihre biologische Sicht auf die Welt. Schüler sind für sie eine einfach eine weitere Spezies unter den unzähligen, die es auf der Welt gibt. Einige von ihnen haben Potential, die restlichen werden einfach per natürlicher Selektion ausgelöscht. Darüber muss man sich nicht aufregen, das ist einfach so. Gene eben und das Überleben der Fittesten. Darauf bezieht sich auch der Titel des Romans. Je länger der Hals einer Giraffe, desto größer die Wahrscheinlichkeit, das sie an Blätter am Baum gelangen und somit überleben. Das ist das einzige was zählt für Inge. Überleben. Dafür braucht man keinen Spaß und auch Liebe ist nicht wirklich unbedingt notwendig, benötigt werden gute Gene, der Rest ist Darwinismus.
“Dass der Mensch nicht einmal vor der Wüste haltmachte! Seine Toleranzkurve war wirklich beachtlich. Er konnte beinahe überall überleben. Und muste das geraezu zwanghaft immer wieder unter Beweis stellen. Protzen mit der ökologischen Potenz.“
Für Inge ist der gesamte Überlebenskampf ein Konkurrenzkampf. Ein Merkmal, das man in der früheren DDR nicht so gern hatte, aber selbst im Kommunismus, konnten die Darwinschen Gesetze nicht komplett umgedeutet werden. Der Konkurrenzkampf ist ein Hauptmerkmal für Inge Lohmark, sowohl bei den Schülern, als auch in der gesamten Gesellschaft. Ausgerechnet Inge Lohmark, die diesen Konkurrenzkampf, die notwendige Härte, Autoriät etc personifiziert wird ironischerweise selbst zum Symbol für eine aussterbende Rasse. Die modernen Lehrer, die verständnisvollen, partnerschaftlich agierenden übernehmen das Ruder.
„Veilchenfußvolk, neueste Aufhübschungsmaßnahme der Beschäftiungstherapierten.“
„Allein die Schulpflicht. Das war ein staatlich organisierter Freiheitsentzug. Ausgeheckt von der Konferenz der Kultusminister. Es ging gar nicht um Wissensvermittlung. Sondern darum, die Kinder an einen geregelten Tagesablauf und die jeweils herrschende Ideologie zu gewöhnen.“
Eigentlich würde man denken Inge Lohmark wäre mir mit ihrem Denken zutiefst zuwider, war aber nicht so. Diese knorrige, kantige ältere Frau ist mir richtig ans Herz gewachsen. Ihr wunderbarer beissender Zynismus, oft richtig komisch, hatte es mir total angetan. Die Beziehung zu ihrer Tochter ist schwierig und sie entwickelt eine etwas seltsame Obsession mit einer ihrer Schülerinnen, die aber magischerweise zu einer ganz zarten Öffnung ihres Herzens führt. Ich fand Inge Lohmarks philosophische Betrachtungen der Welt überaus interessant und das Buch ist auf jeden Fall eine wunderbare Nachhilfestunde in Biologie. Die Sprache ist einfach und karg wie Inge
Schon lange habe ich nicht mehr so viel aus einem Buch herausgeschrieben und unterstrichen. Das wird mit Sicherheit eines der Bücher sein, die ich bei Gelegenheit noch einmal lese. Kennt jemand die anderen Bücher von Judith Schalansky ?
„Sie war der lebende Beweis, dass der Mensch sich nicht durch Vernunft, sondern durch demonstrative Sprachfähigkeit vom Tier unterschied.“
„Ich darf doch Inge sagen?
Erpressung war das. Alles mit Absicht.
Ja, darfst du. Was sollte man schon sagen? Der Wasserkreislauf war mächtig. Missbrauch beim Mittagessen.“
“Allein, dass der Mensch zur Schule gehen musste, sprach für die Unzulänglichkeit seiner Konstruktion. Fast alle anderen Tiere waren mit der Geburt fertig. Fertig fürs Leben. Ihm gewachsen. Nach ein paar Stunden standen sie schon auf eigenen Beinen. Menschen hingegen blieben ihr Leben lang unfertig. Mängelwesen. Kümmerlinge. Physiologische Frühgeburten, die zur Geschlechtsreife gelangten. Von Natur aus unvorbereitet. Erst am Ende fertig mit dem Leben. Man wurde nur so alt, weil man so unendlich viel zu lernen hatte.“
So und jetzt hätte ich im Übrigen bitte gerne die mir versprochene Fleiß-Giraffe. Ich winke fröhlich aus dem sonnigen Paris (an dieser Stelle solltet ihr euch die Bingereaderin sehr Simone de Beauvoir mässig im Cafe de Flore sitzend vorstellen, schreibend und lesend und ganz eventuell ein Gläschen Rotwein schlürfend dabei. Ach ich kündige einfach und werde hauptberuflich Philosophin – juhu!
À bientôt 🙂
Hier eine Lesung aus „Der Hals der Giraffe“ von Judith Schalanksy:
Das Buch selbst ist im Übrigen ein absolutes Gesamtkunstwerk. Leinengebunden mit wunderschönen Tafeln, man mag es permanent streicheln und gar nicht mehr aus der Hand legen. Da versuch mal gegen anzukommen Kindle, ha!