Es ist gar nicht so einfach, eine Autorin des 20. Jahrhunderts zu finden, die mehr Bewunderung erfährt, als Virginia Woolf. Ihre atmosphärische, aufrüttelnde Art zu schreiben, hat ihr Unmengen an Fans beschert. Kaum eine Autorin ist zentraler für das Verständnis des Modernismus und sie ist gleichzeitig irgendwie überall und nirgends.
Sie hatte natürlich auch ein wahrhaft ikonisches Leben. Eine talentierte Frau inmitten des Bloomsbury Circles, die ganz unverhohlen ein Verhältnis mit einer anderen berühmten Frau hatte zu einer Zeit, in der so etwas alles andere als selbstverständlich war. Es gab auch eine Menge Dunkelheit in ihrem Leben und dann natürlich noch ihr tragischer Selbstmord – kein Wunder, dass es Unmengen an Biografien über sie gibt.
Michael Kumpfmüller hat sich in seinem Roman „Ach, Virginia“ mit den letzten Tagen im Leben der Autorin beschäftigt. Im März 1941 gerät Virginia Woolf in ihre letzte große Krise: Sie hat soeben ein neues Buch beendet, über das kleine Cottage im Süden Englands, das sie mit ihrem Mann Leonard bewohnt, fliegen deutsche Bomber. Sie führt das Leben einer Gefangenen, die nicht weiß, wie und wohin sie ausbrechen soll – und am Ende entscheidet sie sich für den Fluss.
Diese letzten Tage Virginia Woolfs beschwört Michael Kumpfmüller in seinem neuen Roman eindrücklich herauf. Er zeichnet das Bild einer Person, die keinen Halt mehr finden kann und beschreibt ihre quälende Konfusion. Es ist der Versuch einer Annäherung, die meines Erachtens aber nicht völlig gelungen ist.
Gelungen ist ihm, die letzten Tage im Leben der großen Autorin nachvollziehbar zu machen und nach nur wenigen Sätzen ist man mitten in der Geschichte. Mir ist es stellenweise zu kitschig und zu pathetisch (den flüsternden Engel fand ich wirklich too much) aber die größten Bauchschmerzen hat mir die Idee des Autors verursacht, Virginia Woolfs Suizid als erotische Fantasie darzustellen:
„Sie möchte dem Fluss eine schöne Geliebte sein, jung und geschmeidig, sie möchte, dass er sie sieht und birgt, nackt und entgegenkommend, wie sie jetzt ist. Ja, Liebster, sagt oder flüstert sie, so man wortlos flüstern kann, und man scheint es zu können.„
Ich habe den Roman dennoch im Großen und Ganzen mit einigen Abstrichen gerne gelesen. Auf jeden Fall habe ich Lust bekommen, ihre veröffentlichten Tagebücher zu lesen und mich noch eingehender mit ihrer Gedankenwelt zu beschäftigen.
Ich danke dem Kiepenheuer & Witsch Verlag für das Rezensionsexemplar.
Liebe Sabine, ich kann unterschreiben, was Du da schreibst – ich hadere aber doch noch ziemlich mit dem Buch. Irgendwie hätte ich es beinahe in die Ecke gepfeffert, weil ich finde, dass es Virginia nicht gerecht wird. Mal sehen, ob und was bei mir rauskommt. Aber danke für die Bestätigung meines Eindrucks. Liebe Grüße, Bri
Ich habs mir gleich erspart. Hatte schon sowas gedacht, weil ich schon Kumpfmüller
gelesen habe.
Viele Grüße!
Pingback: Michael Kumpfmüller - Ach Virginia - LiteraturReich - Rezension