Alceste – Christoph Willibald Gluck

IMG_2009

Wer träumt nicht davon, mal in der Oper in der zweiten Reihe zu sitzen, ohne jede Sichtbehinderung und die Sänger und Sängerinnen nicht nur zu hören sondern tatsächlich auch spielen zu sehen? In München meist unbezahlbar und häufig auch gar nicht zu bekommen die Plätze, selbst wenn das Kleingeld dafür da wäre. Das Nationaltheater Mannheim hat es mir bei „Alceste“ möglich gemacht. Was für ein Unterschied zu meinen sonstigen Plätzen und es hat sich so sehr gelohnt.

Wenn ich eines liebe, dann Barockopern. In der 1776 uraufgeführten Oper „Alceste“ von Christoph Willibald Gluck wetteifern zwei, die die große Liebe gefunden haben darum, wer jetzt für wen sterben darf. König Admète liegt im Sterben und seine liebende Frau ist außer sich vor Trauer. Der Oberpriester kennt einen Ausweg: Wenn sich jemand für den König opfert, kann dieser weiterleben. Alceste beschließt, ihren geliebten Mann durch ihren eigenen Tod zu retten – nur wie soll Admète diesen Verlust überstehen?

7712_sth6_alceste_b_premiere09Foto: Nationaltheater Mannheim

Man erlebt ja des öfteren Liebende, die sich streiten, wer jetzt das Abendessen bezahlen darf, aber würde man tatsächlich für den Partner sterben? Schwierige Frage, diese beiden ringen auf jeden Fall heftigst miteinander, wessen Opferfreudigkeit nun größer ist.

Das Bühnenbild und die Kostüme aus der Zeit der Uraufführung sind phantastisch. Das Bühnenbild stellt einen Innenhof dar, im Hintergrund ein großes Tor. Dahinter erzeugen Videoprojektionen den Eindruck weiterer Gänge und Räumen, nur für Alceste und Admète gibt weder Ausgang noch Ausweg aus ihrer Situation. Das Volk schaut dem Seelenspektakel ihrer Herrscher freundlich interessiert zu und bekommt das melancholisch-düstere Ende serviert, das von Anfang an zu erwarten war.

Die Musik ist gelassen, elegant und melancholisch. Ruben Dubrovsky hat Solisten, Chor und Orchester zu einem Gesamtkunstwerk zusammengefügt. Galina Shesterneva hat insbesondere nicht nur stimmlich, sondern auch schauspielerisch überzeugt.  Ein wundervoll düsterer klangprächtiger Abend – ich komme sehr gerne wieder, geniesse die erschwinglichen Ticketpreise, das musikalisch hohe Niveau und im Anschluß gibts dann wieder anspruchsvolle Cocktails im Speicher 7.

Schön ist aber auch, wenn man sich endlich mal ein Programmheft gönnt und es dann, bevor man es überhaupt gelesen hat, mit ’nem Stapel Wäsche in die Maschine stopft – seufz. Ich hätte es durchaus lieber gelesen als es jetzt über Wochen als nervige Mini-Fusseln aus meinen Klamotten zu pflücken.

Il Trovatore – Guiseppe Verdi

csm_FG_Il_trovatore_12_060a58b5d1

Foto: Bayerische Staatsoper

Mein erster Verdi hat mich Dienstag Abend in die Staatsoper gebracht und es war in vielerlei Hinsicht ein spannender Abend. „Il Trovatore“ ist ein dunkles Drama mit Liebe, Lust, sehr viel Leidenschaft, Rache und nicht zu vergessen – opulenter, atemberaubender Musik, die einen total mitreißt.

Es geht um die Feindschaft zwischen zwei Männern, die die gleiche Frau lieben und nicht wissen, dass sie Brüder sind. Es wird viel geliebt, viel gelitten, Rache gefordert und Achtung *Spoiler Alert* am Ende sind fast alle tot. Das Bühnenbild isr ein existenziell anmutendes Räderwerk, in dem das Schicksal unter die Räder kommt, das die Düsternis des Stoffes unterstreicht und das Elemente aus dem Clone Club EBM Schuppen mit den Feuerkreuzen des Ku-Klux-Klans auf seltsame Art verbindet. Es strahlt Endzeitstimmung aus – ich fand es phantastisch !

10991068_10152665578025823_3411527367774061178_n


10978486_10152665577970823_3130396341045964684_n

Noch beeindruckender als das Bühnenbild war aber auf jeden Fall Frau Harteros. Was für eine wuchtige Stimme und sie hat die Leonora richtig gut gespielt. Hin- und hergerissen zwischen Liebe und Verzweiflung, Aufopferung und Wut.
https://www.youtube.com/watch?v=AdCMDswyQgE

Nun mal Butter bei die Fische: ich bin jetzt nicht Libretto-Girl und als Händel und White Shirt Fan ist es zu Herrn Verdi schon ein Stück, aber mein Mut, mich mal ab und an mal der nicht ganz so fernen Vergangenheit zu widmen, hat sich absolut ausgezahlt.

Ich finde es im Übrigen auch immer spannend, wie das Orchester beim Applaus reagiert und welche Sänger freundlichen Beifall bekommen und welche ziemlich gedisst werden. Frau Harteros muss sehr beliebt sein, Yonghoon Lee dagegen irgendwas ausgefressen haben, gar keiner, der applaudiert ? Nun ja, wilde Spekulationen. Wir sind ja nicht bei Gossip Girl, wobei die beiden Violinistinnen, die sich immerzu umgedreht haben und auch was mitbekommen wollten vom Geschehen auf der Bühne und die ab und an den strafenden Blick geernet haben vom Maestro und dann heimlich gekichert haben, die haben mir auch gefallen 😉 Ja, ich hatte mal richtig gute Tickets und habe endlich mal alles sehen können – auf und vor der Bühne.

csm_FG_Il_trovatore_04_13aba52d72

Bild: Bayerische Staatsoper

Ich hatte das große Vergnügen, die Oper mit An von Thadieu’s opera rambling outlet zu sehen – die natürlich das Libretto vorher liest und die Aufführung bereits zum glaube vierten Mal gesehen hat – und war einfach nur beeindruckt. Sie weiß absolut alles über die Oper, Frau Harteros und ich habe enorm viel gelernt – it was a great pleasure 🙂 Eine wundervolle ausführliche Rezension von ihr findet ihr hier.

„To copy the truth can be a good thing, but to invent the truth is better, much better“

Simon Boccanegra – Guiseppe Verdi

Foto 1 (16)

„Das Herz des Menschen ist ein Quell ewigen Leides“ und Simon Boccanegra leidet. Weil es einfach schwer ist Macht und Liebe zu vereinen und auch noch glücklich zu werden. Meine erste Verdi-Oper und ich fand sie wirklich gut. Jaaa, leider keine Mezzos weit und breit, aber dafür Piraten! Na ja gut, Simon Boccanegra ist ein Korsare, den Paolo und Pietro zum Dogen Genuas wählen lassen wollen, da dieser beim Volk sehr beliebt ist, weil er die Stadt von Piraten befreit hat. Piraten haben also nicht unbedingt eine zentrale Rolle gespielt, aber ich habe es verkraftet.

Simon hat ein Kind mit Maria, deren Vater, ein schnöseliger Patrizier, aber seine Zustimmung zur Hochzeit verweigert. Er sperrt seine Tochter ein, um die Beziehung zu zerstören und sie stirbt 3 Monate später an gebrochenem Herzen. Simon ist todunglücklich und das Kind ist verschwunden.

25 Jahre später.

Foto 2 (14)

Amelia Grimaldi soll vom Dogen verheiratet werden mit Paolo, liebt aber wiederum den Patrizier Gabriele Adorno. Viel Verwirrung, eine Entführung und ein verzweifelt eifersüchtiger Gabriele.  Boccanegra wirkt erstaunlich modern in seinen Ansichten und seinen immer wiederkehrenden Bemühungen um Frieden und Aussöhnung. Im Gegensatz dazu wirkt Gabrieles „Doch wenn sie ihrer Unschuld beraubt wurde, will ich sie nicht mehr wiedersehen“ deutlich antiquierter.

Vater und Tochter die sich irgendwann glücklich in den Armen liegen, der seiner Tochter auch den Segen gibt für eine Ehe mit Gabriele, alles wäre gut, hätte der beleidigte Entführer Paolo dem Dogen Simon Boccanegra nicht Gift ins Glas gekippt.

Am Hochzeitstag segnet er die Frischvermählten noch und im Sterben ernennt er Gabriele zu seinem Nachfolger.

Foto 4 (4)

Die Inszenierung ist eine Zusammenarbeit mit der English National Opera London. Das Bühnenbild geht in Richtung Edgar-Hopper meets den Paten im 1. Akt. Nach dem Zeitsprung von 25 Jahren finden wir uns eher im grauen Meetingraum einer Wirtschaftsprüfung wieder.

Kim Wookyung als Gabriele und Serena Farnocchia als Gothic-Amelia haben mir gut gefallen. Es war ein schöner Opernabend und definitiv nicht mein letzter Verdi.

Glückwunsch auch noch mal an die Bayerische Staatsoper zur Wahl zum „Opernhaus des Jahres“.

Lucrezia Borgia – Donizetti

rsys_27209_49a2994ce9610

„Of all the noises known to man,“ wrote Molière, „opera is the most expensive.“

Da hat er nicht ganz unrecht der Herr Molière. Als ich vor ein paar Monaten völlig ungläubig die Opernkarten aus dem Briefkasten genommen habe, war ich zuerst natürlich überrascht, dass ich es tatsächlich geschafft habe für diese Vorstellung während der Opernfestspiele und mit Edita Gruberova in der Titelrolle Karten zu bekommen. Das nenne ich mal Glück. Der Preis der Karten hat mich dann aber auch durchaus nochmal ungläubig gucken lassen.

Opernfestspiele in München – das ist einfach noch einmal mehr Schaulaufen der silberadlerigen Großkopferten. Großgemusterte blumige Abendroben und aufgepuffe silbrige Haare wohin man schaut. Die Münchner Oper hat eindeutig ein Generationsproblem, aber ein toller Abend war es trotzdem.

Nicht zuletzt aufgrund der überragenden Gruberova als giftmischende Lucrezia Borgia. Was für eine Stimme ! Verzweifelt versucht die Borgia ihr Image aufzubessern. Allseits gehasst als ehebrecherische giftmischende Mörderin versucht sie zumindest Gennaro für sich zu gewinnen. Dieser verliebt sich auf den ersten Blick in sie, ohne zu ahnen, dass es sich um seine Mutter handelt. Gut, auf der Bühne liegen aktuell bestimmt gute 30 Jahre zwischen den beiden, aber in der Geschichte wird es sich wohl eher um um eine junge Mutter handeln 😉

Gennaro’s Freunde lästern über die Borgia und da er den Namen nicht mit der Frau in Verbindung bringt, in die er sich so Hals über Kopf verliebt hat, lästert er mit. Dafür will ihm Don Alfonso, der Ehemann Lucrezia Borgias ihn als vermeintlichen Rivalen aus dem Weg schaffen. Gennaro bekommt ein Gift verabreicht, aber seine Mama kann ihn in letzter Sekunde noch mit einem Gegengift retten. Nur kurz später will die Borgia sich bei Gennaro’s Freunden für die Beleidigungen rächen und verabreicht gleich großflächig Gift ohne zu ahnen, dass Gennaro nicht wie von ihr empfohlen geflohen war, sondern sich mit seinen Freunden auf der Feier befand. Auch beim zweiten Mal versucht sie ihn zu retten, doch das Gegengift reicht nicht für alle. Sie gesteht Gennaro, das sie seine Mutter ist, aber das bringt ihn erst recht nicht dazu, das Gegengift zu schlucken.

Er bevorzugt im Kreis seiner Freunde zu sterben. Und die Borgia? Ja die stirbt dann auch, an gebrochenem Herzen oder so. In Gruberovas hohem Alter kann man sich allerdings nicht mehr auf die Bühne fallen lassen zum Sterben, sondern sie ist sehr elegant von der Bühne abgegangen. Und Vorhang. Und tosender Applaus und berauscht ließen wir den Abend bei einem Glas Sprizz am Odeonsplatz ausklingen.

(das zweite Bild ist von der Webseite der Bayerischen Staatsoper)

Meine Woche

928

Gesehen: Diese Woche hauptsächlich unseren Besuch aus dem Norden in diversen Münchner Biergärten 😉 und die CSD-Parade

Gehört: Zur Vorbereitung auf heute abend schon mal „Tranquillo ei posa…Com´e bello“ aus Lucrezia Borgia

Gelesen: einen Artikel über Karl Ove Knausgard – ich muß den jetzt einfach mal lesen

Getan: Die Sonne genossen und zuviel Zeit mit Anwälten verbracht aber auch einen tollen Bookclub-Abend genossen

Gegessen: Nudelsalat ! Seit Ewigkeiten mal wieder

Getrunken: Biergarten-Bier

Gefreut: über richtig gutes Feedback und Lob für meine Academy

Geärgert: über die geschlossene Gesellschaft in der Floßlände

Gelacht: über eine sehr extravagante Schuhwahl beim CSD

Geplant: mir die Zeit zu nehmen mich mit diesen Crashkursen intensiver zu beschäftigen. Ich werde wohl mit „Englischer Literatur“ beginnen

Gewünscht: das das Paket an meinen Bruder gut ankommt

Gekauft: erste Geburtstagsgeschenke und zwei Bücher für mich

Gefunden: gar nix ? Hm

Geklickt: noch eine Liste – die Mega TED Summer Reading List 2014

(diese Auflistung bei philuko gesehen für toll befunden und übernommen – hoffe, das ist ok).

L’Elisir d’amore – Donizetti

vorhangblaue kugellampostred

Meine erste Opera buffa von Donizetti und gleich ein Treffer. Tolles Bühnenbild, tolle Inszenierung, wunderbare Musik…

Der schüchterne Nemorino ist verknallt in Adina, die sich aber so gar nicht für ihn interessiert. Ein Liebeselixier von einem Wunderdoktor in seinem irren Gefährt muß her. Der verkauft ihm Wein im glitzernden Schlauch und nach einer Weile scheint der auch tatsächlich zu wirken. Das all die Frauen in Brautkleidern hinter ihm her sind, liegt zwar eher an der dicken Erbschaft die er gemacht hat, von der er als einziger aber noch nichts weiß und nicht am Wunder-Elixier, aber immerhin merkt auch Adina irgendwann, dass sie ihn ja schon sehr lieb hat den Nemorino. Und nach ein bisserl hin und her, schönen Arien und nachdem er fast als Soldat in den Krieg ziehen musste, um so das nötige Kleingeld für den Wundertrunk zu bekommen, endet alles in einem wunderbaren Happy End und einem tobenden Münchner Opern-Publikum.

Ich freu mich schon auf Lucrezia Borgia …