#WomeninSciFi (21) Macht – Karen Duve

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Karen Duve ist neben Juli Zeh eine der deutschsprachigen Autorinnen, die ich am liebsten lese. Da kann man sich auf intelligente, spannende, aber auch gerne mal böse Unterhaltung freuen. Wie Frau Duve in einem Interview selbst sagte, Strandlektüre gibt es genug, man kann und sollte den Leuten ruhig mal was zumuten. Und das tut sie.

Ihr Protagonist Sebastian ist ein echtes Arschloch. Früher als veganer Ökokämpfer bei Greenpeace unterwegs, hat er inmitten des drohenden Weltuntergangs seine Männlichkeit wiederentdeckt und hält seine Ex-Frau im Keller gefangen.

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„Wir können alles tun, was wir wollen, ohne uns vor den Folgen fürchten zu müssen. Das ist das Gute daran, wenn man keine Zukunft hat.“

Ihr 400-seitiger Roman ist ein bitterböser Dystopie-Spaß, der in nicht allzuferner Zukunft im Jahre 2031 spielt. Das Wetter dreht durch, kein Tag mehr unter 36 Grad in Deutschland, Fleischkonsum ist nur noch per Co2-Punkt möglich und die Männer haben das sinkende Schiff verlassen. Jetzt wo nix mehr zu retten ist, darf der Staatsfeminismus ran. Aber nach wie vor beschäftigen die Menschen sich weniger mit möglichen Auswegen aus der Katastrophe, als mit Verjüngungspillen, ob die Krebs verursachen oder nicht.

„Jeder Staatsapparat ist machtlos, wenn nur eine genügend große Zahl von Menschen beschlossen hat, sich über das Gesetz hinwegzusetzen. Deswegen geben religiöse Führer ja auch nie nach, sondern bringen ihre Anhänger gegen jede Vernunft und Menschlichkeit dazu, kleinen Jungen ein Stück vom Penis abzuschneiden oder ein lebendiges Tier aufzuschlitzen.“

„Religionen sind totalitäre Systeme, und die Sehnsucht des Menschen nach Religion ist die Sehnsucht des Menschen nach totalitären Systemen.“

Die „Bio“-Jugend sticht die „Chrono“-Jugend aus, denn die haben neben der straffen Haut auch noch das entsprechende Kleingeld und Lebenserfahrung. Auch sonst hat man 2031 wenig Grund zur Freude. Radikale Endzeitsekten, randalierende Männergruppen, Hitzestürme und Lebensmittelknappheit. Der Weltuntergang ist nichts für Weicheier, immerhin sehen die meisten gut aus dabei.

Nach „Anständig Essen“ und „Warum die Sache schief geht“ ein weiteres Werk Duves, das sich mit der drohenden Klimakatastrophe beschäftigt. Das Buch ist ähnlich provokant, noch mal eine Schippe böser und dabei richtig spannend geschrieben. Langweilig wird einem auf keinen Fall.

In der Presse ist es meiner Ansicht nach zu Unrecht verrissen worden, denn da steckt einfach eine Menge Wahrheit in dem Roman. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir von Klimaflüchtlingen sprechen und die dadurch ausgelösten Völkerwanderungen wird kein Zaun so einfach aufhalten können. Aber noch machen wir einfach „Business as Usual“, sollen sich doch die späteren Generationen um die Sache kümmern, jetzt haben wir viel wichtigere Dinge zu klären. Quod esset demonstrandum.

Irgendwo wurde Frau Duve als „Weltuntergangsfetischistin“ bezeichnet, ein Titel, den ich ihr zu gerne streitig machen würde, schließlich bin ich jederzeit für einen guten Weltuntergang zu haben.

„Und wenn ich eine Prognose wagen darf: Es werden nicht die mit dem Fahrradhelm sein, die am längsten überleben.“

Karen Duve „Macht“ ist im Galiani Verlag erschienen.

2 Kommentare zu “#WomeninSciFi (21) Macht – Karen Duve

  1. Ein herrlich böser Roman, fand auch die Autorin wurde sehr ungerecht behandelt. Kognitive Dissonanz oder what ever …

  2. Pingback: [Die Sonntagsleserin] Juni 2018 - Phantásienreisen

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