Dieses Buch kam ganz spontan und überraschend ins Haus, von einer lieben Freundin aus Berlin, auf deren literarische Empfehlungen ich viel gebe. Ich wollte auch nur schnell mal reinlesen, um es dann in den Weihnachtsferien zu lesen, bin aber direkt hängengeblieben und es ist einer meiner literarischen Highlights dieses Jahr geworden:
Adam Gordon ist Oberstufenschüler an der Topeka High School, Abschlussjahrgang 1997. Seine Mutter, Jane, ist eine berühmte feministische Autorin; sein Vater, Jonathan, ist ein Experte darin, „verlorene Jungen“ dazu zu bringen, sich zu öffnen. Beide arbeiten in der Foundation, einer bekannten psychiatrischen Klinik, die Mitarbeiter und Patienten aus der ganzen Welt anzieht. Adam ist auch einer der älteren Schüler, die den Einzelgänger Darren Eberheart – der, was Adam nicht weiß, ein Patient seines Vaters ist – in deren Clique einführen, was katastrophale Auswirkungen hat.
Adam Gordon ist erfolgreiches Mitglied des Debattierclubs seiner Highschool. Die Wettbewerbe haben sich durch eine Technik verändert, die „Schnellsen“ genannt wird. Ähnlich wie in einer Fernsehwerbung für Medikamente, in der die potentiellen Nebenwirkungen am Ende in Hochgeschwindigkeit heruntergespult werden, befeuern sich auch beim Schnellsen die Diskutanten mit einer Flut von in unverständlichem Tempo vorgetragenen Fakten. Es geht nicht um Argumentation, sondern um Überwältigung, nicht um Kompetenz, sondern um die effektivste Strategie in einem Krieg der Redeströme:
Derartige Offenlegungen waren zur Verschleierung gedacht; sie setzten einen Informationen aus, die, sollte man die betreffende Institution herausfordern, wie ein übergangenes Argument in einer Debattierrunde behandelt würden – man hat die Stichhaltigkeit des Arguments bereits zugestanden, indem man nicht darauf eingegangen ist, als es vorgebracht wurde. Dass man keine Zeit dazu hatte, ist keine Ausrede.
„Schon vor dem 24-Stunden-Nachrichtenzyklus, den Twitter-Stürmen, dem algorithmischen Handel, den Tabellenkalkulationen und der DDoS-Attacke wurden Amerikaner in ihrem Alltagsleben „geschnellst“; unterdessen sprachen ihre Politiker weiter ganz langsam von Werten, die mit ihrer Politik überhaupt nichts zu tun hatten.“
Die Topeka Schule ist die Geschichte einer Familie um die Jahrtausendwende. Die Geschichte einer Mutter, die sich von einem Missbrauch befreien will; eines Vaters, der seine Ehe verrät; eines Sohnes, dem die ganzen Rituale von Männlichkeit suspekt werden und der zunehmend verstummt. Eine Geschichte von Konflikten und Kämpfen und versuchten Versöhnungen. In „Die Topeka Schule“ geht Ben Lerner den Ursachen der rhetorisch aufgeheizten politischen Gegenwart gekonnt auf den Grund.
Ich möchte defintiv noch die anderen Bücher von Lerner unter die Lupe nehmen und mich auch mit den Werken seiner Mutter, Harriet Lerner, einer Psychologin und Feministin beschäftigen. Eine spannende Familie.
Habt ihr schon was von Ben oder Harriet Lerner gelesen?