Jaaa das Buch ist in aller Munde und es gibt einen ziemlichen Hype darum, ist mir aber alles ganz und gar egal, denn es ist richtig richtig gut und eines meiner absoluten Lieblinge 2014. Ich hätte das nicht geglaubt, Kurzgeschichten haben es ohnehin immer schwieriger bei mir und wenn unisono alle jubeln, dann bin ich ja von vornherein schon mal ganz besonders kritisch, aber diese 9 Kurzgeschichten haben mich ehrlich umgehauen.
Von der ersten Seite an heißt es anschnallen, festhalten, los gehts, die Achterbahn fährt heute ohne Sicherheitskontrolle direkt los. Diese Frau hat keine Angst vor Gefühlen – die Erzählungen handeln meist vom Verlust, von Krankheit, vom Tod, von der Vergangenheit. In wunderbar poetischer Sprache, viel Humor trotz heftiger Themen und sehr viel Charme gerät man vom ersten Satz an in einen Sog, dem man sich überhaupt nicht mehr entziehen kann. Das sind wunderschön warme Geschichten für eisig-kalte Wintertage. Ich möchte gar nicht einzeln auf die Geschichten eingehen, es sind jede für sich einzigartige ganz verschiedene kleine Juwelen.
“Ich weiß, ich schulde dir alles. Eine Erklärung. Eine Antwort. Ein Leben vielleicht.”
Bei der Lesung im Literaturhaus vor ein paar Wochen hatte ich dann Gelegenheit, mich ein Weilchen mit ihr zu unterhalten – wir kamen da sehr salopp vom Binge drinking aufs Binge Reading und wieder zurück. Sie ist jemand, die innerhalb kürzester Zeit Nähe aufbauen kann und nach Minuten schon hat man das Gefühl, man kenne sich schon seit Ewigkeiten und habe sich einfach eine Weile nicht gesehen.
Von den Windpocken hat sie erzählt, die ihr zwar den Auftritt beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb verdarben, aber die ihr auch ein bisserl geholfen haben, Aufmerksamkeit zu bekommen. Und die Aufmerksamkeit verdient sie, denn das sind wirklich richtig gute Erzählungen. Ich würde es ohne Bedenken allen möglichen Leuten zu Weihnachten schenken, man kann damit gar nix falsch machen.
„Komm her. Und bring den Ring mit.“
Köhler ist gelernte Schauspielerin, schreibt Theaterstücke, macht Illustrationen und hat sich auch gleich am eigenen Buch ausgetobt. Ob es das beste Buch für mich ist 2014, darauf mag ich mich noch nicht so richtig festlegen, eines der besten ja, aber auf jeden Fall das mit Abstand schönste.
“Ich möchte etwas sagen, irgendetwas, aber ich bin leer, mir fällt nichts ein, nichts, was nicht belanglos wäre. Die Zeit wird dick und ich unter ihrem Gewicht ganz krumm. Mit jedem Augenblick, der verstreicht, wird das Schweigen zwischen uns größer, und die Möglichkeit, es zu überwinden, schrumpft zu einem sehr überschaubaren Häufchen.”
Raketen geangelt, große Gefühle gefangen und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass vor Köhlers Auftritt im Literaturhaus München noch nie Metallica durch die heiligen Literaturhallen hallten. Das passende Getränk zum Buch ist im Übrigen natürlich die polnische Rakete, die wir an dem Abend auch noch kennenlernen durften. Rezept gefällig ? Ganz einfach:
4cl Wodka
1cl Himbeersirup
10 Tropfen roten Tabsco
und los fliegt die Rakete!
Sehr schöne Rezensionen zu „Wir haben Raketen geangelt“ – findet ihr hier und hier.
Achja, die polnische Rakete … da musste ich auch schon dran glauben ☺
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