Strandlektüre, Liegestuhl, die Sonne brennt und ich versuche, mich in einen europaweiten Stromausfall mit Schneefall und Minusgraden hineinzuversetzen. Alles andere als einfach.
Ein gut durchdachtes und umfassend recherchiertes Gedankenexperiment was passieren würde, wenn Cyberterroristen das gesamte europäische Stromnetz lahmlegen würden. Ein Szenario, das mit unglaublicher Wucht klar macht, wie abhängig wir eigentlich vom Strom sind und wie schnell alles, unsere gesamte Zivilisation, zusammenbrechen würde, wenn einer uns den Saft nimmt. Wie selbstverständlich es für uns geworden ist, dass der Strom eben aus der Steckdose kommt. Fertig.
Ein Szenario, das vor ein paar Jahren vielleicht noch weit hergeholt erscheint hätte, fühlte sich gar nicht mehr so abwegig an in einer Welt, in der mittlerweile alle paar Tage von Terrorangriffen berichtet wird. Die Cyberterroristen in der Geschichte infiltieren das Internet, die Energiefirmen und deren Anlagen und legen ohne jede Vorankündigung oder späteren Bekennerschreiben den Schalter um und ganz Europa liegt im Dunkeln.
Ein italienischer Hacker geht der Sache auf den Grund und stößt auf Indizien für einen Anschlag und versucht, den Terroristen auf die Spur zu kommen.
Die meisten von uns denken bei einem Stromausfall wahrscheinlich am ehesten an Licht aus, TV, Kühlschrank und Computer fallen aus und dass das ganze ja vielleicht mit genug Kerzen sogar ganz romantisch sein kann. Aber das die Toiletten dann nicht mehr spülen, den Supermärkten ruckzuck die Lebensmittel ausgehen, weil auch das Nicht-Gefriergut nicht mehr herangeschafft werden kann, weil die Tankstellen nicht mehr funktionieren, die Heizungen ausfallen, die Wasserleitungen schon nach ein paar Tagen verkeimen und natürlich auch die Kernkraftwerke eine riesige Bedrohung darstellen, wenn diese nicht entsprechend gekühlt werden können, ich hatte das so nicht auf dem Schirm und fand es erschreckend, wie unglaublich angreifbar und verwundbar wir geworden sind.
Dem Buch hätte allerdings ein Lektor gut getan. Es ist viel zu lang und ich habe mir stellenweise überlegt, ob Elsberg nicht vielleicht besser ein Sachbuch geschrieben hätte. Es platzt vor Informationen, Details und Listen und irgendwann hat man die einfach satt. Die Geschichte hat meiner Ansicht nach viel zu viele Protagonisten, springt von Land zu Land, ohne dem eigentlichen Plot zu mehr Tiefe zu verhelfen. Insbesondere am Anfang ist es schwierig, der Handlung zu folgen.
Nach 500 Seiten Apokalypse ist man als Leser der Story dann etwas müde und wie bei den Endlos-Wiederholungen von echten Katastrophen im Fernsehen wendet man sich irgendwann abgestumpft und ermattet ab.
In unserer hypervernetzten Welt erscheint ein Cyber Angriff wie der beschriebene leider durchaus möglich. Die Geschichte ist sehr gut recherchiert auch wenn der Schreibstil nicht unbedingt meiner ist, würde ich das Buch durchaus empfehlen.
Elsberg ist vom deutschen Innenministerium auf die CEBIT, vom Chef der Bundesnetzagentur und anderen Behörden und Verbänden eingeladen worden, um über „Blackout“ zu referieren und diskutieren. Es ist ein Buch, das weniger in Literatursendungen vorkommt, als in Wirtschafts-, Wissenschafts- und Informationsmedien. Eher ein Sachbuch als Belletristik in meinen Augen.
Daher halte ich es mit Hermann Hesse, der sagte „Man muß seine Bücher als Freunde und Lieblinge behandeln, jedes in seiner Eigenart schätzen und nichts von ihm verlangen, was dieser Eigenart fremd ist.“ Daher will ich Elsbergs Roman nichts abverlagen, was ihm fremd ist und ihn für das loben was er ist und nicht für das tadeln, was er nicht ist.
Und jetzt gehe ich Konserven, Wasserflaschen und Batterien kaufen. Eine Taschenlampe habe ich freundlicherweise ja schon mit dem Buch von meinem Bücherwichtel mitgeschickt bekommen.
„Blackout“ ist bei Blanvalet erschienen.