Trick or Treat ?

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Dieses Jahr hatte ich Lust, mich Halloween thematisch stärker zu widmen. Mir ist gerade unabhängig von diesem „Feiertag“ gerade nach einer Prise Horror, Grusel, Düsterkeit. Daher gibt es bei momentan nicht nur mehr Vampir- und Horrorfilme als sonst, sondern auch entsprechende Lektüre.

Vampire dürfen zu Halloween nicht fehlen, auch wenn ich dieses Jahr keinen gelesen habe, filmisch habe ich mich von ihnen verführen lassen. Listen sind immer gut (habe ich auch gerade wieder bei Emily the Strange gemerkt, dazu aber später). Hier also eine Liste mit meinen liebsten Vampirfilmen:

  1. Only Lovers left alive von Jim Jarmusch
  2. The Hunger von Tony Scott
  3. Let the Right One in von Tomas Alfredson
  4. A Girl walks home alone at night von Ana Lily Amirpour
  5. Dracula von Francis Ford Coppola
  6. Interview with a Vampire von Neil Jordan
  7. Underworld von Len Wiseman
  8. From Dusk Till Dawn von Robert Rodriguez
  9. The Lost Boys von Joel Schumacher
  10. Gothic von Ken Russell
  11. Blade von Stephen Norrington
  12. Twilight von Catherine Hardwicke (ja ja I know, aber ich mag Kristen Stewart)
  13. Daybreakers von den Spierig Brothers

Neben Bram Stokers „Dracula“ darf bei einem Halloween-Special keinesfalls „Carmilla„, von Joseph Sheridan Le Fanu fehlen, den ich bereits Anfang des Jahres gelesen hatte. Würde ich jedem Vampirfreund ans Herz legen, ist mittlerweile auch als Web-Serie verfilmt worden.

Auch ohne Vampire habe ich es dunkel-schaurig angehen lassen und habe den dunklen Marathon mit der ausgezeichneten Graphic Novel „Black Hole“ von Charles Burns gestartet.

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Black Hole beschäftigt sich mit einer Gruppe Jugendlicher, die sich mit einer Art Virus anstecken, der sexuell übertragbar ist und die sie auf krasse Art mutieren lässt (den einen wachsen Schwänze, ein Mädchen häutet sich wie eine Schlange etc). Es geht um die Frage, wie eine Gesellschaft mit ihren Außenseitern umgeht und wie der Virus die Jugendlichen beeinflusst, die ohnehin überaus gehemmt und unsicher sind, was ihren Pubertätskörper so betrifft.

Ich fand die Frage spannend was passiert, wenn irgendwann keiner mehr makellos und selbstsicher ist.

Eine ziemlich düstere Graphic Novel mit phantastischen wuchtigen Bildern. Unbedingt lesen.

Die schwarz-weiß Zeichnungen erinnerten mich beim Lesen an eine ganz alte Liebe: „Emily the Strange“ von Rob Reger und zack waren alle literarisch-wertvollen Anwandlungen erstmal aus dem Fenster und ich habe mich Stunden am Stück Emily und ihren Abenteuern gewidmet.

In „Die verschwundenen Tage“ taucht Emily in einer Stadt namens Blackrock auf und kann sich an absolut nichts erinnern. Nicht wie sie heißt, wo sie wohnt – gar nix. Sie hat einzig ein Notizbuch und einen Stift und versucht zu rekonstruieren, was ihr wohl passiert sein könnte und warum sie in Blackrock ist.

Das Buch hat mich wirklich überrascht. Einfach, weil ich nicht wirklich großartig was erwartet hatte, außer etwas exzentrischer Unterhaltung, aber das Buch ist ein richtiger Roman mit spannender Story und interessanten Charakteren und Listen. Jede Menge davon. Ich hatte solchen Spaß mit dem Buch, mit den Listen und Emily, ich habe mir in der Bibliothek gleich zwei weitere Bände ausgeliehen, die große Literatur muss also noch ein paar Tage warten, ich muss erst noch ein paar Abenteuer mit Emily bestehen, dann bin ich wieder bereit.

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13 Elements you will find in the first Emily the Strange novel:
1. Mystery
2. A beautiful golem
3. Souped-up slingshots
4. Four black cats
5. Amnesia
6. Calamity Poker
7. Angry ponies
8. A shady truant officer
9. Top-13 lists
10. A sandstorm generator
11. Doppelgängers
12. A secret mission
13. Earwigs

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Bevor ich jetzt aber Vorwürfe bekomme, dass weder „Emily the Strange“ noch „Black Hole“ gruselig genug seien und man für Halloween schon andere Kaliber benötigt, den versuche ich jetzt mit einem Klassiker der amerikanischen Horror- und Gruselliteratur zu besänftigen. Schon seit ein paar Jahren befindet sich die wunderschöne Büchergilden-Ausgabe von Ambrose Bierce „Hinter der Wand“ in meinem Besitz.

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Ambrose Bierce ist neben Edgar Allen Poe der Meister des amerikanischen Gothics und war wohl nicht wirklich ein heiterer Zeitgenosse. Bekannt als „Bitter Bierce“ und Misanthrop erster Güte sind seine düsteren, schrägen Geschichten auch heute noch zeitgemäß. Sie haben einen sehr amerikanischen Touch, der Bürgerkrieg spielt in einigen Geschichten eine Rolle, die Expansion Richtung Westen und ab und an hatte ich Bilder aus dem Film „There will be Blood“ vor den Augen.

Die Büchergilden-Ausgabe ist ein absolutes Schmuckstück. Die Zeichnungen von Klaus Böttger geben dem Buch eine ganz besondere morbide Note. Hier passen Illustrationen und Geschichten perfekt zueinander.

Die Geschichten werden nahezu immer aufgeklärt, man fühlt sich gelegentlich an Sherlock Holmes erinnert, auch wenn diese Erklärungen weitaus weniger von Logik und Deduktion bestimmt sind, als von Horror, Übersinnlichem und Unerklärbarem.

Bierce eigenes Ende könnte einer seiner düsteren Kurzgeschichten entsprungen sein. Mit 70 unternimmt er noch einmal eine Reise nach Mexiko, gerät dort in die Revolution und scheint sich dem Revolutionär Pancho Villa angeschlossen zu haben. Um die Jahreswende 1913/14 verliert sich jede Spur von ihm, in seinem letzten erhaltenen Brief rechnet er mit seiner standrechtlichen Erschießung. Aber genaues weiß man nicht. Man hat nie eine Spur von ihm finden können.

Am besten haben mir die Geschichten „Der Tod Halpin Fraysers“, „Moxons Meister“, „Das Verfluchte Ding“ und „Die mondhelle Straße“ gefallen.

 

Zum Abschluss noch ein wunderschön illustriertes Märchen von Neil Gaiman.

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Ich bin kein großer Märchen-Fan. Der ganze niedliche Prinzessinnen-böse Stiefmütter-treudoofe Königinnen war nie meins, daher hatte ich keine übergroßen Erwartungen  für „Der Fluch der Spindel“, Neil Gaiman als Autor und die wunderschönen Zeichnungen waren allerdings Grund genug, dem ganzen zumindest eine Chance zu geben.

Die Geschichte ist eine Mischung aus Schneewittchen und Dornröschen. Die junge Königin erfährt von ihren drei treuen Gefolgsleuten , den Zwergen, dass das Nachbar-Königreich schon von Jahrzehnten von einer seltsamen Schlafkrankheit heimgesucht wurde, die sich jetzt auch in ihrem Königreich ausbreitet.

Im Gegensatz zu den ganzen Weichei-Königinnen bekannter Märchen nimmt diese junge Königin die Lösung des Problems selbst in die Hand und zieht mit den Zwergen los, um der Seuche Einhalt zu gebieten und ihrem Ursprung auf den Grund zu kommen.

Gaiman mischt hier die ursprünglich deutliche dunkleren Töne alter Märchen mit einigen progressiveren Elementen und bastelt daraus ein wunderbar melancholisch unheimliches  Märchen mit zauberhaften Bildern.

Ein letzter Tipp, weil ich sie euch einfach nicht vorenthalten kann: Shirley Jackson, die sowas wie die Urmutter des finsteren Horror/Gruselromans, was einem irgendwie ulkig vorkommt, wenn man bedenkt, dass sie eine Mittelklasse-Hausfrau aus Vermont war, deren erster Roman 1948 erschien. Besonders bekannt wurde sie mit ihre Kurzgeschichte „The Lottery“, die erstmals in der New York Times erschien und bergeweise Leserpost bescherte, die die Bedeutung der Geschichte zu erfassen versuchten. Sie hat nach wie vor großen Einfluss in diesem Genre, die „Tribute von Panem“-Trilogie zeigt beispielsweise große Parallelen zu der Kurzgeschichte auf.

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Ihr Roman „The Haunting of Hill House“ ist eines meiner Lieblingsbücher, unbedingt lesen, meine Rezension dazu findet ihr hier.

Hoffe ich konnte Euch etwas Lust machen auf die etwas dunkler melancholisch gruseligeren Seiten des Oktobers. Von wem lasst ihr euch gerne gruseln?

Trick or Treat? Happy Halloween allerseits 🙂

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Charles Burns – „Black Hole“ erschienen im Reprodukt Verlag
Rob Reger – „Emily the Strange: Die verschwundenen Tage“ erschienen im cbj Verlag
Ambrose Bierce – „Hinter der Wand“ erschienen bei der Büchergilde Gutenberg
Neil Gaiman – „Der Fluch der Spindel“ erschienen im Knesebeck Verlag

In Cold Blood – Truman Capote

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Ich habe vor ein paar Jahren den Film “Capote” im Kino gesehen, ein Biopic, das sich recht intensiv mit Capotes Buch “In Cold Blood” und seine Beziehungen zu den verurteilten Mördern beschäftigt. Durch die im Film starke Verwebung zwischen Capote, Perry und Dick erwartete ich, dass er als Person in dem Buch auftaucht, da es ja um eine Tatsachenerzählung handelt. Der Autor taucht aber nicht auf in diesem Buch, was dem ganzen noch stärker etwas romanhaftes verleiht, auch wenn man natürlich von der ersten Seite an nicht nur weiß, was passieren wird, sondern auch, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt.

Wie bei der Verfilmung von „Titanic“ saß ich im Bett und wollte den Clusters permanent zurufen „aufpassen“, „schließt alles zu“, „lasst keinen herein“ – es war für mich ganz schwer auszuhalten, dieses Wissen, was gleich passieren wird und doch zu hoffen, vielleicht passiert es ja doch nicht.

„In Cold Blood“ ist vom Anfang bis zum Ende ein überaus intensives, spannendes und fesselndes Leseerlebnis. Der Schreibstil ist neutral und faktenbasiert und trotzdem gelingt es Capote, die Charaktere jedes einzelnen greifbar und anschaulich zu machen, egal, ob es sich um Familienmitglieder der Clutters handelt, die Fahnder, die Anwälte und sogar die der Mörder selbst. Er schafft das, ohne dem ganzen seine persönliche Meinung aufzudrücken und er hat damit das neue Genre des nicht-fiktiven Romans geschaffen, in dem er die Elemente des klassischen Kriminalromans mit sachlichem Journalismus und psychologischer Analyse verbindet.

Positiv überrascht hat mich auch die unerwartete Wendung, nicht sofort explizit zu beschreiben, wie Perry und Dick die Morde tatsächlich durchgeführt haben, sondern nimmt den Leser mit auf ihre Flucht und lässt uns an den Aufklärungsbemühungen der Fahnder und der Polizei teilhaben. Dadurch bleibt es einfach danach noch unglaublich spannend.

Der Leser erfährt sehr viel über die beiden Täter, sowohl durch ihre Interaktion miteinander, durch Briefe, Tagebucheinträge sowie Interviews mit Familienmitgliedern. Der Leser dringt tief in die Psyche der Täter ein und das ist gleichzeitig genial aber auch beklemmend und unangenehm. Man erwischt sich für ganz kurze Momente mit den Tätern zu sympatisieren, wahhh das will man wirklich nicht. Aber man versucht einfach zu verstehen, was bei denen schief gelaufen ist. Wie wurden die, wie sie sind? Perry Smith wurde in seiner Kindheit misshandelt und vernachlässigt, in Heime abgeschoben – ist das der Grund für seine Abgebrühtheit und seine Gewaltausbrüche oder ist er einfach ein Psychopath? Dick auf der anderen Seite schien eine recht normale harmonische Kindheit zu haben – war es hier der Autounfall der ihn mit lebenslangen Kopfverletzungen zurückgelassen hat?

“Imagination, of course, can open any door – turn the key and let terror walk right in.” 

 “I thought that Mr. Clutter was a very nice gentleman. I thought so right up to the moment that I cut his throat.” 

 “It is easy to ignore the rain if you have a raincoat” 

 Capotes 1965 erschienener Roman hat ganze Generationen von Schriftstellern seitdem inspiriert, dennoch ist „In Cold Blood“ ein Roman, dem die Zeit nicht viel anhaben konnte. Auch 50 Jahre später lassen einen diese schrecklichen Geschehnisse nicht los und der Eindruck ist so genauso frisch, lebendig und grausam, wie beim ersten Erscheinen des Buches – da bin ich mir sehr sicher.

Ein Buch, das sehr viele Leute in meinem Bekanntenkreis gelesen haben und fast jeder hat es sehr positiv bewertet. Im Film wurde Capotes Beziehung zu den beiden Tätern sehr kritisch beleuchtet, da – bei mir damals zumindest der Eindruck entstand, Capote habe sich ihre Freundschaft „erschlichen“, um Material für sein Buch zu bekommen und ihnen zu verstehen gegeben, er unterstütze sie bei ihrer Berufung, um die Todesstrafe in eine lebenslängliche Haftstrafe umzuwandeln. Wie stark er sich da wirklich eingesetzt hat und ob er sie – wie es im Film rüberkam – tatsächlich am Ende wie eine heiße Kartoffel fallen ließ, kann ich nicht beurteilen.

Nicht ganz unumstritten ist auch, wie groß Harper Lees Rolle war beim Schreiben des Buches. Das gilt aber auch andersrum, denn es gibt auch immer wieder Stimmen, die vermuten Capote hätte bei „To Kill a Mockingbird“ seine Hände im Spiel gehabt.

Wie auch immer. Ein wirklich tolles Buch, das ich jedem ans Herz legen kann, genauso wie Harper Lees „To Kill a Mockingbird“ und die „Capote“ Verfilmung.

Das Buch ist auf Deutsch unter dem Titel „Kaltblütig“ im Kein & Aber Verlag erschienen.

The Last Interview – Philip K. Dick

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Die „Last Interview“-Reihe hat es mir angetan. Nicht nur optisch wunderschön, die Auswahl an Persönlichkeiten, die interviewt wurden, ist sehr abwechslungsreich und spannend und ich kann mir gut vorstellen, mich quer durch die ganze Reihe zu lesen, ob ich die Personen bereits kenne oder nicht.

Philip K. Dick ist für Sci-Fi Fans natürlich ein alter Bekannter. Selbst Leute, die ihn nicht gelesen haben, kennen wahrscheinlich mindestens einen der Filme, die auf seiner Vorlage basieren. Von Blade Runner, Total Recall über Minority Report bis zur gerade sehr erfolgreichen Serie „The Man in the High Castle.“

Die Sammlung hier enthält Interiews mit ihm aus dem Jahre 1974 bis hin zur Nacht vor seinem Tod im Jahr 1982.

Philip K Dick gibt umfassenden Einblick in seine Arbeiten, seine Sicht der Welt und wie er seine Verfilmungen sieht. Für Interviewer war seine angebliche oder tatsächliche Paranoia, an der er litt, natürlich ein gefundenes Fressen und sie haben sich ausgiebigst mit diesem Thema beschäftigt. Der Titel „The Last Interview“ bekommt im Zusammenhang mit ihm natürlich noch mal eine ganz andere traurige Bedeututung.

“Please don’t continually say I’m paranoid.
Why?
It makes me paranoid.”

Dick war ziemlich besessen von seinen teils religiösen, halb-politischen Thesen, stellenweise lesen sich seine Antworten recht unzusammenhängend und wirr und sein Interviewer, Gregg Rickman, hat am Ende regelrecht darum betteln müssen, gehen zu dürfen, da er den Eindruck hatte, Dick würde sonst bis in den frühen Morgen weiterreden. Auf der anderen Seite, wäre er geblieben, hätte er Hilfe holen können, als Dick seinen Schlaganfall erlitt und ihn retten können?

Ob man als Leser dieser Interviews jetzt ein echter „Dick-Head“ ist oder nicht, es ist ein faszinierender Einblick in die komplexe seltsame Welt eines mehr als unkonventionellen komplexen Menschen. Das letzte Interview klingt gelegentlich so, als ahne Dick es würde sein letztes sein und er versucht, so viel wie möglich aus seinem Kopf in den Notizblock des Interviewers zu bekommen. Seltsame Verschwörungstheorien reihen sich an interessante Einblicke in die Entstehung seiner Romane und in seinen Alltag als Autor.

Typisch Philip K Dick war natürlich, dass er das auf Band aufgezeichnete Interview des Interviewers parallel auf Band aufnahm, um sicher gehen zu können, es entstehen keine fehlerhaften Zitate. Wieviel war Dicks Paranoia auch seiner Zeit geschuldet? Den Doppelagenten-Zeiten des kalten Krieges, den McCarty Verfolgungen oder auch Watergate Affären?

Seine Bücher stehen für sich, man gewinnt nichts, wenn an versucht ihn komplett zu verstehen. Er war in vieler Hinsicht das Gegenstück zum Phantom Thomas Pynchon und am besten lernt man ihn neben den Interviews ganz klar über seine Bücher kennen. Kein anderer Autor taped den Interviewer und hat eine Katze, die Microphone heißt – I miss him 😦

“But reality really is a mess, and yet it’s exciting. The basic thing is, how frightened are you of chaos? And how happy are you with order? Van Vogt influenced me so much because he made me appreciate a mysterious chaotic quality in the universe which is not to be feared.”

Hier noch eine interessante Reportage die mir sehr gefallen hat und jetzt lest mehr PKD – er hat schon vor über 40 Jahren darüber nachgedacht, wie wir mit Artificial Intelligence, Virtuellen Realitäten und Androiden umzugehen lernen müssen.

 

 

On the Road – Jack Kerouac

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„Because the only people that interest me are the mad ones, the ones that are mad to live, mad to talk, desirous of everything at the same time, the ones that never yawn or say a commonplace thing… but burn, burn, burn like roman candles across the night.“

Was mich mit am meisten beeindruckt hat bei „On the Road“ war die Tatsache, das Jack Kerouac das Buch innerhalb von 3 Monaten einfach so – wie im Rausch – runtergetippt hat, auf einer langen Rolle. Stell mir das so vor: Zigarette an, Rolle rein, losgetippt und nicht mehr aufgehört, bis die Geschichte oder die Rolle zu Ende war. Zwischendrin höchstens mal Pipi gemacht oder neue Kippen geholt. Genau weiß ich es natürlich nicht.

„On the Road“ ist ein Buch über das man soviel gehört hat, dass man manchmal den Eindruck hat, man habe es schon gelesen. Hatte ich aber nicht. Die Verfilmung von 2012 hatte ich gesehen und die fand ich nicht schlecht, aber anstrengend. Was aber gar nicht mal so sehr an der Verfilmung lag, obwohl die von der Kritik nicht sonderlich gelobt wurde. Es war schon auch ein wenig das grundsätzliche Konzept, dieses kaum waren sie endlich da, wo sie hinwollten, wollten sie auch schon wieder weiter. Restless. Ich meine das gar nicht negativ, ich hab das durchaus auch in mir, aber wenn ich solche Bücher lese oder Filme sehe, dann verschlimmert sich das und macht mich kirre.

Wahrscheinlich ist das mit ein Grund, warum ich gerne eher ruhigeres höre, wie z.B. Trip Hop, Dark Electronica oder auch gerne „langsame“ Bücher mag wie Haruki Murakami. Aber genug Selbstanalyse und zurück zum Buch.

Jack Kerouac (1922 – 1969) hat sich ein Denkmal gesetzt mit der Beschreibung seines Road Trips , die er mit seinem Kumpel Neal Cassady in den späten 40er und frühen 50er Jahren in den USA und Mexiko unternommen hat. Es ist außerdem ein Buch über seine Beziehungen zu den anderen Beatniks, seinen Schriftstellerkumpeln und deren Freunde.

Jack (Sal) will unbedingt weg, will was erleben, will auf die Straße und dieses Sehnen spürt man auf jeder Seite, mit jeder Zeile und macht dieses Buch so zeitlos und einzigartig. Seine poetischen Beschreibungen der Landschaft sind das perfekte Sehnsuchtsmittel, man will gleichfalls loslaufen, frei sein und sich selbst begegnen irgendwo unterwegs.

So ein Roadtrip ist was ganz Einzigartiges. Es ist eine ganz besondere Form des Reisens. Meine einzigen Vergleiche kommen von Fernwanderungen durch Schottland, wenn das Gefühl der Bewegung, diese Sucht immerzu einen Schritt vor den nächsten zu setzen, jeden Abend ein Ziel zu haben und am Morgen doch wieder aufzubrechen. Einfach nur zu gehen, ist etwas, das einen in einen ganz besonderen Bewusstseinszustand versetzt, glaube ich. Thomas Espedal hat ein sehr schönes, gleichnamiges Buch zum Gehen verfasst – ich kann es auf jeden Fall empfehlen.

Diese Sehnsucht nach Freiheit und dem ewigen Versprechen der Straße ist eine der Sachen die Kerouac so wunderbar beschreibt.

“There was nowhere to go but everywhere, so just keep on rolling under the stars.”

Das Gehen und das Reisen sind auch das was Jack (Sal) und Neal (Dean) zusammenhält. Wenn sie anhalten, selbst für kurze Zeit, dann bekommen sie Probleme miteinander. Ihre Beziehung braucht den Kontext des Reisens, dann kann sie nichts aufhalten. Sie brauchen diesen absoluten Gegenpol zu allem, was den meisten heilig ist, sie wollen keine Sicherheit, keine Stabilität sie wollen weiter.

„…ad to live, mad to talk, desirous of everything at the same time.“

Die beiden brechen immer wieder aus aus ihrer engen Welt. Der Realität die bevölkert ist von vernünftigen Arbeitnehmern, die auf einen Kleinwagen sparen, in einer Gesellschaft, die gerade dem zweiten Weltkrieg entkommen ist und unter McCarthys Dauerbeobachtung stets vom nächsten Atomkrieg bedroht sind.
Dem entfliehen die beiden, auf der Straße wo der Horizont stets eine bessere, nie erreichbare Zukunft verspricht.

Das Zeitlose scheint auch die immerwährende Suche nach Wahrheit und Authentizität zu sein. In den 50er Jahren war das ganz ausgeprägt so, die Kriegsgeneration war auf der Suche nach der Essenz, die allem inne ist, nach dem Echten um jeden Preis. Ob Kerouac, Camus oder Holden Caulfield, der Zorn auf alles was „phony“ ist, war heftig. Dieser Wunsch nach Authentizität ist zeitlos, jede Generation muss sich von seinen eigenen „Phonies“ befreien.

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Das Buch schafft es, den Rhythmus der Straße, des Gehens zu vermitteln. So anstrengend und egozentrisch sie oft sind, „On the Road“ besitzt eine Energie, eine Dynamik und eine Authentizität die ich mit dem Wort „Beatnik“ verbinde.

Interessant finde ich auch, dass Jack so unkonventionell gar nicht ist, wie man denkt und wie er vielleicht auch gerne selbst wäre. Er liebt einfach die Gesellschaft der Außenseiter, der Abenteurer, er selbst bleibt gerne am Rand, es zieht ihn auch immer wieder in die „normale“ Realität zurück, im Gegensatz zu seinem Kumpel Neal.

In der Szene, in der Carlo (Allen Ginsberg) und Dean (Neal Cassady) die ganze Nacht diskutieren, zeigt sich Jacks Zuschauerrolle für mich am besten:

“If you keep this up, you’ll both go crazy, but let me know what happens as you go along.”

Er mag nicht unbedingt mittendrin sein, aber er will wissen was passiert. Bei den Landschaftsbeschreibungen oder den Begegnungen mit den Arbeitern auf den Baumwollfeldern zum Beispiel, hat mich Kerouac an Steinbeck erinnert, die beide zeitlos sind für mich in ihren Erzählungen.

Ich fand „On the Road“ im übrigen viel weniger skandalös als erwartet, aber das ist sicherlich der Blick aus dem 21. Jahrhundert. Ja, gibt schon ne Menge Sex und Drogen, aber nix sonderlich explizit. Für die 50er Jahre kann das allerdings schon recht gewagt gewesen sein.

„On the Road“ ist wunderbar bittersüss – eine Wolke der Melancholie hängt über den Protagonisten, die immer dunkler wird, je hektischer sie versuchen ihr mit Alkohol, durchfeierten Nächten und Drogen zu entkommen. Sie können nicht für immer „On the Road“ bleiben und dieses Wissen wird ihnen immer schmerzlicher bewusst, je länger die Reise dauert.

“And for just a moment I had reached the point of ecstasy that I always wanted to reach and which was the complete step across chronological time into timeless shadows, and wonderment in the bleakness of the mortal realm, and the sensation of death kicking at my heels to move on, with a phantom dogging its own heels, and myself hurrying to a plank where all the Angels dove off and flew into infinity.”

Definitiv ein Buch, das mal wieder eine dazugehörige Playlist verdient hat:

Morrissey – Neal Cassidy drops dead
Tom Waits – Home I’ll never be
Ella Fitzgerald – I’ve got the world down on a string
Belle & Sebastian – Le Pastie de la Bourgeoisie
10,000 Maniacs – Hey, Jack Kerouac
The Smith – Pretty Girls make graves
Echo & The Bunnymen – Nothing lasts forever
Cannonball Adderly – Autumn Leaves
Jack Kerouac – On the Road

Das Buch ist auf deutsch unter dem Titel „Unterwegs“ im Rowohlt Verlag erschienen.

Meine scheisskranke Familie – Dan Marshall

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Kein Buch für zarte Gemüter. Habe selten ein Buch erlebt, in dem so derart viel geflucht, geschimpft, gesoffen, schwanzgelutscht und Mormonen-Bashing betrieben wird, wie in diesem. Ich bin da ja eher hart im nehmen, aber ich hab auch gelegentlich geschluckt bei der Wortwahl und dennoch, ich halte Marshalls Biografie für ein überaus lesenwertes Buch.

Als Dan den Anruf bekommt, dass sein Vater Bob an ALS erkrankt ist, läuft es gerade so richtig gut für ihn. Er ist ganz erfolgreich in seinem ersten Job direkt nach dem College, führt eine glückliche Beziehung mit seiner Freundin und geniesst in Kalifornien das gute Leben und die Freiheit vom Elternhaus. Und dann kommt der Anruf und von einem Tag auf den anderen ist nichts mehr wie es war. Daddy is krank. Please come home.

Die Art Anruf, die wohl jeder von uns zutiefst fürchtet. Dan will die Signifikanz der Diagnose anfangs nicht wahrhaben, doch nach kurzem Zögern fährt er doch heim. Seine gutsituierte Familie lebt in einer fetten Villa in Salt Lake City, als eine der wenigen Nicht-Mormonen. Seine Mutter ist eine erfahrene Chemotherapie Veteranin, die seit 1992 mit einer Krebserkrankung kämpft und eigentlich der sterbende Elternteil in der Familie war. Jetzt gehören 100% seiner Eltern zum Team Totgeweiht.

Bob war bislang der ruhende Pol der Familie. Der Besitzer einer Reihe kleinerer Zeitungen, der sich gleichzeitig um seine 4 Kinder und seine kranke Frau kümmerte und in seiner Freizeit Marathons lief, ist gerade einmal 53, als die Krankheit ihn erwischt und die ihn nach und nach völlig lähmt und am Ende erstickt.

Debi, die Mutter, bittet ihre Kinder, nach Hause zu kommen und die Pflege des Vaters zu übernehmen. Sie selbst ist wieder einmal inmitten einer Chemotherapie, die ihr mächtig zusetzt. Sie ist schwach, die Medikamente verursachen bei ihr ein verwirrtes Chemo-Hirn und sie kann daher nicht wirklich viel helfen bei der Pflege.  Auch von Dans Schwestern ist wenig Hilfe zu erwarten. Tiffany, die älteste Tochter ist zu beschäftigt mit ihrem Studium, ihrem Job und ihrem Freund „Big cock Brian“ und die beiden jüngeren Schwestern sind noch im Teenageralter und alles andere als eine Stütze.

Die 17-jährige Michelle hat ein Alkoholproblem und eine heimliche Affäre mit ihrem fast 20 Jahre älteren Fußballtrainer, aber die  die 14-jährige Chelsea hat Asperger, denkt an nichts anderes als Tanzen und leidet mit am meisten unter der Krankheit ihres Vaters, die sie, so gut sie kann, zu ignorieren versucht.

Daher fällt Bobs Pflege in die Hände von Dan und seinen Bruder Greg, der gerade in Illionois ein Studium begonnen hatte und die Freiheit genossen hatte, seine Homosexualität frei ausleben zu können, etwas, das im stockkonservativen Utah ziemlich undenkbar ist. Sie bauen das Schlafzimmer in ein Krankenzimmer um und kümmern sich so gut sie können um ihren Vater. Sie lernen Beatmungsgeräte zu nutzen, wischen ihm den Po ab, baden und füttern ihn. Sie programmieren seinen Stephen Hawking mäßigen Kommunikator, gerne auch mit Sprüchen wie „Boy I could use a Blowjob“ – trotzdem es ist Erwachsenwerden im Schnelldurchlauf.

Das Team Totgeweiht gibt alles im Kampf gegen die Krankheit der Eltern. Die Geschwister sind nicht unbedingt Vorzeigekinder, wie sie im Buche stehen, aber die Liebe zu ihren Eltern, insbesondere zum sterbenden Vater, sickert regelrecht durch die Seiten durch. Sie kümmern sich liebevoll und reißen dabei die dreckigsten, derbsten Witze die man sich nur vorstellen kann.

Bob Marshall hat sein Schicksal und die liebevollen, aber oft chaotischen und zotigen Pflegebemühungen recht stoisch akzeptiert.  Ich heule nicht so schnell bei Büchern, war auch bis kurz vor Schluss überzeugt, das mir das hier nicht passiert, aber fuck hat es mich dann doch mitgenommen.

„Mom, jeder von uns macht irgendwas Besonderes mit Dad, bevor er in vierundreißig Tagen stirbt, nur du nicht. warum?“ fragte ich.
„Das mache ich doch“ sagte sie. 
„Neben ihm Joghurt zu essen und fast abzukratzen ist jetzt nicht so besonders.“
„Nur damit du’s weißt, er bekommt jeden Tag einen Blowjob von mir, bis er stirbt“ sagte sie so stolz, als würde sie für wohltätige Zwecke spenden oder Obdachlosen Essen geben.
„Jeden Tag einen Blowjob? Das sind eine Menge Blowjobs.“ sagte ich. „Aber die hast du ja schon seit der Highschool drauf.“
„Ach sei still du kleiner Kackefresser. Eines Tages hast du keine Mutter mehr, die du so beschissen behandelt kannst“ sagte sie. „Und nur fürs Protokoll, ich kann das richtig gut. Er liebt es.“

Neben Bob ist für mich ganz eindeutig Debi die Heldin der Geschichte, die Mutter, die kampferprobte Chemo-Amazone, die schon vor ihrer Erkrankung fluchen konnte wie ein Matrose und die alle zusammenhält.

Zartbesaitete Seelen oder Mormonen sollten die Finger lassen von dem Buch, allen anderen kann ich es wirklich ans Herz legen.

ALS ist ein Arschloch von Krankheit, das Buch hat das auf drastische und unsentimentale Weise klargemacht. Seit der Ice Bucket Challenge ist es ziemlich still geworden, daher möchte ich das Buch hier daher gerne versteigern und den Erlös der http://www.alsa.org spenden. Falls es jemanden gibt, der es gerne hätte, bitte per Kommentar Bescheid. Startgebot sind 10,- € Ich werde am Ende 50,- € drauflegen. Ich hoffe, es kommt was zusammen.

Das Buch ist im Atrium Verlag erschienen.

Connection with reader could not be established…

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Wenn ein Buch und ich nicht zusammenfinden, suche ich den Fehler meistens bei mir, insbesondere wenn Menschen sie bereits gut gefunden und mir gar empfohlen haben und es dann einfach nicht schnackeln will. Das kommt zum Glück nicht so häufig vor, vielleicht weil ich stärker vor auswähle was ich lese, die Zeit ist kostbar, ich lese deutlich weniger wahllos als früher.

Doch ab und an passiert es. Das kann dann zu amüsanten Verrissen führen wie bei „The Red Notebook„, dabei denke ich dann an Tschechow „When they serve coffee, don’t try to find beer in it“, alles nicht weiter tragisch, das nächste Buch wartet ja schon.

Jetzt ist mir aber ein seltener Hattrick „gelungen“. 3 Bücher in Folge bei denen es aus unterschiedlichen Gründen nichts wurde mit uns. Da ich hier alle Bücher rezensiere die ich lese, können sie auch nicht einfach unerwähnt bleiben, daher ein kurzer Rückblick auf diese unglückliche Serie.

Da wäre zu erst Cormac McCarthys „The Road“. Wenige Bücher sind mir von so vielen Menschen aus unterschiedlichsten Ecken meines Leseuniversums empfohlen worden wie dieses. Da mir die Verfilmung von John Hillcoat vor einigen Jahren schon nicht wirklich gefallen hat, habe ich mich sehr lange vor der Lektüre gedrückt, obwohl ich als ausgesprochener Dystopie-Fan natürlich nicht um diesen Klassiker herumkomme.

Was soll ich sagen. Ich hätte all diesen wunderbaren Menschen die mir den Roman so liebevoll ans Herz gelegt haben gerne bestätigt, was für ein großartiges Buch es ist, aber es hat mir einfach nicht gefallen. Mich haben Vater und Sohn einfach nicht wirklich berührt, die Sprache im Buch fand ich – sicherlich beabsichtigt – wahnsinnig karg, fast schon hölzern und die Dialoge haben mich wahnsinnig gemacht. Jede Unterhaltung zwischen Vater und Sohn klang in etwa so:

Father: Do it now.
Son: I’m scared.
Father: Just do it.
Son: Are we going to die?
Father: No.
Son: Are you sure?
Father: Yes.

Und dann liefen sie wieder ein bisschen weiter auf der Straße, schoben den Einkaufswagen, suchten Holz oder Essen, schliefen und dann ging es am nächsten Morgen genauso wieder weiter.

Sorry Mr McCarthy, Sie haben eine Menge Fans, ich gönne sie ihnen von Herzen, nur wir beide werden glaube ich nicht zusammen kommen, denn neben „The Road“ hatte ich vor einer Weile schon einmal „No Country for old Men“ am Start, das habe ich nicht einmal zu Ende gelesen. Bin sicher, Mr McCarthy kommt auch gut ohne mich zurecht.

Als nächstes lag Charles Bukowskis „On Writing“ ganz oben auf dem SUB und ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut. Mein letztes Buch des Stapels, den ich in London bei Daunts gekauft hatte und eine wirklich wunderschöne Ausgabe. „On Writing“ dachte ich sei ein Buch in dem Bukowski darüber schreibt, wie er zum Schreiben gekommen ist, seine Erfahrungen mit dem Schreiben oder ähnliches, damit lag ich aber vollkommen falsch.

Es ist eine Sammlung von Briefen und es sind ein paar wirklich interessante dabei, z.B. an Henry Miller, zum größten Teil sind es eher Ausschnitte, mir fehlte häufig der Kontext zu den Briefen und war daher irgendwie lost.

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Für Leute, die mit Bukowskis Biografie vertrauter sind, mag das ein kleines Juwel sein, aber ich kenne ihn dafür wohl zu wenig und hatte einfach auch eine andere Erwartungshaltung. Ein paar sehr schöne Sätze gab es trotzdem im Buch:

„It’s best to stay loose, work wild and easy and fail any way you want to.“

„There is nothing more magic and beautiful than lines forming across paper. It’s all there is. It’s all there ever was.“

Der traurige Abschluss meines „Failure-Hattricks“ kam so überraschend für mich, dass ich es fast bis zum Schluß nicht glauben konnte, aber ich bin einfach nie wirlich in Rachel Kushners „The Flamethrowers“ hineingekommen. Ich habe tapfer versucht, Reno auf ihren Reisen durch verschiedenste Szenen, Länder, Abenteuer zu folgen, aber ich hatte ganz oft einfach keine Ahnung wo wir uns warum gerade befinden und was zur Hölle wir da wollen oder tun.

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Motorräder, Kunst, New York, die Roten Brigaden, Spiral Jetty – mir wurde ganz schwindelig beim Lesen. Reno ist den ganzen Roman hindurch ganz kurz davor bei vielem und kommt doch nie an. Kurz davor eine berühmte Rennfahrerin zu werden, kurz davor einen eigenen Stil in ihrer Kunst zu entwickeln, kurz davor sich wirklich auf eine politisch radikale Gruppe einzulassen. Sie lässt sich treiben, ist wahnsinnig passiv und daddelt zwischen unterschiedlichen Männern hin und her, die ihrem Leben stets mehr Richtung geben, als sie sich selbst.

“It was not the case that one thing morphed into another, child into woman. You remained the person you were before things happened to you. The person you were when you thought a small cut string could determine the course of a year. You also became the person to whom certain things happened. Who passed into the realm where you no longer questioned the notion of being trapped in one form. You took on that form, that identity, hoped for its recognition from others, hoped someone would love it and you.”

Für mich waren es zähe knapp 400 Seiten, aber der Roman hat wahnsinnig viele positive Rezensionen erhalten, eine sehr schöne findet ihr z.B. hier.

Wie geht ihr mit Büchern um, in die ihr nicht reinkommt? Weiterlesen, in die Ecke werfen? Sucht ihr den Fehler mehr bei euch oder ist bei Euch eher der Autor Schuld, wenn es nicht schnackelt ?

Ich habe zwischenzeitlich jetzt auch wieder einen Roman gelesen, der mir sehr gut gefallen hat, also puh, der Bann scheint hoffentlich gebrochen. Manchmal liest man das richtige Buch zur falschen Zeit, aber natürlich passt auch nicht jedes Buch zu jedem Leser.

Cormac McCarthy – „Die Straße“ erschienen im Rowohlt Verlag
Rashel Kushner – „Flammenwerfer“ erschienen im Rowohlt Verlag
Charles Bukowski „Über das Schreiben“ erschienen bei Kiepenheuer & Witsch

Sylvia – Leonard Michaels

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In Daunts Bookshop in London schaffen sie es immer wieder, mich zu Büchern zu überreden, von denen ich im Leben noch nicht gehört habe. Ich habe eine ewig lange Wunschliste, versuche diese abzuarbeiten und bin daher oft ganz schön widerspenstig, wenn man mir Sachen vorschlägt die nicht darauf sind, oder die ich bislang nicht auf dem Radar hatte. OK, nicht komplett widerspenstig, sonst würde diese Liste ja nicht ständig wachsen, woran auch meine lieben Mit-Blogger/innen nicht ganz unschuldig sind.

So kam ich auf jeden Fall zu „Sylvia“ von Leonard Michaels. Ein Buch, das in dem seit 2010 bestehenden hauseigenen Publishing House „Daunt Books“ erschienen war. „Autobiographical Memoir, Suicide und der Buchtitel Sylvia“ brachten mich anfangs irrtümlicherweise dazu, an Sylvia Plath zu denken, es handelt sich bei dieser Sylvia aber um Sylvia Bloch, der ersten Frau des Autors, und er schreibt in diesem autobiographischen Roman davon, wie er Anfang der 60er Jahre die junge, sensible und sehr brilliante Sylvia kennenlernt sowie die turbulente Beziehung die sie miteinander eingehen.

Wer auf der Suche ist nach einer fesselnden Erzählung und keine Angst davor hat, in ein Häufchen Elend verwandelt, auf der Suche nach der Kleenex-Box und einem Glas schottischen Whisky zur Aufmunterung durch die Gegend zu schleichen, dem kann man Michaels Buch nur empfehlen.

„Sylvia“ ist wunderschön geschrieben. Die Sätze voller intensivem Schmerz, roh und poetisch.

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„The brush swept down and ripped free until, abruptly, she quit brushing, stepped into the living room, dropped onto the couch, leaned back against the brick wall, and went totally limp. Then, from behind long black bangs, her eyes moved, looked at me. The question of what to do with my life was resolved for the next four years.“

Es ist das Buch einer jungen Frau, die sich immer tiefer in ihre psychischen Probleme verstrickt und gleichzeitig die Beschreibung einer durch und durch dysfunktionalen Beziehung. Ein sehr realistisches Portät psychischer Instabilität, Drogenkonsum und ungesunder Beziehungsdynamiken, das gleichzeitig  interessante Einblicke ins Greenwich Village der frühen 60er Jahre gibt.

Leonard Michael ist hauptsächlich für seine Kurzgeschichten bekannt geworden, auch wenn er es nie zu wirklich großem Ruhm gebracht hat. Sein wunderbar spröder eloquenter Schreibstil macht selbst die schmerzhaftesten Passagen zu einem großen Lesevergnügen.

„I went home feeling sad. The cost of our friendship exceeded its value.“

Leonard Michaels hat während seiner Beziehung zu Sylvia stets Tagebuch geführt, immer wieder fließen Abschnitte daraus in den Text ein und er beschreibt sorgfältig, fast penibel, den langsamen Abstieg seiner Frau bis zu ihrem frühen Tod im Alter von 24 Jahren.

Ich hätte wahnsinnig gern Sylvias Version der Geschichte gehört. Der Erzähler, der junge Leonard Michaels, kommt als gebildeter, sensibler Mann rüber (der mich aus irgendeinem Grund die ganze Zeit an den jungen Julian Barnes erinnert hat), ein wenig distanziert- unnahbar vielleicht – aber ist er wirklich der zuverlässige Biograph, der er vorgibt zu sein?

Eine wunderschöne traurige Geschichte, die ich unbedingt empfehlen möchte und ich würde mich freuen, würde Leonard Michaels wieder entdeckt. Ich freue mich auf jeden Fall auf seine Kurzgeschichten.

Station Eleven – Emily St. John Mandel

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„Survival is insufficient“

Dystopien gibt es gerade momentan wie Sand am Meer. Einige gut, einige weniger gut und dann ist da „Station Eleven“. Mich hat das Buch komplett überwältigt. Ich habe es so gerne gelesen, wollte gar nicht mehr verschwinden aus dieser stillen dunklen Welt. „Station Eleven“ ist eine elegante, intelligente Geschichte, die sich langsam aufbaut, die verschiedene Stimmen aus unterschiedlichen Zeitebenen miteinander verwebt, die uns Fragmente unterschiedlicher Leben sehen lässt und es gibt unzählige kleine Momente in der Geschichte, die es zu einem für mich unvergesslichen Buch werden lassen.

Am Abend, als die Welt wie wir sie kennen endet, hat ein Schauspieler auf der Bühne einen Herzinfarkt und stirbt, während er King Lear spielt. Noch in der Nacht beginnt die Georgia Flu 99% der Weltbevölkerung zu töten.

Es würde nicht wundern, wenn sein Tod damit völlig untergeht und sich niemand mehr an ihn erinnern würde, aber auch zwanzig Jahre nach der Katastrophe gibt es noch Erinnerungen an ihn und die Menschen, deren Leben er berührt hat, in diesem einsamen Ödnis.

“I stood looking over my damaged home and tried to forget the sweetness of life on Earth.”

Inmitten dieser Dunkelheit gibt es Menschen, für die Überleben nicht alles ist. Die Schönheit bewahren: The Travelling Symphony. Eine Gruppe Schauspieler und Musiker die sich gefunden haben, die in Zelten schlafen, von Ort zu Ort ziehen und Shakespeare Stücke und klassische Musik aufführen.

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Kirsten ist das kleine Mädchen, die auf der Bühne war, als Arthur starb. Sie ist eine der Schauspielerinnen der Travelling Symphony. Sie trägt ein Tattoo aus einer Star Trek Voyager Folge, von der ihr ihr Musikerkollege August erzählt: „Because survival is insufficient“. Das ist meines Erachtens das schönste und wichtigste Thema des Buches. Die Signifikanz von Kunst und Kultur, das Bewahren einer kulturellen Identität als eine der wichtigsten Aufgaben derer, die überlebt haben.

Sei es durch die von Clark gesammelten Gegenstände im „Museum of Civilization“, die Zeitung die ein junger Mann herausgibt, der auch eine Bibliothek gegründet hat und natürlich durch die Travelling Symphony mit ihren Shakespeare Stücken und der klassischen Musik. Ein ziemlich zerfledderter Comic spielt eine große Rolle, wie auch die Erinnerungen an Star Trek.

Was bleibt, wenn alles endet ? Womit verbinden wir unseren Begriff von Zivilisation? Was macht uns zu Menschen und was verbindet uns ?
Kirsten and August walked mostly in silence. A deer crossed the road ahead and paused to look at them before it vanished into the trees. The beauty of this world where almost everyone was gone. If hell is other people, what is a world with almost no people in it?

„Station Eleven“ zeigt die Apokalypse jetzt aber auch nicht als weichgespültes Hipster-Event, einzig und allein mit dem Erhalt unseres kulturellen Erbes beschäftigt. Die Welt ist ein dunkler, gefährlicher Ort geworden, an dem an jeder Ecke der Tod lauern kann. Eine Welt ohne Medikamente, Technologie und auch ohne jeden juristischen Kodex, der es Leuten wie dem Propheten in der Geschichte leicht macht, seine düsteren Visionen auszuleben.

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Foto: Seph Lawless

St. Mandel hat ein bewegendes, hoffnungsfrohes Buch geschrieben über die menschliche Widerstandsfähigkeit, den Willen, nicht nur überleben zu wollen, sondern stur auf das Recht auf Schönheit zu beharren.  Ein Buch das leuchtet, einen aber auch ein wenig mit gebrochenem Herzen zurücklässt.

“A fragment for my friend–
If your soul left this earth I would follow and find you
Silent, my starship suspended in night”

Ach ja und ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn Nathan Burton den kompletten Comic „Station Eleven“ aus dem Buch zeichnen würde, den würde ich nämlich sehr gerne lesen.

Foto: Nathanburtondesign.com

Zwei sehr schöne Beprechungen zu „Station Eleven“ findet ihr auch bei deep read und buchpost und ein spannendes Interview mit der Autorin hier:

Das Buch ist auf deutsch unter dem Titel „Das Licht der letzten Tage“ im Piper Verlag erschienen.

2015 – The Year in Books

Ja nee hat super geklappt mit meiner Wahl der 10 Lieblingsbücher. Ich kann mich partout nicht entscheiden und schicke jetzt immer zwei ins Rennen. Die Kombi ist eventuell nicht immer einleuchtend, gibt aber schönen Einblick in meine abstrusen Synapsen-Schaltungen.

Es sind die Bücher, die mich am intensivsten beschäftigt haben in diesem Jahr, nicht automatisch die, die mir am besten gefallen haben. Habe nicht viele Bücher gelesen, die mir gar nichts gesagt haben oder die ich schlichtweg schlecht fand.

Vielleicht könnt ihr mir ja helfen mit der Entscheidung. Unter allen die in den Kommentaren hier oder bei Facebook abstimmen verlose ich eines der zur Wahl stehenden Bücher hier (nach Wunsch). Am 10.1. guck ich dann mal, ob es Entscheidungen und einen Gewinner gibt.

Hier kommen die Teilnehmer:

The Goldfinch – Donna Tartt

oder

Die Kunst des Feldspiels – Chad Harbach

Fahrenheit 451 – Ray Bradbury

oder

The Bone Clocks – David Mitchell

Geliebtes Wesen…Briefe von Vita Sackville-West an Virginia Woolf

oder

Anais Nin – Die Tagebücher 1927 – 1929 und 1931 – 1934

The Master and Margarita – Mikhail Bulgakov

oder

Die unheimliche Bibliothek – Haruki Murakami

9 Stories – J. D. Salinger

oder

Meistererzählungen – Stefan Zweig

The Paying Guests – Sarah Waters

oder

Auf den Körper geschrieben – Jeanette Winterson

Cannery Row – John Steinbeck

oder

Der Susan Effekt – Peter Hoeg

Francoise Gilot Die Frau, die nein sagt – Malte Herwig

oder

Bossypants – Tina Fey

Was wirklich Spaß macht ist, sich die jeweiligen „Konkurrenten“ bei einem Treffen vorzustellen. JD Salinger und Herr Zweig beim gediegenen Whisky im Club-Sessel oder Tina Fey die der vornehmen Madame Gilot versehentlich ein Glas Rotwein über die Hose kippt…

Noch ein Martini und ich liege unter dem Gastgeber – Michaela Karl

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Das es bei dieser Lektüre feucht zugehen würde, hatte ich vorab ja schon vermutet, dass ich aber bei der Gelegenheit das halbe Schlafzimmer unter Wasser setze und das arme Buch komplett ertränke, damit hätte ich nun doch nicht gerechnet. Die Hitzewelle vor ein paar Tagen, an die man sich jetzt fast schon nicht mehr erinnern kann, hatte mich in der ganzen Wohnung die Fenster aufreißen lassen, das kurz darauf folgende erlösende Hitzegewitter aber leider nicht dazu, das Fenster im Schlafzimmer auch wieder zu schließen *seufz*. Führte neben einer kaputten Steckdose nebst iPhone Kabel, einem feuchten Kopfkissen auch zu einer völlig ertränkten Ms Parker und ich habe sie förmlich zetern hören „Water ? Of all things possible you drown me in water?“

Nun gut, der Lektüre hat es keinen Abbruch getan, ich habe auch das vollkommen aufgeweichte Buch sehr genossen, das wellige Buch dann mit fetten Enzyklopädien wieder geplättet und halbwegs in Form gebracht und mir und Ms Parker natürlich dann nach diesen Strapazen einen wohlverdienten Martini serviert.

Die Journalistin, Autorin und Dichterin Dorothy Parker war in den 20er Jahren der Star der New Yorker Literaturszene, die für ihren bissigen Humor bekannt war. Sie arbeitet in den später 1910er Jahren für renommierte Magazine wie Vogue und Vanity Fair und in den 20er Jahren wurde sie Literaturkriterin bei The New Yorker.

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Sie gründete den legendären Algonquin Round Table mit dem Schriftsteller Robert Benchley und dem Dramatiker Robert Sherwood. Diese illustre Runde unterschiedlicher Künstler und Lebemänner und -frauen, die sich täglich im namengebenden Algonquin Hotel in Manhatten trafen, bestand aus so unterschiedliche Typen wie dem Gründer des Magazins The New Yorker, Harold Ross, dem Komiker Harpo Marx, dem Journalistin und Kritiker Alexander Woollcott, bis hin zu Schauspielern wie Tallulah Bankhead und Douglas Fairbanks. Nicht alle waren regelmäßige Teilnehmer dieses Kreises, der für seine heißen Wortgefechte ebenso bekannt war, wie für die Unmengen an Alkohol, die selbst während der Prohibitionszeit irgendwie aufzutreiben waren. Ich habe mich bei der Lektüre ständig gefragt, wann diese Menschen eigentlich überhaupt Zeit hatten zu schreiben, zu drehen, zu dichten etc. wenn sie doch stets und ständig gesoffen, gequalmt und sich gegenseitig in Affären verwickelt haben?

Michela Karls Biografie ist wunderbar leicht und informativ, der Humor staubtrocken und man erkennt in Parker eine schwierige, vielschichtige Frau, die weit mehr als einfach nur Pointenlieferantin war.

Parker, die von ihrer kurzen ersten Ehe nicht viel mehr behält als den Nachnamen, interessiert sich anfangs nicht wirklich für Politik. Was aber sicher auch der Zeit geschuldet war, dem Wunsch nach Leben und Glamour in den 20er Jahren, nach den Schrecken des ersten Weltkriegs. Allein am Broadway gingen in einem Jahr teilweise über 250 Premieren an den Start, die gesehen und rezensiert werden mussten, New York war die Literaturhauptstadt und eine Neuerscheinung jagte die nächste.

Die New Yorker Gesellschaft liegt ihr zu Füßen auch und gerade ihrer bösen Zunge wegen. Beispiel gefällig? Der Autorin eines Enthüllungsbuches, die sich beschwert, man habe dessen Erscheinen durch Polizeigewalt verhindern wollen, erklärt sie in ihrer Kolumne: „Lady, das waren keine Polizisten, sondern verkleidete Literaturkritiker.“  Auf einer Party erkundigt sich die Gastgeberin, ob Dorothy sich denn amüsiere, woraus diese zur Antwort gibt: „Ob ich mich amüsiere? Noch ein Martini und ich liege unter dem Gastgeber.“

„Men seldom make passes at Girls who wear Glasses“ (kann ich ja gar nicht verstehen 😉 )

„Immer wenn ich einen dieser Briten treffe, fühle ich mich, als würde ich ein Indianerkind auf dem Rücken herumschleppen.“

So wenig, wie sie sich zumindest in ihren jüngeren Jahren für Politik interessiert, so wenig interessiert sie sich ein Leben lang für Geld. Sie zahlt ihre Rechnungen häufig nicht, weniger aus Geiz oder Gemeinheit, als einem ziemlichen Desinteresse an Trivialitäten wie Geld oder anderen materiellen Gütern. Nach ihrem Tod findet man mehrere uneingelöste Schecks über zehntausend Dollar und das, obwohl sie gerade in ihren letzten Lebensjahren ein mehr als spartanisches Leben führen musste.

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Sie träumt lange davon, reich zu werden und wird es dann zeitweise in den 30er und 40er Jahren ausgerechnet dank Hollywood und das, obwohl sie mit dem Kino nicht wirklich viel anfangen kann „“Ich gehe nie ins Kino, weil jedes Kino auf mich nur wie eine vergrößerte, prächtig dekorierte Todeszelle wirkt.“ Sie schreibt mit ihrem zweiten Ehemann Alan Campbell Drehbücher, unter anderem für den Film „A star is born“ und für Alfred Hitchcocks Film „Saboteur“.

Während des 2. Weltkrieges wird Dorothy Parker, von ihren Freunden Dotty genannt, politisch aktiv. Sie ist entschiedene Gegnerin des Nazi-Regimes, ist Mitbegründerin der „Anti Nazi League“, setzt sich für Flüchtlinge ein und gründet in Hollywood eine Gewerkschaft für Drehbuchautoren. Sie wird Kommunistin und steht, gemeinsam mit vielen Kollegen, während der McCarthy Ära auf der schwarzen Liste. Sie entgeht knapp der Vorladung vor den Mc Carthy-Ausschuss, leidet aber ebenfalls unter dem Einstellungsverbot.

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Aber auch wenn ihre Möglichkeiten in Hollywood auf Eis gelegt waren, Dorothy Parker bleibt eine weiterhin hochgeachtete Autorin und Dichterin. 1963 kehrt sie nach jahrelangem „Exil“ nach New York zurück.

Die exzessiven wilden 20er Jahre, die für Parker und ihre Freunde eigentlich ein Leben lang andauerten, hatten einige unverwünschte Nebenwirkungen wie Alkoholismus, Depressionen, Selbstmordversuche und Herzkrankenheiten und ihr Freundeskreis beginnt sich durch frühe Todesfälle immer weiter zu lichten.

F. Scott Fitzgerald erliegt mit 44 seinem zweiten Herzinfarkt, seine Frau Zelda stirbt nur 8 Jahre später bei einem Brand in der psychiatrischen Klinik, in der sie jahrelang untergebracht war,  Hemingway nahm sich ebenso wie ihr erster und ihr zweiter Mann das Leben.

Auch Dorothy wird von ihrem Arzt gewarnt, sie sei in einem Monat tot, wenn sie in diesem Tempo weitertrinke, aber cool wie immer erwidert sie darauf „Alles leere Versprechungen.“

Am 7. Juni 1967 macht sich das Versprechen dann doch wahr und sie erliegt einem Herzinfarkt. Ich weiß nicht, ob etwas auf ihrem Grabstein steht, dieser Spruch von ihr wäre auf jeden Fall passend:

„If I abstain from fun and such, I’ll probably amount to much;
But I shall stay the way I am,
Because I do not give a damn“

Michaela Karl hat auch eine Biografie über  F. Scott Fitzgerald und seine Frau Zelda geschrieben, die ich auch gerne noch lesen möchte.

Hier eine spannende Dokumentation über den Algonquin Table „The Ten-Year Lunch“:

Das Buch ist im btb Verlag erschienen und hier erhältlich.