Heute mal wieder ein Schmankerl aus dem Archiv, das ich nach und nach hochladen will. Dieser absolut schrecklichste, nasseste und trübste Sommer ever in Bayern hat mich zu einem Sonnenfoto greifen lassen. Wie gerne würde ich jetzt dieses Buch noch einmal an diesem thailändischen Strand lesen!
JG Ballards „The Drowned World“ stand schon eine Weile auf meiner Leseliste, hatte es aber bislang nicht. Und wo finde ich dieses – ok etwas mitgenommene Exemplar? – in LAOS (!) in einem klitzekleinen Laden in dem man das weltbeste „Morning Glory“ essen konnte. Das lag da schon eine Weile und ich durfte es gerne mitnehmen.
Wo läßt sich „The Drowned World“ besser lesen, als im schwül-warmen Südostasien? Die Geschichte spielt in London, die Polarkappen sind geschmolzen, die Welt fast komplett abgesoffen und die Zivilisation so gut wie hin. Brennendes Sonnenlicht mit unglaublichen Temperaturen machen es nahezu unmöglich zu überleben. Unglaublich das diese Geschichte bereits 1962 geschrieben wurde, als noch kein Mensch von Klimawandel gesprochen hat.
Eine Gruppe von Außenseitern lebt an einem Sumpf oberhalb des gefluteten Londons. Dr. Keran wohnt in einem ehemaligen Hotel, Beatrice Dahl, mit der er gelegentlich eine Affaire hat, auf der anderen Seite und in der Nähe ist eine Militärbasis, auf der Experimente durchgeführt werden. Es ist gnadenlos heiß, es schwirren riesige Libellen durch die Luft und die ganze Atmosphäre ist stickig, klebrig und die Hitze lähmt alles.
Die Atmosphäre schlägt allen aufs Gemüt und mehr und mehr setzt unter den Protagonisten eine durch Träume ausgelöste Form von Wahnsinn ein. Sie weigern sich, der Aufforderung des Militärs nachzukommen und mit diesen weiter Richtung Norden zu ziehen. Robert und Beatrice sind vollkommen lethargisch, schlafen fast nur noch, bis eine Gruppe Piraten auftaucht und anfängt die paar Überlebenden zu terrorisieren und die leerstehenden Gebäude auszurauben.
Auch bei ihnen beginnen irgendwann die Träume und sie merken, dass sie nach und nach den Halt verlieren und sich immer weiter von ihrer eigenen Menschlichkeit entfernen. Je amphibienhaft lethargischer sie werden, um so mehr beginnt die Natur um sie herum aufzublühen trotz oder gar aufgrund der widrigen Umweltbedingungen. Die Menschheit entwickelt sich zurück, unsere Zivilisation geht in die Knie, aber die Natur überlebt die Umweltkatastrophe.
Das Buch ist bei Weitem nicht fehlerfrei. Die Geschichte verliert etwas an Spannung in der Mitte, die Lethargie greift gelegentlich auch etwas auf den Leser über und man sollte nicht mit allzu hohen Logik-Ansprüchen an die Geschichte herangehen. Woher sie nach den vielen Jahren des Geflutet-Seins noch immer Nahrung, Alkohol und Benzin haben, hmmmmm.
Mir hat das Buch sehr gefallen, vielleicht oder gerade auch wegen der schwülen, traumartigen Atmosphäre im Buch und ich habe mich sehr an eine Star Trek TNG Folge erinnert gefühlt, in der sich die Besatzung, durch einen unbekannten Virus bedingt, auf ihre ursprünglichste Entwicklungsstufe zurückentwickelt.
Eine Dystopie, bei der man sich immer wieder einmal bewusst machen sollte, dass sie bereits in den 60er Jahren geschrieben wurde.
‚Did I or did I not try to kill myself?‘ One of the few existential absolutes, far more significant than ‚To be or not to be?‘, which merely underlines the uncertainty of the suicide, rather than the eternal ambivalence of his victim.“
„Nothing endures for so long as fear. Everywhere in nature one sees evidence of innate releasing mechanisms literally millions of years old, which have lain dormant through thousands of generations but retained
their power undiminished. The field rat’s inherited image of the hawk’s
silhouette is the classic example – even a paper silhouette drawn across a cage sends it rushing frantically for cover. And how else can you explain the universal but completely groundless loathing of the spider, only one species of which has ever been known to sting? Or hatred of snakes and reptiles? Simply because we all carry within us a submerged memory of the time when the giant spiders were lethal, and when the reptiles were the planet’s dominant life form.“
Das Buch ist auf deutsch unter dem Titel „Paradiese der Sonne“ in der Edition Phantasia erschienen
hey sabine 😉
klingt gut, ich liebe manchmal solch „düsteren weltuntergangsgeschichten“…
wenn du übrigens ein gefällt mir von „kita bremen“ erhältst, bin ich das. wollte bei wordpress mal einen arbeitsblog starten und seit dem ich häng ich da drin, weil ich zu faul bin, mich damit zu beschäftigen, wie ich da wieder weg komme 😉
liebste grüße
amy
ahhh, ich dachte es mir schon wegen Bremen. Geht mir auch so, hab irgendwo noch in der Blogwelt ein 7o9 das auf meinen alten Blog verlinkt, der schon seit 100 Jahren tot ist, bekomm ich auch irgendwie nicht weg. Ganz liebe Grüße 🙂 PS Mochtest Du/Ihr eigentlich „Lucy“?
Bin mmer wieder positiv überrascht, dass der gute, alte Ballard heute noch seine Leser findet, wo er doch (leider) hierzulande ziemlich von der Buchhandels-Bildfläche verschwunden ist. Kann Dir übrigens auch „Crash“ sowie „Stürmt das Paradies“ nur ans Herz legen. Beide ebenfalls bei „Edition Phantasia“ erschienen.
Und nebenbei bemerkt: Richtig geiler Blog, den du hier hast.
Beste Grüße
Stefan
Danke für das Lob, freut mich riesig 🙂
Habe noch zwei ungelesene Ballards im Regal auf die ich mich schon freue: Kingdom Come und Cocaine Nights, aber die anderen beiden behalte ich auch auf dem Radar, habe gerade geschaut, die klingen auch sehr spannend. Liebe Grüße, Sabine 🙂
Dann wünsch ich weiterhin viel Spaß bei der Lektüre! Liebe Grüße zurück, Stefan
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