Meine persönliche Erfahrung ist: In Berlin scheint IMMER die Sonne. Deshalb kann ich es sehr gut verstehen, dass Marlene da wohlweisslich einen Koffer hat stehen lassen. Berlin ist immer eine Reise wert und nochmal schöner ist die Reise, wenn man die richtige Begleitung hat. Frau Wonnie konnte/wollte nicht mit zum Björk-Konzert, also habe ich Marlene überredet, mich zu begleiten und sie war eine ganz vorzügliche Kumpanin.
Dieses kleine Büchlein ist eine Hommage des großen und in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts überaus bekannten Kritikers und Kolumnisten Alfred Polgar. Er musste, wie soviele andere, vor den Nazis später ins Exil fliehen und war einer der vielen Menschen, die von Marlene Dietrich im Exil finanziell unterstützt wurden. Sozusagen als Wiedergutmachung bzw. um weniger das Gefühl zu haben, Almosen zu bekommen, sondern als Honorar für eine Auftragsarbeit, so schreibt er zwischen 1937 und 1938 ein Portrait der Dietrich, das jetzt, 80 Jahr nach seiner Entstehung zum ersten Mal veröffentlicht wurde.
Es ist keine seiner sonstigen kritischen Auseinandersetzugen mit einem Werk oder einer Person, dies ist eine Hommage. Nicht nur wegen der Unterstützung die er erhielt, Polgar war ihr Fan von der ersten Stunde an. Sein Text beschäftigt sich mit ihrer Karriere zwischen 1927 und 1937 und man muss schon eine ordentliche Portion „fangirling“ seinerseits ertragen. Das hat für mich dem Genuß der Lektüre keinen Abbruch getan, ich bin auch ein Marlene-Fan, allerdings einer, der bislang nicht wirklich viel über sie weiß.
“Es war die zweite von links, die, im kritischen Augenblick, den Revolver hob und die Kanaille niederschoss. Sie schoss von einer Treppe herab, die im Hintergrund sich wendelte, sie blieb dort stehen, als die Tat getan war, und sah auf das Opfer mit einem Blick, in dem Uninteressiertheit, kindliche Neugier, Müdigkeit und Gefühl schicksalhaften Unvermögens zu verstehen (wie es aus dem Tier-Auge trauert) sich mengten.”
Der Text bringt für Marlene-Kenner wahrscheinlich keinerlei neue Erkenntnisse und Polgar selbst hat wahrscheinlich in Dietrichs Leben keine größere Rolle gespielt, sie in seinem definitiv, nicht nur weil er auf ihre Hilfe im Exil angewiesen war. Die fesche Lola hat dem ehrwürdigen Kritiker ganz schön den Kopf verdreht 😉
„Nun gilt ja gewiss, dass die bescheidene Lebensform für den, der zu ihr nicht genötigt ist, einen anderen Akzent hat als für den, der sich in sie fügen muss; den kleinen Verhältnissen fehlt das Bittere, wenn die großen nur beurlaubt sind und jederzeit einrückend gemacht werden können.“
Mir hat das Buch Lust darauf gemacht, mehr über den das Lebens der Dietrich zu erfahren und mich mehr mit dem Star-Kritiker der Zwanziger Jahre, Alfred Polgar, zu beschäftigen. Herr Polgar hat Marlene Dietrich in einem sehr überirdischen Licht gezeichnet, but hey who knows – vielleicht war sie ja auch ein Alien (wie Elvis ;)) und gar nicht menschlich, ich denke, ich werde meine nächste Berlin-Reise mit einer weiteren Dietrich-Biografie im Koffer antreten und dieser Frage gewissenhaft nachgehen.
Egal welche Starallüren sie ansonsten gehabt haben mag, von ihrem Engagement gegen den Nationalsozialismus und für die Exilanten können wir uns auch heute noch eine fette Scheibe abschneiden.
Hier übrigens die wunderbare umfangreiche Rezension bei Sätze und Schätze, die mich auf das Buch aufmerksam gemacht hat. Ganz lieben Dank noch einmal an Birgit für das Buch.
Diese spannende Dokumentation ist unbedingt sehenswert:
Das freut mich, dass das Buch dank Dir nach Berlin kam! Der richtige Ort…und einer meiner Lieblingsfilme mit Marlene: A foreign affair.
Wünsche Dir noch viel schöne Entdeckungen unter den Exilanten….LG Birgit
danke sehr – und die „Foreign Affair“ habe ich gleich mal auf meine Filmliste gepackt.
Mich friert es immer, wenn ich diese Stimme höre! Danke für diese Vorschläge. L.G.
Frieren in a good or in a bad way ? 😉
Ich mag Marlene Dietrich sehr. Sogar als Kind schon. Eine kleine Buchsammlung usw. Von ihr habe ich. Schön deine Rezension zu lesen. Das Buch habe ich gleich nach dem Erscheinen verschlungen. Wenn du mal wieder in Berlin bist, gibt es viele Spuren etwas mit Marlene zu wandeln und ich empfehle dir unbedingt das Filmmuseum. Herzliche Grüße aus Berlin.