Happy Halloween

Für mich könnte Halloween wie die Adventszeit ja gerne fast den ganzen Monat stattfinden und ich lebe den Oktober auch sehr gerne im Horroctober und decke mich mit wohlig-gruseliger Lektüre ein und schaue natürlich auch den einen oder anderen thematisch passenden Film oder auch eine Serie. Netflix hat mit Mike Flannagan ja seit einiger Zeit einen Garanten für atmosphärischen Horror per Serie im Programm.

Heute möchte ich euch aber meine dunkel-düstere Lektüre aus dem Oktober vorstellen und hoffe, ich kann euch Lust auf das eine oder andere Buch machen.

Dieses Buch ist meine absolut wunderbare Wiederentdeckung, die ich Nadine und Alex vom Blog letusreadsomebooks verdanke, die das Buch auf Instagram posteten und ich war Feuer und Flamme. Das musste wieder ins Haus. Das Buch hatte ich irgendwann in den 90ern mal in einer Nacht durchgelesen, es heiß und innig geliebt und dann ist es irgendwo zwischen Schottland / London / Hamburg oder der WG in München verloren gegangen. Ich war schon auch etwas nervös, ob es nach so vielen Jahren meinen Erinnerungen und Erwartungen entsprechen würde – um es kurz zu machen: ja und ja und ja. Liebe es genauso wie damals und habe – Instagram sei Dank – auch rausgefunden, dass ich immer schon ein Dark Academia Girl bin, hatte nur nie eine Bezeichnung dafür. Man gebe mir Filme wie „Der Club der toten Dichter“, Bücher wie „The Secret History“, „Posession“ von A. S. Byatt, „Carmilla“ von Le Fanu (eignentlich fast alles wo Vampire drin sind), Harry Potter oder auch „Wuthering Heights“ von Emily Bronte etc etc und ich bin im 7. Bücherhimmel.

Aber jetzt kurz zu Donna Tartts Meisterwerk „The Secret History“. Ms Tartt schreibt ja immer gerne etwa 10 Jahre an einem Buch, ihr Gesamtwerk wird also voraussichtlich übersichtlich bleiben.

Die geheime Geschichte ist einer der besten Krimis, die ich je gelesen habe. Und das liegt vielleicht daran, dass es sich nicht um einen Krimi im herkömmlichen Sinne handelt, sondern um literarische Fiktion mit jeder Menge moralischer Ambiguität und dem Verlust der Unschuld als zentralen Themen. Die eigentlichen Straftaten spielen eine untergeordnete Rolle es geht auf subtile Weise um eine verheerende Kettenreaktion, die zum kollektiven Zerfall des Gefüges von fünf jungen Leben führt.

“Does such a thing as ‚the fatal flaw,‘ that showy dark crack running down the middle of a life, exist outside literature? I used to think it didn’t. Now I think it does. And I think that mine is this: a morbid longing for the picturesque at all costs.”

Und es ist der Schatten dieses Verbrechens, die Vorwegnahme seines Eintretens und die niederschmetternden psychologischen Nachwirkungen, die der Erzählung ihre wahre Substanz verleihen. Die Diskrepanz zwischen den gelegentlichen Gewissensbissen der Täter und ihrer egoistischen Rechtfertigung des Mordes macht dieses Buch so fesselnd und eindringlich. Hier geht es nicht primär um die Lösung eines komplizierten Kriminalfalls, sondern wir erleben das Ganze aus der Sicht des Erzählers, der ein widerwilliger Komplize des Verbrechens ist.

Dieses Buch ist voll von schrecklichen Menschen. So ziemlich alle Menschen, die unser Erzähler Richard trifft, sind auf irgendeine Weise furchtbar. Sie sind egozentrisch, elitär, soziopathisch und krasse Snobs. Auch Richard ist nicht gerade ein toller Typ. Aber das Faszinierende an diesem Romans besteht darin, dass man diese schrecklichen Menschen irgendwie zutiefst sympathisch findet.

Ich liebe die sich langsam aufbauende Spannung und das Gefühl, dass ich als Leser gekonnt manipuliert wurde. Ja, das. Das letzte. Ich glaube, das ist es, was ich an diesem Roman am meisten liebe. Ich habe das Gefühl, dass Donna Tartt diesen Roman vollkommen unter Kontrolle hatte. Alles ist wohldurchdacht und einfach perfekt inszeniert

Große Empfehlung – unbedingt lesen 🙂

Der erste Roman von Mathias Menegoz ist ein ehrgeziges Unterfangen und überrascht auf mehren Ebenen: Er fühlt sich ganz und gar an wie die großen historischen Romane des 19. Jahrhunderts, nicht nur durch die Art der Geschichte, die er erzählt, und die Figuren, die er beschreibt, sondern auch durch seine Sprache, seinen Ton und seine Atmosphäre. Das Ergebnis ist ziemlich fesselnd. Es nimmt den Leser mit auf eine faszinierende Reise durch das österreichische Kaiserreich und insbesondere durch die geheimnisvollen Karpaten. Von Wien bis zu einem abgelegenen Schloss in der Wildnis, wo die Legende von Dracula entstand, erweckt Karpathia eine Welt wieder zum Leben, mit der sich Romanautoren nur selten ernsthaft auseinandergesetzt haben – oft ziehen sie es vor, sie als fast phantasievollen Hintergrund zu verwenden.

„Der Besitz, den die letzten Korvanyis bald erreichen würden, entsprach nur noch einem Teil der historischen Korvanya. Aus der Blütezeit blieben trotzdem ein paar Täler, die sich zwischen zahlreichen Hügeln an den Südhängen des Calimani-Gebirges um zwei kleine Nebenflüsse des Mieresch gruppierten. Stunde um Stunde ließen sich die Korvayis auf der Straße durchrütteln, die am Nordufer des Mieresch englangführte. Sie durchfuhren nur wenige, weit auseinanderliegende Dörfer. Schließlich bog die Kutsche in einen Seitenweg ein, der noch schlimmer war als der vorherige. Als handele es sich um eine übliche Formel, verkündete der Kutscher laut von seinem Sitz herunter „Mein Herr, Sie sind zu Hause“

Menegoz hat glaube ich unglaublich viel recherchiert und jede Menge Details über das Lebens in diesem abgelegenen Teil Österreich-Ungarns ausgegraben: Man lernt viel ohne das man das Menegoz jemals pedantisch rüberkommt, und es gelingt ihm, eine lebendige, glaubwürdige Welt zu zeichnen, weit entfernt von allen Klischees. Der Roman beginnt mit einer Nahaufnahme der Hauptfigur (Alexander, ein steifer Aristokrat, der nicht wirklich sympathisch ist), und läßt dann, Kapitel für Kapitel, neue Figuren eintreten, bis der Roman zu einem facettenreichen Epos wird, dessen Höhepunkt, eine kolossale Jagd, ein fast apokalyptischer Kampf der Kulturen zwischen der Welt der Leibeigenen, die seit Jahrhunderten in Knechtschaft leben, und einer sterbenden Aristokratie ist, die verzweifelt an ihren Privilegien festhält.

Das Buch mag an manchen Stellen etwas zu lang sein, vor allem gegen Ende, aber ich fand es nie langweilig. Ich fand es gleichzeitig spannend aber ganz gelegentlich auch ein bißchen schade ein so derart nüchternes vollkommen realistisches Buch zu lesen, dass dem Vampir-Mythos jeglichen Zauber nimmt. Dennoch eine wunderbare Herbstlektüre die ich auch vollumfänglich empfehle.

Der Aufbau der Handlung ist geradlinig und schnörkellos. Adam Snow biegt falsch in einen überwucherten Feldweg ein und entdeckt ein verfallenes edwardianisches Landhaus, das ihn in den verlassenen Garten zu ziehen scheint. Bei seinen Erkundungen hat er das seltsame Gefühl, dass sich die Hand eines kleinen Kindes in seine eigene schleicht. Dies setzt eine Reihe von Ereignissen in Gang, die immer unheimlicher und bösartiger werden und Adam zu lähmenden Panikattacken und Albträumen veranlassen, während er versucht, das Geheimnis dieser kleinen Hand zu lüften.

„It was as I drew close to it and looked down that I felt the small hand holding mine. I thought my heart would stop. But this time the hand did not clutch mine and there was no sense that I was being pulled forward. It was, as on that first evening, merely a child’s hand in mine“

Hills schriftstellerisches Geschick besteht darin, zwischen ihren spärlichen Zeilen einen mehrdeutigen Raum zu schaffen, fast so, als würde sie ein Gedicht konstruieren. Mit ihrer präzisen und sorgfältig strukturierten Prosa schafft sie es immer wieder wohligen Nervenkitzel zu erzeugen. Bei Susan Hill liegt man sicherlich nicht atemlos vor Angst im Bett, aber perfekt für ein stürmisch-verregnetes cozy Wochenende bei denen man sich ein klein wenig gruseln mag.

Eulen haben irgendetwas an sich. Sie tauchen in allen großen Kulturen seit der Steinzeit auf. Sie sind Geschöpfe der Nacht und damit der Magie. Sie sind die Vögel der Unheilverkündigung, die vogelkundlichen Boten der anderen Seite. Aber Eulen – mit ihren flachen, intelligenten Gesichtern, ihren großen, runden Augen, ihrem väterlichen Blick – sind auch beruhigend vertraut. Wir sehen sie als weise, wie die Eule der Athene, und treu, wie Hedwig aus Harry Potter. Mit anderen Worten: menschenähnlich.

Keine andere Tierart hat uns so in ihren Bann gezogen.

„There is something about owls. More than any other family of birds they produce a reaction in us, and have done so across time and continents. It is atavistic; we are generelly programmed to care for lookalikes. In ancient times the owl was known as the „human-headed bird“. We for for that manlike face.

In „Das geheime Leben der Eule“ erforscht John Lewis-Stempel die Legenden und die Geschichte der Eule.

Ein sehr schönes Buch bei dem ich immens viel über Eulen gelernt habe und jetzt möchte ich wirklich auch eine Hedwig haben!

Laura Carlin nimmt uns mit in die atmosphärische, überbordende Armut und die schmutzigen, von Krankheiten befallenen Gassen und Hinterhöfe des London der 1830er Jahre. In dieser eindeutig Dickens’schen Welt lebt die junge Hester White in den Slums, sie hat ihre Eltern verloren und ist auf der Suche nach einem Weg, der sie aus ihrer misslichen Lage herausführen kann. Dunkle, alptraumhafte Taten geschehen, während arme Leute in der Stadt verschwinden, aber es kümmert niemanden so richtig, denn schließlich betrifft es nur ein paar arme Menschen die wenig Bedeutung finden in dieser Zeit. Nachdem sie bei einem Unfall mit einer Pferdekutsche verletzt wird, findet sich Hester in einer glücklichen Lage wieder. Der Besitzer der Kutsche, Calder Brock, bietet ihr medizinische Hilfe an und nimmt sie mit auf sein Landhaus. Hester erhält die Stelle als Gesellschafterin von Calders Schwester Rebekah.

“Instead of the majesty of Westminster Abbey and the grandeur of the Banqueting House, here the houses spill over each other; dishevelled and ugly. A sickly, rotten stench rises from the streets and the rain-bloated gutters. Some thoroughfares bulge with black mud where pools of fetid water have collected, while others are narrow and meandering. All are swart with the lack of daylight and connected by alleyways and byways that seep over the scabbed ground.”

Rebekah ist eine intelligente, starke und unabhängige Frau, die Hester unter ihre Fittiche nimmt und der dankbaren Hester Nachhilfeunterricht gibt. Die beiden Frauen entwickeln eine romantische Beziehung, die die Normen und Konventionen der Gesellschaft in Frage stellen. Doch es gibt Geheimnisse, und es dauert nicht lange, bis Hester und Rebecca in ein Netz aus Intrigen und Gefahren verstrickt sind.

Ein Roman der an Sarah Waters „Fingersmith“ erinnert und mich definitiv gut unterhalten hat.

Hier noch mal die Roman im Überblick:

  • The secret history von Donna Tartt auf deutsch erschienen unter dem Titel „Die geheime Geschichte“ im Goldmann Verlag
  • Karpathia von Mathias Menegoz erschienen in der Frankfurter Verlagsanstalt
  • The Small Hand von Susan Hill auf deutsch erschienen unter dem Titel „Die kleine Hand“ im Kampa Verlag
  • The secret life of the owl von John Lewis-Stempel
  • The wicked cometh von Laura Carlin

2 Kommentare zu “Happy Halloween

  1. The secret history von Donna Tartt und
    Karpathia von Mathias Menegoz stehen schon lange auf der Wunschliste und sind nach Lesen deines Beitrages gerade wieder nach oben gerückt. Gerade von Tartt wollte ich unbedingt einmal etwas lesen und bi daher nicht traurig, dass ihr Werk übersichtlich ist- wird sich hoffentlich nach dem Lesen des ersten Romans von ihr ändern. Beste Grüße.

  2. Pingback: Gruseliger Horroctober | Binge Reading & More

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