From Paris with Love

Mit dem Schiff von Havanna nach Frankreich und dann per TGV nach Paris – bequemer und perfekter geht es gar nicht. Draußen zischt die Welt vorbei und drinnen sind wir in unserer Lese-Bubble und tauchen ein in meinen Bücherkoffer. Ganz bin ich nicht durchgekommen, aber für einen Coup de Chapeau hat es immerhin gereicht.

Begonnen haben wir unsere Stadtführung mit Roland Barthes „Der Eiffelturm“ – ein dünnes wunderschönes Bändchen, das einen perfekt einstimmt auf die Paris-Woche. In seinem Essay betrachtet Barthes liebevoll eines der beliebtesten Symbole der Welt. Er entdeckt den Eiffelturm für uns auf ganz neue Art, macht ihn sicht- und greifbar.

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Es macht Spaß, mit Barthes gemeinsam die Welt zu entdecken, macht mir mit diesem Essay Lust, noch mehr von der Welt durch seine Augen zu entdecken. Er schreibt charmant, bleibt zugänglich bei gleichbleibend hohem Niveau und hat Humor . Ich liebe Barthes‘ Exaktheit in der Betrachtung und seine Ästhetik.

Der Eiffelturm ist so sehr Sinnbild für Paris geworden, dass man sich partout nicht vorstellen kann, wie groß die Ablehnung war, als der Turm anlässlich der Weltausstellung 1887 gebaut wurde. Es gab unzählige Proteste, eine Gruppe Künstler entwarf gar einen Protestbrief der in der Zeitschrift „Le Temps“ veröffentlicht wurde und der die Welt vor der unfranzösischen „tragischen Straßenlaterne“ bewahren sollte:

„Wir, Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Architekten und leidenschaftliche Liebhaber der bis jetzt noch intakten Schönheit von Paris, protestieren hiermit mit all unserer Kraft und aus all unserer Empörung, im Namen des falsch verstandenen französischen Geschmacks, im Namen der Kunst und der bedrohten französischen Geschichte, gegen die Errichtung des nutzlosen und monströsen Eiffelturms im Herzen unserer Hauptstadt, den die Bösartigkeit der Öffentlichkeit – die oft über gesunden Menschenverstand und Gerechtigkeitssinn verfügt –, bereits den ‚Turm zu Babel‘ nennt.“

Wer damit leben kann, in einer Schlange zu stehen, dieses Büchlein hat die perfekte Anstehlänge und ist sicherlich das Beste und Anspruchsvollste, womit man sich die Zeit vertreiben kann, bis man von oben die Aussicht über die Stadt der Liebe bewundern kann.

Mit Djuna Barnes Biografie ausgestattet sind wir dann durch das Paris der 20er Jahre spaziert. Das ist die Zeit, die ich wohl wählen würde, sollte mich eine Zeitreisemaschine mal per Anhalter mitnehmen.

Djuna Barnes (1892 – 1992) war eine bekannte Persönlichkeit der Pariser Left Bank und in lesbischen Kreisen der Zwanziger und Dreißiger Jahre. Fields Autobiografie beschäftigt sich ausführlich mit Barnes Familienleben, ihrer Herkunft und es ist vielleicht auch notwendig, soviel über ihre Wurzeln zu erfahren, um die Schriftstellerin, Journalistin, Dichterin besser verstehen zu können.

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Foto: Rhys Tranter

Heute ist sie hauptsächlich für ihren Roman „Nightwood“ bekannt, den ich ehrlich gesagt nie fertig gelesen habe, da ich damals zumindest partout keinen Zugang zu dem Werk gefunden habe. Bei einem der vielen Umzüge ist mir „Nightwood“ leider abhanden gekommen, es wäre die passende Begleitlektüre gewesen. Trotz meiner Schwierigkeiten mit ihrem Werk (bei ihren Gedichten tue ich mich sichtlich leichter) übt Barnes auch heute noch eine ziemliche Faszination auf mich aus.

Die Biografie ist die faszinierende Dokumentation einer inspirierenden Persönlichkeit, die eine Vorreiterin des modernen Feminismus war in vielerlei Hinsicht. Die Frauen der Left Bank, zu denen auch Djuna Barnes gehörte, glaubten an ihr Recht auf kreative Selbstbestimmung und auf ihr Recht so zu leben, wie sie es für richtig hielten.

Wer speziell an Djuna Barnes interessiert ist, dem kann ich Andrew Fields‘ Biografie empfehlen, wobei ich ihn stellenweise dröge fand. Zugänglicher und spannender geschrieben fand ich Andrea Weiss‘ Buch „Paris was a Woman„, das ich vor einigen Jahren gelesen habe.

Natürlich kann man nicht durch Paris spazieren ohne den Cafés einen Besuch abzustatten, die Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre, Albert Camus und all die anderen aus der Existentialisten-Clique frequentierten. Ein literarischer Spaziergang entlang der rive gauche ist natürlich auch für uns ein absolutes Muss.

Nach so viel Spaziergang musste dann aber jetzt dringend ein Glas Rotwein und eine Baguette her. Wie gut, dass die Muenchner Kuechenexperimente stets genau dann Proviant hervorzaubern können, wenn die Truppe schon halb am verhungern ist:

Zutaten für 2-3 Baguettes (je nach Größe):

500 g Weizenmehl

350 ml lauwarmes Wasser

10g frische Hefe oder 1 Päckchen Trockenhefe (ich habe Trockenhefe genommen)

1,5 TL Salz

Zubereitung:

Alle Zutaten miteinander vermengen und in der Küchenmaschine zu einem glatten Teig kneten. Den Teig abgedeckt 1 Stunde lang bei Zimmertemperatur gehen lassen.

Anschließend in 2 oder 3 gleichgroße Stücke teilen, je nachdem, wie groß ihr eure Baguettes haben wollt. Ich habe 2 Stücke draus gemacht. Die Stücke jeweils zu gleich langen Rollen formen und entweder auf ein Baguette-Backblech oder ein mit Backpapier ausgelegtes normales Backblech geben. Die Baguettes nochmal 30 Min. gehen lassen. Mit einem Messer anschließend mehrfach schräg leicht einschneiden. 

Den Backofen auf 230 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Auf die unterste Stufe eine Fettpfanne einhängen, die mit Wasser gefüllt ist. Diese kurz mit aufheizen lassen. Das Blech mit den Baguettes auf zweite Schiene von unten einhängen und für 10 Minuten backen. Dann die Fettpfanne mit Wasser entfernen und die Baguettes nochmal für 10 Minuten weiter backen

Unsere Film-Empfehlung für das passende Paris-Feeling ist Amélie:

Morgen geht es mit dem TGV weiter nach Brüssel. Wir hoffen, ihr seid wieder dabei ?

Paris – Coup de Chapeau

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Mit dem TGV direkt von München nach Paris – bequemer und perfekter geht es gar nicht. Draußen zischt die Welt vorbei und drinnen bin ich in meiner Lese-Bubble und tauche ein in meinen Bücherkoffer. Ganz bin ich nicht durchgekommen, aber für einen Coup de Chapeau hat es immerhin gereicht.

Begonnen habe ich mit Roland Barthes „Der Eiffelturm“ – ein dünnes wunderschönes Bändchen, das einen perfekt einstimmt auf die Paris-Woche. In seinem Essay betrachtet Barthes liebevoll eines der beliebtesten Symbole der Welt. Er entdeckt den Eiffelturm für uns auf ganz neue Art, macht ihn sicht- und greifbar.

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Es macht Spaß, mit Barthes gemeinsam die Welt zu entdecken, macht mir mit diesem Essay Lust, noch mehr von der Welt durch seine Augen zu entdecken. Er schreibt charmant, bleibt zugänglich bei gleichbleibend hohem Niveau und hat Humor . Ich liebe Barthes‘ Exaktheit in der Betrachtung und seine Ästhetik.

Der Eiffelturm ist so sehr Sinnbild für Paris geworden, dass man sich partout nicht vorstellen kann, wie groß die Ablehnung war, als der Turm anlässlich der Weltausstellung 1887 gebaut wurde. Es gab unzählige Proteste, eine Gruppe Künstler entwarf gar einen Protestbrief der in der Zeitschrift „Le Temps“ veröffentlicht wurde und der die Welt vor der unfranzösischen „tragischen Straßenlaterne“ bewahren sollte:

„Wir, Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Architekten und leidenschaftliche Liebhaber der bis jetzt noch intakten Schönheit von Paris, protestieren hiermit mit all unserer Kraft und aus all unserer Empörung, im Namen des falsch verstandenen französischen Geschmacks, im Namen der Kunst und der bedrohten französischen Geschichte, gegen die Errichtung des nutzlosen und monströsen Eiffelturms im Herzen unserer Hauptstadt, den die Bösartigkeit der Öffentlichkeit – die oft über gesunden Menschenverstand und Gerechtigkeitssinn verfügt –, bereits den ‚Turm zu Babel‘ nennt.“

Das zeigt einem noch einmal deutlich, wie sehr Menschen dazu neigen, alles Neue erst einmal abzulehnen, um es ein paar Jahre später ganz selbstverständlich zu nutzen und noch ein paar Jahre später verzweifelt darum zu kämpfen, wenn sie es bedroht sehen. Daher versuche ich stärker ein UND zu propagieren statt einem ODER. Taxis UND Uber, Hotels UND AirBnB, Bücher UND Kindle, Treppen UND Rolltreppen etc 😉

Es hätte die perfekte Länge gehabt, das Büchlein in der Schlange zum Aufgang des Eiffelturms zu lesen, aber ich bin so gar kein Schlangesteher. Möche gar nicht wissen, was mir im Leben alles schon entgangen ist, weil ich mich einfach nicht anstellen mag. Entweder ich schlupfe irgendwo durch wie bei der Sagrada Familia in Barcelona oder ich bleibe draußen. Schön blöd vielleicht, aber mei nen kleinen Schaden hat jeder. Deswegen fahre ich auch lieber Zug als zu fliegen, wann immer möglich. Das ständige überall dumm rumstehen macht mich kirre.

Wer aber gelegentlich nicht abgeneigt ist, in einer Schlange zu stehen, dieses Büchlein hat die perfekte Anstehlänge und ist sicherlich das beste und anspruchsvollste, womit man sich die Zeit vertreiben kann.

Hat Barthes vielleicht auch einen Essay über das Warten geschrieben ? Falls ja, dann bräuchte ich den wohl.

Eine sehr schöne Besprechung, die mich überhaupt erst  zum Kauf des Buches animierte findet ihr hier:
https://phileablog.wordpress.com/2016/02/21/roland-barthes-theorie-praxis/

Mit Djuna Barnes Biografie bin ich dann ins Paris der 20er Jahre durchgebrannt. Das ist die Zeit, die ich wohl wählen würde, sollte mich eine Zeitreisemaschine mal per Anhalter mitnehmen.

Djuna Barnes (1892 – 1992) war eine bekannte Persönlichkeit der Pariser Left Bank und in lesbischen Kreisen der Zwanziger und Dreißiger Jahre. Fields Autobiografie beschäftigt sich ausführlich mit Barnes Familienleben, ihrer Herkunft und es ist vielleicht auch notwendig, soviel über ihre Wurzeln zu erfahren, um die Schriftstellerin, Journalistin, Dichterin besser verstehen zu können.

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Foto: Rhys Tranter

Heute ist sie hauptsächlich für ihren Roman „Nightwood“ bekannt, den ich ehrlich gesagt nie fertig gelesen habe, da ich damals zumindest partout keinen Zugang zu dem Werk gefunden habe. Bei einem der vielen Umzüge ist mir „Nightwood“ leider abhanden gekommen, es wäre die passende Begleitlektüre gewesen. Trotz meiner Schwierigkeiten mit ihrem Werk (bei ihren Gedichten tue ich mich sichtlich leichter) übt Barnes auch heute noch eine ziemliche Faszination auf mich aus.

Die Biografie ist die faszinierende Dokumentation einer inspirierenden Persönlichkeit, die eine Vorreiterin des modernen Feminismus war in vielerlei Hinsicht. Die Frauen der Left Bank, zu denen auch Djuna Barnes gehörte, glaubten an ihr Recht auf kreative Selbstbestimmung und auf ihr Recht so zu leben, wie sie es für richtig hielten.

Besonders überrascht hat mich, dass Djuna Barnes nie irgendeine Form von formaler Schulbildung genossen hat, sondern komplett autodidaktisch unterwegs war. Ich sags ja, lieber literarische und oder Science-Salons statt universitäre Massenabfertigung 😉

Wer speziell an Djuna Barnes interessiert ist, dem kann ich Andrew Fields‘ Biografie empfehlen, wobei ich ihn stellenweise dröge fand. Zugänglicher und spannender geschrieben fand ich Andrea Weiss‘ Buch „Paris was a Woman„, das ich vor einigen Jahren gelesen habe.

Meine dritte und letzte Paris Lektüre war „Never any End to Paris“ von Enrique Vila-Matas, das Buch mit einem der schönsten Cover überhaupt. Wer in Paris den Buchladen „Shakespeare & Co.“ besucht, kann innerhalb von Minuten sein erstes Kreuzchen auf seiner Bookshop-Bingo-Karte machen, denn länger als vielleicht 5-7 Minuten dauert es nicht, bis der erste nach einer Ausgabe von Hemingways „A moveable Feast“ fragt. Da ich mich nicht auf andere verlassen wollte und das Kärtchen ja unbedingt voll werden muss, habe ich das gleich selbst in die Hand genommen und mir ebenfalls Lemming-mässig mein Exemplar gekauft 😉

Der Protagonist das Alter Ego des Autors gibt sich mit solchen Devotionalien allerdings nicht zufrieden, er steigert sich ziemlich hinein in seinen Glauben, ein absoluter Doppelgänger Hemingways zu sein und reflektiert über die Parallelen seiner und Hemingsways Zeit in Paris als jeweils junger Schriftsteller.

Was für Hemingway Gertrud Stein war, war für Vila-Matas Margarete Dumas. „Never any End to Paris“ ist weniger durchgehender Roman, eher eine Aneinanderreihung von Erinnerungen auf verschiedenen Ebenen. Das Buch hat fast durchgehend gute Kritiken bekommen, mich hat es zwischendrin immer mal wieder verloren und ein Vila-Matas Fan bin ich nicht geworden. Ich bleibe beim Original und freue mich auf das Wiederlesen von „A moveable Feast“.

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Ich könnte direkt schon wieder losfahren, gibt noch soviel zu entdecken in Paris und der Koffer war ja auch noch nicht fertiggelesen 😉

Roland Barthes „Der Eiffelturm“ erschienen im Suhrkamp Verlag
Andrew Field „Djuna Barnes“ erschienen in der Frankfurter Verlagsanstalt
Enrique Vila-Matas „Paris hat kein Ende“ erschienen im Nagel + Kimche Verlag