#WomeninSciFi: New York Ghost – Ling Ma

Dieses Buch hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Ling Ma erzählt in „New York Ghost“ die Geschichte von Candace Chen, einer Millennial-Frau, die viel zu viel arbeitet und einen Großteil ihres Lebens in einem Büroturm in Manhattan verbringt. Da beide Eltern kürzlich verstorben sind und sie keine andere Familie oder enge Freunde hat, hat sie kaum etwas anderes zu tun, als zur Arbeit zu gehen und mit ihrem Freund in einem Keller in Greenpoint Filme zu schauen. Candace empfindet daher wenig Emotionen, als das Shen-Fieber ausbricht, eine Seuche, die Menschen in gewaltlose Zombie-Versionen ihrer selbst verwandelt, die dazu verdammt sind, dieselben Routineaufgaben immer und immer wieder zu wiederholen, bis sie irgendwann bewusstlos werden und sterben. Die Routinen der ewigen Wiederkehr. Die Geschichte wechselt zwischen Candace‘ Leben vor dem Shen-Fieber und danach, als sie mit einer Gruppe von Überlebenden durch das apokalyptische Amerika reist, die vom machthungrigen, autoritären Bob angeführt wird.

„Ich habe immer in dem Mythos New York gelebt, mehr als in seiner Realität“

„New York Ghost“ ist unglaublich atmosphärisch. Während des Lesens fühlte ich mich klaustrophobisch, gefangen und gleichzeitig gefesselt von der Geschichte – ähnlich wie sich vermutlich viele Millennials im Neoliberalismus/Spätkapitalismus unserer Zeit fühlen. Die Rück- und Vorblenden haben hier gut funktioniert, da sie dazu dienten, Candace‘ Charakter und Hintergrundgeschichte zu vertiefen und gleichzeitig die Erzählung voranzutreiben. Innerhalb dieser dichten, fesselnden Handlung fügt Ma Kommentare über die tödlichen, verheerenden Auswirkungen des Kapitalismus ein, die für eine gute Balance zwischen dem pandemischen und dem gesellschaftspolitischen Teil des Buches sorgen. Alle Elemente dieser Geschichte – die Zombie-Apokalypse, Candaces Erwachsenwerden, das Eintauchen in das Firmenleben – kommen auf eine düstere, fesselnde und unaufhaltsame Weise zusammen.

Ma hat einen dystopischen Zombie-Roman geschrieben, der sich mit der Frage beschäftigt, warum man sich vor der Zombie-Apokalypse fürchten sollte, wenn wir alle doch bereits irgendwie Zombies sind? Ma zielt auf unsere extrem schnelllebige, materialgetriebene, im Internet existierende Gesellschaft ab, sie nimmt traditionelle Rollen genauso ins Visier wie Nostalgie und die Schönfärberei der „Vergangenheit“. Kapitalismuskritik trifft auf Zombies und Pandemie.

Eine clevere, spannende, gelegentlich zynische und gleichzeitig wichtige Lektüre, die mich dazu gebracht hat, viel darüber nachzudenken, was in meinem Leben am Wichtigsten ist. Eine Autorin, die ich definitiv im Auge behalten möchte und auf deren nächstes Buch ich schon sehr gespannt bin.