Literatur-Blog für alle, die keine Angst vor heftigen Mischungen haben. Paul Auster, Margaret Atwood, Haruki Murakami treffen auf Simone de Beauvoir, Batman und Orphan Black. Dosenbier auf Oper und St. Pauli auf Crispr, Philosophie, Science und Sci-Fi.
Gesehen: „The Great Dictator“ (1940) von und mit Charlie Chaplin. Wow, dachte schon, dass der großartig sein wird, war aber noch mal besser. Unbedingt (wieder) sehen. Große Empfehlung.
Gelesen: How to think like a programmer, Junot Diaz on childhood trauma, How Laura Ingalls Wilder’s frontier vision of freedom survives in Trump’s USA, Hans Rosling on the world isn’t as horrific as you think, über die Freundschaft von Hannah Arendt und Mary McCarthy, Women Lawyers who campaigned for the right to vote
Getan: mit einer lieben Freundin ganz München abgelaufen, meine Development Dialogues beendet, Zug gefahren und im Biergarten gesessen, meinen Namen auf die Parker Solar Probe gepackt, das Editors Konzert besucht und den Taubenberg erklommen
Geplant: ins Theater und zum Nils Frahm Konzert gehen
Gesehen: „Death Watch“ (1980) von Bertrand Tavernier mit Romy Schneider und Harvey Keitel. Scifi Film in dem das Fernsehen den Alltag regiert. Beliebteste Sendung ist Death Watch, da die Menschen nur noch selten mit dem Tod in Berührung kommen, sendet das Fernsehen als Knüller die letzten Wochen eines zum Tode Geweihten live. Hat mir sehr gut gefallen.
„Modern Times“ (1936) von und mit Charlie Chaplin. Hätte nie gedacht, dass mich ein Chaplin-Stummfilm so derart begeistern könnte. Das ist soviel mehr als Slapstick. Grandios – unbedingt angucken.
Gehört: „Subterranean and eternal wind“ – Velvawhip, „These gloomy days“ – Endless Melancholy, „Hypnotism“ – Rhucle, „Golden Shiner“ – Michiru Aoyama, „Final Prayer“ – The Men
Gelesen: Hoffnung auf künftige Heilungsmöglichkeiten für Blindheit, The history of loneliness, Inside Facebook’s hellish 2 years, How to design a city for women, Why Black Panther is a defining moment for Black America, The spiritual sisters of Simone de Beauvoir
Getan: jede Menge Meetings in Dortmund, viel Zug gefahren und gelesen und einen Workshop vorbereitet
Geplant: die nächste Arbeitswoche überstehen und dann ein paar hoffentlich sonnige Oster-Tage geniessen
Gegessen: viel Salat
Getrunken: Fritz Cola
Gelacht: What’s the difference between ignorance and apathy? Don’t know, don’t care.
Über diesen tollen Twitter Thread von Jo Lendle zur Buchmesse
We are all so afraid, we are all so alone, we all
so need from the outside the assurance
of our own worthiness to exist. But these things
pass away; inevitably the pass away as the
shadows pass across sundials. It is sad, but it is so.
(Ford Maddox Ford)
Dank des Druckfrisch-Interviews mit dem Autor weiß ich, dass der Roman wie ein dreiaktikges No-Theaterstück aufgebaut ist. Es fängt geisterhaft schleichend an, in der Mitte ist Action und am Ende sind möglichst viele tot. Das hätte mir sehr gefallen, intellektuell genug zu sein, den Bezug zum japanischen No-Theater allein durch die Lektüre zu erkennen, aber so schlau bin ich leider nicht. Das wäre an mir vorbei gegangen, vermutlich hätte ich die Lektüre dennoch genossen.
Der Roman beginnt aus meiner Sicht gar nicht so geisterhaft schleichend, sondern recht fulminant mit der Selbstentleibung eines japanischen Offiziers, der ihm bewußt oder unbewußt bei seiner Tat gefilmt wird. Nach diesem Einstieg geht es erst einmal in die Schweiz, wo wir den Filmregisseur Emil Nägeli kennenlernen, der mit den Geistern seiner Vergangenheit kämpft.
Anfang der 30er Jahre reist er nach Japan, um dort einen Schauerfilm zu drehen. Man denkt an den Selbstmord am Anfang, erwartet irgendwie eine Art „Snuff“-Film, aber so wirklich wird auf den Film nicht eingegangen. Vielmehr gibt es das Ziel, eine „zulluloide Achse“ zu bauen zwischen Deutschland und Japan, um dem dekadenten Hollywood etwas entgegenzusetzen.
Vor der Kulisse eines wunderbar geheimnisvoll-düsteren Japans, dem pulsierenden Berlin der Weimarer Republik, einem Luxusdampfer und einer Prise Los Angeles tauchen eine ganze Reihe historischer Persönlichkeiten auf: Fritz Lang, Kracauer, neben einem zwielichten Heinz Rühmann, auch Hitler Kumpan Putzi Hanfstaengl und Charlie Chaplin . Japan hat sich lange dem Tonfilm widersetzt und Chaplin hatte eine große Anhängerschaft dort. Im Roman – wie auch in der Realität – wird auf Chaplin und den japanischen Thronfolger ein Attentat verübt.
„Ida antwortete ungeniert, daß es ein Vergessen allen Daseins gebe, ein Verstummen unseres Wesens, wo uns sei, als hätten wir alles gefunden – sie sah ihm dabei direkt in die Augen, und Amakasu, dessen Fuß unter dem Tischchen langsam höher wanderte, war sich sicher, exakt diesen Ausstausch schon einmal erlebt zu haben, er vermochte sich aber nicht mehr zu erinnern, wo und wann.
Ein kurzes Buch mit vielen spannenden Gedanken, das mir aufgrund seiner dunklen Melancholie, seiner Atmosphäre und der Sprache Krachts sehr gut gefallen hat. Etwas enttäuscht war ich dennoch, vermutlich weil ich erwartet oder gehofft hatte, das Filme einer größere Rolle spielen. Die Handlungsfäden verlaufen häufiger im Nirgendwo und es war nicht einfach, den Überblick zu behalten wohin die Reise jetzt eigentlich geht.
„Er spürte eine allumfassende Erschlaffung, eine Phlegmatisierung des Körpers, eine stetig anwachsende, sprachlose Melancholie angesichts jener Zumutung der Vergänglichkeit“
Ida von Üxküll war für mich die heimliche Heldin des Romans, der für meinen Geschmack gerne noch etwas mehr Raum hätte eingeräumt werden dürfen. Ein Roman, der sich oft wie ein Drehbuch liest, viele wiederkehrende Motive (jede Menge Leuten kauen an den Fingern) vielleicht hätte ich noch mehr aus dem Roman herausgezogen, wenn ich mich besser auskennen würde in der (Film)Geschichte der Weimarer Republik und der japanischen Kultur, aber wie gesagt die wundervolle Weltschmerz-Atmosphäre und die poetische Sprache Krachts haben da einiges wett gemacht für mich.
Ich kenne von ihm bislang nur „1979“ möchte aber unbedingt noch Faserland lesen. Habt ihr noch andere Empfehlungen oder ist Kracht gar nicht Euer Ding ?
Überaus symphatisch finde ich ihn nicht, wobei das Interview mit Denis Scheck ging ja (bis auf den Kaiser-Wilhelm-Bart – jesses). Da habe ich ihn vor ein paar Jahren in einem Interview mit Harald Schmidt glaube ich noch deutlich arroganter erlebt. Aber Schriftsteller müssen ja auch nicht unbedingt symphatisch sein, sie sollen hauptsächlich gute Bücher schreiben, die ich lesen möchte.