Literatur-Blog für alle, die keine Angst vor heftigen Mischungen haben. Paul Auster, Margaret Atwood, Haruki Murakami treffen auf Simone de Beauvoir, Batman und Orphan Black. Dosenbier auf Oper und St. Pauli auf Crispr, Philosophie, Science und Sci-Fi.
Gesehen: A secret Love (2020) von Chris Bolan. Doku um zwei Frauen, die ihre Liebe über Jahrzehnte verstecken mussten. Sehr berührend.
Killing Eve Season 3 (2020) von Sally Woodward mit Sandra Oh und Jodie Comer – immer wenn man denkt, jetzt schockt mich nichts mehr, legt die Serie noch mal einen drauf. Einfach nur genial.
The Neighbour’s Window (2019) von Marshall Curry mit Maria Dizzia. Kurzfilm um zwei Paare die glaube die anderen hätten das perfekte Leben…
Gelesen: diesen Artikel über Futurist Barbara Marx Hubbard, A Neuroscientists Theory of Everything, die Welt nach Corona wird jetzt ausgehandelt, diesen Artikel über Ottessa Moshfegh, How to rebuild cities for caregiving, dieses Interview mit Jio Tolentino
Getan: die Bücherregale aufgeräumt und eine wunderschöne Wanderung durch Aying gemacht
Geplant: ein Picknick mit lieben Freunden
Gegessen: sehr gutes Sushi im Mangostin und heute Tomatensalat mit Bratbrot
„I was finally doing something that really mattered. Sleep felt productive. Something was getting sorted out. I knew in my heart—this was, perhaps, the only thing my heart knew back then—that when I’d slept enough, I’d be okay. I’d be renewed, reborn. I would be a whole new person, every one of my cells regenerated enough times that the old cells were just distant, foggy memories. My past life would be but a dream, and I could start over without regrets, bolstered by the bliss and serenity that I would have accumulated in my year of rest and relaxation.“
This book certainly gets the reactions going. In our bookclub it was pretty much love or hate. I really enjoyed this novel even though it was not at all what I expected. After I had managed to overcome that tiny bit of annoyance that the protagonist doesn’t use her year of rest and relaxation to read tons of book I was all in.
I found the book smart, ironic, funny and very dark. The protagonist does what I would like to do: Put my life on pause for a while, until the Trumps, Erdogans, Putings and other assholes have disappeared and I come back to life and all these last years of bullshit were just a bad dream. Wouldn’t that be wonderful.
Well our nameless protagonist goes into hibernation for an entire year. But when you think sandy beaches, or comfy pyjamas, hot beverages and good books you are very wrong. She is off to a completely different kind of hibernation.
She is most of the time of this year completely strung out on a concoction of different super strong drugs, whilst also juggling her partly unwanted friendship with her best friend, her shitty ex-boyfriend and her feelings about her dead parents.
The story is set in the year 2000 and she hibernates hoping to come out of it a completely new human being. She manages to find the worlds worst and funniest psychiatrist who gets her every perscription drug mankind has ever heard of and by this helps her to sleep away a year of her life.
“This was how I knew the sleep was having an effect: I was growing less and less attached to life. If I kept going, I thought, I’d disappear completely, then reappear in some new form. This was my hope. This was my dream.”
The book feels like a strange endless fever dream with its repetitions and its haziness. The protagonist blacks in and out of her life, walks to a nearby Bodega to buy old VHS tapes only to head back to the sofa to fall back asleep. Sometimes she is awake without noticing, goes on telesales shopping binges, finds her phone in the oddest places, phones her ex boyfriend etc. Her black outs can last for days sometimes but she is more astonished by them then horrified and thinks of ways to hide her phone from herself to stop making orders or appointments.
Even though she mainly sleeps, her observation skills of the outside world are spot on. I don’t wanna get into describing the narrators relationship with her distant father and her cold abusive mother. It is definitely the main reason for her escapism and her avoidance of everything.
Oh and then there is her best friend from university, try-hard Reva, who is so desperate to fit in, to stay slim and to be liked. She is always reading the latest hyped self-help book, is having an affair with her boss and if only to have some drama in her life that she can continously chew over with her her friend. She is in every way the absolute opposite of our apethic heroine.
I thoroughly enjoyed this bittersweet story but I’m aware Ottessa Moshfegh is not a writer for everyone. One has to have a bit of a thing for unlikeable protagonists and should ideally not be squeamish about body fluids, descriptions of odors etc.
Check out Ottessa Moshefegh’s previous novel „Eileen“ which I liked even better and makes for really good winter reading.
Schuld sind Frau Schiefgelesen und Frau Buchpost. Ganz klar. Sie haben mich zur Teilnahme an dieser großartigen Blogparade animiert und mich noch dazu auf den sehr spannenden Blog „Frauenleserin“ aufmerksam gemacht, der mir bislang durch die Lappen gegangen war. Also auf zum Bekenntnis ablegen:
Wie hoch ist Deine „Frauenquote“? Wieviele Bücher hast Du in diesem Jahr gelesen und/oder rezensiert? Wieviele davon wurden von Autorinnen verfasst?Ich habe erstaunliche 110 Bücher gelesen in diesem Jahr, soviele wie noch nie. Keine Ahnung wie ich das geschafft habe, ich fürchte nach wie vor den Preis zahlt der nächtliche Schlaf.Von den 110 Büchern habe ich laut meiner Goodreads Analyse nur 41 Bücher von Autorinnen gelesen, das kann und soll definitiv im nächsten Jahr besser werden. Aber die meisten meiner Lesehighlights waren Bücher von Autorinnen:
– Siri Hustvedt „A Woman looking at men looking at women“
– Mary Beard „Women and Power“
– Tara Westover „Befreit“
– ML Rio „If we were Villains“
– Chimamanda Ngozi Adiechie – A Feminist Manifesto
– Ottessa Moshfegh „Eileen“
– Sibylle Anderl „Das Universum und ich“
– Lily King „Euphoria“
– Yaa Gyasi „Homecoming“
– Elizabeth Gilbert „Das Wesen der Dinge und der Liebe“
…
Welches Buch einer Autorin ist Dein diesjähriges Lesehighlight? (Warum?)Finde es sehr schwer eines rauszupicken, aber wenn ich unbedingt wählen müsste dann wäre es wohl Siri Hustvedts Buch „A Woman looking at men looking at women„. Ich lerne durch ihre Bücher so viel und liebe ihre Art zu schreiben, wie sie es schafft Wissenschaft und Kultur so mühelos miteinander zu vereinen. Sie ist eine begnadete Brückenbauerin und es gibt wenige Menschen neben denen ich lieber einmal bei einer Dinnerparty sitzen möchte.
Welche Autorin hast Du in diesem Jahr für Dich entdeckt und was macht Sie für Dich so besonders?Ich bin da wahrscheinlich etwas spät auf der Party erschienen, aber ich habe tatsächlich erst dieses Jahr Mary Beard und Chimamanda Ngozi Adichie entdeckt und kann mir ein Leseleben ohne sie jetzt gar nicht mehr vorstellen. Ihre Wucht und Präzision Dinge auszudrücken, die mir irgendwie im Kopf rumgehen ich aber im Leben nicht so auf Papier bringen könnte. Das sie die Dinge beim Namen nennen, nicht um den heißen Brei rumreden und enthusiastisch für ihre Themen brennen.OK – meine Traum Dinnerparty besteht aus Siri Hustvedt, Chimamanda Ngozi Adichie, Ursula LeGuin und Mary Beard 🙂
Welche weibliche Lebensgeschichte bzw. Biografie hat Dich in diesem Jahr besonders beeindruckt (und warum?)Tara Westovers „Befreit“ ganz klar und ohne großartig nachdenken zu müssen. Ich fand es so bewundernswert wie sie ihren Weg gemacht hat. Es aus einem derart fundamentalistischen bildungsfernen Umfeld bis nach Cambridge zu schaffen ist schon eine immense Leistung. Von der Dame könnte sich mein Schweinehund gelegentlich eine Scheibe abschneiden.
Welches Buch einer Autorin möchtest Du in 2019 unbedingt lesen?
Ich glaube es wird Zeit Toni Morrisons „Beloved“ mal wieder zu lesen und außerdem endlich die „Beschreibung einer Krabbenwanderung“ von Karosh Taha und Washington Black von Esi Edugyan.
Eine umfassende Liste meiner liebsten Bücher 2018 wird es dieses Jahr nicht geben. Mein Entscheidungsmuskel ist erschlafft 😉
Ich wünsche Euch allen einen richtig guten Rutsch und ein wunderbares 2019!
Kurz vor der 2018 Ziellinie habe ich noch mal drei richtig gute Bücher gelesen. Den Anfang heute macht Lisa Brennan-Jobs, deren Autobiografie „Beifang“ nicht zu Unrecht von der Kritik hochgelobt wurde.
Brennan-Jobs hat ein Buch aus der Perspektive eines Kindes geschrieben, das sich nach seinem Vater sehnt. Als sie drei Jahre alt ist, bringt ihre Mutter Jobs vor Gericht, da dieser sich weigert, Unterhalt zu zahlen. Er erkennt die Vaterschaft mit dem Hinweis auf seine vorgebliche Unfruchtbarkeit nicht an. Erst nach einem DNA Test ist er bereit, sie als seine Tochter anzuerkennen und er zahlt der Mutter Chrisann Brennan monatlich 500 $. Nur wenige Tage später geht Apple an die Börse und Jobs Vermögen schießt über Nacht auf über 200 Millionen Dollar.
In ihren Memoiren erzählt Brennan-Jobs nüchtern von ihrer Kindheit, ohne ihren Vater schlecht zu machen, aber auch ohne Entschuldigungen für ihn zu finden. Als Gründer von NeXT und Mitbegründer von Apple besaß Jobs zeitlebens jede Menge Macht, was ihn aber privat nicht weniger gehemmt agieren ließ.
In „Beifang“, Steve Jobs Spitzname für seine Tochter, geht es weder um Rache, noch darum um Sympathie für ihn zu werben. Lisa versucht, die Beziehung zu ihrem Vater zu ergründen, eine Beziehung, die von Unvorhersehbarkeit und Stimmungswechseln geprägt war. Brennan-Jobs beschreibt die weniger guten Charakterzüge ihres Vaters in karger, aber präziser Sprache. Man spürt ihre ständige Angst, die Liebe des Vaters zu verlieren, die flüchtig zu sein scheint und unberechenbar. Je schockierender die Geschichten sind, desto sparsamer werden ihre Beschreibungen aber man kann ihre Verletzungen und Ängste deutlich spüren.
Es hätte Steve Jobs wohl nicht gefallen, nicht das letzte Wort zu haben, doch in seiner Tochter Lisa hat er eine mehr als faire Biografin, die in der Tat eine Kindheit wie in einem Film erlebt hat.
Ich danke dem Berlin Verlag für das Rezensionsexemplar.
Eileen von Ottessa Moshfegh hatte ich mir extra für die Weihnachtszeit aufgehoben, auch wenn ich durch Kritiken schon darauf vorbereitet war, dass es sich hier alles andere als um einen Wohlfühlroman handeln würde.
Die Adventszeit bietet Eileen Dunlop, eine bescheidene, unauffällige aber etwas gestörte junge Frau, wenig Grund zu weihnachtlicher Vorfreude. Sie ist in einem unerfreulichen Alltag gefangen, in dem sie sich auf der einen Seite um ihren alkoholkranken Vater kümmern muss, mit dem sie in einem heruntergekommen Haus zusammenlebt und auf der anderen Seite ihren Job als Sekretärin in einem Gefängnis für kriminelle Jungs machen muss, der auch voller alltäglicher Horrorszenarios steckt.
I couldn’t be bothered to deal with fixing things. I preferred to wallow in the problem, dream of better days.
Eileen ist voller Verbitterung und Selbsthass und sie vertreibt sich ihren einsamen Alltag mit perversen Fantasien und Tagträumen, in denen sie in die große Stadt entkommt. Ihre Abende und Wochenenden verbringt sie mit kleinen Ladendiebstählen, dem Stalken ihres hübschen Arbeitskollegen Randy und versucht die Probleme zu beseitigen, die ihr zunehmend gestörterer Vater verursacht.
Als eines Tage die charismatische schöne Rebecca Saint John als neue Beraterin im Gefängnis auftaucht, ist Eileen vollkommen verzaubert von ihr und Randy von einer Minute zur nächsten überhaupt nicht mehr von Interesse. Sie ist völlig fasziniert von Rebecca und kann sich der wunderbarerweise entwickelnden Freundschaft nicht entziehen.
“You can see wealth in people no matter what they’re wearing. It’s in the cut of their chins, a certain gloss to the skin, a drag and pause to their responsiveness. When poor people hear a loud noise, they whip their heads around. Wealthy people finish their sentences, then just glance back.”
Doch ihre Zuneigung zu Rebecca zieht Eileen in ein Verbrechen hinein, das ihre wildesten Vorstellungen noch weit übertrifft….
Ein „Pageturner“ den ich kaum weglegen mochte. Das Ende hat mich nicht ganz überzeugt, aber definitiv ein Roman, der einem noch eine Weile nachgeht.
Auf deutsch ist der Roman unter dem gleichen Titel im Liebeskind Verlag erschienen.
Dieses kleine Büchlein war eine komplette Überraschung für mich. Eigentlich hätte ich es nur als Botin seiner rechtmässigen Besitzerin zurückgeben sollen, aber die Kurzbeschreibung auf dem Einband und die lobenden Worte der Freundin die es ausgeliehen hatte machten mich trotz Lesezeit-Knappheit immens neugierig auf die Geschichte.
„A poetic and passionate description of adolescence … shades of the Brontë sisters and of Poe“ schrieb die Times.
Dieser kurze Roman ist eine wunderbar geschriebene Coming-of-age Geschichte die im Norden Schottlands spielt. Anfangs dachte ich, es handelt sich um eine Art Thriller, aber auch wenn die Geschichte mit einem Mord beginnt, geht es viel mehr um die Lebensgeschichte von Janet von ihrer Geburt an bis zu ihrem verfrühten Tod mit 16.
„At night, when the moon is high it beams through the dying cockatoo and casts his blood drops in a chain of rubies on to the flastones of the hall. Here it was that Janet was found, oddly attired in her mother’s black lace evening dress, twisted and slumped in bloody, murderous death.
Janet ist ein wunderbar missverstandenes Mädchen in dem Bücher, Tiere, Latein und Griechisch ihre einzigen Freuden sind im Leben und Tiere wohl auch ihre einzigen Freunde. Die Erzählung ist episodenhaft, einzelne Sequenzen aus Janets Leben werden beleuchtet. Jede Ungerechtigkeit, die der übermäßig romantischen Janet zu teil wird, verstärkt ihre Merkwürdigkeit noch die wiederum ihre Familie immer stärker zur Verzweiflung bringt.
Überraschend, lebendig, magisch, spannend und wundervoll schaurig. Der perfekte Gothic-Roman für einen verregneten oder nebligen Sonntagabend, der mich von der Atmosphäre her an Shirley Jacksons „We have always lived in the castle“ erinnert hat.
„O Caledonia“ erschien unter dem gleichnamigen Titel im dtv Verlag.